männersitzungen abgehalten und die notwendigen Vorarbeiten er- ledigt. Die Nationalliberalen treten diesmal ebenfalls in den Wahlkampf ein. Sie haben einen Äreisverband gegründet, der sich auf die am Freitag und Sonntag in Angermünde und Oder- derg gebildeten Ortsgruppen stützt. In Angermünde sprach Direktor W o y w o d e und in Odcrberg Herr Professor K e m s i e r, Direktor der Weihenseer Realschule� der als ein Politiker ersten Ranges in der dortigen Ortspresse rcklamehaft angekündigt wurde. Mehr noch als in der Versammlung, suchte er sich hernach im „Kreise der Seinen" als solcher zu erweisen. Hier renommierte er mit den Erfolgen, die er in bezug auf die Organisation der „Gelben " in Weiszensce, das doch eine Hochburg der Sozialdemo- kratie sei, erzielt habe. Von toO habe er diese„nützliche Gruppe" auf 240 Mitglieder gebracht. Als er damit zu langweilen begann, fütterte er seine genügsamen Zuhörer mit Witzen vom„Alten Fritzen" und„Mikosch". Und hierin scheint in der Tat dieses Herrn „Politikers" stärkere Seite zu liegen. Als Kandidat der National- liberalen wird jedenfalls der Fabrikbesitzer Sack aus Liepe auf- gestellt. Die übrigen Liberalen haben sich auf die Person des Pastors Schmidt aus Massow in Pommern geeinigt, der bei der letzten Wahl für die Freisinnige Vereinigung in Naugard-Rcgen- walde kandidierte. Die Konservativen haben an Stelle des zuerst aufgestellten Sohnes deS bisherigen Abgeordneten, des OberpräsidialrateS von Winterfeld, der auf einen Wink von oben ablehnte, noch keinen an- deren Kandidaten aufgestellt._ Um keinen Preuft'! Ein bissiger Wi� wird im Schwabenlande kolportiert. Der preuhische KnegSminister v. Einem hat bekanntlich nach einer ziemlich heftigen Auseinandersetzung mit dem Grafen Zeppelin, dem Erfinder eines wirklich brauchbaren lenkbaren Lustschiffes, Friedrichshafen im Zorn verlassen. Soviel scheint festzustehen, daß v. Einem verlangt hat, Zeppelin solle trotz der überaus ungünstigen Witterung einen Flugversuch wagen. Zeppelin hat sich geweigert. Mit gutem Recht. Denn erstens kennt er die Tücke des urplötzlich aus den Schweizer Tälern hervorbrechenden Föhns doch etwas ge- nauer als Herr b. Einem, zweitens trägt Zeppelin und nicht v. Einem die Verantwortung für die Menschenleben, die sich seinem Fahrzeug anvertrauen, und drittens wäre es heller Wahnsinn ge- wesen, sein Luftschiff beim ersten größeren Probeflug den schwersten, wohl vermeivbaren Gefahren auszusetzen. Das tut kein vernünftiger Mensch, selbst dann nicht, wenn er vom Erfolg über- zeugt ist. Für Zeppelin lag um so weniger Grund vor, diesem Ver- langen nachzukommen, als dieselben Leute, die jetzt das tollste Wagestück von ihm verlangen, ihn jahrelang als Halbnarren von oben herab behandelt haben. Es wird nun erzählt, Zeppelin habe aujl die Forderung des preußischen Kriegsministers geantwortet:„Um keinen Preis fahre et auf!" Herr v. Einem aber habe infolge der schwäbischen Mund- art des Grafen verstanden:„Um keinen Preuß' fahre er auf!" In hellem Zorn sei v. Einem davongegangen, habe sein Auto bestiegen und sei»n rasendem Tempo davongefahren. Daß Herr v. Einem ein Wort des Grafen gründlich miß- verstanden hat, geht aus Preßäußerungen Zeppelins hervor. Auch soviel scheint festzustehen, daß einflußreiche Kreise am Werke sind, Zeppelins Lebensarbeit und endlichen Erfolg zu verkleinern. Das wenigstens wird in Württemberg allgemein aus dem Telegramm Wilhelms II. von Preußen an den Grafen nach der glänzenden Fahrt ins Schweizerland herausgelesen. Das Telegramm besagt bekanntlich: .Freue mich von ganzem Herzen über den famosen Er- folg. Halte Ihnen nach wie vor die Stange. Beste Grüße. Wilhelm l. R." Dieses Telegramm, sicherlich vom besten Willen diktiert, hat trotzdem im Schwabenlande und auch wohl darüber hinaus sehr gemischte Gefühle wachgerufen, und zwar, weil es als Bestätigung der Anschauung aufyefatzt wird, daß verletzte Eitelkeit und höfische Intrige dem gräflichen Genie den Preis seiner Arbeit streitig machen wollen, dann aber auch, weil man der Meinung ist» die Kulturtat Zeppelins werde auch ohne preußische Stange nach ihrem Werte gewürdigt werden. Man hätte erwartet, das Telegramm wäre etwa« weniger gnadenboll, die Arbeit und Bedeutung Zeppe- lin« aber etwas gründlicher wertend ausgefallen. Und darum hat der väterlich-leutselige Ton des kaiserlichen Telegramms im Schwabenlande wenig Begeisterung erweckt. Aus diesem Gegensatz in der Wertung eines Genies wie Zeppelin erklärt sich auch teilweise die Aktion sämtlicher Par- teien der Abgeordnetenkammer, die geschlossen dem Grafen Zeppelin telegraphisch beglückwünschten. Ebenso veranstaltete die württembergische Erste Kammer einen feierlichen Akt der Ehrung deS Grafen . Daß bei Herrn v. Einem der Graf„um keinen Preuß'" auffahren wollte, daß er aber dafür anderen Tags den Schwaben - könig und dessen Frau an Bord nahm, macht, nebenbei gesagt, auch manchem süddeutschen Republikaner heimliches Vergnügen. Denn der Main fließt breiter denn je! Cine Erklärung Zeppelins. Ueber sein Renkontre mit dem Kriegsminister erläßt Graf Zeppelin eine Erklärung, in der er Herrn v. Einem zwar sehr lobt, zum Schluß aber fortfährt:„Einem solchen Manne ver- gebe ich es von ganzem Herzen, wenn er in mit den Tagen und Stunden wachsendem Unmut über das Ferngehaltensein von seinem oerantwortungsvollen Amt, ohne den Zweck seines Verweilens bei mir erfüllt zu sehen und kaum erholt von Erkrankung durch Ueber- arbeitung, in nervöse Erregung gerät, die ihm für einen Augenblick die ruhige Beurteilung der Lage und die richtige Auffassung deS ihm Gesagten entzieht. Mir bleibt kein anderes Empfinden für den hochverdienten, trefflichen Mann, als das vollkommenster Hoch- schätzung und kameradschaftlicher Zuneigung." Aber Graf Zeppelin mußte doch etwas„vergeben". Danach muß Herr v, Einem eben vorher etwas angestellt haben, t,___ Schweiz . Das Absinthverbot. Zürich ,«. Juli.(Eig. Ber.) Jetzt, wo die Volksabstimmung das Verbot des Absinths ausgesprochen hat, werden die Absinth- interessenten voraussichtlich sofort mit einer starken Agitation für die Entschädigung der Absinthbauern und Fabrikanten beginnen. Verdient müssen sie bisher an dem verderblichen Gift sehr viel haben. Denn sie sollen nicht weniger als 120 000 Fr. zur Bekämpfung der nun angenommenen Absinthinitiative aufgebracht haben. Die Sgitation haben sie skrupellos mit den dicksten Lügen betrieben, die namentlich die sozialdemokratische Presse sofort auf- deckte. Die Gemeinden im Traverstale, in denen bisher die Absinth - pflanz« gebaut und von den Fabriken verarbeitet wurde, zählen 18 Sil Einwohner, aber von denen ist nur der geringste Teil am Absinth interessiert. Denn nur rund 100 Bauern bauen Absinth und nur 98 Personen sind in den Absinthfabriken be- schästigt. Die Hälfte der Ernte ist bisher nach Frank- reich exportiert worden. Zur Beurteilung des UmfangeS der Sbfinthproduktion in der Schweiz mögen die Angaben dienen, daß der Kanton Waadt mit seinen 298 000 Einwohnern im Jahre 1908 290000 und der Kanton Genf mit 160000 Einwohnern 600 000 Liter Absinth konsumierten. Die. gesamte Produktion bezw. Konsumtion in der Schweiz dürste demnach etwa 800000 Liter be- tragen. Ob der Bund eine Entschädigung zahlt, ist sehr staglich, denn die Zündholzfabrikanten haben seinerzeit, als die Verwendung des giftigen Phosphors verboten wurde, ebenfalls nichts erhalten. Die Absinthbauern im Traverstal bauen einfach etivaS anderes und ebenso steht eS den Absinthfabrikanten ftei, von nun an Essig oder Guano zu fabrizieren. Als sie mit der Absinthfabrikation begannen, hatten sie auch niemand gefragt und ihrerseits werden sie sich auch nicht um das fernere Schicksal ihrer arbeitslos werdenden Srveiter kümmem.— Rußland Ein Attentat auf einen Blntrichter." Pctrosawodsk, 5. Juli. Heute abend ist der Präsident des Petersburger Obergerichtshofes Kraschcninnikow in dem Hofe eines Hotels durch einen Dolchstoß in die Brust verwundet worden. Er war zu einer Verhand- lung politischer Prozesse hier eingetroffen, Aer Täter konnte nicht ermittelt werden. perklen. Russische Intervention. Täbris , 6. Juli. (Meldung der Petersburger Telegraphen- Agentur.) Gestern dauerte das Schießen bis zum Abend an. Die Zahl der Toten und Verwundeten ist noch nicht bekannt. Der Führer der Revolutionäre Satarchan hat sich nicht ergeben. Die durch das andauernde Schietzen erschöpften Bewohner der fcind- lichcn Stadtviertel Dawatschi und Hiaban baten heute den rus si- scheu Generalkonsul, direkt Matznahmen zur Beruhigung der Stadt zu ergreifen. Darauf begab sich der Generalkonsul unter Eskorte zu dem zeitweiligen Gouverneur, um von ihm die Eni- fernung der Netter aus der Stadt und die Ocffnung der Bazare zu verlangen. Dann besuchte er die erwähnten Stadtviertel, deren Aeltesten ihn um Schutz baten, auf seine Vorschläge einzugehen sich bereit erklärten und ihn um Entfernung der Reiter anflehten. Der Generalkonsul forderte die Parteien auf, die Schanzen zu zer- .stören, die Hinterhalte aufzuheben und die Bazare zu öffnen. Auch Satarchan erklärte in einem Schreiben, sich den Anordnungen des Generalkonsuls fügen zu wollen; feit heute morgen ist kein Schuß mehr gefallen; die Friedensunterhandlungen dauern fort. Abend» besuchte der russische Generalkonsul die Stadtviertel, in denen Satarchan mit etwa tausend Belvaffneten sich verschanzt hatte. Die Bewaffneten bildeten beim Erscheinen des General- konsuls Spalier. Satarchan fügte sich den Forderungen deS Generalkonsuls und lieferte ihm zum Zeichen der Ehrerbietung sieben Karadagreiter aus. In der Stadt ist Ruhe eingetreten. An der Grenze. Nrmia, 4. Juli. (Meldung der Petersburger Telegraphen- Agentur.) Auf Veranlassung des russischen und englischen Konsuls hat der Gouverneur 60 Reiter und 100 Serbasen zum Schutze des Bezirkes Barandus gegen einen kurdischen Einfall abgesandt. Die Türken haben die 17 Werst südwestlich von Salmas liegende Festung Tshiarikkasa besetzt. Die kurdischen Uebersälle haben dank dem Einschreiten der Konsuln Bußlands und England? abgenommen..1�-'* Indo-Cfrina. Todesurteile. Saig »», 7. Juli. Zwei Unteroffiziere und ein Gefteiter von der Tingeborenen-Artillerie sind wegen Beteiligung an dem am 29. Juni gemachten Versuch einer Massenvergiftung der europäischen Infanterie zum Tode verurteilt worden. Marokko. Die Sozialisten gegen die Marokkopolitik. Wie scharf unsere französischen Genossen die Politik ihrer Re- gierung bekämpfen, zeigt ein Artikel der.Humanitö". Es entbehrt dabei nicht eines gewissen Interesses, daß das deutsch -offiziöse Tele- graphenbureau diese Aeußerungen verbreitet, die, wenn sie von der deutschen Sozialdemokratie gegen die deutsche Regierung gemacht werden, natürlich als.Vaterlandsverrai" auSgeschrien werden. Jauräs, der Verfasser deS Artikels, nennt die Besetzung AzemurS durch General d'Amade eine unerhörte Verletzung des Euröpa und dem französischen Parlamente gegebenen Wortes. General d'Amade habe die französische Regierung dem Vorwurf der Unredlichkeit und Frankreich einem demütigenden diplomatischen Zwischenfall ausgesetzt. Der General spiele bereits die unzweideutige Rolle eines Helfershelfers von Abdul SsiS. Halte eS die französische Regierung für möglich, einen Mann an der Spitze der Truppen zu belassen, der so seltsam mit dem von Frankreich gegebenen Worte umspringe? Jaurös erklärt schließlich, daß er heute oder morgen an die Regierung die Anfrage richten werde, ob eS nicht an der Zeit fei, einer Besetzung ein Ende zu machen, die zwecklos geworden fei und nur gefährliche Zwischenfälle hervor- rufen könne. Das Parlament müsse, bevor e» in die Ferien gehe, formelle Versicherungen und bestimmte Bürgschaften erhalten. JaursS ist mit der DcSavouierung d'Amades, die dem Zwischen- fall ja jede aktuelle und ernste Bedeutung genommen hat, natürlich einverstanden, er will sich jedoch damit nicht begnügen, sondern von der Regierung bestimmte Versicherungen verlangen. In Frankreich kann nämlich das Parlament die Polisik der Regierung wirklich kontrollieren. In Deutschland schickt die Regierung das Parlament nach Hause, um jede«Einmischung" von Parlamentariem zu vermeiden. In der Kammer wird übrigen? versichert, daß die Regierung die Beantwortung der JauröSschen Fragen annehmen wird, um der Kammer von den Instruktionen Kenntnis zu geben, die dem General d'Amade aus diesem Anlaß erteilt worden sind. Zugleich soll Minister Pichon die Absicht haben, zu erklären, daß General d'Amade auch jetzt noch das Vertrauen der Regierung be- sitze. Dagegen wollen die Nationalisten daS Vorgehen d'Amades verteidigen und die Regierung wegen ihrzr Tesavouierunfl des Generals schgjf angreifen. Paraguay . Die Unruhe». Assuncion, 6. Juli. Während der Unruhen, die mit dem Erfolg der Aufständischen geendet haben, sind insgesamt 2000 Personen getötet oder verwundet worden. Die Stratzenkämpfe in Assuncion dauerten 62 Stunden; jetzt herrscht Ruhe. Die Kammern sind aufgelöst worden. Die Gesa ndtsch asten der Bereinigten Staaten und Italiens hatten während der ausständischen Bewegung durch Geschüyfeuer zu leiden. Eine Granate tötete einen Parlamentär der amerikanischen Gesandtschaft. Der amerika nische Gesandte und der italienische Geschäftsträger reichten bei der neuen Regierung Beschwerde ein. Me internationale Zugenä. Genosse Krille berichtet triumphierend, daß seine Feststellung über die internationale Jugendkonferenz von mir nicht bestritten wurde. Er irrt,— es heißt doch etwas viel verlangt, wenn ich mich mit der naiven Behauptung befassen soll, ob die kindische Vor- stellung des Genossen Krille zutrifft, daß die internationale Jugend- konferenz cine musikalische Abendunterhaltung war. Da ich diese „glänzende" Beweisführung angeblich nicht erschüttert habe, greift nun Genosse Krille zu der albernen Verdächtigung, daß meine Darstellung verwandt sei mit den Künsten der preußisch-sächsischen Polizeipraxis. Es gibt Dummheiten, die man nicht zu widerlegen braucht und die selbst über die Grenzen der preußisch-sächsischen Polizeipraxis hinausgehen, das ist immerhin eine Leistung, aber zu der Höhe der Argumentation ist mein Kritiker hinaufgeflattcrt. Wer cine itonfercuz, über die der„Vorwärts" am 3. und 4. Sep- tembcr 1907 in fünf Spalten ausführlich berichtet, als eine Ver- anstaltung unter Ausschluß der Cessenilichkeit bezeichnet, dem fehlt für die einfachsten Dinge eine klare Begriffsbestimmung, dieser Mangel muß um jp übler wirken, wenn mein Kritiker sich zum I Wegw esset her Jugend aufwirft. Eine Feststellung ist allerdlugV dem Genossen Krille geglückt, nänilich die, daß er mit viel Behagen und reicher politischer Phantasie in der Jugendorganisation umher- quirlt. Zum Nutzen der Jugendorganisation ist das nicht, aber man darf behaupten, die Organisation der„Jungen Garde" hat trojjdem ihren richtigen Weg gefunden, als sie sich auflöste. Die Gesundung der Jugendbewegung wird nicht durch den Lärm, den Genosse Krille mit noch einigen Freunden anstimmt, aufgehalten. ._ R o b e r t S ch ip i d t. Hus der Partei. Zum Nürnberger Parteitag. Zum Parteitag in Nürnberg wurde von der General« Versammlung des Reichstagswahlkreises Eis«nach Genosse Leber delegiert. An den Parteitag soll der Antrag gestellt werden. anläßlich der vierzig- jährigen Wiederkehr der Zeit, wo der Eisenacher Kongreß(1869) stattfand, im Jahre 1909 den Parteitag in Eise nach stattfinden zu lassen. Bon den Organisationen. Die Generalversammlung deS Reichs- tagS- Wahlkreises E i s e n a ch fand dieser Tage der g e o- graphischen Verhältnisse wegen in dem meiningischcn Städtchen Salzungen statt. Außer der Kreisleitung, dem Kandidaten Leber- Jena, dem Parteisekretär B a u d e r t- Weimar und einem Vertreter der Redaktion des Parteiblattes„Thüringen " waren aus 17 Orten 36 Delegierte anwesend. Im letzten Jahre betrug die Gesamt- einnähme 3037 M., die Ausgaben dagegen 2782 M. Die Monats- beitrüge wurden nach lebhafter Debatte von 29 auf Zv P f. erhöht. Die Aboimentenzabl des Parteiblattes„Thüringen " ist etwas gewachsen, die Zahl der Organisierten von 1393 auf 1662 gestiegen. Die Kreisleitung behält ihren Sitz in Eisenach . Die Sozialdemokratie aus B-rnholm. Das dänische Folkething wird im Frühling nächsten JahreS neu gewählt, und es ist kaum daran zu zweifeln, daß auch diese Wahlen der Sozialdemokratie wiederum einen Zuwachs an Mandaten bringen werden. Immer mehr sammeln sich die Scharen aller Unterdrückten und Bedrängten um das Banner des klassenbewußten Proletariats, und die liberale Regierungspartei liefert durch Preisgabe aller ihrer demokratischen Grundsätze von ehemals unseren Genossen immer neue Waffen für den Wahlkampf. Der geschäftsführende Ausschuß der sozialdemokratischen Partei hat bereits einen Aufruf an die Arbeiterorganisationen Dänemarks veröffentlicht, um Vorbereitungen für den Wahlkampf zu treffen. Zur Aufbringung der Wahlunkosten wird wiederum eine allgemeine Sammlung veranstaltet, die ani 24. Juli beginnt. Allen GewerkschaftS- und Parteiorganisationen werden 26 Oere-Marken in Massen zugestellt, um sie in Arbeiter- kreisen und bei allen Leuten, die Interesse an der Sache der Partei haben, abzusetzen. In zahlreichen Versammlungen wird für weitere Aufklärung der breiten Volksmassen über die Grundsätze und Ziele der Sozial- dcmokratie, über ihre Stellung zur Regierungspolitik und zu den anderen Parteien gesorgt. Auch die Insel Bornholm wird dabei nicht außer acht gelassen. Sie besteht aus zwei Wahlkreisen, von denen mindestens der eine mit dem Vorort Rönne im nächsten Früh- jähr wohl von unseren Genossen erobert werden wird. Auf der Insel wohnen viele Steinhauer, die schon oft mit dem Unter- nehinertum zu kämpfen hatten um einen halbwegs anständigen Lohn für ihre schwere, aufreibende Arbeit. Dann besteht die Be- völkerung meist aus kleinen Häuslern, armen Landleuten, die ihrer ganzen Lebenslage nach zum Proletariat gehören und nun auch mehr und mehr Verständnis für den Klassenkampf gewinnen. Der FolkethingSmann und Fraktionsvorsitzende B o r g b j e r g hat im Juni auf Bornholm in einer Reihe zahlreich besuchter Versammlungen gesprochen. An einer dieser Bersammlunaen, zuRönne�nahin auch unser veutscher Parteigenosse Redakttonssekreiar F ritz. Kunert mit seiner Frau teil, die zum Ferieiioufenthglt aus. dex Insel weilten. Er richtete einige Wort« an die Antvtfesiden und führte u. a. aus: „Wir haben eine noch schlechtere Bourgeoisie uqd cine bei weiten schlechtere Regierung in Deutschland alö Sie hier. Wir haben das preußische Regiment, und was besonders schlecht ist in Deutsch - land, das ist preußisch. Mr fordern bessere Arbeitsbedingungen, damit die Arbeiter sich geistig und körperlich besser entwickeln können. Wir kämpfen um einen besseren Arbeiterschutz, um bürgerliche Rechte und Freiheiten, während der bürgerliche Liberalismus auf dem Ge- biete völlig versagt. Aber wir fordern weiter, daß die Produktions- mittel, die der Kapitalismus in Händen hat, in den Besitz des Volkes übergehen, damit alle Ausbeutung und Spekulation aufhören. — Ich höre, daß hier im Jahre 1909 wiederum gewählt werden soll, und daß die Wahl ist zwischen einem Vertreter der Sozial- demokratie und einem Anhänger des bestehenden kapitalistischen Wirtschaftssystems. Man wird nicht annehmen können, daß dem arbeitenden Volke die Entscheidung dabei schwer fällt." Die Anwesenden waren sehr erfreut über die Worte KunertS, und in ihrer aller Namen ersuchte Genosse Borgbjerg ihn, der deutschen Sozialdemokratie die Grüße der dänischen Ge- nassen zu uberbringen._ In Kanada macht die s o z i a l i st i s ch e P a r t e i Fortschritte, wie auS den Berichten über die Ende Juni vorgenommenen Wahlen für die Provinzialvertretung in Ontario hervorgeht. Für die sozialistischen Kandidaten wurden 3692 gegen 922 Stimmen ab- gegeben, die bei der vorigen Wahl erzielt wurden. In der Stadt Toronto erhielten die Sozialisten im Vorjahre 786 Stimmen, diesmal variierten die Zahlen zwischen 840 und 1266 Stimmen. Der Unterschied in diesen Zahlen erklärt sich daraus, daß die Kandidaten der„liberalen Arbeiterpartei", die in einzelnen Distrikten den Sozialisten gegenüberstanden, zugkräftiger waren. Jn Winnipeg, West-Kanada, wurde jüngst eine deutsche Gruppe der sozialistischen Partei gegründet. pollrelUcke», Oerlcbtllcbcs ukw. Redakteurfreudrn. Genosse Rob. Albert in Breslau bezog am Montag auf sechs Wochen daS Strafgefängnis. Die Strafe erhielt er vom Landgericht Hirsch berg zudiktiert, weil er die von einem Offizier beliebte Hundezüchtigung, die allgemeines Aufsehen auf der Straße erregt hatte, kritisiert hatte. Zlvar gab der O'fizier unter Eid zu, den Hund 36mal hintereinander mit einer Peitsche geschlagen zu haben, aber das Gericht erklärte, das sei„keine Miß- Handlung". Da unser Genosse das aber doch als Mißhandlung bezeichnet hatte, muß er jetzt sechs Wochen hinter schwedischen Gardinen über unsere herrliche Rechtsprechung nachdenken. Hus Industrie und Kandel . Steigende Arbeitslosigkeit. Während im Gesamtdurchschnitt, der Jahreszeit entsprechend, der Andrang am Arbeitsmarkte von Januar auf Mai doch nennenS- wert zurückgegangen ist, ist in einigen wichtigen Industriezweigen eine steigende Verschlechterung eingetreten, so daß die Arbeitslosigkeit im Frühjahr noch höher war als im Winter. Geradezu auffallend hat nun der Andrang in der Metall- und Maschinellindustrie zugenommen; von den ungelernten Arbeitern abgesehen, unter denen die Arbeitslosigkeit äußerst empfindlich ist, leiden die Metallarbeiter ur-o noch mehr die Arbeiter in der Maschinellindustrie am schwersten unter der lln» gunst der Konjunktur. Die Verschlechterung vom Januar auf den Mai ist eine ganz ungewöhnliche. Es kamen nämlich an den öffentlichen Arbeitsnachweisen auf je 190 offene Stellen Arbeit- suchende in der Gruppe., Mai Januar Mai 1906 1907 1998 Metallverarbeitung.... 130,6 166,6 230,0 262,4 Maschinen. Instrumente usw.. 134,1 124,9 186,3 366,3 Ganz auffallend hat sich in der Maschinen industrie die Lage des Arbeitsmarltes verschlechtert. Der Andrang war im
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