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SorMeKknL kaufmännisch veläkigk. M diesem Sinne erkannks so- ivohl das Hallesche Schöffengericht, als auch in der Berufungs- i»stanz die Strafkammer in einem gegen einen dortigen Fabrik- besitz«: angestrengten Verfahren. Er war beschuldigt, einen Ar- bciter unter 16 Jahren länger als sechs Stunden beschäftigt zu haben. Da ihn das Schöffengericht freigesprochen hatte, legte der Ämtsanwalt Berufung ein, und der Staatsanwalt beantragte vor der Strafkammer eine Geldstrafe von 3 M. Es wurde festgestellt, daß in dem Betriebe des Angeklagten acht junge Leute zwischen 11 und 16 Jahren, eine Reihe junger Leute zwischen 16 und 18 Jahren, insgesamt an 166 Personen beschäftigt werden. Zu seiner Entschuldigung machte der Angeklagte geltend, er könne als kauf. männischer Leiter der Fabrik sich nicht auch um den technischen Be- trieb kümmern; für letzteren sei der technische Leiter verantwort- lich. Diesen Standpunkt erkannte auch die Strafkammer als be- rechtigt an und sprach den Fabrikbesitzer frei. Nicht er, sondern sein technischer Fabriksleiter sei für die Ueberbeschäftigung des jugendlichen Arbeiters verantwortlich zu machen, zumal da der letztere noch zur Rechenschaft gezogen werden könne. Der industrielle Äleinmeistcr, der Gehülfen und Lehrlinge be- schäftigt. kauft ja auch fremde Arbeitskraft und verkauft das Ar- bcitsprodukt zu einem um den Mehrwert erhöhten Preise. Aber er unterscheidet sich vom Fabrikherrn wenigsten» dadurch, daß er selbst die Verantwortung trägt für alles, was in seiner Werkstatt vor- geht. Das Gesetz macht ihn persönlich haftbar, wenn er seine jugendlichen Arbeiter länger beschäftigt, wenn er fahrlässigerweise das Anbringen von unbedingt notwendigen Schutzvorrichtungen an seinen Maschinen unterläßt oder sonst gegen vorhandene Gesetzes- bestimmungcn verstößt. Im Gegensatz dazu der moderne Fabrik- hert. Er nimmt sich Angestellte, Werkmeister, Betriebsleiter usw., denen er die direkten Ausbeutungsfunktionen überträgt. Die An- gestellten haben dafür zu sorgen, daß ein möglichst hoher Mehrwert aus den Arbeitern herausgepreßt wird, mit welchen Mitteln daZ vor sich geht, ist dem Unternehmer gleichgültig. Hauptsache, daß er am Jahresschluß einen hohen Gewinn einstreicht; sowie aber der Betrieb irgendwie mit dem Strafgesetz in Konflikt kommt, zieht sich der Fabrikant zurück, schiebt den Angestellten vor, der dann vor dem Gericht in dem UebcrtretungSfall als haftpflichtig erklärt wird. Er streicht lediglich den Gewinn ein, schiebt aber das Risiko ab. Das ist eine Ungerechtigkeit gegenüber dem Arbeiter, aber auch dem kleinen Handwerker und den Angestellten gegenüber, denen die strafrechtliche Verantwortung aufgebürdet wird. Einer solchen Rechtsprechung, die dem Sinn des ArbeiterschutzeS widerspricht. sollte bei der Beratung der Gewerbeordnungsnovelle ein Riegel vorgeschoben werden._ AuS der Praxis der SnappschaftSkasse». Ein Bergmann im Kreise Weilburg an der Lahn hatte im Jahre ISSS einen Betriebsunfall erlitten und bezog dir knappe Unfallrente von 7.85 M. pro Monat, die ihm die KnappschastSkasse vergeblich zu entreißen suchte. Ein Lungenleiden warf den verkrüppelten Arbeiter im Januar 1968 aufs Krankenlager, welches er als Invalide kaum verlassen konnte. Er beantragte deshalb später die Invalidenrente, die ihm nach langem Warten auch endlich vom KnappschaftSverein Nassau gewährt wurde. Ganz erstaunt«rar jedoch der Lermste als er den Rentenbescheid deZ Knappschaftsvereins in Händen hatte und die»Höhe" seiner Invalidenrente berechnen konnte. Kaltblutig wurde ihm in dem Rentenbescheide eröffnet, daß ihm eine MonatSrente von 11,46 M.---- 2.85 M. pro Woche gewährt würde. Da er bereits eine Unfallrente von 7,85 M. erhalte, so ivürde ihm ein Zuschuß von sage und schreibe 8,65 Mark pro Monat als Invalidenrente gewährt I Der Invalide machte jedoch in seiner Berufung an das Ltnapp« schaftS-LchiedSgericht zu Bonn geltend, daß ihm die Unfallrente nur dann angerechnet werden löniite, wenn laut ß 48 des Jnvaliden- gesetzeS diese Rente den siebeneinhalbfachen Grundbetrag der Invalidenrente übersteigen würde. Dies sei bei einer MonatSrente von nur 7,85 M. doch unmöglich der Fall und deshalb die volle Invalidenrente zu gewähren. DaS Schiedsgericht klärte denn auch den Knappschafts- verein auf, daß der Kläger im Rechte sei, und entschloß sich dann die KnappschastSkasse nach längerem Zögem die volle Invalidenrente zu zahlen. Kennen die Weilburger Herren vom Knappschaftsverein die Gesetze so schlecht? Wenn nun der Invalide keine Hüllfe bei den Sozialdemokraten gefunden hätte und wäre der Rentenbescheid rechts- kräftig geworden, so müßte er heute mit einer MonatSrente von U,40 M. sich zufrieden geben I kommunales. Groß-BerlinS VerkehrSmisere wurde in der Stadtverordneten-Versammlung gestern in einer sehr gründlichen Aussprache erörtert. Den Anlaß dazu bildete das Projekt eines Verkehrs- Verbandes zwischen Berlin und den Vor- orten, das vom Magistrat im Januar den Stadtverordneten vorgelegt worden war und über das ein Ausschuß in zahl- reichen Sitzungen verhandelt hatte. Ueber seine zustimmen- den Beschlüsse wurde dem Plenum Bericht erstattet. Durch den Berkehrsverband soll die Willkür der Großen Berliner Straßenbahngesellschaft einge- schränkt und womöglich ihre� Macht ge­brochen werden, aber die Gönner, die die Gesellschaft im Stadtparlament immer noch hat, kämpften für ihren Schütz- iing bis zum letzten Augenblick. Die Debatte wurde eröffnet durch die Freunde des Planes, diesen Verkehrsverband zu schaffen. Herr Cassel erklärte rückhaltlos, daß es anders nicht möglich sei. die Rechte der Stadt gegenüber der Straßen- bahngesellschaft zu wahren. Klar und scharf wurde dann von imserem Genossen H e i m a n n die Lage dcS Berliner Ver­kehrswesens gezeichnet, wie sie sich im Laufe der Zeit heraus- gebildet hat. Die Umklammerung der Stadt- gemeinde durch die allmächtigeGroße" wurde anschaukich geschildert, die P r o t e g i e r u n g dieser privaten Erwerbsgesellschaft durch die staatliche Aufsichtsbehörde wurde mit treffenden Worten gegeißelt. Und auch die Schuld des Berliner Stadtfreisinns, der es zu solcher Misere hat kommen lassen, erfuhr die verdiente Beleuchtung. Hülfe sei. so mahnte unser Redner, jetzt nur noch von dem Berkehrsverband zu er- warten, der wenigstens auf diesem Gebiete Berlin mit den Vororten zusammenschweißen und eine gemeinsame Abwehr ermöglichen solle. Anderer Meinung war Herr K Y l l m a n n, einer der Gegner dieses Planes. Er nannte dieGroße" einenSozius der Stadt" und riet zurVerständi- g u n g" zwischen beiden. Wie derSozius der Stadt" seine eigenen Interessen zu wahren gewußt hat, das zeigte Ober- bürgermeister K i r s ch n e r in einer großen Rede, die den Höhepunkt der Debatte bildete. Herrn Kirschners Aus- sührungen bedeuten eine allerschroffste Absage an dieGroße" und enthalten die Ankündigung einesKampfes bis aufs Messe r". Mit dürren Worten erklärte er, daß diese Erwerbsgesellschaft unehrlich gegen die Stadt- gemeinde gehandelt habe. Auch über daS Verhalten der Aufsichtsbehörde sagte der Herr Oberbürgermeister Worte von erfreulicher Schärfe. Und voll bitteren Unmutes deutete er an, daß die Hintermänner derGroßen" auch in den Re- oaktionen gewisser Zeitungen zu suchen find, Mch dielex bedeulungsvollen Reös, die auf die Versammlung wie eine Sensation wirkte, verhallten die Ausführungen der folgenden Redner eindruckslos. Vergeblich trat schließlich auch der unvermeidliche Herr I a c o b i auf den Kampfplatz und focht für dieGroße". Die Abstimmung ergab grundsätzliche Annahme des Verkehrsverbandes mit großer Mehrheit. Mit diesem glückverheißenden Beschluß endete die denkwürdige Sitzung. Mus der frauenbewegung. Das Frauenwahlrecht und der schwedische Reichstag. Die sozialdemokratische Fraktion der Zweiten Kammer des schwedischen Reichstag? hatte kürzlich einen Vorschlag eingereicht, der eine gründliche Demokratisierung der im vorigen Jahre angenommene» Wahlrechtsreform, die ja endgültig erst vom nächsten Reichstag beschlossen werden soll, bezweckte und vor allem den von der Reform gänzlich ausgeschlossenen Frauen das staatsbürgerliche Wahlrecht verschaffen sollte. Außerdem hatten die Liberalen einen Antrag gestellt, den Frauen durch die Wahlreform das Wahlrecht in demselben Matze zu geben wie den Männern. In der Ersten Kammer war ein weiterer Antrag ein- gebracht, wonach die kommunalwahlberechtigten Frauen das staalS- bürgerliche Wahlrecht erhalten sollten. Die Erste Kammer hielt nur diesen einen der Anträge der formellen Abstimmung für wert und verwarf ihn mit 79 gegen 4g Stimmen. Ueber die übrigen Wahlrechts- antrage wurde hier nicht einmal debattiert. Aber auch in der Zweiten Kammer wurden alle die Anträge abgelehnt, der unserer Parteigenossen mit 146 gegen 48 Stimmen. Der Antrag der Liberalen, für den unsere Genoffen selbst- verständlich auch stimmten, verfiel der Ablehnung mit 116 gegen 93 Stimmen; ein Antrag des Stockholmer Bürgermeisters Lind- Hägen, der ebenfalls das Frauenwahlrecht zum Ziele hatte, wurde mit 146 gegen 47 Stimmen abgelehnt. Die von 146 000 schwedischen Frauen unterzeichnete Wahlrechts- Petition hat die beabsichtigte Wirkung nicht erzielt. Das wird aber jedenfalls für die Frauen nur ein Ansporn sein, sich noch fester zu- sanimcnznschließcn und immer energischer ihre Anerkennung als gleichgerechtigte Staatsbürger zu fordern. Gerichte- Zeitung* Was ist Zucker-Honig? Lebhafte Kämpfe um Wesen, Bedeutung und Berechtigung des Kunst-Honigs entwickelten sich gestern vor der 6. Strafkammer des Landgerichts l bei der Verhandlung einer gegen den Zucker-Honig- fabrikantcn Fritz Strehlow gerichteten Anklage wegen Vergehens gegen das Nahrungsmittelgesetz und unlauteren Wettbewerbes. Der Handel mit Kunst-Honig hat einen ganz bedeutenden Umfang an- genommen und die Imker sehen mit Betrübnis auf die Zunahme dieser Konkurrenz. Der Preis dieses Kunstproduktes ist etwa drei- mal so niedrig wie der Bienenhonig. Er ist sehr schmackhaft und auch auf ibemischcm Wege von Bienenhonig nicht zu unterscheiden. Der Angeklagte bringt nun ein Fabrikat in den Handel, welches aus künstlich mit Honig raffiniertem Zucker besteht und von ihm alsZuckerhonig" verkauft wird. Dem Jnvert-Zucker sind etwa 20 bis 25 Proz. echter Honig zugemengt und außerdem enthält das Fabrikat einen Wasserzusatz. Der Angeklagte preist in seinen An- kündigungen sein Fabrikat alsZuckerhonig, von Bienenhonig nicht zu unterscheiden" an und unterzeichnet diese Ankündigungen mit Honigfabrik Strehlow". Ein Jmkerverein stellte darauf Straf- antrag, weil der Angeklagte eine Bezeichnung gewählt habe, die geeignet sei, das Honig konsumierende Publikum zu täuschen. Aup Grund eines Gutachtens des Gerichtschemikers Prof. Dr. Jucke- nack verurteilte das TchSsfengericht den Angeklagten wegen Per- aehens gegen daS Nahrungsmittelgesetz und unlauteren Weit- bewerbeS zu 1 Monat Gefängnis und 300 M. Geldstrafe. Gegen dieses Urteil hatte der Angeklagte Berufung eingelegt und gegen- über dem Prof. Dr. Juckenack noch sechs Sachverständige laden laffen, nämlich: Herrn Prof. Dr. Herzfeld von der landwirtschaft» liehen Hochschule, Dirigent de« Instituts für Zuckerindustrie, ferner den Nahrungsmittelchemiker Dr. Aufrecht, den chemischen Sachver- ständigen Dr. Bein, oen Handelschemiker Dr. Herzfeld, den Che« iniker Dr. Bogtherr und den Apotheker Weintraub. In der Per» Handlung kam zur Sprache, daß in einem analogen Falle in Kre- feld eine gerichtliche Verurteilung, in Braunschweig dagegen eine Freisprechung erfolgt ist. Die sechs von der Verteidigung ge- ladenen Sachverständigen stimmten unter längeren wissenschaftlichen Darlegungen im wesentlichen darin überein, daß der Zuckerhonig ein vollberechtigter Handelsartikel sei, der sogar manche Vorzüge gegen echten Bienenhonig haben kann. Im Publikum wisse jeder, daß er echten Honig für den hier offerierten Preis von 20 bis 25 Pf. pro Pftmd nicht haben kann, niemand sei im Zweifel, daß unter Zuckerhonia ein Kunstprodukt zu verstehen sei. Solchem Kunstprodukt müsse aber immer 5 bis 10 Proz. im mindesten an eckitem Honig zugesetzt sein, wenn man den NamenZuckerhonig" als berechtigt anerkennen solle. Dies sei aber hier der Fall. Die vom Angeklagten gewählte Bezeichnung sei also nicht geeignet, das Publikum zu täuschen. DaS Gericht hob das erste Urteil auf und sprach den Angeklagten frei. DaS Gericht ging von der Voraus- fehung aus, dah der Nngeklagte in seineni Fabrikat 20 big 25 Proz. Honig verarbeite. Unter dieser Voraussetzung konnte der An» geklagt- die von ihm benutzte Bezeichnung wählen, ohne zu be- fürchten, mißverstanden zu iverden, zunial er die Ankündigungen mit Honig-Fabrik" unterzeichnet und die Ware alsbesten Ersatz für Bienenhonig" anpreist. Der Angeklagte habe auch nicht ein Nahrungsmittel nachgeahmt, sondern ein im Handel anerkanntes Produkt hergestellt._ (Sitte eigenartige Störung einer Opernvorstellung lag einer Anklage zugrunde, welche kürzlich das Amtsgericht Berlin » Mitte beschäftigte. Wegen Erregung öffentlichen AergerniffeS war der Kaufmann Kürt Blumenthal angeklagt. Vor einiger Zeit wurden wiederholt Besucher des Stehplatzes im Kgl. Opernhause durch einen beffergekleideten Mann in einer Weise belästigt, die auf eine gewisse krankhafte Veranlagung des Betreffenden schließen ließ. Der unbekannte Attentäter drängte sich an zumeist jüngere Leute heran und machte sich einer hier nicht wiederzugebenden Handlung schuldig. Auf Ersuchen der Intendantur wurde schließ. lich jeden Abend auf dem Stehplatz ein Kriminalbeamter postiert, der die Anwesenden scharf kontrollierte; Eines Abend», während einer Lohengrinaufführung beobachtete der Kriminalschutzmann Busdorf den jetzigen Angeklagten Älumenthal, wie sich dieser in auffälliger Weise an ihn herandrängte. Als sich B. schließlich eine Tätlichkeit zuschulden kommen ließ, legitimierte sich der Beamte und nahm den aus frischer Tat abgefaßten Attentäter fest. Das SchSffengericht verurteilte B. zu einer Geldstrafe von 800 M. Hier- gegen legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein und beantragte vor der Strafkammer die Berhängung einer Freiheitsstrafe, da das Treiben derartiger Leute gerade in letzter Zeit so überhand- genommen habe, daß der Besuch dieses Platze? im Opernhaus fast unmöglich geworden sei. Die Strafkammer erkannte unter Auf» Hebung des ersten Urteils aus eine Gefängnisstraje von 2 Wochen. Wieder die Mindeststrafe. Der Händler Geitz in Nürnberg hatte seinem LogiSgeber 8 M. gepumpt, und da er sein Guthaben nicht zurückbekommen konnte, nahm er ihm einen silbernen Löffel und einen Serviettenring weg, um die Gegenstände als Pfand zu behalten. Er wurde deshalb wegen Diebstahls angeklagt und mutzte, da er schon wegen Dieb- stahls vorbestraft ist, zu drei Monaten Gefängnis, der Mindeststrafe, verurteilt werden._ Juristischer Seiltanz. In welcher Weise versucht wird, aus ein paar erregten Worten alle möglichen Straftaten herauszulesen, wenn ein Aroeiter die Worte gebraucht hat, ergab sich wiederum in einer Verhandlung, die am Montag vor dem Kammergericht als letzter Instanz zur Verhandlung kam. Die Firma Wittling und Güldner hatte im vorigen Jahre im Anschluß an die qescheiterten Verhandlungen im Lauberuf die Maurer ausgefverrt. Sie ließ dann wieder arbeiten, aber nur in Akkord. Einige Mitglieder der»Freien Vereinigung" arbeiteten dann auch bei der Firma in Akkord. Vorher hatten sie Streikunterstützung genommen. Dietrich von der Freien Vereinigung" machte ihnen darüber Borhaltungen, daß sie jetzt arbeiteten, und noch dazu in Akkord, entgegen den Prinzipien derFreien Vereinigung". Als sie sich nicht bewegen ließen, von der Arbeit abzugehen, sagte er erregt:Wenn Du nawmittag nicht bei der Zahlstelle bist, sollst Du sehen, was passiert. Mir ist die Sache nicht so lächerlich. Wegen Euch gehe ich vier Wochen ins Gefängnis". Das Land- gericht Berlin I verurteilte Dietrich ivegen Vergehen gegen den ß 153 der Gewerbeordnung fVerrufSerklärung und dergleichen) und gegen den Z 240 des Strafgesetzbuchs(Nötigung) zu drei Tagen Gefängnis. ES wurde angenommen, D. habe die Leute durch Bedrohungen zu nötigen gesucht, sich einer Vereinigung zur Erzielung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen anzuschließen. Angeklagter legte Revision ein. Sein Vertreter vor dem Kamm'ergerichl, Rechtsanwalt Ruhm, verwies aus eine Anzahl Widersprüche in dem Urteil und mochte geltend, daß die an- gezogenen Bestimmungen im vorliegenden Falle zu Unrecht an« gewendet seien. Das Kammergericht fand das Urteil so unklar, daß cS nicht sagen könne, es lägen ihm keine RechtSirrlümer zugrunde. Es hob deshalb die Entscheidung auf und verwies die Sache zu nochmaliger Verhandlung an das Land» g e r i ch t z u r ü ck. Die Unklarheit de? Urteils beruht im letzten Grunde wohl darauf, daß die Urteilsfindcr sich wohl darin einig Ivaren, daß sie meinten verurteilen zu müssen, und diese Meinung die Klarheit nicht aufkommen ließ, die die Fällung eines unbefangenen Urteils er- forderr, das die Sachlage auch den Standpunkt und die Auffassung des Angeklagten würdigt. Vermifcbtes. Nur für die Kehlen der Spießer. Eine heitere Episode spielte ffch bei der Maifeier in LeiterSdorf ab. Der frühere Glashütten-- besiger, jetzige Hüttendirektor Herr WarminSki in Rüdnitz , der im Nebenamte auch mit Kolonialwaren handelt und einen Flaschenbier-- verkauf unterhält, bekleidet die Stelle eines königl. AirnsvorsteherS. Die Gastwirte der Umgegend wissen, daß der Herr Amtsvorstehcr von den Brennereien, die von der Hütte Rüdnitz Flaschen entnehmen, des öfteren einige Waggons Faßbier kommen läßt. Wenn nun ein Gastwirt ein Gesuch um Tanzerlaubnis einreicht, ist das Gesuch gemeinhin auch von einer Bierbestellung be« gleitet. Auch der Wirt des Lokals in Leitersdorf, in dem die Glasmacher zum erstenmal ihre Maifeier begingen, hatte aller Gewohnheit gemäß seinen Bedarf beim Amts» Vorsteher gedeckt. Kaum war das amtsvorsteherliche Bier in dem Keller des Gastwirts untergebracht, so erschien auch schon per Stahl- roß der Abgesandte des AmtSvorsteherS I Zurück mit dem Bier, und wenn es auch wieder imVorwärts" zu lesen sein sollte I Für Sozialdemokraten gebe ich kein Bier ab l so ertönte die Schreckens- künde dem Gastwirt entgegen. Der amtsvorsteherliche Bierwagen wurde geladen und zurück nach Rüdnitz geschafft. Bestürzt sah der Wirt dem furchtbare!, Beginnen zu, doch bald gefaßt eilte er an das Telephon und teilte einer Brauerei in Krassen das beabsichtigte Attentat auf die Gesundheit seiner Gäste mit.. Und nach zwei Stunden lagerten friedlich, ihrer Bestimmung harrend, die Fässer mit dem edlen Gerstensaft an der Stelle, wo vorher daS amts­vorsteherliche Bier gelegen hatte. Ein schweres Sittlichkettsverbrechen wurde, wie aus Bromberg berichtet wird, an einer dortien Frau verübt, die im Danzigcr Walde mit ihrem dreijährigen Töchterchen promenierte. Die Frau wurde von dem Verbrecher vergewaltigt und durch Faustschläge so schwer verletzt, daß Lebensgefahr für die Ueberfallene besteht. Der Wer» brecher ist unbekannt. Binnen kurzer Zeit ist dies daS dritte UN« aufgeklärte Sittlichkeitsverbrechen in diesem Waldteile. Ein Luftballon in Flammen. Anscheinend vom Blitz angezllndei ist ein Luftballon, der vorgestern in Uelzen beobachtet worden ist. Es wird hierüber von dort gemeldet: Bei einem gestern nachmittag hier ausgebrochenen Gewitter bemerkte man einen in nordwestlicher Richtung sich fortbewegenden großen Luftballon, dessen Hülle plötzlich zusammenklappte. Dann sah man eine große Flamme auflodern und den Ballon nebst Gondel mit großer Geschwindigkeit zur Erde niedersinken. Ob in der Gondel Personen waren, konnte man bei der großen Entfernung nicht erkennen. Angenommen wird, daß der Niedergang des Ballons in der Richtung auf Dannenberg zu er- folgte. Da? Hochwasser. Nach einer Meldung aus Petropawlowsk ist der Bahnverkehr mit dem europäischen Nußland unterbrochen. Der Bahndamm ist unterspült. DaS Hochwasser bedroht die Jschim- brücke. Sine Stadt in FenerSgefahr. In dem Städtchen Morincffa brach, wie auö Rom berichtet wird, gestern abend eine große Feuersbrunst au». Die ganze Stadt scheint dem verheerenden Element preisgegeben zu sein. Abends trafen aus Bologna Feuer- wehr und Soloaten ein. Morinella zählt zwar nur 6000 Ein- wohner, ist aber ein bedeutender Mittelpunkt für die Landwirtschast «rveiter-«bstinentenbund. Ortsgruppe Berlin . Heute abend 8'/, Uhr ImEnglischen Hos-, Neue Roßstraße 3: Bortrag des Genossen Michaelis-.Die Gurgel von Berlin .» Gäste wlMommen. eingegangene DrudtfeKfiften. Von derNeuen Zeit»(Stuttgart , Paul Singer) ist soeden daS 82. Hest des 28. Jahrgangs eifchienen. Es hat jolgenden Inhalt: Was der preußischen Volksschule fehlt. Von Heinrich Schulz. Die wirtschaftlich geographischen Ursachen des Peloponnesifchen Krieges. Won M. Beer. Kolonialpoliiifche Rundschau. Von P a r v u S. Ausbau der Arbeiterfekretariate und Vorbildung ihrer Beamten. Von Arbeiter- Ickretär Fr. Frank(Frankfurt a. M.) Die Sozialdemokratie in ginn- land. Mitteilung des Internationalen Sozialistischen Bureaus. Lite- rarifchc Rundschau: Uljtn, W.(N. Lenin ), Eamvitije kapital,«na w Rosüiji.(Die Entwickelung vcS Kapitalismus in Rußland .) Von Ii. Zeitfchriftenschau. Die Jllcue Zeit- erscheint wöchentlich einmal und ist durch alle Buch- Handlungen, Postanstallen und Kolporteure zum Preise von 3,35 M. pro Quartal zu beziehen: jedoch kann dieselbe bei der Post nur pro Quartal abonniert werden. DaS einzelne Heft tostet 35 Pf. Probcnununern stehen jederzeit zur Verlügung. VomWahren Jacob» gelangt in den nächsten Tagen die <9. Nummer de» 25. Jahrganges zur AuSgabc. Ans ihrem Inhalt er- wähne» wir die beiden farbigen BilderDie ersten Blolksrüchtc" undAuf Korfu », sowie die weiteren BilderIdylle am Starnberger See ",Vor- bercitnng für den Wicderzufammentritt deS Reichstags»,Frühling iin Land»,.DeS Sumpskönigs erst« Ausfahrt»,.Am Müggelsee bei Berlin », .Gcrmanifierung»,.Liberale, rechts fchwenkt marsch I»,.Botschafter Hill», Schorfcht als Demonstrant»,«Ohne Traufchein»,.Dilemma» und.Erbliche Belastung». Die Nummer enthält auch ein Porträt des verstorbene» Professor Dr. Arnold Dodcl in Jürich nebst einem kurzen Nachruf. Der icrlliche Teil der Nummer bringt die Gedichte.Die Katastrophe»,Die Absolution»,Die sittliche» DankeeS",Preußische Kunstrcgcln»,Poeieir- reise»,.Die Angst»,DaS unterdrückte ckiecht",An die preußischen Be. amten»,.Zur freundlichen Erwnerung» und außer zahlreichen kleineren Beiträgen noch die Stizzen»Frühling» von Paul Enderling und die größeren satirischen Feuilletons.MannschastSparlamentarier» und»Frei« Beköstigung und Wohnung für die Reichslagsabgeordneten auf Kosten des Reichs». Der Preis der Seiten starken Ruuimer ist 10 Pi.