daran gehe, den Branntwein höher zu besteuern, die Biersteuer rechtkräftig gesteigert werden.Das sind die drei Grundbediiigmigen, die zunächst die Frei-sinnigen zu erfüllen haben; doch damit sind die Wünsche derAgrarier noch nicht beendet. Ihr Begriff der„mittleren Linie"enthält noch einige weitere bescheidene Anforderungen an die frei-sinnige Wandlungsfähigleit. DaS Bündlerblatt zählt z. B. folgendesSteuerregister auf:„Man besteuere daS Bier, so daß der Alkohol etwa inderselben Höhe zur Steuer herangezogen wird wie beim Trink-branntwein I Man führe eine gestaffelte Banderolen-st euer auf Zigarren ein. die die billigeren Sorten nurwenig, die teueren erheblich belastet I Mau entschließe sich endlich,dem volkswirtschaftlich und sozialpolitisch so shmpatischen Gedankeneiner Stempel st euer auf Dividenpapiere näher-zutreten I Man erwäge die Durchführung einer zweckmäßigenWehrsteuer, des Petroleum monoPols und vielleichtauch eine? Zündholzmonopolsl Endlich würde die Ein-führung angemessener Luxussteuern nicht von der Hand zu weisensein; selbstverständlich müßten diese Steuern so gewählt werden,daß sie daS Geschäftsleben nicht schädigten. Als solche Luxus-steuern mögen nur andeutungsweise genannt werden: Erhöhungder S ch a u m w e i n st e u e r und des S ch a u m w e i n z o l l e s;Erhöhung des Zolles auf importierte Zigarren, eineGrammophon st euer usw."_ DaS bezeichnet die„Deutsche TageSztg." als die„mittlereLinie", auf der die Freisinnigen zu balanzieren haben, falls sie nichtden Ailfpruch verlieren wollen, eine sogenannte„nationale"Partei zu sein. Bitterer ist wohl noch nie die freisinnige Charakter-festigkcit verspottet worden, als in diesem Ansinnen. Dennoch scheintes fraglich, ob die Freisinnigen tatsächlich den Spott der agrarischenZunimung empfinden.Ihr Machtdünkel beherrscht sie so vollkommen, daß sie längstverlernt haben, die geringschätzige Behandlung, die ihnen die Kon-servativen angedeihen lassen, als Verletzung zu empfinden. Die Block-Politik hat nicht nur ihren Intellekt, sondern auch ihr Moralgefühlruiniert._Der HeichsverbZiui als IFolizeispItzel-Institut.Die Reichsverbandsstelle in Haanover, die an Scharfmachereigegen den 18. März das Menschenmöglichste geleistet hat, ist beidieser Gelegenheit von unseren dortigen Genossen aufs Glatteisgeführt und als Polizeispitzelinstitut angenagelt woroen. AmMontag vor dem 18. März wurde von vinem Genossen auf derSchreibmaschine das folgende Schreiben hergestellt:Streng vertraulich!Werter Genosse! Kurz vor Toresschluß wollen wir Sienochmals daran erinnern, daß die Demonstration am 18. Märzeine in jeder Beziehung mustergültige sein muß. Sie werdenür Ihren Bezirk jedenfalls alle Vorbereitungen getroffen undür genügende Instruktion der Teilnehmer Sorge getragen haben.n besonders, was den Hauptdemonstrationsakt betrifft. Esnt alles auf eiserne Disziplin an. Ueber die Zahl derFeiernden und Demonstranten haben Sie noch an demselbenAbend an dem vereinbarten Treffpunkt Auskunft zu geben. DieTransparente beziehen Sie bestimmt von der bereits vor 14 Tagenangegebenen Quelle. Alles muß recht würdig verlaufen, Un--gesetzlichkeitcn sind zu vermeiden. Im übrigen wissen Sie, welcherDienst Ihnen und Ihrem Bezirk zugewiesen ist. da an den Per-cinbarungen, die vor 14 Tagen aufgestellt sind, nichts geändertworden ist. Im„Volkswille" werden nur die Abendversamm-lungcn inseriert. Lassen Sie sich dadurch nicht irreleiten, dennes bleibt unbedingt bei den getroffenen Abmachungen.Mit ParteigrußDas Akttonskomitee.Ein anderer Genosse ging in das Geschäft des ReichsverbandS-Rednerfchülcrs Rischmüller, kaufte einige Postkarten und verloroabei ganz unauffällig den mit der Adresse: Herrn Krückeberg,17. Bezirk, 39. Distrikt, versehenen Brief. Der Rednerschülcr rannt«spornstreichs nach dem Bureau des Reichsverbandes und dort warman ob des wichtigen Fundes außer sich vor Jubel und Freude.Ter Polizeikommissar Meyer von der politischen Polizei, derständiger Gast in dem Bureau des Reichsverbandes ist, wuroeschleunigst benachrichtigt. Seine Freude war nicht minder groß.Sofort wurde der Brief vervielfältigt und etwa zwei Stunden nachseiner Anfertigung war er schon in Hunderten von Exemplaren ver-sandt. Die Polizei in allen Großstädten wurde telegraphisch be-nachrichtigt, das„Original" sandte man sofort als Eilbrief an denNeichsverband in Berlin, nachdem vorher schon durch Telegrammdie wichtige Nachricht mitgeteilt worden war.Anderen Tages schrieben die Blätter dcS Reichöverbandes, eSfeien zwar von der Sozialdemokratie offiziell nur Abendversamm-jungen bekanntgemacht worden, aber man könne doch nicht wissen,wa» sich ereignen werde. Deshalb ermahnte man das Publikumeingehend und dringlich, den Demonstrationen am Tage ja fern-zubleiben. Die Polizei war in fieberhafter Aufregung! Am DrenS-tagmittag ließ der Reichsverband Flugblätter mit Bülows De-monstrationsrede verbreiten und das Unglück wollte es, daß dieVerbreiter von der Polizei festgenommen wurden, wahrscheinlich,weil auf den Flugblättern stand: An die Arbeiterschaft! Am Mitt-wochmorgen nahm die Polizei etwa 29 sozialdemokratische Flug-blattverbreiter, die Handzettel vor den Fabriken verteilten, schonvor ö Uhr früh fest. Seit b Uhr morgens war die gesamte Polizeiauf den Beinen und das ganze Ergebnis war diese Heldentat, wozusie die Gelegenheit an gewöhnlichen Tagen sicher verpaßt hätte,wie bisher stets.Aber die Blamage des Reichsverbandes zog noch weitere Kreise.Am Montag wurde der Brief gefunden und schon am Dienstagfragte einer der Obermacher deS Reichsverbandes, Herr v. Arnim,im Abgeordnetcnhaufe an, was die Regierung gegen die März-dcmonstrationen tun wolle. Tarauf sagte der Minister, er habe— Material! erhalten. Sein Material war der Brief! So hatdenn der Berliner Reichsverband die Anweisung aus Hannover,den Brief sofort dem Minister zu übergeben, ganz getreulich befolgt.Schon am Dienstag war die Feststellung, daß der Reichsverbandleine Filiale der politischen Polizei ist, dargetan. Ein Heer vonKriminalbeamten belagerte das Lokal von Wiedbrauck, weil derRcichsverband der Polizei mitgeteilt hatte, daß dort eine großeSitzung der Gewerkschaftsführer und der Parteileitung tagensollte.«Der Neichsverband ein Polizeispitzelinstitut! Das fehlte nochzu seiner Charakterisierung. Die Ordnungsparteiett wird daszwar nicht abhalten, seine Hülfe nach wie vor zu benutzen. IhrReinlichkeitsbedürfnis ist nicht so ausschweifend, daß eS ihnen dasverböte._Das£nde des Meftrelks.Herr Gröber hat sich endlich veranlaßt gesehen, eineErklärung abzugeben, die von den streikenden Journalistenals ausreichende Genugtuung erachtet worden ist. Die Jour-nalisten der Reichstagstribüne haben deshalb beschlossen,ihreTätigkcit in der nächsten Sitzungwiederaufzunehmen. Die Erklärung Gröbers lautete:„In der Sitzung des Reichstags vom 19. März hat derAbg. Erzberger in einer Rede über die Äolonialpolitik gesagt:„Der Eingeborene ist auch ein Mensch, ausgestattet mit einerunsterblichen Seele und zu derselben ewigen Bestimmung berufenwie wir." Nach Anhörung dieser Worte, wie ich ausdrücklichhervorheben will� verzeichnet der unkorrigierte amtliche steno-graphische Bericht:„Unruhe und Zwischenrufe von der Journa-listentribüne, lebhafte Entrüstungsrufe aus der Mitte, Glockedes Präsidenten." An den lebhaften Entrüstungsrufen aus derMitte war auch ich beteiligt. Das Gelächter von der Journalisten-tribüne war so auffallend, daß ich mit anderen Kollegen denEindruck gewonnen habe, es handele sich um eine Verhöhnungdes Inhalts der Ausführungen deS Redners. Ich möchte hinzu-fügen, daß ich wenige Tage vorher, nämlich in der Abendsitzungvom lö. März durch einen Zuruf von der Journalistentribünegestört worden bin, einen Zuruf, der dann vom Präsidentengerügt worden ist. Der stenographische Bericht über die Sitzungvom 19. März bestätigt, daß solche Störungen von der Journa-listentribüne auch sonst wiederholt erfolgt sind.(Sehr richtig!im Zentrum.) Wenn ich in Erinnerung an diese Vorgänge derletzten Zeit und angesichts des Ernstes der von dem Rednerbehandelten Frage meiner Entrüstung über das Gelächter einenunparlamentarischen Ausdruck gegeben habe, so bitte ichum Entschul vigun g."(Beifall.)Der nunmehr beendete„Streik" bot in mehr als einerHinsicht ein höchst merkwürdiges Schauspiel. So war esschon sonderbar, daß es eines viertägigen Streiks bedurfte,um den beleidigenden Abgeordneten zur Zurücknahme seinerKränkung zu veranlassen. Hätte es denn wirklich keinenkürzeren Weg gegeben, um den Journalisten Genugtuungzu gewähren, auch wenn Herr Gröber nicht zur Zurücknahmezu bewegen war? Der Präsident des Blocks hätte ja bloßeine kräftige Rüge auszusprechen brauchen, und die Würde desParlaments wäre ebenso gewahrt gewesen, wie die Ehre derJournalisten. Die Blockpresse erhob zwar ein mörderlichesGeschrei über den groben Zcntrumsschwaben, aber die P a r-lamentsvertrcter der Blockparteien selb sthatten offenbar keinen allzu großen Eifer,den Präsidenten zu einer ebenso einfachen wie raschen Lösungdes Konflikts zu veranlassen. Aber selbst wenn Graf Stol-berg nicht zu bewegen gewesen wäre, sich, wie er meinte, zukorrigieren, so hätte eine Erklärung der Parteiens e l b st genügt, um die von Herrn Gröber den Journalistengegenüber beliebte Beleidigung zu sühnen. Statt dessen ließendie Blockparteien die Tinge ruhig ihren Gang gehen. DerStreikbeeinträchtigtcjawederihrePartei-noch ihre privaten Untcrnehmerinteressen lDie Herren Zeitungsverleger verdienten im Gegenteildaran I Da konnte man den Journalisten das Recht auf Not-wehr durch einen Streik getrost gönnen! Ließ sich doch nochobendrein dieser Streik zu einer journalistischen Sensationaufbauschen und zu einer fröhlichen Hetze gegen das Zentrumfruktifizieren IDas unsinnigste Geschwätz freilich konnte man in der wild-liberalen Annoncen- und Klatschpresse lesen. Da wurde dieZurückweisung einer einfachen Flegelei zu einer Art von Kraft-piobe zwischen der idealen Geistesmacht der Presse und demplumpen, rückständigen Parlamentarismus mit seiner altmodi-schen Parteicinschachtelung umgedichtet. Wer diese Helden-gesänge auf die Presse las, die sich einmütig und standesstolzerhoben habe, um sich— wegen einer Gröbcrschen Grobheit!—nunmehr den ihr gebührenden Platz an der Sonne zu erobern,der hätte glauben können, daß nicht die k a p i t a l i st i s ch e nInteressen im allgemeinen und im besonderen die Presseregieren, so daß die bürgerlichen Journalisten die abhängig st enMenschenvonderWelt sind, sonderndaß s i e umgekehrt die öffentliche Meinung und damit diePolitik madjen! Wenn dies ganze unsäglich törichte Geredeaber etwas bewiesen hat, so das eine, daß manche Journalisten,die über die bornierten parlamentarischen Klopffechter erhabendie Nase rümpfen, in Wirklichkeit noch unendlich viel wenigervon den politischen Dingen verstehen, als selbst die mnderbegab-testen dieser Parlamentarier!Aber die unverfrorene Heuchelei der Blockparteien konnteebensowenig wie die dclirante Aufgeblasenheit wildliberaleroder parteiloser Journalisten die Sozialdemokratie abhalten.den schlichten Kern des Konflikts klar herauszuheben u n d s i chmit aller Unzweideutiqkeit mit den Strci-kendensolidarischzuerklären. Den Journalistenwar eine Kränkung zugefügt worden, deren Zurücknahme zuverlangen sie alles Recht, und, nach dem tapsig-provozierendenVorgehen des Herrn Mllller-Meiningen und den einseitigenDrohungen des Präsidenen, auch alle Ursache hatten. Der„Vorwärts" hat also mit aller Entschiedenheit in diesem Sinnedie Partei der Journalisten ergriffen. Wenn es aber etlichenational- und wildliberale Blätter befremdet, daß der„Vor-wärts" in seiner gestrigen Nummer die Zuschrift eines altenParlamentsjournalisten wiedergab, der die Abgeschmacktheitender Block- und Klatschpresse gebührend geißelte und einige zeit-gemäße Erinnerungen aus der Geschichte der Parlaments-journalistik auffrischte, so liegt die Ursache dieses Befremdensnur in ihrem eigenen Mangel an Unterscheidungsvermögen.So entschieden wir in dem konkreten stialle die Partei der brüS-kicrtcn Journalisten ergriffen, so entschieden mußten wir dochjede Verpflichtung ablehnen, deshalb zu jeder politischen Heu-chelei und jeder journalistischen Verstiegenheit nachsichtig zuschweigen._politifcbe Ckbcrlicbt.verlin. den 24. März 1908.Krähtvinkelei.DaS preußische Geldsacksparlament begann am Dienstag dieBeratung der Sekundärbahnvorlage. Selbstredend wurdevon der finanzpolitisch-wirtschaftlichen Bedeutung der Vorlage nichtsoder so gut wie gar nichts, über die Bahnwünsche der unterschied-lichen Wahlkreise dafür um so mehr geredet. Ungefähr drei Dutzendsogenannter„Volksvertreter" legten sich mit all' dem Eifer, zu demdie bevorstehenden Nenlvahlen anspornen, für bessere Bahn-Verbindungen zwischen Xheim und Ahausen, zwischen Dingsda undSchöppenstedt ins Zeug. Daß daneben von konservativer Seite aufBerlin geschimpft wurde, versteht sich am Rande.-- Am Donnerstaggeht die»Beratung" ihren Schneckengang weiter.-»Listenaufstellung zur Landtagswahl.Das preußische Staatsministcrium hat beschlossen, daßbei den diesjährigen Landtagswahlen statt des durch8 5 Absatz 2 des Wahlreglements vom 14. März 1903 und20. Oktober 1906 vorgeschriebenen Musters ein Formular miteiner etwas anderen Kopfinschrift der Listenaufstellung zu-gründe zu legen ist. Die Kopfinschrift hat 20 Spalten mitfolgendem Inhalt: 1. laufende Nummer; 2. Zuname; 3. Vor-name; 4. Stand oder Gewerbe; 5. Wohnort; 6. Lebensalter;7. bis 10. Jahresbetrag der staatlich veranlagten Grundsteuer,der Gebäudesteuer, der Gewerbesteuer und Betriebssteuer:11. Jahresbetrag der Summe aus Spalte 7— 10; 12. Einkommensteuer(ausschließlich der 3 Mark-Steuer); 13. Er-gänzungssteuer; 14. Gewerbesteuer von Gewerbebetrieben imUmherziehen; 15. Kommunalsteuer: 16. Urwähler ist nicht'zur Staatseinkominensteuer veranlagt, daher find 3 M. em-zusetzen: 17. Urwähler ist vom Staat überhaupt zu keinerSteuer veranlagt und gehört deshalb zur dritten Abteilung;18. Summe der jedem Urwähler anzurechnenden Steuern;19. Steuerbetrag der Abteilung. 20. Bemerkungen zur Er-läuterung der Spalten 15 bis 17.Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist darauf zu rechnen, das;spätestens Mitte Mai die Wahlen ausgeschrieben werden.Deshalb: Klar zur Wahlschlacht!Die Hirsch-Dunckcrschen und der Verrat der Freisinnigenbeim Reichsvereinsgesetz.Der„Vorwärts" hat ausführlich über den„fort-schrittlichen Arbeitertag" berichtet, der am 23. Fe-bruar in Essen stattfand. Es war das eine VeranstaltungHirsch-Dunckerscher Gewerkvereinler inRheinland und Westfalen, die der Meinung sind, daß ausden linken Gruppen des Liberalismus doch noch einiges fürdie Arbeiter zu gewinnen ist/daß, wenn von unten angc-feuert wird, die freisinnig-demokratischen Fraktionen sich zuTaten im Sinne politischen und sozialen Fortschrittes auf-schwingen. Der„Vorwärts" hat dainals das Unternehmenals ein Versuch mit untauglichsten Mitteln am untauglichenObjekt bezeichnet. Die Gewerkvereinler seien an Zahl wie aupolitischer Energie zu schwach, um auf die Freisinnigen zuwirken, und diese wiederum seien an Willen und Gesinnungzu verrottet, um noch einer gesunden Politik fähig zu sein. DasVerhalten des Freisinns in der Vereiusgesetzfrage hat dieRichtigkeit dieser Anschauung bestätigt.In Essen wurde eine Resolution gefaßt, worin es hieß,daß der Klerikalismus nur dann darauf rechnen könne, dieletzten Reste der Arbeiterschaft sich zu er-halten und das verloren gegangene Vertrauen der Ar-beiter wieder zu gewinnen, wenn er in Zukunft mehr als bis-her den Wünschen der a r b e i t c n d e n B e v L l k e r u n gaufdenlGebietcderSozialreform Rechnungtrage und eine kraftvolle liberal-demokra-tische Politik treibe. Sodann wurde die Erwartungausgesprochen, daß die liberalen Fraktionen zukünftig m i tmehrEntschiedenheitdieberechtigtenJnter-essen des Volkes vertreten würden.Unter den F o r d e r u n g e n, die dann im einzelnenan die liberalen Fraktionen gestellt wurden, befand sich auchdie Ablehnung des 8 7 des Reichsvereinsgesetzentwurfes. Indem Hauptreferat des Tages wie in der Diskussion wurde dieBedeutung dieser ausnahmegesetzlicheu Bestimmung, nament-lich auch für das rheinisch-westfälische Industriegebiet mitseiner starken fremdsprachigen Bevölkerung, darunter allein200 000 Polen, richtig erkannt und mit aller Schärfe hervorgehoben.Was werden nun die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinlertun, nachdem die linksliberalen Fraktionen,auf die sie ihre Hoffnung setzten, durch ihre Vertreterin der Vereinsgesetzkommission sich zur Begehung einer der freiheitswidrigsten undarbeiterfeindlichsten Maßnahmen, die mo»sich denken kann, bereit erklärt haben? Die Hirsch-Dunckerschen sind ja wohl die„letzten Reste der Arbeiterschaft",die sich der Freisinn erhalten hat. Werden sie weiterim liberalen Lager verharren, nachdem sie er-fahren haben, wie die„Staatsmänner" von der freisinnigenVereinigung, der freisinnigen und der deutschen Volkspartcibewiesen haben, welch eine„kraftvolle, liberal-dcinokratischePolitik" sie zu treiben verstehen?Werden die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinler sich her-geben zu Handlangern von Parteien, die sich von der eigenenPresie sagen lassen müssen, daß sie von der Gnade und den:Gelde der Finanz und der Industrie leben; werden sie alsArbeiter noch auf den Charakter von Leuten bauen, denenVolksrechte für Börscnrechte feil sind?Offiziöse Streikbrecher.Trotz dcS PresscstreikS, der ja auch die Sympathie Bülowsbesessen haben soll, bringt heute die„Nordd. Allg. Ztg." ein«ausführliche Wiedergabe der Reden Bülows und vonS ch o c n s.So verüben die offiziellen Gönner der Presse schnödenStreikbruch!Nur schade, daß der Streik nunmehr beigelegt ist. DaShätte den Offiziösen passen können, wenn nur die Reden derRcgierungsvertretcr. nicht aber auch die der O v p o-sition verbreitet worden wären!Ein Gemafiregelter!Der Journalisten streik hat doch ein Opfer gekostet. Indem letzten Communiguö der Journalisten wird gemeldet:Redakteur Harnisch stellte zu Protokoll fest:Die„Rheinisch-Wcstfälische Zeitung" sandicihrem Berliner Vertreter nach dem Eintreffen seines ersten Be-richteö über die Sperre ein Telegramm, in dem sie ihn anwies,den Bericht wie gewöhnlich zu übermitteln, was dieser tele-phonisch unter Hinweis auf die Solidarität der Kollegen ab-lehnte. Darauf sandte ihm die Zeitung einen Brief, in demsie ihn erneut anwies, Berichte und Stimmungsbilder wiegewöhnlich zu liefern. Gleichzeitig schrieb sie in ihrer Morgenausgabe vom 23. März, daß sämtliche großen Zeitungen die Zurückweisung der groben Beleidigung der Pressevertreter billigten.erregte dadurch also bei den Lesern den Anschein, daß auchs i e d a S t ä t e. In ihrer Morgenausgabe vom 22. März schriebsie gegenüber den Solidaritätserklärungen ausländischer Blätter:„Die Herren täten gut, sich aus deutschen Fragenherauszuhalten." Gegen den Inhalt und die Tendenzdieses Satzes legte Herr Harnisch am 23. März in der Journa-l i st e n v e r s a m m l u n g Protest ein, was ohne sein Wissen undZutun in dem offiziellen Communique mitgeteilt wurde. AinAbend desselben Tages wurde Herr Harnischtclephonisch in brüsker Forui entlassen und ihmgleichzeitig verboten, das Bureau überhauptnoch zu betreten. Die„Rheinisch-Westfälischc Zeitung" hatdauernd die Reichstagsberichte in der Ausführlichkeit, in der siediese irgend erhalten konnte, gebracht.Die„genau notiert� unsterbliche Seele.Herr Erzberger erklärt in der„Germania":I. Die„geistreiche Bemerkung" meinerseits lautet nach demamtlichen Stenogramm:„Es ist total falsch, die Eingeborenen in der kolonialwirt-schaftlichcn Bilanz lediglich als Zahlen einstellen zu wollen—nicht, daß dies der Herr Staatssekretär getan hat! Der Einge-borcne ist vielmehr auch ein Mensch, ausgestattet miteiner un st erblichen Seele und zu derselbe llewigen Bestimmung berufen, wie auch wir--(Heiterkeit, Unruhe und Zurufe von der Journalistcntribüne—Lebhafte Entrüstungsrufe aus der Mitte— Glocke des Präii-dcnten.)"2. In einigen Zeitungen wird zur Entschuldigung deshöhnischen Gelächters angeführt, daß dieses erfolgt sei wegen»des Pathos", mit dem ich diese Satze vorgetragen habe.