Spiimismus wird keine große Aufgabe erfüllt. In letzter Linie fuße ich auf dem gesunden, vaterländischen Sinn des VolkcS und seiner gewählten Vertreter.(Lebhaftes Bravo! rechts.) Abg. Singer(Soz.. zur Geschäftsordnung): Ich beantrage die Besprechung der Interpellationen. Der Antrag wird genügend unterstützt. Wg. Singer(Soz.): Ich glaube, die Beamten werden überrascht sein, wenn sie erfahren, daß ihre Zulagen von der Rücksicht ans das Ausland ab- hängig sind, in der Weise, wie eS der Reichsschatzsekretär uns vor- getragen hat. Ich habe die Empfindung, daß diese Ausführungen mehr Dekoration waren. Wäre das aber nicht der Fall, so wäre es nötig gewesen, daß der Reichskanzler hier erschienen wäre. Der Reichs schatzsekretär ist hier noch niemals als der berechtigte Vertreter zur Darlegung der aus- wältigen Politik aufgetreten.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Reichsschatzsekretär sagte, unsere Nachbarn würden angestachelt werden und glauben, sie brauchten Deutschland im Rate der Völker keine Bedeutung beizulegen. wenn die Beamtcnbesoldung nicht durchgeführt würde. Nun, ich nmß sagen, diese Ausführungen zeigen, daß der jetzige Reichsschatzsekretär sich noch nicht viel mit auswärtiger Politik beschäftigt hat. An solche Gesichtspunkte hat auch der enragiertestc Gegner Deutschlands nicht gedacht. Ich kann hier dem Schatzsekretär nur erwidern: Bange machen gilt nicht! Diese NuS- spiuming auf das Gebiet hochpolitischer Erwägungen war keine sehr glückliche. Weiter ist der Schatzsekretär der Meinung, daß die Beamtenbesoldungs- und die Finanzreform zusammenhängend be- handelt werden müssen. Weil die Finanzreform jetzt nicht erledigt werden könne, so könnten auch die Beamtenbcsoldungen jetzt nicht erledigt werden. Diese Auffassung teile ich durchaus nicht. Denn die Erhöhung der Beamtengehälter ist eine absolute Not- wendigkeit. Sie muß geschchon, gleichviel, wie die Finanzreform ausfällt. Die Finanzreforn, ist abhängig von der Art, wie sie vor- genommen werden soll, und deshalb ist es absolut nicht richtig, wenn man die Dinge so zusammenkoppelt und den Reichstag zwingt, einer Finanzreform zuzustimmen, der er s o n st vielleicht nicht z u g e st i in m t hätte. DaS ist ein Schachzug, den wir ablehne». Ich bleibe dabei: ciie Keamtenbefoläungen find eine pfHcht der Regierung und des Reichstages. Und gerade in Hinsicht auf diese, erhebliche Kosten erfordernde Vorlage und auf andere noch bevorstehende Ausgaben muß man die Finanzreform doppelt vorsichtig be- treiben; denn wer bezahlt sie schließlich? Nach den Aeußermigen, die wir soeben gehört haben, wieder die Schichten der Bevölkerung, die am allerwenigsten in der Lage sind, die Erhöhung der indirekten Steuern zu ertragen. Damit koimne ich auf da? punotum salions(den springenden Punkt): Die Finanz- reform kann sehr einfach durchgeführt werden, wenn Sie von dem unheilvollen Grundsatze abgehen, daß direkte Steuern im Reiche nicht zu erheben sind. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) Auf einen Zwischenruf von mir hat der Schatzsekretär mir vorhin zugerufen. daß die Kommunen die direkten Steuern haben. Daö weiß ich auch, doch hat das damit gar nichts zu tun, denn für das Reich, den Staat und die Kommunen kann nur der Grundsatz gelten: die Steuern nach dem Einkommen und dem Vermögen aufzubringen. Und von diesen» Gesichtspunkte aus bleibe ich dabei, daß die Finanzmisere des Reiches wesentlich durch den Umstand ver- schuldet ist, daß bei der Regierung und dem Reichstag die Meinung Geltung hat, daß im Reich keine direkten Steuern zu erheben sind. Wir find anderer Meinung; wir sagen, wollen die Besitzenden sich den LuxuS der großen Flotte«ausgaben und der großen Militärauögaben gestatten, so mögen sie die Kosten dafür auch daher nehmen, wo sie wirklich zu holen sind. Aber man soll diese Gelder nicht von denen aufbringen lassen, welche jetzt schon unter den indirekten Steuern zu leiden haben.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Tie Gründe, welche der Reichsschatzsekretär für die Möglichkeit der in Aussicht genommenen Steuern angeführt hat, treffen nicht zu. Er sagte, das Nationalvermögen hat sich erheblich erhöht. DaL kann cm sich nicht bestritten werden. Wenn eraberuntersnchenwollte. in welchen Teilen der Bevölkerung diese Erhöhung steckt, so lvird er die Arbeiter, die kleinen Gewerbetreibenden, den kleineu Mittelstand und die Beamten ausscheiden müssen.(Sehr wahr! bei den Soziab dcmokraten.) Diese Milliarden sind allein in den Händen sehr weniger, und diese Herren, in deren Taschen diese Vermehrung des Nationalvermögens fließt, sollen auch die Kosten für die Flotten vorlagen, Militärvorlagen usw. aufbringen.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Weiter hat der Schatzsekretär zur Begründung seiner Auffassung von den Einlagen in Sparkassen gesprochen. Aber iviederholt ist schon nachgewiesen worden, daß es eine gan� irrige Annahme ist, zu glauben, diese erhöhten Spareinlagen seren ein Beweis dafür, daß die Leute das Geld als Ueberschuß über das. was sie brauchen, benutzen, viel mehr werden die Spar cinlagen zum großen Teil zur vorübergehenden Aufbewahrung ein- ?elegt. Weiter sagt der Schatzsekretär, die Lebenshaltung ist eine öhere geworden. Wir haben nie bestritten, daß das standarck ok life der Arbeiter bester geworden ist. Aber die Erhöhung der Preise der Lebensbedürfnisse hat die höheren Löhne immer wieder wett gemacht.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Der Abg. Spahn meinte auch, die Er höhung der Lebensmittelpreise sei kein entscheidender Faktor für die Erhöhung der Beamtengehälter. Ich behaupte das Gegenteil. Gerade durch die Zollpolitik, die hier betrieben ist, ist die Erhöhung der Beamtenbesoldungen notwendig geworden.(Zustimmung b. d. Soz.). Graf Könitz hat neulich ausgeführt, daß die Erhöbung der Lebensmittelpreise etwa Lö Proz. beträgt. Auch wir haben das oft gesagt. Mitschuldig daran ist das Zentrum, denn ihm verdanken wir zum großen Teil diesen Zolltarif, unter dem da? deutsche Volk zu leiden hat. Jetzt sollen die Arbeiter mit doppelten Ruten gezüchtigt lverden durch neue Erhöhung der indirekten Steuern. Ich kann nicht finden, daß der Schatzsekretär die Berechtigung dafür, daß die Beamtenbesoldungsvorlage nicht jetzt schon eingebracht wird, nachgewiesen hat, wir stehen eben wieder einmal vor einem Lruch des Versprechens der Regierung. (Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Wenn ich einen Herrn vom BundcSral sehe, der eine Erklärung verliest, so beschleicht mich immer ein Gefühl der Feierlichkeit, daß das, was gesagt wird. nun auch verbrieft und versiegelt ist.(Heiterkeit.) Mit einer solchen Feierlichkeit hat im vorigen Jahre der Reichsschatz- sekretär gesagt, die Beamtenvorlage kommt. Der Herr Reichsschatzsekretär schüttelt mit dem Kopfe; er denkt wohl an den Nachsatz, auf den er fich berufen hat. Ich glaube aber nicht, daß hier viele Herren der Meinung waren, dieser Satz bezöge sich auf die Finanzreform. Vielmehr meinte man immer, die Matrikular- Seiträge sollten weiter gestundet werden, bis die Finanzreform käme.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Man durfte also wohl darauf rechnen, daß die BesoldungSvorlaae in diesem Herbst vorgelegt werden würde und daß dir Mittel für die Beamten- besoldungcn vorhanden sein würden. Die Regierung hat dieses Ver- sprechen nicht gehalten, und wenn sie dafür bei den Blockparteien Ent- schuldigung findet, so begreife ich daS aus dem BlockverhäliniS. aber die Parteien, die zum Block nicht gehören, haben keinen Anlaß dazu. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) llnd ich kann in dem Blockverhältnis eine begründete Ursache für diese Verzögerung nicht finden. Damit will ich mit wenigen Worten auch auf die Steuer- fragen eingehen. Der Herr Schatzsekretär scheint die Aufgabe deS neu eintretenden EhefS eines ReichsamtS darin zu suchen, daß er über feine Ansichtcu gar nichts sagt. Ich glaube, der Appell an daS Vertrauen des Hauses würde mehr Erkolg haben, wenn er dem Hause verraten wollte, was denn eigentlich tun will(Heiterkeit bei den Soz.), damit das Haus auch Gelegenheit bekommen hätte, zu erfahren, ob er mit diesem Vorhaben wirklich daS Vertrauen des Hauses beanspruchen kann.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) So kann er sich nur auf ein allgemeines Bravo berufen, aber e? wird ihm schwer werden, bei feinen weiteren Studien über Steuer Vorschläge sich auf irgend eine Zustimmung im Hause berufen zu können, eS sei denn, daß er im Wege vertraulicher Be sprechungen etwaS über die Stellung der Parteien erfährt. Ich babe immer darauf gewartet, daß er sagen würde, welch Steuern er vorschlagen wollte. Wenn man einem Parlament große Aufgaben zumutet und ivenn man sich so hinstellt, als ob man von feiner Aufgabe völlig erfüllt ist, so muß man doch auch�m i t teilen, welchen Weg man gehen will, tSehr richtig' bei den Sozial demokraten.) Bisher hat er aber immer von Gesetzen gesprocken� die sein Vorgänger ausgearbeitet hat, und hat ausgeführt, daß die dadurch aufkommenden Beträge nicht ausreichen würden. Da hätte er doch wohl die Pflicht gehabt, zu sagen: Ich werde den Bedarf auf andere Weise decken und sage Ihnen ungefähr, wie ich das denke. Dann hätte er einen sicheren Boden für seine weiteren Arbeilen. Statt dessen appelliert er an das HauS, dem er zumutet, von seiner Antwort nicht überrascht zu sein, indem er sagt, ich kann Ihnen nicht sasien, was ich tun werde, ich werde mir aber Mühe geben.(Heiterkert bei den Sozialdemokraten.) Wir können also auch nicht über seine Pläne sprechen. Aber aus dem Schluß seiner Ausfübrungen läßt sich voraussetzen, daß er die Bahn seines Borgängers wandeln wird, die von den verbündeten Regierungen in Uebereinstimmung mit einem Teile des Hauses vorgeschrieben wird, daß er alle Ausgaben durch indirekte Steuern decken will. Die Minderbegüterten also sollen die Kosten für die Reformen auf bringen.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) ES ist gut, daß man im Volke weiß, was man von dem neuen Herrn im Reichs schatzamt zu erwarten hat. Das Wohlwollen der verbündeten Regierungen für die Beamten wird sehr beeinträchtigt durch die Tatsache, daß die Betätigung dieses Wohlwollen? an eine Finanz reform geknüpft sein soll; ich glaube nicht, daß die Beamten dadurch sehr befriedigt sein werden, daß die Besoldungsfrage zur Voraus fetzung hat eine Finanzreform, von deren Tendenz der Reichstag noch gar nichts weiß.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten,! Der Herr Schatzsekretär hat kein Licht und keine Aufklärung in die uns beschäftigenden Fragen gebracht. Nach meiner Meinung hätte gar nichts entgegen gestanden, die Beamtenbesoldungs vorläge »och in dieser Session vor den Reichstag zu bringen. Mit der Verknüpfung der BekoldungSl Vorlage und der Finanzreform will man nur einen Borspanu für die Fianzreform haben, an sich haben diese beiden Tinge nichts mit- einander zu tun. Wäre die BeamtenbesoldungSvorlage gelommen, so wäre sie sicher verabschiedet worden. Der Gedanke, eine solche Beamtenbesoldung aus einer Anleihe zu decken, der von einer Seite wieder auftauchte, hat ctwaS Groteskes. DaS wäre nichts anderes, als wenn ei» Privatmann, der Geld braucht und bereits viel Schulden hat, neue Schulden macht, indem er sich sagt: Wenn ich schon so viel schuldig bin, kommt eS ja nicht darauf an, die Schulden bezahle ich schon, wenn ich wieder mal Geld habe (Heiterkeit.) Darüber herrschte doch bisher bei allen Parteien des ReichSte�eS volle Einmütigkeit, daß wir schon viel zu vicl auf Anleihe nehmen. tSehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Wert der Matrikular nmlagen, der leider von den verbündeten Regierungen, wie ich be- fürchten muß, absichtlich verkannt wird, liegt doch darin, daß den Einzelstaaten dadurch zum Bewußtsein gebracht werden sollte, daß sie mit verantwortlich sind für die Ausgaben, die im Reiche gemacht werden.(Sehr richtigj bei den Sozialdemokraten.) DaS»st daS einzige Mittel, sie zur Sparsamkeit zu veranlassen und wir wünschten nun, daß diese Sparsamkeit auch ausgedehnt werde auf die Militär-, Flotten- und kolonialen Ausgaben. So lange die Landtage der Einzelstaaten diesen Zusammenhang nicht in vollem Matze be- griffen hatten, hatten die verbündeten Regierungen ja ein guteS Leben im Bundesrat.(Heiterkeit.) Erst nachdem die Landtage an gefaugen haben, ihnen etwaS unbequem zu werden, ist die Aus sassung zur Geltung gekommen, daß die Matrikularbeiträge anders geregelt werden müßten. Gegen eine solche Veredelung der Matrl kularbeiträge habe ich natürlich gar nichts, ich bin ganz damit ein- verstanden, daß die potenten Einzelstaatcn in höherem Maße herangezogen werden, als die kleinen unfähigen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Der Bundesrat wäre also, wie gesagt, sehr gut in der Lage gewesen, eine Beamtenbesoldungsvorlage einzubringen und auf de in bisher üblichen Wege die Kosten dafür zu decken. Da§ ist nicht geschehen, aber eine Berechtigung in dieser Unterlassungssünde kann ich in keiner Weise anerkennen.'(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Gegenüber dem Appell, den der Herr Schatzsekretär zum Schluß an das HauS gerichtet hat, kann ich nur den dringenden Wunsch aussprechen, der Herr Schatzsekretär möge seinen Einfluß bei den verbündeten Re« gierungen dahin aufwenden, daß durch die Finanzreform die tragfähigen Schaltern belastet werden. Dann wird er, falls es sich um notwendige Ausgaben handelt, auch aus Zustimmung bei uns rechnen können. Wir würden es aber für ganz falsch und verkehrt halten, wenn man daran denken sollte, all die großen Kosten, die jetzt in Aussicht stehen, indirekt wieder von den breiten Massen tragen zu lassen(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten) und durch Erhöhung der indirekten Steuern auch den Beamten einen Teil von dem wieder weg zu nehmen, was sie in Form von BesoldungSzulagen nun endlich von der Regierung bekommen sollen. Wenn wir nun nicht zu den Fraktionen gehören die ihren Wunsch nach einer erhöhten Beamtenbesatdung ebenfalls in einer Interpellation Luft gemacht haben, so kann ich mit vollem Rechte sagen, daß unser ganzes Verhalten so lange wir im Reichstag sitzen, ein vollgültiger Beweis dafür sein mutz, daß wir stets mit allen anderen Parteien dafür eingetreten sind, die Beamten aus kömmlich zu stellen. Als eS sich darum bandelte, das Dienste einkommen de« Reichskanzlers auf 100000 M. festzusetzen, haben wir betont, daß die Erhöhung der Besoldungen der mittleren und kleinen Beamten jedenfalls wichtiger wäre.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Und als die Herren Staatssekretäre eine recht erhebliche Gehalts- zula ge erhielten, haben wir wiederum darauf hingewiesen, daß eS viel notwendiger wäre, unten mit den Aufbesserungen anzufangen. Wir bedurften also keines gedruckten Blattes Papier , um zu dokumentieren, daß wir erböhte Beamtenbesoldungen für notwendig halten. Ich kann iiur ebenfalls mein Bedauern darüber aus- sprechen, daß durch die Schuld der verbündeten Re- gierungen wiederum ein Jahr vergeht, ehe die Beamten den heutigen Verhältnissen ent- sprechende Bezüge bekommen. Ich möchte behaupten, daß, wenn die verbündeten Regierungen fich noch heute entschließen würden, diese Vorlage einzubringen, im Reichstage nicht der ge- riugste Widerstand dagegen geltend gemacht werden würde, diese Vorlage schleunigst zu verabschieden. Die Zusicherung, daß in der späteren Vorlage die Gehaltserhöhung zurückdatiert werden soll, ist kein Ersatz siir das Ausbleiben der sofortigen Verabschiedung der Vorlage. Bei dem ZickzacklnrS. unter dem wir in Deutschland leben, bei dem häufigen Wechsel der leitenden Persönlichkeiten, bei der Möglichkeit, daß über Nacht irgend etwa» passiert und damit die heute herrschende Auffassung wieder zweifelhast wird, kann man eS den Beamten nicht verdenken, wenn sie die Erklärung der Regierung schmerzlich bedauern.(Sehr wahr l bei den Sozial- demokraten.) Teuerungszulagen sollten überhaupt nur in ganz außergewöhnlichen Fällen Platz greifen. Sie können nur geeignet sein. einer vorübergehenden Notlage abzuhelfen, solche Teuerungszulagen aber zur Gewohnheit werden zu lasten, scheint mir ein ganz falsches Prinzip zu sein.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Jeden- falls möchte ich wünschen, daß die Grundsätze, nach denen die Teuerungszulagen verteilt werden sollen, möglichst klar ab- gefaßt werden. ES ist mir mitgeteilt worden, daß in diesem Jahre im Reichstage Beamte, denen ausdrücklich zugesichert war, daß sie in die Zulagen mit einbegriffen sein sollten, zum Teil gar keine, zum Teil geringere Teuerungszulagen erhalten haben.(Hört! Hört! bei den Sozialdemokraten.) ES muß also ausgesprochen werden, daß alle im Dienste des Reichs direkt oder indirekt stehende Beamte die Zulagen erhalten müssen. Weiter herrscht wohl auch darüber Uebereinstimmung, daß die Teuerungszulage höher sein muß als die Zulage des vorigen Jahres.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Wenn der Schatzsekretär dem Rechnung trägt, dann wird er die Uinerstütziing beim Reichstage finden, die er wünscht. Weiler möchte ich nicht versäumen, den Wunsch auszusprechen, daß sich Herr Sqdow von Herrn v. Rheinbaben nicht gar zu sehr umgarnen lasse.(Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Graf Lriola hat eS als seine Aufgabe angesehen, zu behaupten, daß wir zwar Forderungen aufstellten, ohne nachher die Mittel zu bewilligen. (Sehr richtig! rechts.) DaS ist eine von den ollen Kamellen, die schon hmidertmal behauptet und hundertmal widerlegt worden sind. Sie werden aber immer wiederholt, weil die Herren nichts Neues wissen. Ich kann auch heute nur darauf sagen: wir bewilligen alle Mittel, wenn uns die Quellen als die richtigen erscheinen. Einen anderen Standpunkt können wir nicht einnehmen, wenn wir unsere Grundsätze nicht verlaffen wollen.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Ich kann Ihnen im Gegenteil sagen, daß Sir Million«» bewilligen, die Sie selbst nicht aufbringen, sondern die breiten Massen des Lölkes. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es ist die bürgerliche Ge- sellichaft, die den größten Teil des Volkes in einer wiriichaftlichen Lage hält, der notdürftig zur Ernährung ausreicht. DaS ist um so ungerechter, als Sie erst durch daS arbeitende Volk in die Lage ver- setzt werden, Reichtümer genießen zu können.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Bringen Sie uns die ReichSeinkommcn-, die ReichSvermögrnSstcuer, bringen Sie uns eine Erhöhung der ErdschaftSsteucr und wir werden die Erste» sein, die für die Deckung all' der Forderungen eintreten werden, denen wir an sich zustimmen. Ich hätte gewünscht, der Schatzsekretär hätte uns eine andere Rede gehalten. Aber ich muß zugeben, daß. wenn der ReichSschatzsekretär geneigt gewesen wäre, eine andere Rede zu halten, wir wahrscheinlich nicht die Ehre gehabt hätten, ihn hier als Schatzsekretär zu sehen.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Frhr. v. Gamp(Rp.): Im Gegensatz zu dem Vorredner bin ich der Meinung, daß der Schatzsekretär sich mit seiner heutigen Rede sehr glücklich eingeführt hat. Bei der künftigen Steuerreform wird eS fich nicht um direkte oder indirekte Steuern handeln, sondern um beide.(Hört! hört!) Nur darf man bei den direktern Steuern nicht gerade unseren Anschauungen vor den Kopf stoßen. Wenn man z. B. einen Teil der ReichSauSgaben auf die mit direkten Steuern arbeitenden Einzelstaaten abwälzte, ließe sich wohl ein Ausweg finden. Auch eine Veredelung der Matrikularbeiträge m gewissem Umfange halten wir für möglich. ES mutz hier eine Verständigung erzielt werden über ein großes, umfassendes Finanzreformprojekt. ES muß ganze Arbeit gemacht werden; die Zeit ist reif.(Beifall rechts.) Abg. Graef-Weimar(wirtsch. Vg.) bedauert das Fehlen des Fürsten B ü l o w, der die Fühlung mit den Blockparteien zu verlieren drohe, obwohl er doch einmal ihre Führung über- nommcn habe. Frhr. v. Stengel habe gesagt: Die Beamten schrieen nach Brot. In der Tat hätten die Beamten Hunger. Bon Versprechungen aber würden sie nicht satt. Recht bedauerlich sei, daß. der Reichskanzler nicht zu dieser wichtigen Frage persönlich im Hause erschienen sei.(Zustimmung.) Reichsschatzselretär Sydow: Der Vorredner hat dem Reichskanzler einen Vorwitrf daraus zemacht, daß er heule nicht persönlich im Hause erschienen ist. Wenn ich ihn recht verstanden habe, so hat er daran» gefolgert, daß der Reichskanzler dieser Sache nicht dasjenige persönliche Interesse entgegenbringt, das die Sache verdient. Dem muß ich durchaus widersprechen. Ich kann nur versichern, daß er gerade dieser Frage sein persönliches Interesse in der lebhaftesten Weise zugewendet hat und daß in dieser Frage selbstverständlich nichts ohne ihn geschieht. Die Vorredner haben dann eine Geschichte vorgebracht, die durch die Presse gegangen ist. Danach soll angeblich ein höherer Beamter ln Preußen auf eine entsprechende Andeutung gesagt haben: in Preußen brauchen wir uns keine Sorge zu machen, da haben wir keine geheime Wahl. Ich muß sagen, die Geschichte trägt so alle Spuren innerer Un- Wahrscheinlichkeit an sich, daß ich doch glauben möchte, man sollte aus sie nicht eher eingehen, als bis man von ihr weiß, daß ie wahr ist. Waö den Zeilpunkt der Einbringung der Besoldung«- vorläge im Herbst anlangt, so können Sie sich darauf verlaffen, daß owohl seitens des Reichsschatzamtes wie seitens der verbündeten Regierungen alles zur Beschleunigung getan wird.(Beifall.) Abg. Zimmermann(Antis.): Die Erklärung deS Reichsschatz- ekretärS wird die Erregung unter den Beamten nicht vermindern, andern ihre Unzufriedenheit steigern, denn der Schatzsekretär sagte im Grunde nur, die Sache solle auf die lange Bank geschoben werden. Abg. Wicmcr(frs. Vp.): Auch wir bedauern die Hinaus- .iehung der Beamtenbesoldungsvorlage. Die Gründe dafür !önnen wir als durchschlagend nicht anerkennen. Die Vorredner haben bereit« betont, und ich will e» wiederholen, daß für die Er- höhung der Beamtenbesoldungen die Mittel geschafft werden müssen, darin�sind alle Parteien einig. Die Teuerung aller Lebens- bedürfnissc. welche durch die Zoll- und Wirtschaftspolitik ein- getreten ist. ist nicht vorübergehender Natur. Im vorigen Jahre konnte ein Ausgleich auf dem von uns vorgeschlagenen Weg der Teuerungövorlagen geschaffen werden. Aber das ist nur ein Notbehelf, und den verbündeten Regierungen mutz der Vorwurf gemacht werden, daß sie nicht rechtzeitig daran gegangen sind, die Bezüge der Beamten zu verbessern. Nach den Ausführungen des Staatssekretärs ist die Vorlage so gut wie fertig gestellt; ich kann nicht anerkennen, daß der Schatzsekretär zwingende Gründe dafür angeführt hat, daß sie jetzt nicht ein- gebracht wird. Die Reichsfiuanzreforin. die Herr v. Stengel vor zwei Jahre durchführte, hat vollständig Fiasko gemacht und unsere Kritik durchaus bestätigt. Die Notwendigkeil einer Finanz- refornt erkennen wir an und wir wollen gern daran mitarbeiten; aber fie darf kein Flickwerk sein. Die Finanzreform— das geben wir zu— muß bis zum Herbst verschoben werden; aber die BeamtenbesoldungSvorlage kann sehr wohl jetzt 'chon beraten werden; die Regierung will ja Teuerungszulagen ge- währen, und dazu braucht sie doch eben sowohl Geld wie zu der Erhöhung der Besoldungen. — Bei der Finanzreform müssen wir abwarten, welche Steuern der Schatzsekretär vor- schlagen wird. Aber wir werden keiner Steuer zu- timmen. welche die ärmeren Volksschichten belastet. Der Staatssekretär hat die Frage der direkten Steuern offen ge- lassen; wir halten nach wie vor die Vermehrung der irekten Steuern« für da» Reich für not wendig.— Die Ausführungen des Herrn Spahn waren widerspruchsvoll; einer- 'eits erklärte sich Herr Spahn gegen direkte Reichssteuern, anderer- eits verlangte das Zentrum beim Flottengesetz, daß die erhöhten Kosten nicht durch indirekte Stenern aufgebracht werden. Wie denkr sich also das Zentrum eine Finanzreform, wenn es weder direkte� noch indirekte Steuern zugestehen will. Ein Branntweinmonopol aber und eine Zigarren- anderolenkteuer werden im Reichstag kerne Mehr»
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