Nr. 119.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.
Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.
Eine Revue der Schmach.
( Fortsehung.)
Dieser Entfrembung( der Lehrer von den praktischen und wirtschaftlichen Bedürfnissen) entsprechend sind auch die Anschauungen, die der Lehrer in der Schule vertritt,
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werden, daß es nötig ist, auf dem Lande zu ar
nünftig zu warten, die Kühe zu melfen, daß es ehrenwerter ist, dem Berufe treu zu bleiben, in dem die Eltern gestanden, als in der Stadt in die Fabrik zu gehen. Das wird aber den Kindern von den Stadt in die Fabrik zu gehen. Das wird aber den Kindern von den heutigen Lehrern, die selbst eine ganz andere Anschauung haben,
nicht mehr beigebracht."
Frhr. von Hammerstein.
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Freitag, den 22. Mai 1908.
Wer viel zahlt,
foll auch viel reden dürfen.
Er
berdankt
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.
geliefert! Aus den Bergwerken, Hütten und Salinen zieht Preußen einen Gewinn von 17 987 540 m. Dieser Gewinn entstammt nicht der Arbeit erstklassiger Geheimräte und Direktoren, sondern der Arbeit der staatlichen
Bergente.
Die Massen sind sonach dem Staat auf allen GeZu den„ Grundsätzen", auf denen die Dreitlassenleisten, ist erheblich höher als ihre direkte Steuer. bieten tributpflichtig, was sie dem Staat indirekt so daß viele Kinder den Begriff dafür verlieren, wofür schmach beruht, gehört auch der oben zitierte. An sich gibt Diese Leistungen werden aber bei der Abstufung des Wahlder liebe Gott sie auf das Land gefekt hat, daß sie es keinen roheren, brutaleren Maßstab für die Ver- rechts nicht angerechnet! Es besteht also die Tatsache, daß die dort ihr Unterkommen finden sollen. Früher nahmen die teilung von Staatsbürgerrechten, als die Größe des Geldjacks arbeitende Klasse in Preußen sehr viel zu zahlen, aber so gut Geistlichen und Lehrer keinen Anstand, Biehzucht zu treiben, es iſt. Die hohen Einkommen sind kein Beweis von per wie gar nichts zu sagen hat, während eine relativ kleine Kaste, mit dem größten Interesse an den Dingen sich zu beteiligen und sönlicher Fähigkeit und Tüchtigkeit. Die Arbeit deren Angehörige entweder ihr Einkommen aus der Staatsdes Technikers, dahin zu wirken, daß die Kinder in dem Glauben groß ftellten, des qualifizierten Arbeiters ist für die tasse, also aus den Taschen der Steuerzahler versteuern, die beiten, daß es eine hochwichtige Tätigkeit ist, noch Vieh ver- Geſellſchaft doch von ungleich höherem Wert, als die„ Tätigkeit" arbeitenden Klaffen ihnen geschaffen haben, alles zu eines schwerreichen Faulenzers, der sich höchstens sagen hat! Dieser Parasit am Gesellschaftskörper hat aber ein ungleich wahlrechtes: Wer viel zahlt, foll viel reden dürfen, eine den Kopf darüber zerbricht, wie er den Tag totschlagen soll. Sonach ist sonnenklar, daß das Prinzip des Klassenhöheres Wahlrecht, als der Arbeiter, dessen Tätigkeit für die große Lüge ist, denn wie wir nachgewiesen haben, ist es Gesellschaft einfach unentbehrlich ist. Oder nehmen in der Tat so, daß die Massen, die mit ihres Geistes Kraft und wir den Großaktionär. sein höheres ihrer Hände Arbeit das meiste für den Staat leisten, überhaupt Wahlrecht lediglich dem Umstande, daß Umstande, daß eine Menge nichts zu sagen haben. Mit vollem Recht bleiben wir anderer Leute sich für ihn schinden und plagen. Demnach bei der Behauptung stehen: In Preußen regiert nicht ,, Weggejagte Brimaner, verunglückte Studenten, Techniker, Sein hohes Einkommen ist sonach nicht sein eigenes Vernunft und Gerechtigkeit, sondern lediglich der Geldsack. Schreiber und sonstige junge Männer zweifelhaften Vorlebens drängen persönliches Verdienst, sondern das Verdienst anderer, Dieses Geldsacks privileg beseitigen zu helfen, ist sich in die Lehrerkarriere. Eine Gemeinde, zu der solch ein Mensch eben der Schichten, die in Preußen entrechtet sind. Man die Pflicht der Wähler am 3. Juni! tommt, ist eine unglückliche Gemeinde, denn der Lehrer versteht mag die Sache ansehen wie man will, es ist eine Brutanicht, mit den Bewohnern der Gemeinde umzugehen; er versteht Iität, ein Wahlrecht nach dem Umfang des Geldsacks abnicht, mit ihnen zu verkehren, er glaubt etwas Besseres zat fein. Er zustufen. Die hohen Steuersummen reicher Leute müssen erst verkehrt nicht mit den Bauern, sondern geht in die Kneipe und nimmt von den Massen verdient werden. Eine logische und dort eine völlig isolierte Stellung ein. Wenn nun solch ein Mann tonsequente Durchführung des Sakes: Wer viel bezahlt, einmal eine kranke Kuh hat oder ein frankes Schwein und dabei soll auch viel reden dürfen", müßte darin gipfeln, steht, das Pincenez auf der Nase und mit langen Handmanschetten, daß die Gesamtsumme der direkten Steuern für da weiß er gar nicht, wie er das franke Bieh anfassen soll, er weiß ganz Preußen, nicht aber für die einzelnen UrAnfang August v. 3. machte die Frankfurter 3tg.", fich gar nicht zn benehmen und ist ein unglücklicher Mensch." wahlbezirke gedrittelt würde. Auf diese Weise fäme bekanntlich eines der angesehensten Organe des Liberalismus, Landrat Dr. Gerlich, 1892. ein großer Teil der Agrarier statt in die erste oder zweite die Entdeckung, daß das Breußenwahlrecht vom Volke in die dritte Wählerklaffe. Das müßte fofort einen erobert werden müsse. Sie schrieb: Umschwung in der Zusammensetzung des Landtages herbeiführen.
„ Das Ziel der Lehrerbildung geht nicht sehr wesentlich über das Maß des Wissens hinaus, das in einer guten mehrklassigen Volksschule schon erworben werden fann."
Wirtl. Geh. Ober- Reg. Rat Dr. Schneider, 1892.
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Wo bleibt die Volksbewegung?
„ Das ist in der Tat der entscheidende Punkt: die Bewegung von unten her. Eine starke Volksbewegung ist das sicherste Mittel, um dem Volke endlich zu seinem Rechte zu verhelfen und zu verhindern, daß es mit Halb heiten abgespeist wird. Diese Volksbewegung wird auch die konservativen Widerstände hinwegräumen. Mit dem schweigenden Abwarten ist es nicht getan... Bei den Landtagswahlen im nächsten Jahre wird um diese Frage der Hauptkampf geführt werden... Ein Herumdrücken darum, wie es früher beliebt wurde, ist jetzt nicht mehr möglich."
Also eine starke Volksbewegung ist das sicherste
Der an die Spitze dieses Artikels gestellte Grundsatz wird auch dadurch verlegt, daß ein Staatsbürger, der zum Beispiel 5000 M. Steuer bezahlt, etwa in die zweite Klasse tommt, während ein anderer Steuerzahler in in einem „ Wir leiden an dem Uebelstande, daß wir den alten, guten, anderen Urwahlbezirke mit einem Steuersatze bon einfachen Lehrer Wähler wenigstens auf dem Lande meist verloren der ersten Klasse sein tann. haben. Der Mann, der zufrieden war mit seiner äußerlich be- Diese paar Beispiele zeigen schon die ganze Unsinnigkeit scheidenen Existenz, der keine größere und schönere Aufgabe tannte, des erwähnten Geldsacksstandpunktes. Aber noch als Kinder zu unterrichten, und das als seine Lebensaufgabe be- weiter. Die Städte zahlen ungleich mehr Steuern, Mittel! Nun wohl, wo bleibt sie? Die Zeit ist da, fast trachtete, der ist fort. An Stelle dessen ist vielfach eine recht hochmütiger, als das platte Land. Nach der amtlichen Einkommensteuer- ein ganzes Jahr ist dem Liberalismus Zeit gelaffen worden, nicht besser gebildeter, aber größere Ansprüche machender Lehrer ge- statistik gab es in Preußen im Jahre 1907 5 380 000 um die Volksbewegung zu entfesseln. Aber er hat's nicht treten, dem eigentlich der Unterricht in der Schule eine sehr unangenehme Steuerzahler, davon wohnten in den Städten 3470000, getan. Statt deffen hat er der sozialdemokratischen VolksNebenbeschäftigung ist, der lieber eine hohe Stellung im Staats- auf dem Lande 1910 000. Diese Benfiten waren bewegung nach Kräften Steine in den Weg zu legen gesucht. leben einnehmen und wenn er könnte einem Steuersoll von 225 660 000 m.; den Staat regieren veranlagt mit Weshalb dem Versprechen nicht die Erfüllung folgte, lehrt möchte." von dieser Summe entfielen auf die Städte eine Auslassung der ebenfalls freisinnigen Weser - 3tg." Frhr. von Schorlemer AI st, 1888. 170890000 m., auf das platte Land nur 54 770 000 m. aus denselben Augusttagen des vorigen Jahres. Dieses Blatt Das veranlagte Einkommen in den Städten bezifferte sich stimmte damals denen bei, die für Preußen das Reichs„ Bevor ich Ihnen meine endgültige Zustimmung zu Ihrer Be- auf 8 358 060 000 m., auf dem Lande dagegen nur auf tagswahlrecht forderten, denn für Preußen bedeute dessen rufung in die hiesige Schulstelle erteile, bitte ich Sie, mir auf 389 740 000 2. Um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, Einführung feineswegs die Gefahr einer Ueberfolgende Punkte eine bestimmte bindende Antwort zu geben: daß die Steuerleistung des platten Landes auf das Konto der flutung des Landtages durch die Sozial1. Wie ist Ihr politischer Standpunkt? Gehören Sie der christlich- Agrarier zu sehen ist, sei darauf hingewiesen, daß heute eine demokratie". Es bekämpfte aber das Reichstagswahlrecht foufervativen Partei aus vollem Herzen an? 2. Verzichten Sie auf große Menge industrieller Betriebe sich auf dem für die kleinen hanseatischen Stadtstaaten, weil bauliche Veränderungen des hiesigen Schulhauses? Das heißt, platten Lande befindet, so insbesondere Porzellan- diefe der Gefahr einer sozialdemokratischen Mehrheit in der find Sie gesonnen, die von Herrn N. N. innegehabte Wohnung so und Zuderfabriken, die teilweise recht erhebliche Boltsvertretung in der Tat ausgesetzt sind". Steuern entrichten. Leider gibt die Statistik darüber keine Aber auch die Freundschaft der Weser - 3tg." für das zu beziehen, wie sie derfelbe berlassen hat?" Auskunft, sonst würde sich ohne weiteres ergeben, daß die Reichstagswahlrecht in Preußen war nur sehr platonisch. Wohl Steuerleistung der Landwirtschaft aus dem wollte sie, daß hier der Freisinn das Reichstagswahlrecht Einkommen nur eine ganz minimale ist. Zensiten fordere". Aber: mit über 3000 Mart Einkommen gab es in den Städten 432963, auf dem Land nur 126 528.
Brief eines pommerfchen Junters bom 5. Febr. 1906 an einen Lehrer.
Wenn sich ein Lehrer und ein Vorwertsvorsteher streiten, dan gebe ich dem Vorwerksvorsteher recht, denn er ist mir zehnmal lieber als der Lehrer."
Vor den Schulräumen haben die Pferde den Borzug." 2andstallmeister Frhr. b. Dettingen.
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Das ergibt, daß die Städte ungleich mehr bezahlen als das platte Land. Trotzdem ist es durch die Wahlkreiseinteilung ermöglicht, daß das platte Land den weitaus größeren Einfluß auf die Gesetzgebung in Preußen auszuüben vermag!
In geistig hochstehenden( 1) freisinnigen Kreisen macht man tein Hehl daraus, daß man auf manches ver zichten muß, was einem am Herzen liegt... Wie gesagt, es ist selbstverständlich, daß die Freifinnigen das allgemeine Stimmrecht für Preußen fordern müssen. Aber die Aus= sicht, es zu bekommen, ist sehr gering. Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Regierung, das Herrenhaus oder auch nur das Abgeordnetenhaus darauf eingeht. Was wird Herr Naumann( der damals eben seine berühmte Fanfare" geblasen hatte, Red. d. V.") dann sagen? Wird er dann den Muthaben, zu er flären: wenn wir nicht das allgemeine Stimmrecht für Preußen erhalten, dann wollen wir gar nichts, dann bringen wir die Blockpolitik zum Scheitern?"
Also mit anderen Worten: der Freisinn hat damals ein.
Man suche den jungen Leuten auf den Seminaren begreiflich Die direkten Steuern sind aber nicht die Haupteinnahmezu machen, welch' unermeßliches Feld des Wissens noch bleibt, das quelle Preußens; der für 1908 etatisierte Betrag der direkten ihr Fuß niemals betreten kann. Um ihnen für ihre Bescheidenheit Steuern beziffert sich auf 290 290 700 m. Der preußische ctwas zu Hilfe zu tommen, so menagiere man ihre Prüfungs- Anteil an den 8öllen und indiretten Steuern ist zeugnisse. Kein Seminarist erhalte hinfort mehr Nr. 1, damit er mit 115 501 000 Mart eingesetzt. Diese indirekten Steuern immer daran erinnert werde, daß dieselbe die akademische Bildung werden in der Hauptsache von den Massen getragen, bebedeutet, die für einen Schüler des Seminars unerreichbar bleibt. Tasten diese jedenfalls am schwersten. Die Eisenbahnen gesehen, daß nur eine starke Voltsbewegung Man laffe die Seminarschüler nicht vereinzelt in der Stadt wohnen, bringen einen Ueberschuß von 599 087 878 m. Dieser das Preußenwahlrecht schaffen könne. Aber die geistig hochsondern bringe sie in ein Erziehungshaus zusammen und halte fie Reingewinn rührt zum Teil aus dem Personenverkehr stehenden" Elemente des Freisinns sahen ein, daß die Masse dort bei strenger Zucht und schmaler Kost in guter Ordnung. her. Hier liefert aber wiederum die dritte und vierte des Volts zur Sozialdemokratie gehört, so Biele der unseren verlangen für die Seminaristen eine Wagentlasse den Löwenanteil. In diesen beiden Magen- daß das Wahlrecht eine Ueberflutung" des Landtags eigene livreemäßige Kleidung. Man lasse auch die jungen Leute lassen fahren aber bekanntlich nicht kommerzienräte, mit Sozialdemokraten bringen würde. Deshalb im Freien grobe Arbeit verrichten, womöglich an solchen Orten, wo Börsenmenschen, Großattionäre und andere erklärten fie durch den Mund der Weser- 3tg.": wir fordern der Spaziergang die schöne Welt vorbeiführt.(!!!) Bei dieser Kapitalsmagnaten, sondern die breite Maffe des zwar das gleiche, direkte und geheime Wahlrecht, aber hoffentchrenvollen Arbeit(!) lehre man sie wieder auf die rechte Weise das Voltes. Die Ueberschüsse aus den beiden unteren Wagen- lich friegen wir's nicht! Büden.(!!) Schön wäre es auch, wenn die Seminarschüler von Klassen müssen sogar dazu dienen, das Defizit der Und weil der Freifinn, wie sich von selbst versteht, aus einem geeigneten Offizier wöchentlich einige Stunden recht tüchtig völlig unrentablen ersten Wagentlasse zu lauter geistig hochstehenden" Elementen zusammengesetzt ist, durcheɣerziert und im militärischen Gehorsam geübt würden. Der decken. Die Besitzenden fahren also in der mit allem Kom- so unterblieb die freisinnige Volksbewegung"! Dafür kuhLehrer bringe selbst in den Geist des preußischen Ererzitiums ein, fort ausgestatteten ersten Wagenklasse teilweise auf Kosten handelt man mit den Konservativent welches nichts anderes ist, als eine angewandte, in Fleisch und Blut der Massen, die man in den unteren Wagenklassen zu
verwandelte Mathematit,- Lineale verschlucken und gut verbauen." sammenpfercht. Auch diese Einnahme des Staates wird also
Herr von hadden Triglaff. zum erheblichen Teile von den entrechteten Massen!