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die ÜBet jeden verdacht erhaben find, auch homosexuelle Personen bor- nehmen Standes, verkehren, die der Polizei bekannt seien. Auf eine Frage vom Verteidigertische, woher denn die Gerüchte über den Fürsten Eulenburg herrührten, erklärte der Zeuge, eine bestimmte Antwort nicht geben zu können. Jedenfalls hätten solche Gerüchte be- standen. Ein Leumundszeuge, Baron von Wendel st edt-Neubeuren soll, dem Vernehmen nach, eine sehr leichte Abnormität bei sich konstatieren können, die er aber stets zurückzudrängen wisse. Mit aller Eni- schiedenheit lehnte er Verfehltingen im Sinne des 8 17ö ab. Richtig sei es, das; er mit einem ehemaligen Diener des Grafen Eulenburg, Namens Steinhauer, eine Reise um die Welt gemacht habe. Er kenne den Angeklagten seit 1682, sei mit ihm seit vielen Jahren befreundet und duze sich mit ihm. Auf eine Frage des Vorsitzenden soll der Zeuge erklärt haben: er habe nie eine Wahrnehmung gemacht, daß Fürst Eulenburg   homosexuell ver- anlagt sei. Er Wiste, daß letzterer mit Lonyay und Lecomte befreundet gewesen, von irgend einem intimen Verkehr mit diesen sei ihm aber nichts bekannt. Es sei ihm nicht aufgefallen, daß der An- geklagte geWiste Personen sehr schnell zu befördern verstand. Auf eine weitere Frage soll er erklärt haben, daß er bestimmte Ge- rüchte über den Angeklagten nicht gehört habe, höchstens habe man manchmal mit der Achsel gezuckt. Es wurde sodann der Privatlehrer Hans Melier aus München   als Zeuge vernommen. Der Grund zur Vernehmung dieses Zeugen liegt in folgendem: ES wurde behauptet, daß der Fürst nur immer wohltätig gegen solche Leute war, zu denen er in näheren Beziehungen gestanden. Nun hat die Verteidigung diesen Zeugen geladen, um zu beweisen, daß der Fürst auch anderen Personen Wohltaten erwiesen habe. Der Zeuge war von 18971901 als Hauslehrer im Hause des Fürsten   und ist mit einer Pension von monatlich 199 M. verabschiedet worden. Außer- dem hat er vom Angeklagten und dessen Sohn Siegwart noch mehrere Darlehen bekommen, als er sich in schlechten Vermögensverhältnisten befand. Er soll ausgesagt haben, daß er nie von homosexuellen Neigungen des Fürsten   gehört habe. Der Klatsch über Riedel. Ms letzter Zeuge wurde gestern noch der Kaufmann Georg Reibedanz vernommen. Er erklärte, er habe von einer zweifel- haften Dame gehört, daß Riedel zu ihr geäußert habe: Wenn ich mehr Geld vom Fürsten   bekommen hätte, hätte ich anders aus- fiesagt. Die betreffende junge Dame soll geladen werden. Riedel ollte hierüber vernommen werden, war aber beim Auftuf nicht anwesend. Morgen sollen 14, übermorgen 7 Zeugen vernommen werden, so daß Aussicht vorhanden sein soll, daß der Prozeß noch in dieser Woche zu Ende gehen kann. Nachträglich erfährt man noch aus der Vernehmung des Kriminalkommissars v. Tresckow  : Der verstorbene Polizei- direktor v. Mccrschcidt- Hüllessem habe drei Pakete mit Brief- schaften hinterlassen, von denen eins dem Kaiser ausgeantwortet werden sollte, das zweite dem Polizeipräsidenten v. W i n d h e i m und das dritte dem Zeugen v. TreSckow selbst. Auf einer Karte, die sich unter diesen Brreffchaften befand, habe ge- standen: Fürst Eulenbnrg ist in Wien   bekannt als Homo- sexueller, er verkehrt hier m Berlin   bei Podege m der Schönhauser Straße, steht auch in Beziehungen zu Lonyay. .Kkrblllldotag desZeutraloerbandes deiitscherArlUlktti- arbeittt und vemandtkr Kernfsgenosseu. München  , 11. Juli. Die Debatte über die Anträge auf Aenderung der Statuten tvurde am letzten Vcrhandlungstage fortgesetzt. Beschlossen wurde, den 8 43a zu streichen und an dessen Stelle folgenden Z 43 zu setzen:Drohen in einem Bezirk größere Differenzen, so kann nach Einverständnis mit dem Verbandsvorstand eine Bezirkskonferenz einberufen werden. Konferenzen mit den Bezirksleitern hält der Verbandsvorstand nach Bedarf ab." Ein Antrag Hannover  , die Diäten auf 6 und 4 M. herabzusetzen, wurde von dem Antrag. stcller zurückgezogen mit der Erklärung, daß er sich nun in München  überzeugt habe, daß damit nicht auszukommen sei.(Große Heiter- keit.) Ein Antrag von Frankfurt  , Stuttgart  , Nürnberg  . Fürth  , Hamm  , Weimar  , Frankenthal  , Witten  , Hannover  : den Verbands» tagalledreiJahre abzuhalten, wurde abgelehnt. Ein Antrag des Hauptvorstandes, daß auf 800 Mitglieder' ein Delegierter treffen soll, wurde ebenfalls abgelehnt, ein Antrag Hamburg  . auf 599 Mitglieder einen Delegierten, bis zu 1599 Mitglieder zwei und auf jedes weitere 1999 Mitglieder einen Delegierten zu entsenden, wurde angenommen. Ein Antrag, den Titel deS Verbandsorgans abzuändern in: Organ des Zentralvcrbandes der Brauerei, und Brennerei arbeiter und verwandter Berufs» genossen, wurde abgelehnt. Einzelne Delegierte bringen dabei Klagen, wie sie fast auf jeder Generalversammlung laut werden, vor über die Kürzung von Berichten usw. Alle weiteren Anträge auf Vergrößerung des Verbandsorgans wurden nach einigen Auf. klärungen des Redakteurs Krieg abgelehnt. Der nächste Verbandstag findet in Berlin   statt. Hierauf erstattete W i t t i ch- Frankfurt den Bericht der Satzungskommission. Die Kommission habe die vorliegenden An- träge genau geprüft und empfehle aus praktischen Gründen, von der Einführung von drei Staffeln in der Beitragszahlung abzu- sehen. Die Kommission habe sich auf zwei Staffeln geeinigt. Der § 5 lautet nach den Vorschlägen der Kommission wie folgt: Der Beitrag beträgt für männliche Mitglieder bei einem Wochenlohn unter 18 M.(ausschließlich des Haustrunks) und für weibliche Mitglieder 39 Pf. pro Woche, für Mtglieder mit 18 M. und darüber 59 Pf. pro Woche. Kost und Logis bei dem Arbeitgeber wird mit 12 M. pro Woche berechnet. Mitgliedern der unteren Beitragsstufe ist es gestattet, in der höheren Beitragsklasse zu zahlen. Entsprechend diesen Sätzen wurden auch die Leistungen des Verbandes erhöht. Zu Z 17 ist hinter Mitglieder einzufügen: Wöchnerinnen gelten als kranke Mitglieder, dieselben treten vom Tag der Niederkunft in die Nutznießung der Krankenunterstützung(ohne Karenzzeit) ein. Die Streikunterstützung soll, soweit es die jeweiligen Kassen» Verhältnisse gestatten, in der Regel betragen: Vom Tage nach der Arbeitsniederlegung an wird pro Tag inklusive Sonntag gezahlt: a) für Mitglieder der höheren Beitragsklasse 2 M., für die Frau 39 Pf. und für jedes Kind bis zu 14 Jahren 15 Pf. bis zu 5 Kindern: b) für weibliche und die in der niedrigeren Beitragsklasse zahlenden männlichen Mitglieder 1,29 M. und für jedes Kind 19 Pf. bis zu 5 Kindern. Ueber den zuletzt bezogenen baren Arbeitslohn hinaus darf Streikunterstützung nicht bezahlt werden. Den unorganisierten Berufsarbeitern kann bei Beteiligung an dem vom Verbandsvor- stand genehmigten Streik Unterstützung bezahlt werden. Die Höhe derselben bestimmt der Verbandsvorstand. 8 59, Abs. 1, soll heißen4 Prozent" statt 5 Prozent. Abs. 2 wird wie folgt abgeändert:An denjenigen Orten, wo sich die Not. wendigkeit ergibt, können auf Antrag der betreffenden Zahlstellen Lokalbeamte angestellt werden. Die Beamten werden vom Haupt. borstand im Einverständnis mit den Zahlstellenverwaltungen an» gestellt und aus der Hauptkasse besoldet. Abs. b ist zu streichen und dafür zu setzen:Erhebungen von Lokalbeiträgen irgend welcher Art bedürfen der Genehmigung des Hauptvorstandes. Die Zahlstellen find verpflichtet, bei jeder Quartalsabrechnung Einnahmen und Ausgaben sowie Kassen- Hestand der Lokalkasse anzugeben. Schließlich schlägt die Kommission folgende Resolution vor: Der Berbgndsvoxjtgnd ist verpflichtet« die in dm Zahlstellen abgeschlossettkn Verträge mit den Lokalbeamten zu übernehmen und analog den Verträgen mit den Bezirksbeamten abzuändern. Lokalzuschüsse, welche in den einzelnen Städten notwendig erscheinen, werden im Einverständnis mit den Zahlstellenver- waltungen geregelt. Ein Antrag, eine dritte Staffel einzuführen, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt und schließlich die Vorschläge der Kommission e i n st i m m i g angenommen. Das neue Statut tritt am 1. Oktober in Kraft. In den Hauptvorstand wurden einstimmig gewählt: Etzel als Vorsitzender, als dessen Stellvertreter P a ck e r t, als Kassierer Kager!, als dessen Stellvertreter W i e d o r f und als Redakteur Krieg. Als Sitz des Ausschusses wurde Frankfurt   bestimmt und als dessen Vorsitzender Kollege Wittich gewählt. 39 Delegierte stellen folgenden Antrag: Der Verband führt den Namen: Zentralverband deutscher Brauereiarbeiter und ver- wandter Bcrufsgenossen und hat seinen Sitz in Berlin  . Wittich hebt in seiner Begründung hervor, daß der Antrag nicht gestellt wurde aus Animosität gegen die Hannoveraner Kollegen, sondern aus Zweckmäßigkeitsgründen. Die General» kommission sowie der größte Teil der Gewerkschaften haben ihren Sitz in Berlin   und die ganzen Fäden der Arbeiterbewegung laufen hier zusammen. Die Kollegen T r ö g e r und Richter- Berlin bitten diesen Antrag als verfrüht abzulehnen. Der Antrag wurde jedoch mit großer Majorität angenommen. Schließlich wurde, nachdem der Entwurf eine? Gegenseitig- keitSvertragcs mit den Organisationen der Bäcker, Müller und Fleischer mit Stimmengleichheit schon einmal ab. gelehnt war, ein neuer diesbezüglicher Antrag eingebracht. Dieser Antrag sowohl wie der Gegcnseitigkeitsvertrag wurde, nachdem einige der auf die Verschmelzung bezugnehmenden Bestimmungen gestrichen und durch neue ergänzt wurden, einstimmig an» genommen. Damit ist die Tagesordnung des 18. Verbandstages erschöpft, worauf die Tagung mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf die Arbeiterbewegung geschlossen wurde. Eue Induftm und Handel. Krise und Diebstahl. Die alte Erscheinung, daß mit Verschlechterung der Erwerbs- verhältniste Vergehen gegen Eigenwm zunehmen, zeigt sich auch jetzt wieder. So wurde in einer der letzten Sitzungen des Zentral- Ausschusses Berliner kaufmännischer, gewerblicher und industrieller Vereine lebhaft Klage geführt, über eineerschreckende" Zunahme der Kollidiebstähle als Folge der verschlechterten Erwerbsverhältnisse. Noch niemals sei diese Art der Diebstähle so umfangreich gewesen, wie zurzeit. Die Ansprüche, die an Diebstahlsversicherungen wegen Schadenersatz gestellt werden, haben die Gesellschaften schon ver- anlaßt, die Versicherungsprämien um 59 Proz. zu erhöhen. An der Besprechung dieser Angelegenheit nahm«in Vertreter der Kriminal- Polizei teil. Man kam zu dem Ergebnis, daß die Diebstähle teil- weise von gewerbsmäßigen Dieben, zum Teil aber von Gelegenheits- dieben ausgeführt werden. Unter diesen sollen Kutscher und Arbeiter der respektiven Geschäfte überwiegen. Es wurde u. a. vorgeschlagen, die Polizei zu ersuchen, eine größere Zahl sogenannter Spitzel mit der Ermittelung von Kollidieben zu betrauen. Damit ist natürlich gegen die eigentliche Ursache der zunehmenden Diebstähle nichts getan._ Die Arbeitslosigkeit im Solinger   Jndusiriebezirk mit seiner auS- gedehnten Heimarbeit hat durch die Krise diesmal eine Schärfe an- genommen, wie man es vorher nie für möglich gehalten hat. Die Schäden, die die Heimarbeit im Falle einer Krise für den Arbeiter im Gefolge haben, werden jetzt erst recht offenbar. Für Werk- stätte und Arbeitsgeräte muß der Arbeiter die Unkosten tragen. Was das für die Solinger Arbeiter bedeutet, vermag man zu ermessen, wem, man bedenkt, daß den Schleifern usw., die im eigenen Heim elektrischen Betrieb haben, diese Produktionsmittel mehrere tausend Mark kosten. Die Schleifer. Reider, AuSmacher und anderen Berufsgruppen, die bisher mit Stolz auf ihreSelbständigkeit" pochten, sind jetzt zum größten Teil im Verdienst beschränkt. Zu Hunderten gehen die Arbeitslosen in den Straßen umher. Tausende arbeiten bei ver- kürzter Arbeitszeit. Die Gemeinden des Kreises haben Notstands- arbeiten begonnen I Wegebanten und PlanierungSarbeiten. Die Ge- meinde Höhscheid hat jetzt 19 999 Mark für solche Zwecke bewilligt. Dabei zähl, daS Städtchen nur zirka 16 599 Einwohner, von denen ein großer Teil noch in landwirtschaftlichen Betrieben tätig ist. Arbeiter und Löhne in der Ziegelei. Nach dem Kataster der Ziegelei-Berussgenossenschaft betrug im Jahre 1997 die Zahl der versicherungspflichtigen Ziegeleibetriebe 11692 mit 293 972 Ar- heitern. Gegenüber dem Jahre 1996 hat die Zahl der Betriebe um 131 abgenommen, während die Zahl der Arbeiter um 4241(je- wachsen ist. Die nachgewiesenen Lohnsummen stellten sich im Jahre 1997 auf insgesamt 198,72 Millionen Mark, während sie im Jahre 1996 199,53 Millionen Mark betragen hatten. Der einzelne versicherte Arbeiter verdiente im Jahre 1998 während seiner Be- schäftigung in der Ziegelei 663,45 Mark, im Jahre 1997 678,97 Mark. Der Verdienst stieg demnach um 14,62 Mark oder um 2,2 Proz. Auf einen Arbeiter entfiel in der Rheinprovinz   eine Lohnsumme von 815,52 Mark, in der Provinz Brandenburg   dagegen nur eine solche von 645,43 Mark. Marokkanische Einfuhr. Einem vor kurzem erschienenen Konsulats» bcricht auS Laroche und Marrakesch   entnehmen wir, daß der Handel unter den politischen Verhältnissen sehr stark zu leiden hat. Die europäischen   Exporthäuser machen infolge der unsicheren Verhältnisse nur Kassageschäfte und entziehen den Kunden den Kredit, und diese können. da sie selbst nicht über genügende Barmittel verfügen, sondern immer mir von Kredit leben, keine Aufträge erteilen. Ebenso war es im vorigen Jahre, wo die Lager von Importgütern zu- sammenschmolzen und für manche Artikel zeitweilig Preise erzielt wurden, die um 59199 Proz. über dem gewöhnlichen Wert standen. Marrakesch wicS 1997 folgende Einfuhrziffern auf: England...... 4 218 125 Frank Frankreich..... 1 419 799 Belgien  ...... 439 685, Deutschland  ..... 266 369, Spanien  ...... 59 900 Oesterreich-Ungarn  .. 44 000, Italien  ...... 81500, Die Mittelmecrstaaten stehen also gegen England sehr zurück, wenn auch Frankreich   natürlich mehr Geschäfte macht als Belgien  und Deutschland  . Daß es aber nicht unbedingt so sein muß, geht aus dieser Uebersicht deutlich genug hervor. Belgiens   Stärke liegt eben in seiner Industrie und nicht in seiner Flotte oder Armee. Einträgliche Posten in Rabattsparvereinen. Der Rabattspar. verein in Bremen   befindet sich gegenwärtig im Kampfe mit der Neuen Gesellschaft der Bücherfreunde". In diesem Kampfe dreht es sich um die Frage, ob das Vorgehen der Gesellschaft der Bücher- freunde durch Ausgabe von Rabattmarken bei den Mitgliedern des Rabattsparvereins geduldet werden kann. Der Rabattsparverein hat nun seine Mitglieder aufgefordert, keine Marken der Gesell. schaft für Bücherfreunde zu verteilen. Darüber sehr erbost, ver- offentlicht nun dieGesellschaft der Bücherfreunde" in den Bremer Nachr." ein Inserat, worin festgestellt wird, daß die Tantieme des Vorstandes des Rabattsparvereins 19 Proz. vom fest. gestellten Ucberschuß beträgt. Der Aufsichtsrat erhält für seine aufopfernde Tätigkeit die nette Summe von 4259 M. jährlich. Für uns ist bei diesem Streite von Interesse, daß der Vorstand des Bobattspgrvereios 10 Proz. des festgestellten Ueberfchusses und der AuffichtSrat 4269 M. jährlich erhält. Diese FeWellung kann als eine weitere Illustration dafür angesehen werden, wie teuer die markensammelnden Kunden ihren Köhlerglauben, daß ihnen diegemeinnützigen" Rabattsparvereine Vorteile bieten, bezahlen müssen. Außerdem bildet sie ein nettes Gegenstück zu der von den Rabattsparvereinen mit Wohlbehagen kolportierten Phrase, daß die Konsumvereine juirFutterkrippen für sozialdemokratische Agitatoren" seien, Em der Frauenbewegung. Für die Jugenbabteilung deS Frauen- und Mädchenbildungs» Vereins hatte dessen Leitung am Sonntag imGewerkschaftshaus" einen Kunstabend arrangiert, der dem großen, feinen Lyriker Heinrich Heine   gewidmet war. Genosse Max Grun. wald übernahm es, das Leben und Wirken dieses deutschesten Dichters, wie er ihn nannte, im Zusammenhang mit den politischen und sozialen Verhältnissen jener Zeitperiode seinem Auditorium zu veranschaulichen. Einleitend bemerkte der Vortragende: Das Lebensbild fast aller großen, genialen Männer weise eine Ge- schlossenheit im Denken, Fühlen und Wollen auf. Ihr Leben gebe dem Beobachter keinerlei Rätsel auf, alles sei klar, bestimmt, un- verrückbar vorgezeichnet, alles Sprunghafte, Widerspruchsvolle fehle in ihrem Entwickelungsgang. Im Gegensatz zu solchen Männern stehe Heine. Das bedingten seine ganze Charakter- anlage, zum großen Teil aber auch die geschichtlichen Vorgänge seiner Lebenszeit. Meist werde er ganz falsch beurteilt. Zweifel- los sei er der deutscheste Dichter im Fühlen und Denken. Von Haß und Gunst umwogt und hin- und hergeworfen, sei eS schwer, Heines Persönlichkeit gerecht zu werden. Sein Lebensbild fei schwankend, sein Streben und Handeln sprunghaft und wider. spruchsvoll. Das sei aber weniger seine Schuld, als die der Zeit, in der er lebte. Das 13. Jahrhundert zeigt Zerrissenheit auf allen Gebieten, sowohl in der Dichtkunst als auch in der Politik und im Staatsrecht. Absolutismus   und aufftrebendes Bürgertum kämpften einen erbitterten Kampf. Ueberall waren Gegensätze, überall bunter Wirrwarr; ein greifbares Abbild der damaligen ökonomischen Zustände. Die Interessen des Ostens und Westens prallten zu- sammen, die Ansätze des westlichen Kapitalismus und östlichen Feudalismus  . Mitten in diese Kämpfe fällt HeineS Geburt. Düsseldorf   zeigte damals die ersten Spuren einer aufkommenden Industrie. Aus England kamen die Begriffe eines geregelten Par- lamentarismus, aus Frankreich   der Wirbelfturm der revolutionären Ideen. Die Rheinländer begrüßten Napoleon   als den Vollstrecker der Revolution, er brachte bürgerliche Freiheit. Wenn auch die Regierungen seine Macht als Tyrann verspürten, den unteren Schichten, besonders den Juden, galt er als Befreier. Daraus erkläre sich auch die Begeisterung HeineS für den Korsen. Redner schildert dann eingehend den Entwickelungsgang des Dichters, sein zerrissenes, oft von Widerwillen und Ekel geschütteltes Wesen. Sein Handeln verstoße oft gegen die allgemeinen Moralbegriffe, aber er tut es unbewußt, er weiß nicht was gut oder böse im bürgerlichen Sinne ist, er kann seine Sitten nicht in ein System bringen, er lebte eben, wie er aus seinem Drange heraus leben mußte, wie es ihm sein Innerstes gebietet. Dabei immer die Un. zuftiedenheit mit sich selbst. Auch in der Zeit von 1823 bis 1851, die als die höchste Periode seines dichterischen Leben? und Schaftens gelten kann. Gerade da, wo er in Deutschland   am meisten verhaßt und verfolgt war, entquillen seiner Feder die innigsten deutschen  Gedichte, wie sie kein anderer geschaffen hat. Neben Goethe   sei Heine   der größte Sprachbeherrscher. Leicht und ungezwungen sino seine Verse, von wunderbarer Konstruktion und doch einfach und natürlich. Seine Lieder sind aus einem Gusse; in ihrer reinen Klarheit verstehe man sie mit 12 Jahren ebensogut wie mit 79. Heine   wurde auch der Dichter des gewöhnlichen Lebens» der Groß» stadt und Industrie.  -Auch den Tod habe er unvergleichlich schön geschildert, ebenso die Schattenseiten deS Bürgertums, den Nieder- gang der Klassen. Seine sozialistischen Ideen hatten kein festes System, seine Wiedergabe derselben sei deshalb mehr literarisch zu werten. Heine war nur Künstler. Aber da, wo Heine von Liebe spricht, verschwänden alle Gegensätze, alles löse sich zur reinen Harmonie auf. hier sei er durchaus einheitlich und geschlossen. Sein Buch der Lieder werde mit Recht der Katechismus der Liebe genannt. Diese Schöpfungen seien unvergänglich, sie trügen Ewig- keitscharakter.-- Im Anschluß an den mit vielem Beifall aufgenommenen Vor« trag rezitierte Fräulein Kussel in formvollendeter Weise einige der schönsten Gedichte Heines. Herr Friedrich I o h s e l brachte neben mehreren Liedern aus dem Heine-Cyklus noch einige Opern- Arien zu Gehör. Herrn Leo KestenbergS Begleitung am Flügel, mit präziser Sicherheit durchgeführt, paßte sich allen Stimmlagen diskret und schmiegsam an und rang sich, besonders in den Liebeslicdern, zur reinsten Bollendung durch. Alles in allein verlief der Abend würdig in edlem, schönem Genüsse, und wir wünschen, daß dieses künstlerische Bestreben immer weitere Kreise der arbeitenden Jugend umfassen möge. E. U. Allgemeiner Wahlvereia Berlins   und Umgegend. Anmeldungen und Beiträge nehmen für den 4. K r e i S(O st e n) entgegen: Frau Zerrn, Elbinger Straße 2 IV. Frau Guhn, Zorn- dorfer Straße 39 III. Frau Bongartz. AndreaSstr. 44 Hl. Frau Böhm, Große Frankfurter Straße   7. Frau Wengels, Warschauer Straße 29 II. Frau Köhler, Schreinerstr. 66 II. Frau Förster, Stralauer Allee 17 HI. Bureau des Wahlvereins Stralauer Platz 12 II. Spedition Mann, Petersburger Platz 4. Im 3. KreiS: Frau Knappe, Kottbuser Ufer 69. Frau Schröder, Ritterstr. 56. Frau Marquardt. Melchiorstr. 17. Frau Elsholz, Alexanderstr. 62. Frau Torgler  , Neurnburgerstr. 18a. Versammlungen Veranstaltungen. Steglitz  . Mittwoch, den 15. Juli, 814 Uhr. bei Schellhase, Ahorn- straße 15a: Vortrag Genossin M Thiel: Stellungnahme zur Auflösung des Vereins. Versammlungen. Verband der Sattler. In der am Donnerstag abgehaltenen Versammlung der Ortsvcrwaltung Berlin   erstattete der Vorsitzende Schulze den Bericht für das zweite Quartal. Er besprach die bedeutendsten Vorgänge dieses Zeitabschnittes: die Tarifbewegung der Täschner und der Kofferarbeitcr, sowie den Konflikt der Militärsattler wegen der Spandauer   Arbeit. Der Verlauf dieser Bewegungen, die erst in jüngster Zeit zum Abschluß kamen, ist unseren Lesern bekannt. Den Kassenbericht erstattet« Weyher  . Er bemerkte, daß die Arbeitsgelegenheit im Beruf schon seit zwei Jahren im Rückgang begriffen ist, was natürlich auch auf die Mit- glicderzahl und aus die Einnahmen deS Verbandes ungünstig ein- wirkt. AuS diesem Grunde sind im zweiten Quartal etwa 1899 Beiträge weniger eingegangen als im ersten Quartal. Die Kasse der Ortsverwaltung hat 26 914 M. eingenommen und SS 334 M. ausgegeben. Die Lokalkasse hat 15 257 M. eingenommen und 7541 M. ausgegeben. Die Berliner   Verwaltung hat 4035 M. ein- genommen und 2788 M. ausgegeben. AuS der Kasse der Orts- Verwaltung wurden gezahlt: An Streikunterstützung 12 467 M., Mahregelungsunterstützung 763 M., Rciseunterstützung 113 M., Arbeitslosenunterstützung 3498 M.. Kranlenunterstützung 2137 M., Notfallunterstützung 55 M., Beerdigungsbeihilfe 265 M. Die Lokal- lasse zahlte Zuschüsse zur Streikunterstützung 2272 M.. MaßregelungS- Unterstützung 143 M.. Arbeitslosenunterstützung 2326 M.. Kranken- Unterstützung 876 M. Die Zahl der Mitglieder betrug am 1. April 2919, am 39. Juni 1945. Auf dem Arbeitsnachweis waren eingeschrieben im April 176, im Mai 157, im Juni 197. Arbeiter erhielten im April 67. ivl Rai 71. IM IM SS. S&iE RM« erjuchtk feie KÄlegeu. 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