Rechtsdrehung 90°Linksdrehung 90°
 100%
 100%
 0%
 0%
 0%
 
Einzelbild herunterladen
 

(Sehr wahr I Bei den Sozialdemokraten.) Der GtaatSsekretZr will Arbeitskommissare einführen, welche die Arbeit vermitteln sollen. Das ist ganz schön und gut. Setzt man das aber von den all- gemeiilen Redensarten der Verwaltung in die Tat um. dringt eS durch die verschiedenen Kanäle bis zu den ausführenden Organen an Ort und Stelle, so wird das Endresultat immer dasselbe sein, daß nämlich die Neger geprügelt werden, damit sie zur Arbeit veranlaßt werden.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Der Staatssekretär hat der Proklamierung des Grundsatzes der N a s s e n j u st i z und der A u f r e ch t e r h a l t u n g der Prügel st rase seine Sanktion erteilt. Stellen Sie sich etwa vor, daß aus Anlaß des Kaisermanövers ein kommandierender General eine leise Klage über ein bestimmtes Re- giment oder eine bestimmte Kompagnie äußert, und wie das dann lawinenartig sich fortpflanzt bis zu dem Munde des Unteroffiziers, der den Leuten selber die allerhöchste Botschaft überbringt. Das ist natürlich in Afrika noch schlimmer, wo das unter st e Organ mit der Nilpferdpeitsche arbeitet.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Welchen Illusionen der Staatssekretär sich hingibt, zeigt auch folgender Borgang. Trotzdem er gegen das Prügeln entschieden Verwahrung eingelegt hat. war in der Budgetkommission ein Mitglied, nicht ein Sozialdemokrat. sondern ein denstaatserhaltenden Parteien' angehörendes Mitglied in der Lage, einen Brief zu verlesen, in dem ein Farmer schreibt, es sei ihm mitgeteilt worden, daß die Neger, welche die Expedition von Monsa nach Tabora mitgeniacht haben, jetzt erzählen, mit dem reisten sie nie wieder und so wie auf dieser Reise seien sie noch niemals geprügelt worden.(HörtI hört l bei den Sozialdemo- traten.) Der Herr Staatssekretär sagte, das glaube er nicht. Aber es bleibt dabei, daß trotz der Verwahrung des Staatssekretärs auf einer Reise, dir er selber machte, clie Prügelei in voller Blüte ftatid. Der Staatssekretär hatte von seinen Beamten gemeint, sie eigneten sich ausgezeichnet für die Verwaltung, und der Abg. Arning stimmte ihm darin bei. Bei dieser Frage ist zweierlei zu unterscheiden. Der Deutsche ist, was seine wirtschaftlichen Funktionen anbelangt, ein ausgezeichneter Kolonisator; der deutsche Bauer ist als Landwirt auch im Ausland sehr tüchtig. Der deutsckie Kaufmann ist als Kaufmann durchaus auf der Höhe und steht dem englischen, dem amerikanischeir Kaufmann nicht nach. Die Männer der Wissenschaft stehen ebenfalls zweifellos auf der Höhe. Aber der große Unterschied zwischen den Mitgliedern der englischen Kaufmannschaft und Beamtenschaft und der deutschen ist der, daß der Engländer, wenn er in die Kolonien geht, mit sich nimmt die Tradition eines sich selbst verwaltenden Volkes.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Ein Engländer ist von Jugend auf gewohnt, den Stolz des freien Mannes in sich zu fühlen, er weiß, daß er sich selbst regiert, daß er nicht von einer bureaukratischen Kaste regiert wird. Welcher Berufsklasie der Engländer auch angehört, er hat dieses Selbstbewußtsein des freien Mannes. Der Deutsche aber kommt aus einem Lande, wo systematisch durch die Regierung unter Beihülfe der herrschenden Klassen jedes Gefükl der freikeit und des Bürger- ftokes vernichtet wird. (Unruhe rechts.) Systematisch treiben sie das Selbstgefühl heraus aus dem deutschen Volke. Das Ideal des Durchschniitöbürgers von heute ist es, ein schneidiger Talmijunker zu sein(Unruhe rechts. Zustimmung bei den Sozialdemokraten), der mit dem Schießprügel seine> politischen Angelegenheiten erledigt und sich über alle anderen erhaben fühlt. Das ReserveosfizierStum sucht immer den Eindruck zu erwecken, auch im Zivilrock, als ob er nur zufällig angelegt sei. Und von den Leuten, die gar kein Gefühl für Selbstverwaltung haben, denen jedes Gefühl für politische Freiheit abgeht, werden Sie notwendig, wenn sie i» andere Länder versetzt werden, es immer erleben müssen, daß sie in ganz engherziger Weise das bureaukratische System, dasSystem der preußischen Pickelhaube ausdehnen und so zu den brutalsten Exzessen kommen.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten Unruhe rechts.) Wollen wir aus Deutschland Beamte hcraussendcn, welche wie die englischen die Verwaltung gestalten unter innerlicher Hochachtung der Gefühle der fremden Völker, so müssen Sie anfangen, hier in unserem Heimatlande mit dem bureaukratischen RegierungSsystem zu brechen tmd müssen in Deutschland verwirklichen, was heute vor 60 Jahren in Berlin begonnen hat. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten, Unruhe rechts und bei den Nationalliberalen.) Sie Nationalliberale sind ja entartete Enkel. (Lärin bei den Nationalliberalen, Zustimmung bei den Sozial- demokraten.) Sie sind ja jetzt so eifrig bemüht, sogar in bezug auf das Vereinsgesetz ein Kompromig zustande zu bringe». (Andauernde Unruhe rechts und bei den Nationalliberalen), wobei die nächsten Worte verloren gehen.) Also von einem Volke, in welcheni es niöglich ist, daß die Mehrheitöparteien hier in diesem Hause alles tun, um jede wirkliche Selbstverwaltung zu unterbinden, läßt sich nicht erwarten, daß sie die Tradition von 48 durchführen werden oder sie auch nur verstehen. Sie werden höchstens darüber lachen. (Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Der Abg. Dr. Arning hat unS gegenüber einen besonderen Trumpf auszuspielen geglaubt, indem er auf die B a u ni w o l l- a n p f l a» z u n g e n hinwies und meinte, da» könne für die deutschen Arbeiter von ungeheurer Wichtigkeit werden, falls etwa in Amerika sich ein Baumwollring bilde, der die Baumwollproduktion hintanhalte. Herr Arning scheint die Entwickelungskräfte der modernen Welt ganz falsch einzuschätzen, wenn er glaubt, daß in Amerika eine derartige Maßregel möglich ist. Ein Baumwolltrust, der die Produktion in Amerika eintchränkl, ist ein Ding der Unmöglichkeit. (Widerspruch bei den Nationalliberalen.) Bei Ihnen hat man da mit einem Glauben zu kämpfen.(Heiterkeit bei den Sozial- demokraten.) Das ist aber kein Beweis, daß derartiges in greifbare Nähe gerückt ist. Wäre es aber selbst möglich, so ist eS doch a u S- geschlossen, daß durch die Baumwollproduktion in unseren Kolonien ein solcher Schlag pariert werden könnte, weil die Bamnwollvroduktion ein sich sehr langsam entwickelnder Prozeß ist, und weil für die Baumwoll- Produktion im großen die Voraussetzungen in unseren Kolonien fehlen. Ich berufe mich hierfür auf die Autorität de? Staatssekretärs. Ausnahmsweise nickt er nrir einmal zu.(Große Heiterkeit.) Er hat in der Budget- kommission klar ausgesprochen, daß in absehbarer Zeit die Baumwollprodnetion in den Kolonien nicht ausreichen wird, irgend einen Eiufiuß auf die Bildung des Weltmarktpreises auszuüben. erübrigt sich also, darauf näher einzugehen. Gegenüber all den Möglichkeiten, daß die Herstellung von Produkten, welche wir brauchen, einmal eingeschräult werden könnte, gibt es nur das eine durchgreifende Mittel, daß Deutschland in der ganzen Welt bahnbrechend auf dem Gebiete des Freihandels vorangeht. (Lebhafte Zustimmung b. d. Soz.) Daß Deutschland mit der Aufhebung der Zollschranken beginnt und darauf drängt, daß überall in der Welt eine Art wirtschaftliches Jndigenat für die Bewohner anderer Länder eingeführt wird. Wenn diese EntwickelungStendenz, die überall in der Welt besteht, die aber bei uns jetzt in den Hintergrund gedrängt ist, wieder überall zum Durchbruch gekommen sein wird, wird jede Gefahr einer solchen Abschneidung der Kultur eines Landes beseitigt sein. Und daS wird für die EntWickelung der gesamten deutschen Volkswirtschaft von größtem Segen sein.(Lebhaftes Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Aber auch das hängt auf das a l l e r e n g st e d a m i t z u s a m in e n, daß wir die Reaktion g«f allen Ledensgebiete» überwinde». Mit allen Fase«» hänge« die reaktionären Interessen auf den berlchiedcnsten Gebieten zu- sammen, und nur durch eine große Volksbewegung kann diese reaktionäre Stagnation überwunden werden.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokxaten.) Ich komme mit einigen Worten jetzt noch auf die von den Parteien gestellten Resolutionen. Sie beziehen sich auf eine Förderung der Interessen der Neger gegenübe: den Uebergriffen der gegenwärtigen Verwaltung und kommen bis zu einem gewissen Grade den Tendenzen entgegen, die bei dem Staatssekretär mit den AusbeutuiigSinteresten kämpfen. Wir wollen diese Tendenzen st ä r k e n und werden die öiesolutionen daher unterstützen. Doch hat die Frage der Kodifizierung des Ein- gebore nenrechtS zu einer Kontroverse Veranlassung gegeben, ans die ich kurz eingehen will. Herr Arning hat gegen die Kodi- fizierung Verwahrung eingelegt. Es handelt sich aber nicht, wie er zu meinen scheint, um eine Kodifizierung als Grundlage der künftigen Recht- sprechung, sondern um eine Feststellung des bestehenden Rechts, die unbedingt notwendig ist, wenn arge Miß- griffe vermieden werden sollen. Ich erinnere z. B. daran, daß in Bengalen im vorigen Jahrhundert die Engländer die Steuerpächter für Gnmdbesitzer erklärlen, lediglich aus Un- kenntnis des dort herrschenden Rechtes, was natürlich eine' ungeheuere Erbitterung hervorrief. Auch wir haben ähnliche Dinge gemacht. In Slldwestaflika war es möglich, daß den L a n d g e s e l l s ch a f t e n von den eingeborenen Häuptlingen Ländereien für ein Butterbrot verkauft wurden, trotzdem nach dem Em- geborciicmccht die Häuptlinge dazu so wenig befugt waren, wie etwa der Oberbürgermeister von Berlin auf eigene Faust komiiiunaleu Besitz verkaufen darf. In dieses Gebiet gehört auch die Talsache, daß die deutsche Verwaltung den Hererohäuptling Maharero zum Ober- Häuptling ernannt und ihn dem bestehenden Recht zuwider ermutigt hat zur Verschleuderung des StammeSlandeS, wozu er auch als StmnmeLhäuptling nicht befugt war. Zum Teil ist gerade dadurch derHereroaiifstand herbeigeführtworden. (Hörtl hörtl bei den Sozialdemokraten.) Die von uns eingebrachte Resolution werden wir noch beim Spezial- etat für Togo eingehend begründen. Ich erwähne sie hier nur in- sofern, als wir es für eine Pflicht der Kolonialverwaltung halten, in Uebereinflimmung mit der vom Reichstage im Jahre 1906 be­schlossenen Resolution auch den Eingeborenen in Südwestafrika ihr Land soweit zurückzugeben, daß sie darauf selbständig wirtschaften können. Noch ein paar Worte zur Eisenbahnfrage. Sie sollen nach der Denkschrift die Möglich- leiten der Ausbeutung der Eingeborenen steigern, deshalb haben wir gegen diese Projekte grundsätzliche Bedenken. Finanziell dürfte sich außer der Togobahn keine einzige von ihnen auch nur decken. Die Methode der F i n a n z i e r n n g ist jedenfalls höchst zweifelhast. Man will Kolonialanleihen aufnehmen und glaubt so die Schulden der Kolonien von denen fiir das Reich trennen zu können. In Wirklich- lest muß das Deutsche Reich für alle Verbindlichkeiten der Kolonien aufkommen.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten/ Die Kolonien sind ja keine stelbständigen Staaten unter deutschem Schutze, sie haben ja keine Selbstverwaltung, ihre ganze Existenz hängt von den gesetzgebeneen Faktoren des Deutschen Reiches ab, und für die Zinsen ihrer Schulden müssen die deutschen Steuerzahler aufkommen, deshalb verwerfen wir den Nmwcg, den man hier zur Deckung der Kosten des Eisen» bahnbaues eingeschlagen hat. Es wunden mich, daß der Staals- sekretär nicht selbst eingesehen hat, daß es sich hier nur um eine Verschleierung handelt. Denn in einem ganz anderen, ähnlichen Falle ist er selbst zu der Erkenntnis gekommen und hat den Umweg abgelehnt. In Ost- afrika bestehen sogenannte Koinmunalverbände, die aus dem Etat der Kolonie dotiert werden und eine Kontrolle über die Verwendung der Gelder in den einzelnen Bezirken ausüben sollen. Es sind aber gar keine Selbstverwaltungskörper, sondern es kommt darauf hinaus, daß einzelne Verwaltungsbeamte Dispositionsfonds erhalten, in deren Verwendung ihnen weder der Reichstag noch die Zcnrralverwaltung hineinreden darf. DaS hat Dernburg selbst als einen unhaltbaren Zu- stand unter der Maske der Selbstverwaltung be- zeichnet und versprochen, auf seine Beseitigung zu dringen.(Hörtl hört! bei den Sozialdemokraten.). Genau ebenso aber sind die Gouvernements von Ostafrika . Togo und Kamerun nicht selbständige Verwaltungen, sondern die Gouverneure sind an- gestellte Verwaltmigsbeamte des Deutschen Reiches, die keinerlei wirtschaftliche Freiheit haben und unter keinen Umständen eine selb- ständige Finanzpolitik treiben dürfen.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Man dars doch unsere Schutzgebiete nicht mit englischen Selbstverwaltungskolonien, der Kapkoloni, Kanada oder Australien vergleichen. Der Staatssekretär hat sich mit Recht heute gegen die Zahlenkuiiststücke des Dr. Arning gewandt. Früher als er debütierte, war er ja selbst groß in der Verwendung prospektartig glanzvoll ausgestatteter Zahlen, ich erinnere nur an seine berühmte Tausendmillionenbilanz, die allerdings so unhaltbar war. daß er sie inzwischen in die Versentimg hat verschwinden lassen. Ich würde empfehlen. diese Bilanz zum Gegenstand eines Lehrkurkus in der Handclshoch- schule zu machen, Wiedas bekannt« fehlerhafte Pferd in der Tierarzt neischule, weil man an ihr sämtliche Bilanzfehler lernen kann. (Heiterkeit.) Aber auch DernburgS Eisenbahndenkschrift ist mit Phantasiezahlen versehen. Um die Notwendigkeit der Eisenbahnbauten zu beweisen, sind die schönen Karten beigegeben, in die das Gebiet von 150 Kilometer im Umkreise eingetragen ist, für die die Bahn noch nutzbar gemacht werden soll. In Togo aber, wo neben der bestehenden Bahn von Lome ins Innere eine neue Bahn spitz- winklig dazu gebaut werden soll, sind die Einflußsphären der Bahnen statt 150 nur 20 Kilometer weit, weil ja sonst statt der Notwendigkeit die Ueberflüssigkeit der neuen Bahnen bewiesen werden würde.(Zuruf: Gebirge!> Die Gebirge sind gerade dort sehr niedrig und auch bei Ostafrika nicht in Betracht gezogen. Ich will gar nicht sagen, daß die eine oder andere Bahn überflüssig sei, ich will nur auf die doppelte Buchführung hinweisen, die der Staatssekretär hier wieder treibt.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Alle seine Denkschriften enthalten große Widersprüche und infolgedessen müssen wir all' seinen Angaben und Projekten mit äußer st er Vorsicht gegenüber treten. Im übrigen halten wir nach wie vor an unseren alten Grundsätzen fest und vmverfen das herrschende Kolonialsystem grund- jätzlich. So lange eS aber besteht, greifen wir nach Möglichkeit ein im Interesse der Eingeborenen wie in dem unseres eigenen Landes. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. v. Lieber»(Rp.): Ich will zunächst dem Abg. Lcdebour persönlich antworten. Er hat olle Kamellen aus dem Wahlkampf aus trüber Quelle gezogen. Dr. HanS Wagener, von dem diXBehauptungen gegen mich ausgehen, war ein sehr kranker, ehrgeiziger und mittel- loser Schriftsteller, dein ich Wohltaten erwiesen hatte, der sich aber durch Angriffe auf Leute in hervorragender Stellung be- merkbar machen wollte. Was ich über das Auftreten der Zauberer früher gesagt habe, war ganz richtig. Der Aufstand war dadurch hervorgerufen, daß die Zauberer sagten, die Gewehre der ASkari würden Wasser statt Feuer schießen. Zutreffend ist aller- dingS der Vorwurf, daß ich als Gouverneur bei einem Besuche in Deutschland einer Hamburger Gesellschaft der Nyassa-Gesellschaft Versprechungen gemacht habe, die ich nachher von Ost afrika aus annullierte. Aber der Abg. Ledebour hat sich vielleicht auch schon einmal eines besseren belehren lassen.(Widerspruch rechts. Zurufe: Noch nie I) Der andere Hauptzenge gegen mich ist ein Hauptmann Werther, den ich aus Ost afrika aus- gewiesen habe, weil er unberechtigt Krieg mit den Ein« geborenen zu führen begann. Seitdem greift er mich ständig an. ES ist richtig, daß ich vor zehn Jahren einer Gesellschaft ein großes Gebiet am Kilimandscharo sehr biklig überlassen habe. Aber damals war ich ftoh, wenn überhaupt jemand mit Kapital nach der Kolonie kam. Die Verhandlungen zogen sich lange hin. und jetzt hat Staatssekretär Dernburg diesen Vertrag annulliert. Ich hatte ihn gebeten, die Konzession bestehen zu lassen, obwohl sich im Laufe der 10 Jahre die Verhältnisse und Preise ganz verändert haben. Doch darüber niag ich jetzt nicht mit ihm rechten. Hoffentlich sind damit die Anwürfe gegen nnch endlich erledigt. Leider ist der Kolonialetat noch immer nach dem alten Schema aufgestellt. Noch immer sind die M i l i t ä r l a st e n in den K o l o n i a l e t a t ein- gestellt, der dadurch ein ungünstiges Bild gibt. Auch die Behandlung der Kolonien als Zollausland ist ungerechtfertigt. In der Arbeiterfrage hat sich der Staatssekretär meinen An- ichauungen gegenüber immer milder, weitherziger, entgegen« kommender gezeigt. Wir kommen uns immer näher.(Heiterkeit.) Die Eingeborenen halte auch ich. wenn sie willig und gehorsam sind, für das wichtigste Kapital der Kolonie. Sie werden von den Pflanzern ausnahmslos gut behandelt, find aber unzuverlässig, träge und lügenhaft, gewohnt, dem Reittiere da? Futter unter den Schwanz zu legen, statt ins Maul. (Heiterkeit.) Ich fragte einmal einen stämmigen Schwarzen, der im Chausseeoraben saß, warum er nicht arbeite. Da antwortete er nur: Warum frägst Du, Schafskopf? Arbeite Du doch! (Große Heiterkeit.) Die Deutschen brauchen viel schwarze Arbeiter, jedoch müssen die Neger durch Arbeit? marken oder Stenern erst zur Arbeit gezwungen werden. Ucber die jetzige Eingeboreiipolitik find die Pflanzer nicht sehr entzückt, sie halten sich für benachteiligt gegenüber den Indern und sind über« zeugt, daß Exzellenz Dernburg und die Wirklichen und Unwirklichen Geheimräte die Neger siar nicht verstehen. Nur als deutsche SiedelungSkolonie mit zur Arbeit erzogenen Schwarzen kann Ostafrika auf dem Weltmarkte die Stellung erobern, die es nach seinen Naturschätzen einnehmen kann.(Beifall rechts.) Abg. Dr. Wicmer(frs. Vp.): In einer Petition von ostaftika- nischen Ansiedlern wird gesagt, wenn Dernburg so fortfahre, so werde seine Kolonialpolitil nur noch die Zustimmung des Freisinns, des Zentrums und der Sozialdemokratie finden. Das scheint für die Herren das schlimmste zu sein. Aber ick möchte daraus hinweisen, daß nicht nur diese Partei, sondern auch Konservative und Nationalliberalc sich in der Hauptsache mit dem Staatssekretär einverstanden erklärt haben. Daran können die marxistisch-doktrinären Phrasen des Herrn Ledebour nichts ändern. Hoffentlich wird auch die Truppenzahl in Südwestafrika, der kostspieligste Faktor, bald auf da? versprochene Maß herabgemindert. Bei der Auswahl von Personen sind in früherer Zeit viel Mißgriffe vorgekommen. Wenn der Staatssekretär sagt, die Selbstbestimmung der Eingeborenen darf nicht eingeschränkt werden, so stimme ich dem zu. ES geht aus die Dauer nicht an, nur mit Zwang und Peitsche zu kolonisieren. Wenn ich den geplanten Maßregeln mich zuwende, so betone ich, daß die Steuerfrage mit Vorsicht zu behandeln ist. Notwendig ist daS geplante Sanitätsamt, um die Sterblichkeit der Neger herab- zusetzen. Das geplante LandeSkulturamt begrüßen wir mit Freude. Die Tätigkeit der Missionen erkennen wir an, aber wir werden einer einseitigen Begünstigung nnd Unterstützung der Missionen widersprecken.(Zustimmung bei den Freisinnigen.) Auf die Bahnprojekte des Staatssekretärs gehe ich jetzt nicht ein; grundsätzlich sind wir nicht gegen Bahnen in den Kolonien, wir müssen aber bei jedem einzelnen Projekt die Frage der Rentabilität ernstlich prüfen. Mit unserer Zustimmung zur Triippenvermiiiderung in Südwestafrika binden wir uns keineswegs für einen Bahnbau. (Sehr richtig! bei den Freisinnigen.) Staatssekretär Dernburg : Die Zurücksührung der Truppenzahl in Südwestaftika denkt die Verwaltung nicht an irgend eine Koinpensation zu binden. Eine Unterstützung der Missionen auS öffent­lichen Mitteln hält die Kolonialverwaltung weder im In» tercsse der Missionen noch der Kolonialverwaltung für gelegen. Dem Abg. Lieber», der meint. der Gegensatz der Ko- lonialverwaltung zu den Farmern sei geringer geworden, muß ich widersprechen. Me Verwaltung und die Mehrheit des Hauses will die Schwarzen zur Arbeit erziehen in ihrem eigenen Interesse. Herr Liebert und die Farmer aber wollen sie dazu erziehen im Interesse der Pflanzer. Da» ist der Gegensatz. Sie verlangen jetzt sogar schon, die Regierung solle ihnen 86 000 Arbeiter schaffen. DaS muß die Regierung ablehnen. Ich will Arbeiter veranlassen dorthin zu gehen auf Grund von Lohnbedingungen, nicht aber sie mit Zwang dorthin« bringen.(Sehr richtig I links.) Noch in einem anderen Punkt be- finde ich mich im Gegensatz zu Herrn v. Liebert. Ich könnte ja nach dein Grundsatz handeln, was mich nicht brennt, das blase nicht. Ich stehe aber auf dem Standpimkle, daß ich eS nicht zugeben kann, daß Leute auf phantastische Versprechungen hin, die auck hier von der Tribüne des Reichstages gemacht werden, ohne Warnung hinausgehen. Zu einer Auswanderung nach Ostafrika kann die Regierung nicht ermutigen. Herr Liebert hat auch in der Budgetkommission einen Brief verlesen einen Mannes, der 26 Jahre in Afrika war. ES wird da gesprochen von einem Manne mit dem KürbiSkopf und ähnlich. Wer die Leute so ansieht, wird sie auch entsprechend behandeln, wie ein Stück Bich. (Sehr ricktig I links.) Bezeichnend ist auch der AusdruckBana Piinbo' in dem Briefe. Er heißt nämlichHerr Stock". (Heiterkeit.) Ich wende mich nun zu Herrn Ledebour . Mit ihm werde ich»nich wohl nicht verständigen, denn es gibt eben Leute, die farbenblind sind, wahrscheinlich bin ich es. (Heilerkeit.) Ledebour meint, die Kolonialpolitik trage die Schuld an der schlechten Finanzlage des Reiches. Nun in Stuttgart und Essen war die Sozialdemokratie anderer Ansicht. Herr Ledebour hat sich gewundert, daß ich eine Naffenjustiz und Prügelstrafe für not- wendig halte. Aber eS muß eben jeder nach seinen eigenen Rechts- begriffen behandelt werden. Den Schwarzen können Sie nicht behandeln nach dem deutschen Eherecht, dem deutschen Wechsel- oder Konkursrecht.(Heiterkeit.) Er muß nach seinem eigenen Recht behandelt werden, und gerade Herr Ledebour verlangt doch ein« Kodifizierimg des EingeborcnenrechtS. Doch nicht, damit die Weißen danach behandelt werden. Behandeln Sie aber den Neger nach seinem und den Weißen nach seinem Recht, so' haben Sie eine Rassenjustiz. Und was die Prügelstrafe anlangt, so ist sie für die Neger die gewohnte, und sie ist viel weniger hart, als das an die Kette schließen.(Große Heiterkeit.) Mit der Bilanz, die Herr Lede- bour aufgemacht hat über den Wert der Kolonien, steh» er wohl allein. Weiter wünscht er. daß den HereroS Land zugewiesen wird. Täte man daS, so müßten sie verhungern, wenn man ihnen nicht gleichzeitig Vieh gäbe. DaS aber würde vierzig Millionen Mark kosten, und wenn Sie diese Kleinigkeit bei sich haben, so wäre mir dies ganz lieb.(Heiterkeit.) Daß in den Kolonien nicht jeder prosperiert, ist ganz natürlich. DaS ist auch ir» Deutschland so, und keineswegs ist das Schuld der Regierung. Der Behauptung, daß das neue System eine bestimmte Wirkung gezeitigt hat, muß ich entschieden widersprechen. Denn das neue System soll erst zur Einführung kommen. Auch Herr v. Liebert hat, wie er in der Kommission ausführte, als Gouverneur mit den Farmern dieselben Schwierigkeiten gehabt. Er sagte, die Farmer machten ihm mehr Arbeit als zehn Millionen Schwarze. Der Fehler ist eben der, daß in den zehn Jahre» keine Arbeitergesetzgebung dort gemacht ist. Jetzt soll sie erst zustande gebracht werden, und daß die Zustände, wie sie jetzt sind, dem neuen System in die Schuhe geschoben werden, lehne ich ab.(Lebhafter Beifall links.) Abg. Lattmann(Wirtsch. Vg.): Auf dem Stuttgarter Jnter- nationalen Sozialistenkongreß ist den deutschen Sozialdemokraten von v o n K o l mit Recht vorgehalten worden, daß sie auf kolonialem