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*. 112. 25. mm 2. Ktilllßt des IllMiilts" Kerlilltt Ullllisdllltt. tt. M-i lM Zw CandtagswaWbeweguog. Der Freisinn verträgt keine Kritik. Im achten Landtagswahlkreis Berlins , der sich von Alt-Berlin nordostwärts erstreckt und Teile der Reichstagswahl - kreise Berlin I , Berlin lV, Berlin V, Berlin VI umfaßt, haben die Freisinnigen als ihren Kandidaten den Rechtsanwalt Cassel aufgestellt. Am Dienstag hatten sie zu diesem Zweck eine Ver- sammlung liberaler Wähler veranstaltet, in der Herr Cassel seinen Freunden erzählte, mit welchem Eifer er nicht nur im preußischen Landtage, sondern auch in der Berliner Stadt- verordnetenversammlung dasWohl des Volkes" zu fördern ge- sucht habe. Nachdem er seinen Vortrag beendet hatte, wurde er sofort ohne Debatte undeinstimmig" zum Kandidaten des Frei- sinns proklamiert. Zu der Versammlung hatte sich auch eine beträchtliche Zahl sozialdemokratischer Wähler eingefunden. Ltzie kam's, daß dennoch der Phrascnschwall dieses Freisinnsführers ohne Kritik hin- genommen und für die KandidatenaufstellungEinstimmigkeit" erzielt wurde? Nun, man kennt ja die Mittel, die der Freisinn anwendet, um sich der Kritik zu entziehen und Beschlüsse mitEinstimmigkeit" durchzudrücken. Der Versammlungsleiter, der Holzindustrielle Brh, ersparte Herrn Cassel eine Diskussion über sein Referat, indem er gar nicht erst fragte, ob jemand dis- kutieren wolle. Und von den Versammlungsteilnehmern, die bei der Abstimmung die Gegenprobe forderten und dann gegen Cassel stimmten, behauptete er ohne weiteres, daß sie alle gar keine Liberalen, sondern samt und sonders Sozialdemokraten seien, die selbstverständlich in einer Versammlung liberaler Wähler über- Haupt nicht mitzustimmen hätten. Ob wirklich alle Opponenten als Sozialdemokraten anzusehen waren, das wollen wir dahingestellt sein lassen. Wir wollen auch nicht mit Herrn Brh darüber rechten, daß er in einer Versamm- lung liberaler Wähler nur Liberalen das Stimmrecht zugesteht. Aber konstatiert mutz werden, daß dieser Herr Bry zu Beginn der Versammlung die etwa anwesenden Gegner ermahnte, das Referat in Ruhe anzuhören, und dabei ausdrücklich ankündigte, daß nachher volle Redefreiheit" gewährt werden solle. Auch während des Referates suchte er einen Zwischenrufer dadurch zu beschwichtigen, daß er ihm versprach:Sie können sich nachher zum Wort melden." Wenn dessenungeachtet keine Diskussion zugelassen wurde und auch die Liberalen nicht gefragt wurden, ob sie für oder gegen Cassels Ausführungen noch etwas zu sagen hätten, so darf vermutet werden, daß Herr Cassel selber dem Vorsitzenden einen Verzicht auf Diskussion nahegelegt hat. Herr Cassel ist nämlich, bei aller sonstigen Leistungsfähig- keit seines Mundwerkes, kein Freund von Diskussionen mit Gegnern. Lieber als die Gegner, die mit ihm diskutieren wollen, sind ihm diejenigen, die ihn durch Zwischenrufe unterbrechen. Da bietet sich ihm die ersehnte Gelegenheit, in sofortigem Eingehen auf solche Zwischenrufe seineForsche" zu zeigen und den hüls- losen Gegner nach allen Regeln seiner Kunst abzuschlachten. Dem Zwischenrufer ist eine sofortige Abwehr unmöglich gemacht durch die Versammlungsdisziplin, die vom Vorsitzenden in solchen Fällen schneidig gehandhabt und eventuell durch Rausschmeißer ä la Schöler gestützt wird. Man kann Herrn Cassel wirklich keinen größeren Gefallen tun als den, ihn durch Zwischenrufe zu unter- brechen. Er braucht solche Unterbrechungen, er ringt förmlich um sie, indem er die Gegner durch Beschimpfungen zu provozieren sucht. Und er erbost sich nicht wenig, wenn sozialdemokratische Zuhörer Selbstbeherrschung genug besitzen, sein giftiges Geschimpfe mit eisigem Schweigen aufzunehmen. Man kann zweifeln, ob es überhaupt nötig ist, daß unsere Genossen die Versammlungen solcher Gegner besuchen� Sollen sie dem Freisinn die Säle füllen, sollen sie dasitzen und sich wehrlos beschimpfen lassen, sollen sie Männern wie Cassel und Konsorten die willkommene Möglichkeit beschaffen. unter dem Schutz der Rede u n frciheit ihreForsche" gegen die Sozialdemokratie zu betätigen? Vor den Reichstagswahlen von 1307 haben wir einmal beobachtet, daß eine Versammlung des freisinnigen Durchfallskandidaten ökosenow zu einem Viertel, wie aus untrüglichen Anzeichen hervorging, von Sozialdemokraten be- sucht war. Und was tat angesichts des nun vollen Saales Herr Rosenow? Er höhnte, ihm sei berichtet worden, daß eine gleich- zeitig in demselben' Kreise tagende Versammlung der Sozial- demokratie nicht annähernd so stark besucht sei wie die seinigel Rixdorf-Schöneberg. Rixdorf. Die Parteigenossen der UrWahlbezirke Nr. 30, 31, 32, 33, 34 und 33 werden hierdurch nochmals auf die am Donnerstag, den 14. Mai, abends 3 Uhr, im Lokal von Thiel, Bergstr. 131/132, rolengräber de; Geistes. Es war einmal ein Mann, der wollte lebensgern König sein. Aus dem Nichts war er»etwas geworden ein reicher Mann. Und als die erste Million voll war, schlug in ihm der brennende Ehrgeiz den ersten Purzelbaum. Mit seinem Golde, zusammen- gesucht aus allen Taschen allen Volkes, fühlte er so etwas wie eine Herrschernatur erwachen. Aber da man sich heutzutage als ge- wöhnlicher Sterblicher mit noch so viel Geld höchstens ein Adler- krönchcn am Knopfloch, im günstigsten Fall auch mal die drei ominösen Buchstaben vor dem plebejischen Namen kaufen kann, beileibe nicht ein machtgebietendes Krönlein über der Nasenwurzel, so wollte unser Mann wenigstens ein ungekrönter König sein... ein König im Reiche des Geistes. Ach ja, es gibt noch solche Könige des Geistes. Sie werden geboren nicht auf den Höhen des prunkenden Lebens, fast immer in den Tiefen des begabten Volkes. Ihre unsichtbare Krone strahlt mit belebendem, erfrischendem, be- zauberndem Glanz in die Herzen der Menschheit. Ein einziger Tropfen ihre? Hirnschmalzes wiegt oft schwerer als das ganze Hirn der Gekrönten. Leider fehlt unserem Emporkömmling auch hierzu ganz und gar das Zeug. So kaufte er sich denn den Geist, kaufte ihn von denen, die ihn haben und... verschachern. Jeden Tag scharten sich vor dem Audienzsaal des großen StreberS die Geistreichen und die weniger Geistreichen zu Hunderten. Der Ober- Hofschaumschläger des Ungekrönten, sein unverantwortlichster Rat- geber, nahm ihnen den Geist ab, den sie fein säuberlich in Papler gepackt unter dem Arm trugen. Und je mehr der Geist in den Kram des reichen Mannes paßte, desto besser wurde er bewertet. So entstand eine neue Geistesrichtung, nach der Elle gemessen und vom blinkenden Golde des kleinen ungekrönten Königs in Schach gehalten. Und sie alle, die aus der großen Geisteskrippe mitatzen, tanzten um ihren Herrn und Meister wie um das goldene Kalb. Bald wuchs sich der Purzelbaum des Ehrgeizes zum Saltomortale aus. Die Geister des ganzen Volkes sollten nach einem grandiosen Rezept de? Oberschaumschlägers eingefangen, unter einen einzigen Willen gezwängt und in einen mächtigen Hohlraum gesperrt werden. Aber wie eS so oft im Leben geht, selbst im Leben der Gekrönten auf dem Zeitith der Macht brach das femgezimmerte Gebäude über Nacht zusammen. Die Geister des Volkes hatten er- kannt, auf was es abgesehen war,... auf ihre Geistesfreiheit. Und eines Morgens saß dem Ungekrönten in eitlem Strahlen- Slsivz M teffl tvpWrjfierten KvMe ÖBt fltpjjp. AgklMMe. l stattfindende Urwählerversammlung aufmerksam gemacht. Ebenso I findet für den 84. UrWahlbezirk am Donnerstag, den 14. Mai, 'abends 8 Uhr im Lokal von Fr. Hoppe, Hermannstr. 43, eine Ver- sammlung statt. Für die UrWahlbezirke 36, 37 und 38 findet heute abend 8'/z Uhr eine Versammlung bei Heickaus, Karlsgartenstr. 610, statt. Am Freitag, den 13. Mai, abends 8 Uhr, findet ferner eine Versammlung für die Bezirke 33, 34, 33, 36 und 41 im»Feld- s ch l ö ß ch e n", Elsenstr. 73, statt. Die Parteigenossen des 37. und 42. UrWahlbezirks haben alle Urwähler zu einer Versammlung am Freitag, den 15. Mai, abends 8 Uhr, nach dem Lokal von Cenkl, Kaiser-Friedrich- Str. 86, eingeladen. Referent: Genosse Karl Rohr. An demselben Tage findet zu derselben Zeit für den 33. und 40. UrWahlbezirk eine Versammlung im Lokal von Casper, Richard- straße 33, statt. Die Tagesordnung in allen Versammlungen lautet: 1. Die preußischen Landtagswahlen. 2. Aufstellung der Wahlmänner dazu. Das Zentralwahlkomitee: A. Pagets. Kreis Teltow. Zehlendorf . Der soziaUiberale Wahlausschuß hatte bor einigen Tagen eine öffentliche Wählerversammlung nach demFürstenhof" einberufen, die von bürgerlicher Seite sehr mäßig besucht war. Unsere Genossen hatten sich trotz des Boykotts, der auf diesem Lokal seitens der Arbeiterschaft ruht, in ziem- licher Stärke eingefunden, weil man immerhin' erwartete, daß es zu stärkeren prinzipiellen Auseinandersetzungen kommen würde. Der Referent, Prof. Cauert, wies darauf hin, wie in den letzten 30 Jahren von einer stärkeren Oppositton im Landtage über- Haupt nicht mehr geredet werden könne und wie fast alle Parteien mit der Regierung durch Dick und Dünn gehen, voraus- gesetzt, daß diese einmal nicht etwas tun wollte, was den Interessen der klerikalkonservativen Junkermehrheit gegen den Strich liegt. Redner berührte alle Fragen, die die Oeffentlich- keit, besonders Berlins und Umgegend, so ungemein berühren. So die volksfeindliche Stellung des Ministeriums in Verkehrsfragen, die Grunewaldfrage. Auf das Verhältnis von Staat und Kirche zu einander eingehend, wies Referent nach, wie sehr die beiden Faktoren zur Erhaltung der rückständigen Verhältnisse Preußens sich gegenseitig benötigten, wie aber auch gerade bei der konservativ- klerikalen Mehrheit des Landtages ein ständiger Gewissens- zwang in der Schule und auf anderen Gebieten etwas Selbst- verständliches sei. Zum Schlüsse forderte er das Reichstagswahlrecht für Preußen. Hierauf nahm Dr. Breitscheid das Wort und zeigte in großen Zügen die Entwickelung Preußens seit 1806. Er wies hin auf das Versprechen der Verfassung im Jahre 1813 und wie dieses Ver- sprechen im Jahre 1348 erst durch den gewaltsamen Druck des Volkes eingelöst worden sei. Nur vergaß auch er anzuführen, daß es gerade die klägliche Haltung des Bürgertums nach 48 war, durch welche Preußen aufs neue der Reaktion und bis in die neueste Zeit aus- geliefert sei. Allerdings zeigte er die würdelose Haltung der Libe- ralcn daran, daß gerade ein Freisinniger den§ 23 zum Einkommen­steuergesetz beantragt habe. Auch er fordert die Uebertragung des Reichstagswahlrechts sowie des Frauenstimmrechts auf Preußen. Kurz vor Schluß der Breitscheidschen Ausführungen spielte sich noch ein interessantes Intermezzo ab, indem der Wirt des Lokals den Vorsitzenden und einen der überwachenden Beamten zu sich rief und allen Ernstes verlangte, diese sollten verhindern, daß Sozial demskraten das Wort erhielten. In der Diskussion sprachen nur unsere Genossen Ed. Fuchs und S t ü ck l e n. Fuchs lvies auf die Entwickelung der ganzen Ver Hältnisse in der Gegenwart hin und zeigte, wie sich mit Natur- Notwendigkeit der Weg des Bürgertums immer mehr nach rechts richte, so daß eine reinliche Scheidung zwischen links und rechts nur eine Frage der Zeit sei. Stücklen wies auf die Entwickelung Naumanns hin. Dieser habe vor 12 Jahren genau denselben Standpunkt eingenommen, wie Breitscheid heute und was aus diesem, der oftmals die Massen durch seine imposante Redeweise zu packen verstünde, geworden sei. Er sei durchaus eine Stütze der Reaktion gelvorden. Angesichts dieser Umstände könne man es doch der Arbeiterschaft nicht verdenken, daß sie mißtrauisch sei. Trotzdem werde die Sozialdemokratie diese freiheitlichen Regungen des Bürgertums, soweit eS in ihrer Kraft stehe, unterstützen. Im Schlußwort glaubt Breitscheid entgegen Fuchs feststellen zu müssen, daß große Kreise des Bürgertums noch heute für eine frei- heitliche Bewegung zu haben seien. Im übrigen werde er nicht den Weg gehen, den Naumann gegangen sei. Zossen . Die vereinigten Freisinnigen und Nationalliberalen hatten am Montag eine Wählerversammlung nach dem Dähneschen Als die Welt aus diesem Märchentraum erwachte, war gerade eine geistige Glanzleistung ersten Ranges geboren worden. August Scherl , der deutsche Zeitungskönig, wie er sich gern nennen hört, hatte dem deutschen Volke seine Massenverblödungsbibliothek be- schert. Es ist die erste Krone, die er sich wirklich und ehrlich ver- dient hat. Es ist die Krönung der Verdummungstheorie, die er systematisch nun schon seit Jahren betreibt. Und wenn man bisher nichts von den krausesten Volksbeglückungsideen dieses großen Alchymisten bewundern konnte, so verdient schon die Kühnheit, dem deutschen Volke überhaupt so etwas zu bieten, entschieden den ersten Preis. Nach dem Prospekt will Scherl die denkenden(oder die nicht denkenden?) Menschen zu den Höhen emporführen, das Größte und Reichste aus dem heimischen und fremden Buchschatze allen Kreisen zugänglich machen. Dieses Glänzendste und Voll- kommenste soll aber den mit Scherlscher Bibliotheksmoral chloro- formierten Lesern nicht mit einem Male serviert werden. Sonst würden sie ja viel zu schnell schlau und der Geschäftsmann Scherl käme dabei nicht auf die Kosten. Nein, diejenigen Leser, welche mit dem Abonnement sich selbst das Armutszeugnis mangelnder Intelligenz ausstellen, sollen sich durch dieses Bibliothekswunder wie durch den Kuchenberg im Schlaraffenland erst hindurcharbeiten. Dann heißt es wörtlich weiter:Wir beginnen mit der am ersten verständlichen und am meisten fesselnden Kunstform dem Roman und der Novelle. Hierbei legen wir den größten Wert darauf, den durch die Sensation ihrer Stoffe packenden Erzählern gleich zu Anfang das Wort zu geben". In diesen beiden Sätzen der geistigen Nahrungsmittelfabrik aus der Zimmerstratze tritt der Geschäftstrick überaus plump zutage. Scherl gibt mit zynischer Offenherzigkeit unumwunden zu, daß er sensattonelle Stoffe, in die papierne Form von Kolportageromanen gegossen, für die wichtigsten Werkzeuge der Selbstkultur" hält. Er weiß ja eben nur zu gut, daß er mit wirklich einfachem Darstellungsstoff, der trotz seiner Einfachheit vorzüglich bilden kann, also sozusagen mit der Elementarschule der Literatur, gerade diejenigen Kreise, auf die er spekuliert, nimmermehr ködert. Ihm ist es nur darum zu tun. die Nerven zu kitzeln und lüsterne Neugier rege zu machen. Unter der Maske, dem Volke das literarische Auffassungs- und Anpassungsvermögen nach und nach einzuimpfen, ist eS lediglich aus da? Sensationsbedürfnis der Menge abgesehen. Doch eS kommt noch viel besser. Nach den Einleitungsworten des Prospektes könnte man annehmen, daß Scherl den Versuch gemacht hat, seine Bibliothek nach individuellen Grundsätzen in mehrere grojje Abteiftutgej, 514 zerlege�.dje gyj ißg vermieden Lokal einberufen, zu der sich im ganzen 22 Wähler eingefunden hatten. Referenten waren die Herren Dr. Tubenthal und Dr. Liep- mann. Letzterem kam der schwache Versammlungsbesuch insofern zustatten, als er ganz heiser war und sich nur den Wählern Zossens vorstellen wollte. Beide Redner gaben sich denn auch redliche Mühe, den paar Leuten begreiflich zu machen, baß das Dreiklassenwahlrecht nur abgeschafft werden kann, wenn der Freisinn seine am 10. Januar im preußischen Landtage bereits gezeigteMannhaftigkeit" auch später zur Geltung bringe, d. h. sich von Bülow auch in Zukunft wieder ohne Murren ohrfeigen lasse. Daß die beiden Redner und Wahlrechtskämpfer" die Liberalen Breitscheid und Barth mit der Sozialdemokratie auf eine Stufe stellten und betonten, daß dieselben genau so zu bekämpfen seien wie die Sozialdemokratie, läßt ihren Enthusiasmus für die Beseitigung des Dreiklassenwahlsystems in ganz besonderem Lichte erscheinen. Alles in allem: Beide Redner haben mit ihren Ausführungen den Beweis erbracht, daß sie sich den Gegnern des gleichen und geheimen Wahlrechts absolut würdig zeigen. Beeskow . Der Wahlausschuß der Freisinnigen Volkspartei und der itationalliberalen Partei hatte am Sonntag für den Landtags- Wahlkreis Teltow- Beeskow- Storkow-Wilmersdorf eine öffentliche Wählerversammtung einberufen. Ihre beiden Kandidaten Dr. Liep- mann und Dr. Tubenthal waren die Referenten. Den Standpunkt der Sozialdemokratie vertrat in der Diskussion Genosse Heinig. Der nationalliberale Dr. Liepmann, der erst gesagt hatte, daß seinpoli- tischer Freund" ihre gemeinsame Anschauung ausführlich charakteri- sieren werde, erklärte, daß er nicht für eine Wahlrechtsänderung im Sinne des ReichstagswahlrechteS zu haben sei. Seine Ideal ist eine Reform, die dem Sinne nach der' sächsischen entspricht. In Steuer« fragen scheint er ein weißer Rabe in seiner Partei zu sein, er er- klärte sich gegen Belastung des Massenkonsums und für den Aus- bau der Erbschaftssteuer bis zu einem Betrage von 800 Millionen Mark. Einer der Herren erklärte, daß er sich die Unterstützung der Sozialdemokratie, wenn man sie ihm anbiete, ganz entschieden ver- bitten würde. Ja, wenn die Sozialdemokratie auch nur den zehnten Teil so politisch verlottert wäre wie der Freisinn, dann hätte der Redner Anlaß gehabt, einem solchen Gedanken Ausdruck zu geben. Niederbarnim . Buch. In Albrechts Lokal hörte am Sonntag eine stattliche Versammlung einem Referat des Genossen Artur Stadthagen zu. Der Redner behandelte das Thema:»Die Wahlen zum preußischen Landtag und die Sozialdemokratie'. An einer Fülle wichtiger sozialer Momente zeigte er, wie auf allen Gebieten des kulturellen Lebens das aus reaktionären Elementen bestehende Drei- klassenparlament, genannt preußischer Landtag, eine freiheitliche und den modernen Zeitverhältnissen entsprechende Entwickelung unter- binde. Mit der Aufforderung an die Versammelten, auch ihrerseits dazu beizutragen, daß die Wahl am 3. Juni ein riesenhaftes An- schwellen der Sozialdemokratie zeige, schloß Redner unter großem Beifall seine trefflichen Ausführungen. Der Vorsitzende ermahnte zum Schluß noch die Anwesenden, recht rege für unsere Presse und den Wahlverein zu agitieren und schloß mit Hochrufen aus die Partei die gutbesuchte Versammlung. Partei-?Znge!egenkeiten. Zur Lokalliste. Am Sonntag, den 24. d. M., feiert die Freie Vereinigung der Fleischergesellen" im Kriegervereinshaus, Chausseestraße, sein 4. Stiftungs» fest. Wir weisen darauf hin, daß das genannte Lokal der Arbeiter- jchaft zu Versammlungen nicht zur Verfügung steht, mithin sind alle dortigen Veranstaltungen zu meiden. In Schönflietz(Nordbahn) ist die Sperre über da? Lokal von Schirm aufgehoben. In Wittenau (Nordbahn) ist das LokalArtushof", Jnh. Moritz, Berliner Straße 73(an der Irrenanstalt), gesperrt. ., Die Lokalkommission. Groß-Lichterfelde . Am Freitag, den 13. Mai, abends 8 Uhr, findet imKaiserhof" eine öffentliche politische Ver- sammlung statt, in welcher Genosse Kurt Eisner über das Thema:Preußischer Hochverrat" sprechen wird. Handzettel zu dieser Versammlung werden nicht verbreitet; die Genossen werden ersucht, für zahlreichen Besuch dieser Versammlung zu agitieren. Friedrichshagen . Sonnabend, den 16. Mai, abends 9 Uhr, im Restaurant Wilhelmsbad, Seestraße 43: Wahlvereinsver- sammlung. Tagesordnung: 1. Vortrag des Genossen Fritz Kunert über:Der Landtagswahlkampf". 2. Diskussion. 3. Vereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes und Fragekasten. Um recht zahlreichen Besuch bittet Der Vorstand. geartete Begriffsvermögen bestimmter Leserkreise zugestutzt sind, und daß der Leser wenigstens innerhalb dieser Abteilungen unter demreichen und glänzenden" Lesestoff die Auswahl hat. Ueber eine Institution in dieser Form würde sich, obwohl sie praktisch kaum durchführbar ist, ebenfalls reden lassen. Aber so leicht und schnell kommt man durch den Scherlschen Kuchenberg nicht hin- durch. Der volksbeglückende Scherlgeist geht gleich aufs ganze. Er sagt sich:Wenn du dummer Kerl dich meiner unübertreff- lichen literarischen Führung anvertraust, gebe ich dir für dein koscheres Geld nur das zu lesen, was nach meiner Ansicht für dich gerade gut genug istl" Mit anderen Worten tausend Abon- nenten bekommen zunächst sämtlich ein und dasselbe Buch ins HauS geschickt, einen möglichst sensationellen und spannenden Roman, wochenlang in möglichst vielen Bänden, damit die Lese- Wut von Woche zu Woche gesteigert wird und recht viel Geld ein- kommt. Also Abonnentcnfang vom reinsten Wasser I Schon dieser erste Massenroman hat nur ganz mittelmäßigen literarischen Wert. Sein Titel besagt, um noch den letzten Zweifel zu beheben, klar und deutlich, daß Scherl sich mit vollster gewinnsüchtiger Absicht zum Hintertreppenkolporteur erniedrigt hat. Und die übrigen bis jetzt in Aussicht genommenen 49 Romane erster Serie sind fast alle von genau demselben minderwertigen Kaliber. Wie wir auf Nachfrage in der Hauptbibliothek festgestellt haben, wird ein Bücherverzeichnis überhaupt nicht ausgegeben. Ferner hieß eS, daß das Lesen außerhalb der vorgeschriebenen Reihe nicht ge- stattet sei, daß man ausnahmsweise solche Werke, die dem Abon- nenten schon bekannt sind,umtauschen" könne. Nun, wir haben dieses letztere Experiment gemacht, und ohne jegliches Erstaunen mit dem Resultat, daß jede weitere Sendung einfach unterblieb. Wer also nicht nach der Pfeife Augusts lesen will, ist für seine Bibliothek offenbar geistig nicht reif, das heißt zu gerieben! Interessant, aber für die Kenner der Scherlleute nicht weiter überraschend ist die Betrachtung der geschäftlichen Seite der Emporlese-Bibliothek". Scherl läßt sich für jeden ausgeliehenen Band, der übrigens die jämmerlichste Ausstattung zeigt, pro Woche 10 Pf. bezahlen. Dafür verspricht er, daß jeder Band nach dem Lesen desinfiziert wird, womit die Anti-Bazillen-Bücherei sogar hoffähig geworden ist. Ein Münchener Verleger hat heraus. gerechnet, datz�unter höchster Berücksichtigung der Unkosten und bei einer Auflage von nur 100 000 Exemplaren der einzelne Band pro Jahr einen Reingewinn von rund 70 000 M. abwirft. Das ergäbe bei 30 Bänden, auf ein Jahr verteilt, den kolossalen Reingewinn von 3iä Millionen Mark, NcIjmcQ wir aber guch bloß die Hälfte