Nr. 85.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.
Auf zur Landtagswahl!
Donnerstag, den 9. April 1908.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.
damit, daß sie das Licht nicht vertragen. Um so mehr muß zum Schutz der Majestät des Rechts und der Autorität des Oberdie Sozialdemokratie sich bemühen, volle Aufklärung darüber verwaltungsgerichts angerufen tourden, blieben refultatios. im Volte zu verbreiten, wie sehr die Reichstagsmehrheit durch Die Polizei hatte einfach immer recht. Darauf wurde das Oberdie Annahme dieses Gesezes dem Polizeistaat in die Hände verwaltungsgericht auch gegen den Danziger Bolizeianarchismus gearbeitet hat. angerufen und es entschied im Juni 1908 gegen den PolizeiDer Termin der preußischen Landtagswahlen ist nunmehr Prüft man das Gesetz, so zeigt es sich, daß es durchaus präsidenten Wessel dahin, daß auch die von ihm verfügten Verdefinitiv festgesetzt. Wie das offiziöse Depeschenbureau meldet, erfüllt ist von dem alten Polizeigeist, der der Bureaukratie sammlungsverbote traffe Ungefeglichkeiten gewesen seien. Damit definitiv festgesetzt. Wie das offiziöse Depeschenbureau meldet, die Befugnis zuspricht, die Untertanenschaft zu überwachen hatten die Danziger Arbeiter aber noch lange nicht wenigstens sind vom Minister des Innern als Termine für die Wahl der und zu bevormunden bei jedem Schritt im öffentlichen Leben. den gefeglichen preußischen Polizeizustand errungen. Wahlmänner der 3. Juni und nötigenfalls folgende Tage". Gemildert sind zwar einzelne Befugnisse, die bisher in Denn trop diefes Urteils berbot der Polizei. für die Wahl der Abgeordneten der 16. Juni und folgende Sachsen und Preußen schroffere Formen aufwiesen. Auch ist präsident auch weiterhin die Abhaltung von Tage" festgesetzt worden. es für Preußen und einige andere Staaten eine Neuerung, Versammlungen. Die darauf persönlich beim Ober
werden!
Die beiden Häuser des preußischen Landtags werden heute daß die Frauen ungehindert teilnehmen können am öffent- präsidenten geführte Beschtverde hatte gerade den Erfolg, daß Donnerstag, den 9. April, geschlossen werden. Der Präsident lichen Leben. Alle diese Besserungen unserer Zustände waren die Beschwerdeführer an demselben Tage abends troz des der Polizei Der schwere Fehler der vorgelegten höchsten Urteils wieder mit Gewalt aus dem Versamins des Staatsministeriums, Fürst v. Bülow, hat an den Prä- aber unumgänglich notwendig. sidenten des Abgeordnetenhauses folgende heute im Hause Ausschlag gebenden freisinnigen Parteien ist, daß sie diese under- lungslokal getrieben wurden! Als sie fich auf das Urteil beriefen, meidlichen Verbesserungen erkauft haben mit Verschlechterungen, erhielten sie die für das preußische Polizeirecht geradezu programmatische verteilte Einladung ergehen lassen:" Euere Erzellenz beehre die der ganzen Maßregel den Charakter eines Ausnahme- Antwort: Sie können jest wieder von neuem flagen!" Num riß ich mich ganz ergebenst zu ersuchen, die Mitglieder des Hauses gefeges verleihen. Der Ausschluß der jugendlichen Personen unseren Genoffen doch die Geduld und sie forderten von Staats. der Abgeordneten zu einer vereinigten Sigung beider unter 18 Jahren zeugt von der Angst des Philistertums vor anwalt, daß er den Polizeipräsidenten wegen des offen Häuser des Landtages zur Entgegennahme der Werbetraft der Sozialdemokratie. Der Sprachenzwang tundigen Mißbrauchs feiner Amtsgewalt strafeiner allerhöchsten Botschaft auf Donners- trägt den Charakter eines Ausnahmegesezes gegen die fremd- rechtlich zur Verantwortung ziehe. Die Antwort der tag, den 9. d. M., nachmittags 4 Uhr, in den sprachigen Bevölkerungsbestandteile im Deutschen Reiche nicht objektivsten Behörde der Welt lautete: Die Beamten und Kommissare Sizungssaal des Hauses der Abgeordneten nur; er ist auch gleichzeitig ein Ausnahmegesetz gegen die hätten auf Befehl handeln müssen, der Polizeipräsident habe aber gefälligst einladen zu wollen." Arbeiterbewegung sowohl in ihrem politischen wie in ihrem nicht das Gesez verlegt, weil er in gutem Glauben ge handelt habe!!! Das alte Dreiflassenparlament tagt also am Donners. gewerkschaftlichen Teil. Daß aber die Freisinnigen sich zu einem solchen Zu- Die alte Polizeipragis hat denn auch trotz aller Mühe des lieben tag zum letzten Male. Ueber die Zusammensetzung des geständnis herbeigelassen haben, nimmt ihnen das Recht, fich Oberverwaltungsgerichts auch jezt noch nicht ihr Ende er neuen Dreiflassenparlaments soll am 3. Juni entschieden noch eine wirklich liberale oder gar demokratische Partei zu reicht. Der gute Polizeiglaube höret eben nimmer auf. Noch am nennen. Sie haben damit den lezten Schritt getan zum 12. Januar d. J. verbot der Polizeipräsident die Abhaltung der Daß abermals ein Dreitlassenparlament über Nationalliberalismus. Mag auch die Fraktionsgemeinschaft Sahlrechtsversammlung aus den altbekannten Gründen die Wahlreform entscheiden wird, hat das entrechtete Volt noch nicht in aller Form über die Nationalliberalen aus der öffentlichen Ruhe und Sicherheit." Und dieser paradiesische Zudem Freisinn zu danken, der schacherte und fuhhandelte, gedehnt worden. Wesensgleich sind die liberalen Gruppen stand soll nach Bethmann- Hollweg und den freisinnigen Blocksflaven Boltsrechte preisgab, um Konzessionen der Regierung und der einander aber nahezu vollständig geworden. In dieser Er- des politischen Börsenraubes fünftig in ganz Deutschland bestehent. Wie die robuste ostelbische Polizeifraft den gefeßlichen Para Junker einzuhandeln! Das zu einem Ausnahmegesetz gegen fcheinung prägt sich die Tatsache aus, daß das Bürgertum die Polen und das Proletariat gestaltete Vereinsgesetz und mehr und mehr sich losgelöst hat vom Proletariat, mit dem graphengummi ganz nach Bedarf dehnt, dafür noch ein recht einfein Ausbeuterinteresse es in Konflift bringt. leuchtendes Beispiel. Obgleich es den Frauen in Preußen schon das agrarisch zugeftutte Börsengeset sind der 2ohn für den Die freisinnige Bartei ist der Nachzügler aus der Zeit längst erlaubt ist, an öffentlichen politischen Versammlungen unter freifinnigen Verrat am allgemeinen, gleichen, direkten und der politischen Interessengemeinschaft mit dem Proletariat. dem Schutz des„ Segments" teilzunehmen, wurde hier am 20. Degeheimen Wahlrecht! Die demokratischen Traditionen hatten sich bei ihr noch halb- gember 1907 eine öffentliche sozialdemokratische Bersammlung auf wegs lebendig erhalten. Seitdem sie aber in den Militär-, gelöst, weil einige Frauen ebenfalls daran teil. Marine- und Kolonialfragen sich der imperialistischen Bhalang nehmen wollten. Der Polizeipräsident erklärte angeschlossen hat, geriet ihre fapitalistische Interessen- die Auflösung für böllig berechtigt, weil die öffentliche betätigung mehr und mehr in Widerspruch zu der über- Versammlung tatsächlich nur eine Vereinssigung" ge mußte dieser Widerspruch darin seine Lösung finden, daß die Versammlung angemeldet und auch bescheinigt war, weil fommenen demokratischen Ideologie. Früher oder später wesen sei. Und zwar deshalb, obgleich sie als öffentliche fapitalistischen Interessen der Partei den bererbten ideolo- die Anmeldung vom Borsigenden des sozialdemo gischen Unterbau völlig sprengten und abstießen. In diesen tratischen Vereins Danzig - Stadt erfolgt und mit Prozeß ist die Partei jetzt eingetreten. Die ganze Argumen- diesem Busaß unterschrieben war. Ferner auch, weil zum Besuch tation, die Herr v. Payer und andere seiner Parteifreunde diefer öffentlichen Versammlung durch ein Flugblatt eingeladen zur Beschönigung des Sprachenzwanges vorgebracht haben, ist war, das die Parteileitung" an die Parteigenossen" gerichtet hatte. die nämliche, mit der in allen kapitalistischen Ländern die Diese auch hier noch verblüffende Polizeilogit veranlaßte herrschenden Klassen die Unterdrückung fremder Völker zu eine Bezirksgruppe der politischen Organisation, die praktische rechtfertigen suchen. Nur etwas zaghafter handhaben vor- Probe darauf zu machen, wie lange denn die Polizei läufig die Bayer, Müller und Comp. die geistigen Waffen der selbst ihre neue Konstruktion des Begriffs der Vereinss Gerade 20 Mitglieder Nieder mit dem Dreiklassenwahlrecht! französischen Chauvinisten, der englischen Jingoes, der fizung" aufrecht erhalten würde. " echten" Russen und der deutschen Hakatisten. Aber das lernt des sozialdemokratischen Vereins arrangierten eine engere Bezirksmitgliederfizung und meldeten sie in der Form an und luden sich bald. Auch das kostet nur den ersten Schritt. dazu auch so ein, wie es das Polizeipräsidium als das besondere
Noch einmal soll das Dreiklassenparlament über die Frage der Wahlreform entscheiden. Da gilt es, bis zum 3. resp. 16. Juni den Wahlrechtskampf in der Form des preußischen Wahlkampfes zu führen!
Die sozialdemokratischen Stimmen müssen Die sozialdemokratischen Stimmen müssen verdoppelt, müssen verdreifacht werden! Je ungeheuerlicher das Mißverhältnis zwischen der Zahl der sozialdemokratischen Landtagswähler und der Zahl der sozialdemokratischen Abgeordneten in Erscheinung tritt, desto vernichtender für das Dreiklassenwahlrecht! Die Lächerlichkeit, die bis zum Aberwit lächer liche Verruchtheit des Dreiklassenwahlrechts muß das Dreilaffenwahlrecht töten!
Vorwärts für das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht! Hinein in den Wahlkampf!
Die Doppelfrucht der Blockpaarung.
Der Block hat seine Doppelfrucht eingeheimst, das Vereinsgesetz und das Börsengeset, sinngemäß bertoppelt und zeitlich auch in der dritten Lesung miteinander verbunden.
So fann man also den Erntetag der Doppelfrucht des Blocks gleichzeitig bezeichnen als den Geburtstag der groß nationalliberalen Partei, in der die Bachnicke, Wiemer und Payer Herrn Bassermann brüderlich die Hand reichen.
Polizeiwillkür wider die Juftiz.
In der Reichstagsfigung am 2. April gab der Staatssekretär v. Bethmann- Hollweg , der amtliche Einpeitscher des Blocks, die Erflärung ab: Ebenso wenig wie in Preußen heute ein Präventivberbot für Bersammlungen zulässig ist, wird das fünftig in Deutschland der Fall sein." Der verantwortliche Sigredakteur der preußischen Bolizeifreiheit berief fich für diese optimistische Prophezeiumg auf die Rechtsprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichtes und behauptete: genau derselbe Zustand wird fünftig im Reiche bestehen.
As wir diesen amtlichen Zukunftstrost lasen, waren tvir uns
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Kennzeichen der Vereinsfigung" selbst forderte. Das Resultat war: mit Eintritt der Polizeistunde wurde diese wirkliche Vereins. sigung polizeilich aufgelöst, weil sie nun wieder teine Sigung sondern eine öffentliche Versammlung sein sollte!
Also selbst die ausschweifendste Phantasie dürfte an die Bicl seitigkeit der der preußischen Polizeifindigkeit nicht heranreichen. Dabei dürfte es nicht überflüssig sein, aus den hiesigen Erfahrungen heraus zu betonen, daß die Freisinnsmannen, die jetzt das Recht des Voltes, aus reinster Freiheitsliebe natürlich, getvissen Tos opfern, hier stets die allergetreueste Schußtruppe der grenzen losesten Polizeireaktion waren. Als unsere Genossen in einer besonderen Versammlung gegen das ungesetzliche Versammlungsberbot bom 12. Januar protestierten, berhöhnte die einstfreifinnige Danziger 8eitung" diese Notwehr der entrechteten Arbeiter, indem sie dummdreist das Verbot als nur angeblich" ungefeßlich noch beschönigte.
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Noch deutlicher trat an diesem Tage die Unlust der Blodmehrheit zutage, sich um eine Rechtfertigung ihres Schacher geschäfts in geistige Untosten zu stürzen. Zum Börsengesek, das zuletzt in einer Stunde erledigt wurde, schwiegen sie sich Es sind nicht bloß die Danziger Genossen, die solche Erfahrungen völlig aus, nachdem Genosse Singer in träftigen Worten nicht ganz klar darüber, ob das ostelbische Wild- West auch schon gemacht haben. Auch in anderen Teilen Preußens sind schon häufig diesen freifinnig- agrarischen Wechselbalg gekennzeichnet hatte. formell dem heiligen Knuten- Rußland einverleibt ist. Denn wenn Bersammlungen und nicht bloß politische verboten worden. Im Zum Vereinsgesetz gaben die Vertreter der Blockparteien auch in Preußen die Vorausverbote von Versammlungen unzulässig Streife Gelsenkirchen wurden zum Beispiel beim letzten großen in der Generaldebatte nur ein paar lendenlahme kurze Er- find, so stellen wir fest, daß sie wenigstens in Danzig nicht einmal Bergarbeiterftreit die Versammlungen der Bergleute verboten, als flärungen ab. Nur die Opposition stellte eine Anzahl Redner, etwas ungewöhnliches find. fich eine Oppofition gegen den Beschluß der Siebenerkommiffion die in teilweise sehr lebhaften Erörterungen sich bemühten, Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht schon seit einer un auf Beendigung des Streits Bu regen begann. Die die Mängel und die nachteiligen Folgen dieses Ausnahme- denklichen Reihe von Jahren in immer wiederholter Rechtsprechung preußische Polizei fümmerte sich eben bisher den Teufel um gefeges fowohl wie das klägliche Gebaren des verblockten, solche Versammlungsverbote für ungefeßliche Uebergriffe der Polizei- die ihr wohlbekannte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts, feine Grundsäge verschachernden Freisinns in das rechte Licht willfür erklärt. Trotzdem hat der Polizeipräsident von Danzig , Max die Präventivverbote für ungefeglich erklärte. Ob Herr Bethmannzu setzen.. Bessel, noch im Jahre 1902 fämtliche gewertschaft- Hollweg den festen Willen hat, dafür zu sorgen, daß es fünftig Daß die Freisinnigen, die doch als die Hauptpartei bei liche und politische Bersammlungen der Arbeiter anders wird? warten wir ab. Jedenfalls wird er an diese seine dem Schachergeschäft in erster Reihe die Verantwortung für in unserem damaligen Parteilotal, Brotbänten Verpflichtung andernfalls im Reichstage energisch erinnert werden. das Gesetz in seiner endgültigen Fassung tragen, abermals gaffe Nr. 11, im voraus berboten! Sogar 3 ahldie Wanzentaktit des Sichtotstellens befolgt haben, bedarf um abende und die harmlofesten Sigungen wurden von starken so mehr der Festnagelung, da nach dem Vorbilde des Herrn Polizeiaufgeboten mit blanker Waffe Im Namen des Gesetzes" Müller- Meiningen in der Freisinnspresse die Behauptung gesprengt. Ein ganzes Jahr lang herrschte dieser Zustand, wiederholt werden wird, daß die Sozialdemokratie die Massen gegen den schon damals der weibische Börsenliberalismus Die Verhandlungen in München sind am Dienstag vorüber das Gesetz nicht aufflären wolle. Wer so beharrlich nicht ein einziges fritisches Wort übrig hatte. Alle Be- läufig zum Abschluß gebracht worden. In überfüllten Verfich um die Erörterung seiner Enten herumdrückt, beweist schwerden an den Regierungs- und an den Oberpräfibenten, die sammlungen nahmen nach sehr lebhafter Diskussion die
Carifverhandlung im Baugewerbe.