geborenen gegenüber vem Kolonialausbeutertum energischannehmen werde. Eine Beamtenschaft. die sich ausBeamtenkreisen rekrutiere, die in Deutschland s e l b stgegen eigene Landsleute so rücksichtslosherrenmenschlich verfahre, werde natürlich aus an-erzogenem Instinkt jederzeit die Partei der Rassen- undKlassengenossen ergreifen. Wie wenig Verlast aberselbst beim besten Willen auf die Kontrolle humanerBeamten sei, beweise die Tatsache, dast in Dernburgs Reise-karawaue in Ostafrika ärger geprügelt werden konnte, als dasselbst in dem mit Prügeln so reichlich gesegneten Lande sonstder Fall sei!Neben einer eingehenden Kritik des DernburgschenKolonialprogramms widmete Genosse Ledebour auch deinGeneralissimus des Reichsfabelverbandes, Herrn L i e b e r t,eine zeitgemäste Abfertigung, der sich Herr Liebert in seinerEntgegnung durch etwelche kleine Reichsverbandsspästchen undpathetische Widerlegung von solchen Dingen zu erwehrensuchte, die Ledebour— wie er in einer persönlichen Be-merkung konstatierte— gar nicht behauptet hatte!Herr Dernburg selbst suchte Ledebours Kritik dadurch zuentkräften, dast er einen markanten Strich zwischen sich undHerrn v. Liebert, den ehemaligen Gouverneur von Ostafrika.zog. Aber das geschah allzu offensichtlich nur deshalb, umjede Verantwortung für die verflossenenSünden der deutschen Kolonialp olitik ab-lehnen zu können! Dabei verteidigte HerrDernbnrg mit aller Entschiedenheit die Prügelstrafe!Märzfeier im Dreiklaffenhause.Die parlamentarischen Vertreter der Epigonen des preußischenBürgertums von 1348 haben den 18. März in ihrer Art gefeiert.Nämlich mit persönlichen Zänkereien der konservativen und freisinnigenBlockbrüder untereinander über so bedeutende Fragen wie die, obein Charlottenburger Großbourgeois oder ein leibhaftigerHerzog als Jagdpächter vorzuziehen sei, und ob dieKrankheit, die den Dividendenmüllcr mit den vielen Beinamen aneiner neuen NeichStagskandidatur gehindert hat, eine wirkliche odereine vorausgeahnte Durchfallskrankheit gewesen sei. Ob es geradeAbsicht war, daß ausgerechnet am 18. März die Rechte ihre Rednerallerletzter Garnitur, parlamentarische bürgerliche Junkerbedientenach Art der Reincke, Quehl und Konsorten vorschickte, wagen wirnicht zu entscheiden.Der einzige Freifinnige, der wenigstens die Tatsache erwähnte.daß der Kalender das Datum des 18. März aufwies, war Rosenow.der Mann aus dem Volke an der Jannowitzbrücke. Erschwang sich sogar dazu auf, etwas wie Abscheu vor demVergießen von Bürgerblut zu bekunden, und sprach über den18. März 1843 so im Stile des Vossischen„Extrablatts derFreude", das von ansehnlichen Kommunalbeamten vermeldet,die auf den Barrikaden mitgekämpft haben.... sollten. Derkeimfähige Eickhofs und der geschniegelte Fischbeck schenkten sich alleRemiSzenzen, und was in MiillerS-Sagan-Berlin annoch undeko-rierter Männerbrust an, nutiger Spannkraft übrig ist, wandte sichheroisch gegen die Automobile.Das war die Art, wie das Dreiklassenhans anläßlich der Fort-fetzung der dritten Etatsberatung seine Märzfeier abhielt.—Die Legitimationskarten.Im österreichischen Budgetausschuß gab, wie auS Wien tele-graphiert wird, der Minister deS Innern Aufklärungen über die inPreußen für österreichische Arbeiter eingeführtenLegitimationSkarten. Gegen diese Cinrichwng sei vonder Regierung bei der deutschen RcichSregierung Protest er-hoben worden, weil sie derFreiheit deS österreichischenArbeiters, Arbeit zu suchen und zunehmen, entgegenstehe.Die preußische Regierung habe sich auf den Standpunkt gestellt,daß die Einführung der LegitimationSkarten eine fremdenpolizeiliche Maßregel sei, und daß völkerrechtlicheRücksichten oder vertragsmäßige Rechte hierdurch nicht ver-letzt würden. Die preußische Regierung habe jedoch gleichzeitig dieVersicherung abgegeben, daß die Landräte angewiesen wordenseien, den Arbeitern in jeder Beziehung entgegenzukommen,so daß bei der Handhabung der Verordnung betreffend denLegitimationszwang die österreichischen Arbeiter eine unbillige Beschränkung nicht erführen.Hoffentlich gelingt eS unseren Genoffen im österreichischenParlament, ihrer Regierung klm zu machen, daß die Erklärung derpreußischen Regierung eine ganz unstichhaltige AuSrede ist. Wirhaben wiederholt nachgewiesen, daß die LegitimationSkartendie Einführung deS Arbeitszwanges bedeuten und mitden Handelsverträgen im flagranten Widerspruchstehen. Wir sind überzeugt, daß der österreichische Minister nicht soleicht„überzeugt" worden wäre, wenn die Rechtsverletznng ebennicht bloß Arbeitern angetan würde.Andererseits zeigt die Angelegenheit wieder die Rücksichtslosigkeitder preußischen Regierung; wenn eS sich um Junkerintereffen handelt,dann darf auch der einzige BundeSgenoffe, der Deutschland noch gc-blieben ist, brüskiert werden.—Aus der sächsischen Wahlrechtsdeputation.Endlich hat die Dunkelkammer, die die Reform deS sächsischenLandtogSwahlrechts vorberaten soll, beschlossen, die Geheim-Haltung ihrer Verhandlungen und Beschlüsseaufzuheben. Natürlich bedeutet das nicht die Zulassung dervollen Oeffentlichkeit; die Presse hat nach wie vor keinen Zutritt.ober die Landtagsabgeordneten sind von derSchweigepflicht befreit. Originell ist. daß die Wahlrechts-doktoren der Dunkelkammer jetzt nach 23 Sitzungen fast einstimmigzu der Ansicht kamen, daß die Geheimhaltung nur nachteilig für dieWahlrechtssache und die Deputation gewesen sei. Auch die Re-gierung gab jeden Widerstand gegen die Oeffentlichkeit auf, siewünschte nur, daß amtliche Protokolle veröffentlicht werden sollten.Ein Rückblick auf die bisherigen Verhandlungen der Wahl-rechiSdeputaiion zeigt, daß diese nach zweieinhalbmonaiiger Tagungund in 23 Sitzungen so gut wie nichts fertig gebracht hatMan hat von Anfang an die Regierungsvorlage, die man doch inerster Linie beraten sollte, beiseite geschoben und die Zeit mitschematischen Streitigkeiten über verschiedene Wahlsysteme verbracht.Auf diese Weise hat man Pluralwahlshstem, Zensuswahlrecht undBerufswahlrecht allgemein erörtert Zwischendurch hat man eine An«zahl der vorliegenden Wahlrechtsvotschläge diskutiert. SämtlicheVorschläge wurden nacheinander verworfen, darunter auch einnationalliberaler Pluralwahlrechtsvorschlag, der zwei Zuschlags-stimmen forderte. Nur ein Borschlag des Agrariers Andrä, der einPluralwahlrccht mit vier Zuschlagsstinimen verlangte, fand nacheinigen Modifikationen Annahme. Danach sollten die vier Plural-stimmen verteilt werden: 1. Jeder 4S Jahre alte Wähler.2. Jeder selbständige Gewerbetreibende, dereinen versicherungspflichtigen Gehülfcn be-schäftig t. 3. Jeder Grund st ücksbesitzer. 4. Jeder,der IM) Mark Einkommen oder das Einjährigen-zeugnis hat. Dieser Vorschlag bildete auch die Unterlagezu den Kompromißverhandlungen zwischen Ratio-nalliberalen und Konservativen, die nach neuerenMitteilungen noch nicht völlig zum Abschluß gelangt sind,wobei aber insoweit eine Einigung zustande gekommen ist.als man sich auf ein Pluralwahlrecht mit drei Zu-schlagS stimmen geeinigt hat.In letzter Zeit beschäftigte sich die Deputation mit der Frageder Kommunalvertreter. Den Anlaß dazu gab ein Antragdes Konservativen Kühlmeyer, wonach statt der 40 Geineindevertreter,die die Regierung foederte, nur ein Viertel bis ein Drittel der Ab-geordnetcnzahl Kommunalvertreter sein sollten. Die Wahl solltenicht, wie die Regierung es forderte, durch die BezirksverbSude vollzöge» werden, sondern direkt durch die Gemeinderatsmitglieder undStadtverordneten in besonders zu bildenden Wahlkreisen. Den An-trag hat die Regierung unter Ablehnung deS reinen Pluralwahlrechtsals eine Brücke zur Verständigung bezeichnet, doch wollte sie nichtdie Gemeindeverlreter direkt wählen laffen, sondern die Bezirks-verbände unter Ausschluß der Höchstbesteuerten und die Gewerbe-und Handelskammern.In der letzten Sitzung der Deputation hat nun die Regierungihren Antrag über die Kommunalvertreter schriftlich eingebracht.Danach verlangt sie unter den obigen Bedingungen 30 Kommunal-Vertreter, wobei sie wahrscheinlich statt der jetzt existierenden32 Abgeordneten eine Zahl von 90 bis 96 angenommen hat. DerVorschlag hat wenig Aussicht auf Annahme. Die Abstimmung dar-über wird in einem gewissen Sinne eine Entscheidung herbeiführen. Wirdder Regierungsantrag abgelehnt, fallen damit die mittelalterlichenKommunalvertreter auch. In dieser Form wird Hohenthal sicher jedeweitere Beratung der Wahlrechtsfrage aufgeben, denn er hat sich indie Kommunalvertreter so verrannt, daß er nun nicht mehr zurückkann.UebrigenS haben die Verhandlungen über die Kommunal-Vertreter nur noch eine formelle Bedeutung. Die eigentlichenWahlrechtSoerhandlungen finden jetzt zwischen den Fraktionender Nationalliberalen und den Konservativenstatt.-_Geldverschleuderung für die Kolonialbahnen.In der„Hülfe" übt Herr R o h r b a ch. der ehemalige Landes-kommissar für Südwestafrika, an Herrn Dernburgs Kolonialbahn-Projekten eingehende Kritik. Er schreibt:„Für O stafrika muß eS Bedenken erregen, daß der Reichs-tag sich schon jetzt und mit einem Male fttr die ganze 700 Kilo-meter lange Strecke von Morogoro bis Tabora festlegen soll. Dasmacht ungefähr die Hälfte' der ganzen gefordertenSumme von 150 Millionen aus. Es würde voll-kommen genügen, wenn jetzt statt der 700 Kilometer bisTabora 90 oder 100 Kilometer bis Kilossa gefordert würden."Danach müßte nach Herrn Rohrbach, dem ehemaligen Kolonial-beamten und kolonialen Sachverständigen, Dernburgs Stolz undRuhm und der Börse fettester Happen platt gestrichen werden.Damit fielen aber von 1450 Kilometern Bahnbauten mit einemSchlage 600 Kilometer, die allein 60— 70 Millionen kostenwürden.Aber damit nicht genug! Auch daS nächstgrößteBahnprojekt Dernburg?, die Kameruner Südbahn, die350 Kilometer lang sein und 40 Millionen kosten soll, hält HerrRohrbach nicht für opportun. Und Herr Rohrbach hat geradeKamerun längere Zeit bereist! Ueber diese Südkamerun-Bahn schreibt Herr Rohrbach:„Der Hauptgrund, weswegen eine Südbahn inKamerun gebaut werden muß, ist der militärisch». Südkamerunist ein. wenn auch nicht durchweg, so doch überwiegend schwachbevölkertes Waldland, in dem verschiedene gefährliche undunruhige Stämme hausen. Sein w e r t v o l l st c s Produktist der Kautschuk. 1906 wurde Kautschuk für zirka4,7 Millionen Mark ausgeführt, überwiegend aus demSüden. Um diese Meiige zu befördern, wurde es etwaalle Vierteljahre eines Eisenbahnzuges bedürfen. Natürlich würdeeine Bahn außer der Kaulschukproduknon, die im wesent-lichen nicht mehr zunehmen wird, die vielmehr in ad-sehbarer Zeit infolge des Raubbaus eine Verminderung droht, auchnoch andere gute wirtschaftliche' Folgen haben und namentlichdie militärische Sicherheit gewährleisten. Dazugenügt es aber, wenn eine Schmalspurlinie von wenigüber 200 Kilometern Länge von der zwar nichtglänzenden, aber erträglichen Reede von Longji über den Njongnach Jaunde geführt wird. DaS würde nicht 40 Millionen kosten,sondern vielleicht den dritten oder vierten TeU.An den 150 Millionen, die Herr Dernburg fordert, würden alsoselbst nach dem Gutachten des Kolonialenthusiasten Rohrbach zirka100 Millionen abzu st reichen fein!—Der Negerfreund als Verteidiger der Sklaverei!Herr Dernburg ist trotz scheinbarer Draufgängerei einaeschmeidiger Mann. In O st a f r i k a zeigt er denPflanzern die Zähne, um durch deifVau der Zentralbahn bisTabora der Börse und der Schienenindustrie zufetten Profiten zu verhelfen. Dort m u tz er gegen dieÄolonialagrarier Partei ergreifen: denn wenn er die Forde-tun gen der Pflanzer in bezug auf die Usambarabahn berück-sichtigen wollte, würde er ja nicht die viel längere, für dieBörse und die Industriellen profitablere Zentralbahn befür-warten können. Deshalb der erbitterte Krieg zwischen demKolonial lekretär und den ostafrikanischen Pflanzern.Jn Südwestafrika dagegen leistet Herr Dernburg,der in Ostafrika den Eingeborenenfreund markiert.den ausschweifendsten Forderungen der Farmer Vorschub:hier hält er die Versklavung der Eingeborenenfür dringend geboten!Ms Genosse Ledebour am Mittwoch forderte, daß denEingeborenen wiederum die Möglichkeit der Existenz alsselbständige Viehzüchter gegeben werde, erklärte Herr Dern-bürg, daß das nicht angehe, denn dann müsse man den Ein-geborenen auch erst wieder Vieh anschaffen, und das werde40 Millionen kosten.Nun, wenn man sich die Ausrottung der Ein-geborenen(die jetzt so sehr beklagt wird!) und die V e r-nichtung ihresÄiehs mehr als 400 Millionen Markhat kosten lassen, sollte man die Befreiung der Ein-geborenen aus ihrer gegenwärtigen skandalösen Arbeitssklaverei doch lieber nicht vom Geld? abhängig machen! Denndie„d e u t s ch e E h r e" sollte sich mit der V e r s k l a v u n gder Eingeborenen doch eigentlich nicht vertragen! Aber da-von abgesehen: Dernburgs Rechnung ist auch wieder ganzunrichtig! Man braucht nur die in dieser Stärke ganzüberflüssige Schutztruppe um 1000 Mann zu verringern,um soviel Geld zu erhalten, um den Eingeborenen binnenV a h r c s f r i st einen Stamm von Vieb beschaffen zukönnen, der den Grundstock für spätere wirtschaftliche Selb-ständigkcit bilden konnte. Aber man will ja keine un-abhängigen Eingeborenen, man bat ja ihr Vieh geraubtund vernichtet, um Arbeitssklaven zu erhalten?Statt sich hinter faule Ausreden zu verschanzen, solltedas Herr Dernburg wenigstens offen zugestehen!Die Kolontalagrarter gegen Dernburg.Nach der„N r u e n Gesellschaftlichen Korrespon-d e n z" erzählt man sich in den Wandelgängen deS Reichstags nachstehend« Geschichte: Konferenz Dernburg mit den inBerlin bezw. Deutschland ansässigen Vertretern der ostafrikanischenPflanzungen. Die bekannte Beschwerdeschrift der oft-afrikanischen Pflanzer an den Reichstag kommt zurSprache. Der Staatssekretär ist sehr erregt. Drohungen, wie sievon einem Berliner Minister wohl noch nicht vernommen wordensind, entfliehen dem Gehege seiner Zähne.„Sagen Sie denHerren, sie sollen mich nicht reizen. Bedenken Sie, einWort von mir, und Ihre Papiere fallen an derBörse bis dort hinaus!" Er deutet auch noch an, daß demeinen oder anderen der unzufriedenen Herren draußen sehr wohldas Schicksal der Ausweisung blühen könnte! Einer derzu der Konferenz Erschienenen erhebt sich kühl: An und für sichhätten sie, die Hiesigen, mit der Beschlvevdeschrift derer draußenja nichts zu tun. Immerhin hätten sie vor einigen Tagen, tele-graphisch und brieflich, den Rat nach Ostafrika gesandt, das Schrift-stück zurückzuziehen. Er lege aber doch Wert darauf, zu erklären,daß dieser Schritt unterblieben sein würde, wenn die Drohungendes Staatssekretärs noch vor Absendung von Brief und Telegrammausgesprochen worden wären.... Derselbe Herr bestand ausder nachträglichen Registrierung dieses Vorganges im o f f i-ziellen Protokoll der Besprechung, alS� dieses von der ge-samten Auseinandersetzung nur den ersten Satz seiner Antwortwiedergegeben hatte.Ob das mobile Kapital wenigstens über die ostafrikanischenKolonialagrarier den Sieg davontragen wird?Gegen den Massenmord der Invalidenrente«wendet sich eine Petition an den Reichstag, die von HermannKick in Horhausen(Westerwald) eingereicht ist. Hinterihm stehen die empörten Bergleute, die ganze Arbeiter-und Bürgerschaft des Bezirks. Die Kundgebung ist ein neuerBeleg für die Richtigkeit der Anklagen, die in diesen Tagengegen die offiziell organisierte Jagd auf den Rcntenempfangder proletarischen Reichsinvaliden geführt worden sind. DieA e r z t e kommission der Landesversicherung s-a n st a l t(Rheinprovinz) räumte im letzten November aufdem Bürgermeisteramt zu Flammersdors mit nahezuallen Renten der vorgeladenen Empfänger auf. In derBerufungsinstanz zu Horhausen erschienen 30 Personenzum Schiedsgcrichtstermin. Die Vertrauensärzte erzieltendas Resultat, daß„keinem einzigen InvalidendieRcntezugebilligtwurd e." Darunter war eintotal gebrechlicher 65iähriger Bergmann, der sich am Stockbewegt und zum Termin gefahren werden mußte. Die Berg-invaliden könnten, so hieß es im ersten Termin, noch einDrittel des ortsüblichen Tagelohns der landwirtschaftlichenArbeiter verdienen: im zweiten Termin stieg die Bewertungihrer Leistungsfähigkeit sogar auf das Drittel ihres früherenBergarbeiterlohnes. Leuten mit schweren Herzfehlern er-klärte der„Vertrauensarzt, sie könnten sogar nochmal beimMilitär eingestellt werden.Die Distriktsärzte des Bergrcviers blieben beiihren: Gutachten, daS die Erwerbsunfähigkeit dieser Leutefeststellte: einige Knappschaftsärzte sprachen sich alsoaus: künftig würde nur noch der zur Reichsrente für berechtigt erklärt werden, für welchen schon der Sargbereitstehe. Auch das Zeugnis eines Bürgermeister-amtes über die gänzliche Erwerbsunfähigkeit wurde ignoriert:Leute find für Simulanten erklärt worden, denen die Bc-triebsführer der Gruben„Luise" und„Georg" das ehrenvollsteZeugnis ausstellten. Die Gemeindevorstönde verfluchen diein Aussicht stehende Ueberlastung der Armenkassen. DiePetition fordert ein Gesetz, das den Berufs invaliden zumReichsinvaliden erklärt.—_Von der Militärjustiz.AuS Halle a. S. berichtet man uns unterm 17. März: Diemilitärdienstlichen Jntereffen waren wieder eimnal in Gefahr beider Verhandlung vor dem Kriegsgericht der 3. Division gegen de»Unteroffizier Ernst Muschte von der 6. Kompagnie des Füsilier-rcgimentS Nr. 36 in Merseburg. Trotz peinlichen Ausschlusses derPresse erfuhr man, daß de§ Angeklagten Vergehen. daS dieOeffentlichkeit scheute, darin bestand: Er kam am 25. Oktober v. I.zu spät zum Dienst, soll seinem Feldwebel auf Borhalt erklärt haben,dieser habe ihm gar nichts zu sagen, und dann in unntilitärischcrStellung eine drohende Haltung angenommen haben, aus der derFeldwebel folgerte, der Unteroffizier wolle ihn schlagen. Nack fünf-stündiger Verhandlung wurde der Unteroffizier„nur" wegen Dienst-Versäumnis zu sechs Wochen Mittelarrest verurteilt. Auch die Urteils-begründung war nicht öffenttich.Einen tätlichen Angriff unternommen hoben sollte der MusketierPaul Gabel vom Jnsanterieregiment Nr. 153 in Altenburg gegenden Gefreiten und Stubenältesten Winkelntann. Der Gefreite hatteam Abend des 13. Februar zu Gabel, der in der Kaserne vielAlkohol zu sich genommen hatte, gesagt, er solle die leeren Bier-flaschen wegschaffen, worauf Gabel in drohender Haltung und mitgeballter Faust dem Vorgesetzten zugerufen hatte, das tue er nicht.Der Ankläger beantragte auch noch„unter Annahme eines minder-schweren Falles"— zu einem Angriff kam es natürlich nicht— dieKleinigkeit von einem Jahr und drei Monaten Gefängnis gegenGabel. Das Urteil lautete, da man nur Gehorsamsverweigerungals vorliegend annahm, auf vier Monate Gefängnis.OcHtemlch-CIiigarii.Sozialpolitisches.Wien» 17. März. In der heutigen Sitzung des Dudgetan?-schusseS erklärte der Minister des Innern, der Entwurf derJnvaliditäts- und Altersversicherung sei imivesentlichen fertiggestellt worden. Dem Gedanken derSchaffung der Alt-rsfürsorge für die kleingewerb-lichen und kleinbäuerlichen Kreise stehe er sehrsympathisch gegenüber, doch dürste die Verschiedenheit derBedürfnisse der Arbeiterschaft einerseits und der selbständigenBcrufSstände andererseits vielleicht eine technisch getrennteBehandlung dieser Frage erfordern, wobei überdies auf die weit-gehenden Verschiedenheiten der selbständig erwerbenden Kreise inden einzelnen Ländern Rücksicht zu nehmen sein würde. DerMinister kündigte ferner ein Gesetz zum Schutz der iltiS»Wanderer an.Klerikale Hetzer.Der Professor der JnnSbrucker Universität, Dr. Ludwig Wahr»mund, hat gegen die päpstlichen Modcrnistenverfluchungen eineBroschüre veröffentlycht, die bei den österreichischen Klerikalen undChristlichsozialen angcblch große Entrüstung erregt hat. Angeblich,denn diese gerissenen GejchäftSpolitiker machen nur dann in Eni-rüstung, wenn dabei für sie ein Profit herausspringt. Immerhingenügte das klerikale Geschrei, um den Staatsanwalt zur KonsiS-kation zu veranlassen. DaS wäre nun nicht gerade ein Unglückgewesen, da die Broschüre in Form einer Interpellation imParlament verlesen und, so immun gemacht, um so größere Ver-brcitung gefunden hätte. Aber den Klerikalen haben sich auch derMinisterpräsident Beck und natürlich der klerikale Ver-traucnsmann im Ministerium, Eeßmann, angeschlossen. Diesererklärte, daß die Broschüre unbedingt gesetzwidrig sei; eine Aeußc-rung, die eine freche Einmischung in die Judikatur bedeutet, daPros. Wahunund gegen die Konfiskation Einspruch erhoben hat.