Arbeiterorganisationen den Schiedsspruch fast einmütig an.Der Arbeitgeberverband hat den Schiedsspruch gleichfallsakzeptiert.Somit wäre für diesen Platz der Friede im Baugewerbeschon endgültig gesichert, wenn es dem Arbeitgeberbund nichteingefallen wäre, zu fordern, daß für die einzelnen Verträgedie Genehmigung des Bundesvorstandes und der Zentral-vorstände der Gewerkschaften eingeholt werden muß understerer die Genehmigung nur dann erteilen will, wenn inallen Gebieten, einschließlich Berlin, eine Einigung erzielt ist.Immerhin ist der Münchener Abschluß von einer großenBedeutung für die gesamten Verhandlungen. Zunächst des-halb, weil hier zurzeit auf Grund des in Berlin vereinbartenSchemas verhandelt worden ist. Zunächst erschien es, alsseien die Gegensätze unüberwindlich. An vier vollen Tagenverhandelte die Kommission, dann war noch eine Sitzungdes Schiedsgerichts erforderlich, um zu einer Verständigungzu gelangen. Viel trägt dazu bei, daß der Wille zu einemFrieden vorhanden war. Das scheint in anderen Bezirken beiden Arbeitgebern nicht immer der Fall zu sein. Das MünchenerGebiet stellt einen erheblichen Teil des diesjährigen Streit-gebietes dar, zirka 12—14000 Bauarbeiter, Maurer undZimmerer, kommen in Frage, so daß. auch unter diesemGesichtswinkel betrachtet, der Friedensschluß von großer Be-deutung ist.Für diese Arbeiterschaft bringt der Vertrag mancherleiVorteile. Es wurde bereits gemeldet, daß die Lohnerhöhungfür Bauarbeiter und Zimmerer 6 Pf., für Maurer und dieacht Spezialgruppcn 4 Pf. beträgt. Und noch eine Verbesse-rung wurde erzielt. Der alte Vertrag galt nur innerhalb derBurgfriedensgrenze. Der Geltungsbereich des jetzt ge-schlossenen Vertrages umfaßt dagegen noch 26 angrenzendeOrte. Diese Erweiterung ist durch die wirtschaftliche Ent-Wickelung bedingt, die auch in Bayern die Vororte mit derGroßstadt zu einer wirtschaftlichen Einheit verbindet. In denVororten wird die Bautätigkeit tmnier lebhafter. Dagegenwaren hier bisher die Löhne meistens erheblich niedrigerwie in der Großstadt und die Arbeitszeit teilweise länger als10 Stunden. Das wird nun anders. Der Verwag hat füralle Arbeitsstellen deS Vertragsgebietes Geltung.Vorbehaltlich der Zustimmung der Zentralinstanzen sollder Vertrag am 11. April beiderseitig unterzeichnet werden.In Posen ist es gleichfalls zur Einigung gelommewOb die Arbeiter die Bedingungen annehmen, ist noch nichtbekannt, auch stehen die Einzelheiten des Vergleichs noch au3.Heute beginnen die Verhandlungen in Berlin(fürMaurer und Bauarbeiter, nicht für Zimmerer).politilcbe QebcrlicbtBerlin, den 8. April 1908Wahlmäizche» und sonstiger Humbug im Dreiklafsenhause.Im Dreiklassenhause fand sich, um mit dem Rektoraller Freisinnigen auf der Dieffenbachstraße zu sprechen,der sogenannte K u l t u r b l o ck zusammen. der sich ausFreikonservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen zusammen-setzen soll. Die epochemachende Erstlingstat dieses Kulturblockslvar, daß er mit Zentrumshülfe die Freifahrt für die Wahl-männer beschloß. Schade, daß er nicht noch fteie Ver-pflegung hinzufügte. An sich läßt sich ja gegendcli Antrag nicht viel einwenden. Die Konservativenstimmten wahrscheinlich bloß dagegen, weil ohne sieeine Mehrheit vorhanden war. Außer Kindern und Narrensprechen manchmal auch Regierungskommissare die Wahr-heit. So sei denn bemerkt. daß dem Gehege derZähne eines RegterungSkommtsfarS, der den Antrag, manweiß nicht weshalb, bekämpfte, die Aeußerung entfloh: Fürdie L a n d t a gs w a h l e n liege kein öffentlichesInteresse vor. Sehr wahr I Das einzige öffentlicheJnterefle, daS die Oeffentlichkeit am Dreiklassenivahlrecht hat.ist die Beseitigung dieses Monstrums.Dann gab es noch ein Geschwätz über Ost marken-Politik, das als vollwertiger Ersatz für Schlafpulverbenutzt werden könnte. Am Donnerstag versammelt sichdaS Geldsackshaus zur Schlußsitzung. Die Bauern-fangsanträge. die die Konservativen für die Littauerund Masuren und die hochverräterischen Freisinnigen fürdie Gewerkschaften, denen sie eben den Strick des Z 7 umden Hals geworfen, eingebracht haben, verschwinden also imOrkus._Seufzende Bürgermeister und gekränkte Leberwürste.Das Herrenhaus unterhielt sich am Mittwoch kurz überdas Ouellenschutzgesetz und lange über das Polizei-kost engesetz. Der Hätz gegen den»Waflerkopft Berlin, der allepreußischen Gesetze durchzieht, hat sich auch in diesem Machwerk nichtverleugnet. Oberbürgermeister K i r s ch n e r jammerte über denlegislativen AntiberoliniSmuS und ein paar andere Bürgermeisterstimmten in die Klagelieder ein. Herr Kirschner versuchte sogareine Abänderung durchzusetzen, und ein paar nicht ganzverbohrte Junker taten ihm den Gefallen. dafür zustimmen. Die Mehrheit der Junker aber hielt es für unnötig,dem Freisinn, der auch ohne Wurstzipfel kuscht, noch ein Almosen zu-zuwerfen, und so wurde denn der AbänderungSantrag abgelehnt.—Den Rest der Sitzung füllten alle möglichen OuiSquilien auS, darunter dieKlagen des Grönthaler Schulenburg über Anzapfungen, die sichein leibhaftiges HerrenhauSmitglied gegen ebenso leibhaftigen anderenHerrenhäuSler in irgend einem Berliner Blatte gestattet haben soll.Am Donnerstag werden die Lords die mageren Knochen besichtigen.die das DreiklasfenhauS den Beamten hingeworfen hat.Das Urteil im Schandsäulenprozest bestätigt.Leipzig, S. April. Das Reichsgericht hat die Revision deSGenossen Hans Marckwald von der.KönigsbergerVolkSzeitung', der wegen Majestätsbeleidigung und Be-leidigung des Memeler DenkmalSkomiteeS(Schandsäulenartikel) am4. Januar zu 1 Jahr 3 Monate» Gefängnis verurteilt worden ist.verworfen.So hat sich die deutsche Justiz eine neue Denksäule errichtet IUm eines Artikels willen, der unanfechtbare historische Tatsachen.die von den bürgerlichen Geschichtsschreibern bezeugt werden, dar-legte, um eines Artikels willen, der den deutschen Kaiser inkeiner Weise angreist oder auch nur nennt, der lediglich Tatsachenüber die Urgroßmutter deS Kaisers mitteilt, muß Genosse Marck«wald als MajestätSbeleidiger auf 15 Monate ins Gefängnis I Inder Aera der angeblichen Milderung des MajestätsbeleidigungS-Paragraphen I Deutschland ist füctvahr ein Kulturstaat IAuf der Denksäule, die diese Tat der deutschen Justiz verewigt,muß übrigens auch dem deutschen Freisinn eine Gedenktafel ge-widmet werden. Ein fteisinnigeS Blatt, die ÄönigSberger•Hartungsche Zeitung' war'S, die den Artikel unseres KönigsbergerParteiblatte» dem Staatsanwalt als Berbrechen wider die Majestätdenunzierte. Dasselbe Freisinnsblatl hat frühzeitig angefangen, sichder Rolle anzupasien, die der demsche Freisinn in diesen Tagen inder deutschen Politik exekutiert hat.In der Begründung des Reichsgerichtsspruchs wurde aus-geführt:.Der ftagliche BeweiSantrag konnte ohne GesetzeSverletzuna abgelehnt werden, da die Frage, ob die unter Beweis gestelltenTalsachen richtig find, von der ersten Instanz sowohl be-züglich der Schuld- als der Straffrage für unerheblicherachtet worden seien. Eine Verletzung deS materiellenRechtes liege nicht vor. Die Auslegung der beidenArtikel durch das Landgericht sei auch für das Reichs-gericht maßgebend. Festgestellt sei danach als Sinn derArtikel, daß die Errichtung eines Denkmals für die Schmach desStaates erfolgt sei, nicht für einen Ausschwung, daß im weiterenSinne der Vorwurf einer Schandtat gemacht sei und daß der Artikelden Zweck verfolge, die ganze Veranstaltung der Denkmalserrichtungsowie alle Teilnehmer und Förderer zu schmähen und herab-znwürdtgen. Wer geschmäht werden sollte, mußte aller-Vings aus den Artikeln den Lesern erkennbar sein. DieseErkennbarkeit ist aber tatiäcblicb festgestellt in bezug auf die Persondes Kaisers ohne Rechtsverletzung und ohne Widerspruch. Diemündlichen Ausführungen deS Verteidigers verwechseln den Begrisider abfälligen Kritik mit dem Begrisi der Beleidigung. Mit Rechtist auch eine Selbständigkeit jeder der beide» Einzelhandlungen an-genommen worden. DaS Reichsgesetz vom 7. Februar 1908 warnicht anwendbar, weil eS erst nach Erlaß der angefochtene» Eilt-scheidung in Kraft getreten ist."_Das freisinnige Dreigestirn.Einen heiteren Beitrag zur Paschawirtschaft in der frei-sinnigen Volkspartei, besonders bei der Aufstellung der frei-sinnigen Kandidaten zur nächsten Landtagswahl, liefert inder„Verl. Volksztg." ein Freisinniger, der jahrelang alsVertrauensmann der freisinnigen Volkspartei tätig war. Erschreibt:„Es ist eine Eigentümlichkeit der Persönlichkeiten, die zurzeitin der.Freist Ztg." daS Wort führen, daß sie in kritischen LagenTatsachen zu schaffen suchen, indem sie sie der freisinnigenWählerschaft als geschehen verkünden. Die„Volkszeitung" hatteschon einmal Gelegenheit, diese eigentümliche Taktik festzulegen,als die„Freist Ztg." und die offiziell« Parteileitung die Bildungeines LandtagsauSschusseS für Charlottenburg unter dem Bor-sitze einer bestimmten Persönlichkeit meldete, während in Wahr-heit gar nichts geschehen war und bei der nachl>erigen Bildungdes Ausschusses wirklich ein« ganz andere Persongewählt wurde. Jetzt meldet dieselbe„Freist Ztg.": Versamm-lungen der Vertrauensmänner der freisinnigen Volkspartei, dieletzter Tage in den betreffenden Berliner Landtagswahlkreisenstattfanden, haben beschlossen, den Wahlmännern die Kandida-turcn nachfolgender Herren zu empfehlen. Und eS folgt dannfür jeden Wahlkreis der Name des einzigen, von dendirigierenden drei Herren der Zentralstelle—K o p f ch, W i e m e r, F i s ch b e ck— schon seit Monaten fest-gelegten Kandidaten, z. B. für den zweiten Wahlkreis des HerrnGerschel usw. ES Ware wertvoll, wenn die Parteileitung auchbekannt gäbe, wo eigentlich die.große" Vertrauens-männerversammlung des zweiten BerlinerLandtagswahlkreises stattgefunden hat, wannund wer denn eigentlich zu dieser Versammlung der Vertrauens-männer des Kreises geladen wurde. Hunderte von Anhängernder freisinnigen Volkspartei in Berlin, die bei allen früherenWahlen als Wahlmänner und' Vertrauensmänner tätig gewesensind, haben je den Tag auf die übliche Einladungzu den Versammlungen der Vertrauensmännergewartet, um an dieser hierzu berufenen Stelle ihre poli-tische Ansichten über die Personen der Kandidaten zum Ausdruckzu bringen und die nur ihnen— nicht einzelnen„einflußreichen" Herren— zustehende Aufstellung der Kandidaten vor-zunehmen. In einzelnen der großen Bezirksvereine, die in demzweiten Wahlkreis den Rahmen für die Organisation bilden,wurde vor kurzem noch von den Vorsitzenden berichtet: eä sei nochgar nichts Definitives beschlossen, nur Herr FaSquel habeeinmal sechs ll) Herren aus den Vorständen dereinschlägigen BezirlSvereine«ingeladen, diewieder erst ihre zuständigen Vereine befragen und dann denWählern Vorschläge unterbreiten würden. Sollten beispielsweiseim zweiten Wahlkreise diese sechs Herren unter Leitung deSHerrn FaSquel die.Versammlung der Vertrauensmänner deszweiten Berliner LandtagswahlkreiseS" darstellen? Ist eS viel-leicht in den anderen elf Kreisen teilweise ähnlich bestellt ge-Wesen?"Wir finden daS Aufstellungsverfahren eck>t freisinnig-mugdanesisch._Triumph der Aufschneiderest.Man kann den Freisinnigen nicht verdenken, daß sie zur bevor-stehenden LandtagSwahl Geld sammeln und eine.dringend« Bitte"nach der anderen hinausschicken; allzu kurioS sind aber darin dieAnpreisungen ihrer Verdienste um die Freiheit, als daß wir unserenLesern nicht zur Erheiterung einige Stellen daraus mitteilen sollten.So heißt es zum Beispiel in einer Bitte»m Geld deS.Vorstandesdes Wahlvereins der Freisinnigen Volkspartei im zweiten BerlinerReichstagswahlkreise' lVorsitzender Herr Kreitling):.Bisher war Berlin ausschließlich durchAbgeordnete der.Freisinnigen Volkspartei'vertreten. Das muß auch ferner so bleiben.denn die Freisinnige Volkspartei ist die Vor-kämpferin für wahre bürgerliche Freiheit undVolkswohlfahrt."Eine solche Lusichneiderei I—Eine Probe für die„Wahlrechtsfreunde".Die Parteiorganisation von D a n z i g> S t a d t will den frei-sinnigen.Wahlfreunden" eine neue Gelegenheit zurProbe auf das Exempel ihrer volksfreundlichen Ehrlichkeit bieten.Sie hat an den Magistrat und die Sladwerordnetenversammlungvon Danzig den Antrag gestellt: Der Magistrat und die Stadt-verordnelenversanimluiig mögen beschließen;.An den preußischen Landtag ist ein Antrag zu richten, der die B e s e i t i-gung des jetzigen Kommunalwahlrechts in Preußenund an dessen Stelle die Einführung des freien, gleichen,geheimen und direkten Wahlrecht» für olle über20 Jahre alten Personen beiderlei Geschlechts, zum mmdefteu aberseine Ersetzung durch daS Reichstagsivahlrecht, fordert.'Nachspiel zum Journalistenftreik.Der schöne Titel, mit dem der grobe Herr Gröber die Reichstags-journalisten belegt hat, scheint selbst bei den Redakteuren der„Germania" Anstoß erregt zu baben: denn die Verlegerin deSZentrumSorganS. die Aktiengesellschaft„Germania" macht im„ReichSanzeiger" bekannt:„AuS dem AuflichtSrat unserer Gesell-schast ist der Landgerichtsdirektor Adolf Gröber in Heilbronn auS-geschieden."Luch den Zentrumsjournalisten erscheint demnach ber Gröberzu grob._Göttliche Weltordnung.Daß wir in der herrlichsten der Weltenordnung leben, beweisteine Verhandlung vor dem Duisburger Schwurgericht. Dort hattesich wegen Straßenraubes der Hafenarbeiter Jakob Bartoß ausDuisburg zu veraittw orten. B. hatte einem Fräulein Zeppenfeldein Handtäschchen geraubt und damit zirka bO M. erlangt.v. war bis dahin immer in Arbeit und stet»ein fleißiger Arbeiter gewesen. Segen de»hohen Eisganges war er stellenlos geworden.In seinem Hause herrschte die bitterste Not.Sein einziges Kind lag sterbenskrank da-nieder und hatte große Kosten verursacht. Seinesick um sein Schicksal bitter grämende Ehefrau hatte ihnam 22. Januar nach Arbeit oder Geld ausgeschickt.70 Pfennige waren sein ganzes Vermögen. Mitdiesem Gelde war er nach Mülheim gegangen, um zu versuchen, beider Firma Thyssen Arbeit zu bekommen, doch wurde er dortwegen Arbeits mangels zurückgewiesen, worauf erin seiner Verzweiflung zum Straßenräuber wurde. DaS Gericht er-kannte aus ein Jahr Gefängnis.Die bürgerlichen Blätter bemerken lakonisch: Wohl noch niehat eine solche Schilderung sozialen Elends im Schwurgerichtssaalcstattgefunden._Die Städte und die Kohleuteueruug.Bei der Beratung deS Karlsruher Haushaltsetats erklärteder Oberbürgermeister Siegrist, die Erhöhung des Kohlenpreises umnur 1 M. pro Tonne verursache der Stadt Karlsruhe 54 000 M.Mehrkosten, da sie jährlich etwa 64 000 Tonnen Kohlen benötige.Durch den Zolltarif und die Erschwerung der Vieh- und Fleisch-einfuhr würden die Städte stark geschädigt, daß fie ihren Be-amten und Arbeitern die höheren Ausgaben für die verteuerten Lebens-mittel in Form von Gehalts- und Lohnzulagen wieder vergüte» müßten.ES sei zu bedauern, daß bezüglich der Preistreiberei für die Kohle»die Regierungen versagen. Der Stadw. Mainiger, Besitzereiner großen Bierbrauerei, bemerkte, man habe kaum eineAhnung, wie d e r Z o l l t a r i s d i e Fu tte r m it t e l v e r-t e u e r t habe.— Als die Sozialdemokratie vor sechs Jahren da»gleiche prophezeite, hat man sie der Uebertreibuug bezichtigt IOettemieb.Der konfiszierte Wahrmund.W«en, 8. April. Da» Oberlandesgericht hat der Be-rufung der Staatsanwaltschaft gegen das Erkenntnis des Landes-gerichtS in der Angelegenheit der Broschüre Professor Wahr-mundS stattgegeben und die Konfiskation der Broschüreim alten Umfange wieder hergestellt.Studenten gegen die AusweisungSbarbarei.Lemberg, 8. April. Die Polizei hat zwei auS Russifch-Polenstammende Hörer der Universität aufgefordert, binnen 8 TagenOesterreich zu verlassen. Ebenso ist zwei russisch-pol-nischen Hörern der technischen Hochschule die Ausweisung anoc-kündigt worden. Die Studenten veranstalteten eine Kund»gebung. bei der>"> xu lärmenden Auftritten kam.—frankrefcb.Eine Debatte über die innere Politik.Paris, 0. April.(Eig. ver.)J auröS hat heute, angesichts der bevorstehenden GemeinderatS-Wahlen, von Clemenceau Rechenschast über die Ausführung odergenauer Nichtausführung deS Regierungsprogramms gefordert. Ineiner eindringlichen Rede zeigte er die schuldhafte Verschleppung deram Beginn der Legislaturperiode angekündigten Reformen undappellierte noch einmal an die bürgerliche Linke, die zwei-deutige Situation durch eine offene Erklärung zu kläre».ClemenceauS folgende Erwiderung war zwar ihrem Jdeengehalrnach nur eine durch die Zutat kleiner Bosheiten genießbargemachter schwächlicher Aufguß längst ausgelaugter Argumente. VomHinweis aus den einstigen MinisterialiSmuS JauröS' bis zur.philosophischen" Betrachtung über die Unmöglichkeit, daS angeblichvom Sozialismus versprochene Paradies auf Erden zu oerwirklichen,fehlte nicht einer der vulgärdcmokratischen Gossenhauer, mit denender geistreiche Zyniker seine Republikaner zum besten hat. Aberpolitisch war die Spracke des Ministerpräsidenten diesmal klügerals sonst, weil er seine Nerven zu beherrschen wußte und denMißvergnügten auf der Linken keine Blöße bot. Kriegslustig warenfreilich die Abgeordneten, die in die Ferien gehen und auch daheimin die Wahlagitation eingreifen wollen, ohnehin nicht und so warder Ausgang nicht zweifelhaft, als Clemenceau treuherzig versicherthatte, er wolle eine Mehrheit, die links bei den„unabhängigen"Sozialisten beginne und bis zur demokratischen Linken reiche. Alssie einander in der Mogelei fanden, verstanden sie sich gleich....Nebenbei: Bei der Aufzählung seiner.Leistungen' berief sich derMinister namentlich darauf, daß er— Briand und Biviani zuMinistern gemacht habe.... In seiner Replik entwarf JauröS nochein treffendes Porträt des heute auf.positive Arbeit" so versessenen„freiheitlichen" Politikers Clemenceau, dessen ganze Laufbahn..darin bestanden hat, erst Regierungen und nunmehr Regiertezu terrorisieren. Auch gedachte er mit heißen Wortender von einem herrschsüchtigen Unternehmertum dem Hunger preis-gegebenen Bauarbeiter, deren Los die ungeheueren Aufgaben be-leuchtet, die der Demokratie gestellt sind. DaS war, wie die bürger-lichen Beurteiler wohl sagen werden, eine Rede„zum Fenster hinaus".DaS mußte in der Tat ihre Bestimmung werden, nachdem sie de»Bourgeoisrepublikanern zum einen Ohr hinew und zum andererwieder hinausgegangen war.—Portugal.Die Wahlunruhen.Wie umfangreich die Unruhen gewesen sein müssen, zeigt dieTatsache, datzdieZahldcrVerhafteten bOO— 600 weit übersteigt. Die Verhafteten wurden in die Festung CaxiaS, wo auchFranca seine Feinde einkerkern ließ, in Untersuchungshaft gebracht.Lissabon gleicht einer belagerten Stadt. Die öffentlichen Plätzesind mit Truppen besetzt, die mit Maschinengewehren ausgerüstetsind. Die Zahl der Erschossenen wird mit 6 angegeben:15 Personen wurden lebensgefährlich, über>00 mehr oder minderschwer verletzt. Die Republikaner erklären, für die Unruhen nichtverantwortlich zu sein und richten die heftigsten Angriffe aeaeudie skandalösen Wahlfälschungen der Regierung.England.Der Ministerwechsel.London, 8. April.„Daily Chronicle" zufolge werden in demKabinett voraussichtlich folgende Aenderungen eintreten: Lloyd-George wird das Schatzamt, Earl of Creme das Kolonialamt,Churchill daS Handelsamt übernehmen, Lord Tweedmouth wirdLordpräsident d:S Geheimen RatS und Me Kenna Erster Lord derAdmiralität werden.Lord Tweedmouth erhielte demnach ein rein dekoratives Amt,daS ihm daS Verlassen des Marineministeriums erleichtern soll. Daskommt davon, wenn man in seiner Korrespondenz nicht vorsichtiggenug ist._Gut erzogen.Die Bemerkungen einiger'Zeitungen, die eS tadelten, daß derKönig zur Zeit eines Miuisterwechsels sich auf Reisen befinde,haben raschen Erfolg gehabt. Wie auS B i a r r i tz telegraphiertwird, wird König Eduard feine Reife abbrechen und bereit» am15. April die Heimreise antreten, um sofort nach sein« Rückkehreinem Ministerräte zu präsidieren.«•>