Nr. 132.

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Berliner Volksblatt.

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Telegramm Adreffe: Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Pfingitgeift.

Sonntag, den 7. Juni 1908.

er doch

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Mr. 1984.

Gebt ihnen den Reit!

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Johannes- Evangelium   zeigt, zur Verkörperung der göttlichen Urvernunft; aber noch immer stammt diese Vernunft allein bom Vater, bei dem sie von Anfang an war und zu dem sie zurückkehrt. Personifiziert wurde selbst im zweiten und dritten Jahrhundert der heilige Geist noch nicht; er blieb, wenn man Der Berliner   Blodfreisinn, dem die Masse des Wie die poetische Mär von der Geburt des Welterlöfers ihn auch schon vielfach als etwas von der göttlichen Vernunft Berliner   Voltes für das Uebermaß seiner politischen Nieder­tracht am 3. Juni eine so zerschmetternde Niederlage bereitet im Stall zu Bethlehem   ist auch die von der Kirche dem christ- Verschiedenes betrachtete, eine dem Vater und dem Sohne hat, bietet alle Mittel der Perfidie auf, um noch zu retten, was seiner Meinung nach bei sfrupelloser Anwendung der lichen Pfingstfest zugrunde gelegte Legende von der Aus- untergeordnete Kraft. Doch nachdem der blutige Strett um die Frage, ob schamlosesten Tricks zu retten ist. Die Freis. Beitung" gießung des heiligen Geistes auf die in Jerusalem   versammelte Apostelschar an dem ersten auf Christi   Tod folgenden jüdischen Christus dem Gott Vater wesens gleich oder nur wesens- sowohl wie die off. 3t g." suchen die Staterstimmung, die Erntedankfest nichts als eine Erfindung der geschäftigen Phan- ähnlich sei, zugunsten der vollen Gottheit des Sohnes ent- nach dem Wahlausfall vom 3. Juni ihre Anhänger befallen hat, dadurch künstlich zu beheben, daß sie die Nachricht ver­tasie vorchristlicher Erstatiker, und zwar eine Erfindung, die erst schieden war, stellte sich alsbald als Ergebnis kirchlich dog breiten, daß nicht nur im 12. Wahlkreise und in Rixdorf­zwei Generationen nach den ersten Kämpfen innerhalb des matischer Spekulation die weitere Frage ein, wie denn das Schöneberg   noch die Möglichkeit vorhanden sei, der Christentums entstanden sein kann, als der Streit zwischen den Verhältnis des heiligen Geistes zum Gott Vater und Gott Sozialdemokratie den Sieg zu entreißen, judenchriftlichen und heidenchristlichen Parteien im Sinne der Sohn beschaffen set. Wieder entbrannte der Glaubenskampf, sondern daß auch der 6. und der 7. Wahlkreis möglicherweise paulinischen Richtung entschieden und die göttliche Natur des in dem vornehmlich der Patriarch von Konstantinopel noch für den Freifinn zurückgewonnen werden könne! Die beiden freisinnigen Blätter bestürmen alle Wähler, Heilands zum anerkannten Dogma des neuen Glaubens ge- die göttliche Verehrung des heiligen Geistes bekämpfte, die am 3. Juni nicht gewählt haben, bei den am 10. Juni worden war. In den Evangelien wird von der Ausgießung bis die Synode zu Konstantinopel  ( 381) entschied, zu vollziehenden Wah Imänner Stichwahlen und auch der heilige Geift vom Vater aus- Ergänzungswahlen für den Freifinn einzutreten. Wer des heiligen Geistes nichts erwähnt. Die Matthäus  -, Markus- daß, wenn von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch mache, mache sich der und selbst„ Herr" und Johannes- Evangelien erzählen uns nur, daß bei der gegangen, folglich unterstützung der Sozialdemokratte schuldig". Ueberall dort, Taufe im Jordan der Geist Gottes wie eine Taube auf Jesus   göttlicher Verehrung würdig sei. Die Wesensgleichheit mit wo noch Stichwahlen und Gegänzungswahlen nötig seien, herabgeflogen und dieser dadurch des heiligen Geistes voll" dem Vater und Sohn wurde ihm noch nicht eingeräumt. Der hätten die bürgerlichen Wähler die Pflicht, bis auf den geworden sei; aber von einer gleichen Ausgießung des Geistes heilige Geift blieb vorläufig noch ein Gott minderer Qualität, legten Mann am Wahltische zu erscheinen. Ein derartiger Appell an fäumige Wähler wäre das gute auf die Jünger wissen sie nichts. Mit der Auferstehung abhängig vom„ Vater". Ob er auch von Christus ausgehen Recht des Freisinns. Auch die Vorspiegelung möglicher Er­Christi und der Hinaussendung seiner Jünger als Agitatoren fönne, blieb zunächst unentschieden, bis die Synode von folge im 6. und 7. Wahlkreise würden wir dem Freisinn gern der neuen Lehre endet ihr Bericht. Selbst von der Toledo  ( 589) auch Christus die Fähigkeit der Geistesaussendung zugute halten. Wir könnten das ja umsomehr, als diese Alarmrufe die sozialdemokratischen Wähler bei den in Frage Himmelfahrt Chrifti haben sie noch nichts vernommen, denn zusprach. der Schluß des Markus- Evangeliums, in dem von dem Auf- So entstand aus der Vermählung römisch- chriftlicher tommenden Ergänzungswahlen erft recht anfeuern muß, am 10. Juni auch ihrerseits ihre vollste Schuldigkeit zu tun! ſteigen Chriſti gen Himmel erzählt wird, ist, wie die Bibel Mystik mit jüdiſcher Altgläubigkeit und griechischer Philosophie Nichts ist schädlicher, als den Gegner zu unter­forschung längst nachgewiesen hat, später hinzugefügt. die chriftliche Gottvielheit, in der der heilige Geift das gen, und wenn der Freisinn den in die Hosen Wie die Mär von der wunderbaren Geburt des Welt- heidnisch- philosophische Element, das Unfaßbare vertritt, gejuntenen Mut seiner Wähler dadurch zu beleben erlösers in Bethlehem   wird uns auch die Erzählung von der mit dem die kirchliche Dogmatit nicht fertig zu werden ver- sucht, daß er ihnen die unwahrscheinlichsten Erfolge ver­Himmelfahrt Christi vor den Augen seiner Jünger allein mochte. Gerade dieses Unbestimmte der Gottesgestalt des heißt, so kann das die sozialdemokratischen Wähler nur dazu anfrütteln, nur erst recht am 10. Juni ihre Schuldigkeit durch den unbekannten Verfasser des Lukas- Evangeliums heiligen Geistes läßt aber die breiteste Allegorisierung zu, zu tun. berichtet, d. h. von jenem Evangelisten, dem es mehr als und deshalb ist er im Laufe der Jahrhunderte von der Das Maß der freisinnigen Schmach wird jedoch zum allen anderen darum zu tun war, die Klaffenden Lücken der philofophierenden Theologie wie von der theologisierenden Ueberlaufen gebracht durch die Nichtswürdigkeit, die die urchristlichen Mythenbildung auszufüllen und den Menschen- Philosophie bald als göttliche Lebensmacht der christlichen Berliner   Blockfreisinns, begeht, um abhängige Wähler Freisinnige Zeitung", das führende Organ des sohn aus Nazareth   hinter dem ewigen Gottessohn, den gött- Stirche oder als christlicher Glaubensgemeingeist, bald als gegen ihre Ueberzeugung zur Stimmabgabe für lichen Herrscher des erhofften neuen Friedensreiches, zurück- allgemeine göttliche Weltvernunft, Verselbständigung des inner- freifinnige Wahlmänner zu zwingen. Derselbe Freifinn, der treten zu lassen. Und auf diesen alle christlichen Gemeinde- göttlichen Lebens, als Macht der Religiosität usw. definiert alle Register heuchlerischer Entrüstung gezogen hat über legenden zusammenraffenden Verfasser des Lukas- Evangeliums und verehrt worden.

geht auch die im zweiten Kapitel der Apostelgeschichte erzählte Dieser neuesten Gottheit in der christlichen Gottdreiheit seltsame Geschichte zurück von der Ausschüttung des heiligen und der Erinnerung an ihre Ausgießung auf die zu Jerusalem  Geistes auf die Jünger und ihrer plötzlichen durch den heiligen versammelte Apostelschar ist das christliche Pfingstfest geweiht. Geist bewirkten Beherrschung aller möglichen Sprachen. Doch in den germanischen Landen hat es nie jenen spezifisch­

und

sozialdemokratischen Wahlterror", schreckt selbst vor den schuftigsten Denunziantenstückchen nicht zurück! In der Nummer 132 der Freisinnigen Zeitung" vom 6. Juni ist das folgende zu lesen:

" Zu den Wahlen in Berlin   wird von einem in solchen Dingen sonst gut unterrichteten Berichterstatter gemeldet, daß das Gros der Beamtenschaft in Berlin   nicht ge­wählt habe. Weder die Schuhmannschaft noch die Post beamten hätten sich zahlreich beteiligt. Von denen, die gewählt haben, stehe bereits fest, daß ein Teil den sozial. demokratischen Wahlmännern ihre Stimme gegeben habe. Auch einige Lehrer und städtische Beamte hätten sozialdemo tratisch gewählt. Man muß erwarten, daß der Berichts erstatter in der Lage ist, diese Behauptung zu er weisen, denn wir würden es für eine schwere Beleidigung der Beamten halten, wenn man ihnen unbegründet den Vorwurf machte, einem Sozialdemokraten die Stimme gegeben zu haben. Daß die Postbeamten in Berlin   nur zum Teil gewählt haben, wird uns auch von anderer Seite mitgeteilt, und ebenso berichtet man uns, daß die Hofbeamten nur spärlich ihr Wahlrecht ausgeübt haben. Was spieziell die Postbeamten betrifft, so wird aus einem Urwahlbezirk im Süden der Stadt Berlin   gemeldet, daß von etta 20 Postbeamten nur ein einziger an der Wahl sich beteiligt hat. Die Eisenbahn­beamten haben dagegen in Berlin   sich sehr zahlreich an den Wahlen beteiligt."

Der Verfasser des Lukas- Evangeliums ist ein Anhänger firchlichen Charakter erlangt, wie bei den Romanen. Es blieb der paulinischen Richtung, der heidenchristlichen Auffassung; unter firchlicher Hülle das altgermanische Pfingst- und Maien­wie aber diese über die judenchristlichen Lehren mit ihrem fest, wie denn auch heute noch nach alter Sitte in den meisten Festhalten an den alten jüdischen Gesetzestraditionen nur zu deutschen   Gegenden das Haus mit Birken geschmückt wird. fiegen vermochte, indem sie einen Teil dieser Lehren in sich Dem Herzen der im harten Kampf ums Dasein ringenden aufnahm, so ist auch der heilige Geist altjüdischen Ursprunges. Masse, selbst wo sie gläubig den kirchlichen Lehren horcht, ist Im Alten Testament   finden wir ihn als den Geist des Herrn, die Gestalt des heiligen Geistes stets fremd geblieben. Dieses den lebendigen Gottesodem, der von Gott   dem Menschen Erzeugnis religionsphilosophischer Spekulation ist zu wesenstos, eingehaucht, dessen geistige fittliche Straft die als daß es die Sinne zu fassen vermöchte. Den Schwer­Duelle aller höheren Erkenntnis bildet, wie denn beladenen offenbart sich heute ein anderer Geist, der, wenn er auch die Weissagungen der altjüdischen Propheten als auch keine Seligkeit in jenseitigen Gefilden verspricht, ihnen Ausflüsse des göttlichen Geistes gedacht wurden. Aber doch hier auf Erden die Erlösung von ihrem Elend verheißt: dieser Geist Gottes ist lediglich ein Wesensteil Gottes. der Geist des Sozialismus. Doch verstehen wir deshalb Personifiziert wurde er nicht. Und auch in der ersten christ- nicht weniger die Lehre, die die Pfingstlegende der Apostel­lichen Auffassung ist der heilige Geist nichts geschichte enthält: die Lehre von der überwältigenden Macht anderes als eine göttliche Kraft, die im„ Vater" der Begeisterung, die den Settenglauben der in Jerusalem  ihren Ursprung und Wohnsiz hat und von ihm ausgeht. vereinigten Jünger zur Weltreligion machte. Wir haben ja bereits vor dem 3. Juni die niederträchtige Christus ist zwar des heiligen Geistes voll", aber dieser Geist, das Mit gleicher Begeisterung, gleicher Hingabe für die Bot- Agitationsweise freisinniger Flugblätter hinlänglich gebrand­ist lediglich der Geist des Vaters, der sich auf ihn, als er sich schaft des Sozialismus zu wirken: daran mahnt uns der markt, durch die die Beamten mit der Maßregelung be droht wurden, falls sie nicht ihre Stimme für die freisinni von Johannes taufen ließ, in Gestalt einer Taube herabließ. heutige Pfingsttag. Denn noch liegt die schwerste Arbeit gen Buhälter der Reaktion abgeben würden! Aber was fich Die Verfasser des Matthäus- und Markus- Evangeliums bor uns, und nur eine Begeisterung, die nicht vom Ein- in der Nr. 132 das führende Organ der Freisinnigen Volks­bezeichnen ihn noch direkt als den Geist Gottes". Selbst druck des Augenblicks abhängt, die in glaubensfrohem partei leistet, übertrifft an politischer Niedertracht weitaus im Lukas Evangelium   und in der Apostelgeschichte ist der Aufblick zu einem großen, hehren Ideal in den alles bisherige! Wird doch in der zitierten Denunziantennotiz zur Maßregelung derjenigen Beamten aufgefordert, die nach Heilige Geist noch nichts anderes als die geistige Kraft des Kampf zieht, bermag bte aufgetürmten Hindernisse ihrer Ueberzeugung gestimmt oder aber aus Furcht vor Maß Gottvaters. In der Rede, die der Lukas- Evangelist   den zu überwinden. Wollen wir eine neue Welt erobern, dann regelung auch nur auf die Ausübung ihres Staatsbürger­Petrus am Pfingsttage halten läßt, spricht Gott   der Vater gilt es mit gleichem Pfingstgeist, mit gleichen feurigen Zungen rechts verzichtet haben! Diese freisinnige Niedertracht wirkt stets vom heiligen Geist als von seinem eigenen Geist, das neue sozialistische Evangelium zu predigen, damit alle um so abstoßender, als sie sich in die freilich auf den ersten von dem er ganz nach Belieben allem Fleisch" mitzuteilen Armseligen und Beladenen, die uns heute noch feindlich oder Blick zu durchschauende Form einer Verteidigung der Beamten kleidet. Da wird gesagt, es sei eine schwere Be. bermag. Auch Jesus   selbst hat erst durch die Macht des gleichgültig gegenüberstehen, aufgerüttelt werden zur Erleidigung der Beamten, wenn man ihnen vorwerfe, einen Vaters von diesem den heiligen Geist empfangen, den er nun tenntnis und zur Mitarbeit an dem großen Kulturwerk des Sozialdemokraten gewählt zu haben. Da wird gefordert, daß feinen Jüngern herabsendet. Sozialismus.

Unter dem Einfluß alexandrinischer und griechisch- asiatischer Philosophie wird der heilige Geist jedoch immer mehr zum eigentlichen substantiellen Wesen Chrifti. Jesus   wird, wie das

der Wahrheitsbeweis für diese Denunziation der Freisinnigen Zeitung" erbracht werde! Es wird also eine Untersuchung gefordert, damit die Beamten, die sich nicht als Stimmvieh für den Blockfreifinn mißbrauchen ließen, zur Rechenschaft gezogen werden! Die läppische Maste wird dann allerdina