„Märkische Bolksstimme": »Wir hätten nichts dagegen gehabt, wenn der Parteiborstand und die Redaktion des„Vorwärts" den süddeutschen Abgeordneten noch etwas derber auf die Finger geklopft hätten. Wir können uns auch schlechterdings nicht erklären, daß die süddeutschen Genossen sich nachgerade alles von den Funktionären und Abgeordneten gefallen lassen und mithelfen sollten, ein System zu etablieren, bei dem die große Masse nur noch zu wählen, sonst aber weiter nichts zu melden hat. Was wir nach dieser Richtung schon durch private Mitteilungen, zum Teil aus der badischcn Landesorganisation gehört haben, übersteigt bald das Maß des Erträglichen. Die Genossen mögen acht darauf geben, daß ihre Konsuln sich nicht mehr Rechte aneignen, als der Partei zu- träglich ist. Bei wohlwollender Duldung derartiger Uebergritse, wie sie sich die süddeutschen Abgeordneten herausnahmen und noch obendrein den Parteivorstand mit dem„Schweigegebot" zu frotzeln wagten, kann die Partei schließlich einmal auf eine schiefe Bahn ankommen, auf der es kein Halten mehr gibt. Oder will man sich etwa kritiklos die Diktatur von Ab- geordneten auf den Hals beschließen lassen? Es ist zu hoffen, daß der Nürnberger Parteitag zu dieser er- baulicben Selbstherrlichkeit der süddeutschen Landtagsdeputierten noch ein Wörtchen mitspricht." « Das sozialdemokratische Preßbureau er- hält folgende telegraphische Nachricht: Karlsnihe, 13. August. Im„Karlsruher Volks- freund" schreibt Genosse K o l b, Mitglied der badischen Land- tagsfraktion: Der„Vorwärts" hätte die Motivierung der Ab- stimmung abwarten sollen, dann hätte er der Partei den Krakeel erspart. Zu dxr württembergischen Abstimmung im vorigen Jahre hat man g e schwieg en l ist unrichtig! Red. d.„Vorw."), warum sollen gerade die Badenser an den Schandpfahl gebracht werden. Auch die Lübecker Resoluffon spricht von„dringenden, in den Verhältnissen liegenden Gründen". Diese Gründe waren hier vorhanden, darüber hatte man aber in Karlsruhe , nicht in Berlin zu entscheiden. Die Einmischung von Bertin lehnt die Laudtagsfraktiou ab. Die süddeutschen sozialdemokratischen Landesorganisationen und Landtagsfraktionen stehen nicht in einem Subordinationsvcrhältnis weder gegenüber dem„Vorwärts" noch gegenüber der Berliner Zeutralinftanz. Die badische Regierung hat die Form der Abstimmung sehr Wohl verstanden. Finanzminister Honsel! erklärte nämlich, daß er sich sehr freue, wenn die sozialdemokratische Fraktion— deren fleißige Mitarbeit er anerkenne— diesmal für das Budget stimme. Aklein die verlesene Erklärung enthalte ein ausgesprochenes Mißtrauensvotum gegen die Regierung, woraus hervorgeht, daß die Stellung der Sozialdemokratie gegenüber dem Staatswesen sich nicht geändert habe. Wenn also die Regierung in der Abstimmung nicht nur kein Vertrauen erblickt, sondern ein ausdrückliches Mißtrauensvotum, so braucht sich wahrhaftig der„Vorwärts" kein Kopfzerbrechen darüber zu machen, ob die badische Fraktion prinzipienwidrig ge- handelt hat oder nicht. An dieser Erklärung ist die mehr als demagogische (demagogisch im schlimmen Sinne verstanden I) Wendung besonders beachtenswert, die von„B e r l i n", von der „Berliner Zentralinstanz" spricht. Es muß wirklich schlecht um eine Sache stehen, die sich solch armseliger Kniffe be- dient l ••* Bayern folgt Bade«. München , IS. August. Die Abgeordnetenkammer «ahm in ihrer heutigen Sitzung einstimmig, auch mit den Stimmen der Sozialdemokraten, das Finanz- gesetz an. � � Es ist natürlich der reine Zufall, daß jetzt auch die bayerische Landtagsfraktion für das Budget gestimmt hat, trotzdem der bayerische Etat zu allem übrigen auch noch den bayrischen Militäretat enthält l Der Parteitag in Nürnberg wird ein e r n st e s W o r t sprechen müssen! poUrtfche Gcbcrlicbt Berlin , den 13. August 1903. Mngdanesisches. DaS Gericht wird demnächst eine intereffante politische Klage beschäftigen. Der Reichstagsabgeordnete Dr. Mugdan , bekannt durch seine Verdienste um die Förderung der Freisiunsethik, wollte zu Anfang dieses JahreS gerne Präses des Fortschrittlichen BereinS der Potsdamer Vorstadt werden. Da er nicht auf die dazu nötigen Stimmen rechnen konnte, nahm er zu einer kleinen lieber- rumpelung seine Zuflucht. Als im Februar der Berein seine Generalversammlung abhielt, tauchten plötzlich in dieser Ver- sammlung zirka 100 junge Leute vom Verein Waldeck und vom Jugendverein Eugen Richter als neue Mitglieder auf, für die »die Kosten bereits bezahlt waren". Diese Zuzügler brachten den bisherigen zweiten Vorsitzenden Marggraff zu Fall und„erstritten" für Herrn Dr. Mugdan den Posten des ersten Vorsitzenden. Auch Herr Dr. Wiemer errang auf dieselbe famose Art sein Vorstandsamt. Natürlich war es nicht nur die hohe Ehre, Borsitzender eines fortschrittlichen Lokalvereins zu werden, die Herrn Mugdan zu seinem mugdanesischen Streich trieb. Er verfolgt höhere, erhabenere Ziele. Er möchte sich nämlich im 5. Gemeindewahlbezirk, 2. Abteilung, wie die„Berliner Volks-Zeitung" berichtet, an Stelle des verstorbenen Stadtverordneten Pliichke als Kandidat aufstellen lassen. Herrn Mugdans Gönner und Freunde verfolgen dabei den Zweck, ihn auf dem Umwege über das Berliner Stadt- verordnetenmandat für das dereinst frei werdende LandtogSmandat im ersten Berliner Landtags- Wahlkreise den Wählern empfohlen zu halten, wo ihnen an Stelle des demokratischen jetzigen Abgeordneten Traeger ein blockfrommer Abgeordneter erwünschter erscheint. Dieser geniale Streich hat aber einem der Herren, der schon lange dem Verein angehört, nicht gepaßt, und er hat deshalb dem durch seinen neuen Vorstand vertretenen Verein eine Klage zustellen lasten, die die Ungültigkeitserklärung der in der General- Versammlung vom LS. Februar gefaßten Beschlüsse und Wahlen Verlangt. Die Klage stützt sich darauf, daß neben den großen Ordnungs- Widrigkeiten bei der Vorstandswahl selbst alle Beschlüsse und Wahlen nur durch Nichtachtung der Satzungen zustande gekommen sind. Satzungswidrig haben sich viele Herren als Mitglieder an den Ab- stimmungen beteiligt, obwohl weder, wie eS die Statuten vorschreiben, der Vorstand über ihre Aufnahme entschieden hat, noch sie. wie ebenfalls Vorbedingung für den Beitritt ist, im Westen ihren Wohnsitz haben; es ist die geheime Wahl durch Ver« teilung gelber Mugdan-Zettel zu einer öffentlichen gemacht worden usw. Insbesondere wird aber bemängelt, daß eine große Anzahl von Herren(vom„Waldcck" und Jugendverein Eugen Kiihter) nicht ihren Beitritt erklärt haben, um den Zweck des Vereins zu fördern, sondern nur mit der bestimmten Weisung, ohne Rücksicht auf den ihnen gleichgültigen Vereinszweck bestimmten Persönlich- leiten innerhalb deS Vereins zum Siege zu verhelfen; zu diesem Zweck seien sie in den Berein dirigiert, auch von Dritten die Kosten bezahlt worden. Da es nun den guten Sitten widerspreche, auf Kosten anderer eine politische Ueberzeugnng in der Form und Richtung zu betätigen, die der Geldgeber vorschreibt, Rechts- geschäfte, die gegen die guten Sitten verstoßen, aber nach§ 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches nichtig seien, so wird der Beitritt der qu. Herren als nichtig erachtet, da dieser ein Rechtsgeschäft darstellt._ Die Wirtschaftliche Vereinigung veröffentlicht den Bericht ihrer Tätigkeit in der vergangenen Tagung des Reichstages. Das dem Berichte bcigegebene Programm enthält auch die Forderilng:„SozialeFürsorge für denArbeiter- st a n d im Sinne der Botschaft Kaiser Wilhelms I. vom 17. No- vember 1381 auf der Grundlage der Gleichberechtigung aller Stände". Da nun der Bericht nichts Näheres enthält über die Art, wie die Wirtschaftliche Vereinigung die„soziale Fürsorge des Arbeiter- standeS auf der Grundlage der Gleichberechtigung aller Stände" betätigt hat, so gestatten wir uns an folgendes zu erinnern: Am 1. Februar 1908 bei der Abstimmung über den sozialdemokratischen Antrag, der die Marineverwaltung aufforderte, bei der Festsetzung der Arbeitsbedingungen eine Mit- Wirkung der Arbeiterorganisationen eintreten zu lasten, stimmten von den 16 anwesenden Mitgliedern der Fraktion 13 gegen diesen Antrag, darunter auch der Abgeordnete S ch a ck, einer der Hauptwortführer der christlichnationalen Arbeiterbewegung. Für den Antrag stimmten die Abgeordneten Stöcker, Burckhardt, Behrens. Bei der Beratung des Reichsvereinsgesetzes im April 1903 stimmte die Wirtschaftliche Vereinigung als Glied des Blocks nicht nur für den Ausschluß der Jugendlichen aus politi- scheu Vereinen und Versammlungen, sondern auch s ü r den Sprachenparagraphen, der die politische und gewerlschaftliche Tätigkeit der fremdsprachigen Arbeiter völlig lahmlegt und damit auch der gesamten Arbeiterbewegung großen Schaden zufügt. An diesem Arbeiterverrat beteiligten sich auch die der Wirtschaftlichen Ver- einigung angehörenden christlichsozialen Abgeordneten S t ö ck e r und Burckhardt, während der Dritte im christlichsozialen Bunde, der Abgeordnete Behrens, jenes Schauspiel ausführte, das ihn, den Führer der christlichnationalen Arbeiterbewegung und Generalsekretär des christlichen Bergarbeiterverbandes, der Eni- rüstung selbst seiner ultramontanen Freunde aussetzte, indem er in der zweiten Lesung für, in der dritten Lesung gegen den Sprachenparagraphen stimmte, bei der Gesamtabstimmung sich aber des Votums enthielt. Das wären also die Leistungen der Wirtschaftlichen Vereinigung, dieses traurigen Gemisches von antisemitisch-agrarisch-zünftlerischen Interessen, auf dem Gebiete der Arbeiterpolitik. Der Bericht der Fraktion glaubt konstatieren zu können, daß das politische Ansehen der Wirtschaftlichen Vereinigung sich immer mehr befestigt und ge- hoben habe und das sei in erster Linie ihrem ebenso entschiedenen wie sachdienlichen Auftreten in den ReichStagSdebatten zuzuschreiben. Die Festigung und Hebung des Ansehen? der Wirtschaftlichen Vereinigung kann sich wohl nur bei den reaktionären Blockbrüdern bemerkbar machen. Die Arbeiter werden wissen, was sie von dieser Sorte»Volksvertreter" zu erwarten haben.— Kriegsminister v. Einem amtsmüde. Die„B. Z. am Mittag' schreibt: „Wie wir aus bestunterrichteter Quelle erfahren, sind die Tage des KriegSministerS gezählt. Herr v. Einem fühlt sich der kommenden Reichstagökampagne gesundheitlich nicht mehr gewachsen. Der Kriegsminister soll nach einer Demission das 10. Armeekorps erhalten, dessen gegenwärtiger Kommandeur, Generaladjutant v. Löwenfeld, mit dem Kommando des Gardekorps betraut werden soll. General v. Kessel, der gegenwärtige Kommandeur des Garde- korps, dürfte nach den Manövern abgehen. Auch über die Person v. Einems Nachfolger! find bereits Dis- Positionen getroffen. Nach unseren zuverlässigen Informationen kommt für den Posten des KriegSministerS in erster Reihe der Divisionär, Generalleutenant Gallwitz, Kommandeur der 15. Division in Köln in Betracht. Lediglich der Umstand, daß Generalleuwant Gallwitz nicht von Adel ist, läßt noch Zweifel an seiner end- gültigen Berufung aufkommen. Es wäre der erste bürgerliche KriegSmini st er in Preußen. Kriegsminister v. Einem wird, wie wir weiter erfahren, bei seinem Abgang durch die Verleihung des Schwarzen Adlerordens ausgezeichnet werden... Wir zweifeln nicht daran, daß eine? oder das andere der hiesigen Blätter glauben wird, diese sensationelle Nachricht dementieren zu müssen. Die Nachricht ist nichtsdestoweniger buchstäblich wahr, und zurzeitj besteht die Absicht, die bevorstehenden Revirements im Sennelager zu publizieren." Die Meldungen über den Nachfolger sind mit Vorsicht auf- zunehmen, mehr Chancen wie Gallwitz dürfte der im Kriegs- Ministerium tätige Generalleutnant v. Arnim haben, der v. Einem schon während eines Teils der letzten Neichstagssession vertrat.— Die bürgerliche Presse und der Stettiner Nieterstreik. Zu diesem Kapitel bemerkten wir gestern, daß mit einziger Ausnahme der„Frankfurter Ztg." kein einziges„entschieden libe- raleS" Blatt gegen den Gewaltstrcich der Unternehmer protestiert hat, obgleich sich darunter nicht wenige befinden, die von sich be- haupten, daß sie„auch" Arbeiterintereffen vertreten. Die Sache ist aber sogar noch schlimmer. Weit entfernt, gegen den Terrorismus zu protestieren, den die Metallkapitalisten gegen völlig unbeteiligte Arbeiter auszuführen im Begriff stehen, ist vielmehr die„entschieden liberale" Presse schnell bei de» der Hand, ihn ausdrücklich zu billigen. Und zwar mit der Begründung, daß es Pflicht der be« teiligten Gewerkschaften gewesen wäre, für die Lieferung von Streikbrechern zu sorgen l Schon am Montag abend schrieb das „Berliner Tageblatt", das bekanntlich zum»entschieden- sten" Flügel des dentschcn Liberalismus gehört: „Die Organisationen der Metallarbeiter und der übrigen be- teiligten Verbände haben leider de» auf sie gesetzten Erwartungen nicht entsprochen. Sie haben zwar offen erklärt, daß die Nieter Forderungen aufgestellt hätten, die über das hinausgingen, was die Ursache der Aussperrung war; sie haben weiter deutlich aus- gesprochen, daß die Nieter aus der Aussperrung einen Angriffsstreik gemacht hätten; sie haben endlich den streikenden Nietern die Unterstützung entzogen und den Angriffsstreik als für die Organiintioncn nicht bestehend bezeichnet. Dieses Berhaltcn ist äußerlich durchaus korrekt. Worauf es indeffen ankommt, das ist die Notwendigkeit, die streikenden Nieter zur Rückkehr zur Arbeit zu veranlassen oder für einen Ersatz an Stelle der Streikenden zu sorgen. In dieser Richtung aber konnten oder wollten die beteiligten Organisationen nichts tun; so ist eS begreiflich, daß sich die Organisation der Arbeitgeber nicht mit platonischen Erklärungen begnügte, sondern ihrerseits durch eine allgemewe Aussperrung der Arveiter Gegenmaßregeln ergriff." Derselbe Gedanke stand ungefähr zur gleichen Zeit in der„Post" zu lesen, wo er in die Worte gekleidet war: „Wenn die Arbeiter es ehrlich mit ihrem Protest gegen die Nieter meinten, hätten sie mit Leichtigkeit aus ihren Reihen selb st Ersatzmänner für die Nieter stellen können. da sehr zahlreiche Personen unter ihnen die Nieterarbeit verständen oder doch leicht erlernten." In dem Scharfmacherorgan konnte natürlich selbst eine derartig freche Zumutung an die Gewerkschaften nicht auffallen. Sehr bemerkenswert dagegen ist es. daß auch das„Berliner Tageblatt", d. h. der radikalste Flügel des Liberalismus in dieser reinen Arbeiter- frage mit der„Post" an einem Strange zieht und offenbar gar keine Empfindung dafür hat, welch ausgesucht schwere, entehrende Beleidigung es den organisierten Arbeitern damit zufügt, wenn eS von ihnen Streikbrecherdienste verlangt. Das zeigt wieder einmal das umere Wesen des Liberalismus in aller Deutlichkeit.— Freisinn und Elektrizitätsstcner. Der Freisinn versichert, gegen die Lichtsteuer stimmen zu Mollen. Am Schlüsse eines Leitartikels in der„Freisinnigen Zeitung" wird ausgeführt: „Wohin man also sieht, überall schafft eine Steuer auf Gas und Elektrizität schimime Schäden, die sich nicht reparieren layen. Mit allen, Nachdruck wird man also darauf zu dringen hcrb-rn. daß der Bundesrat nicht erst eine solche Belastung gut heißt, nnd daß— wenn dies fehlschlägt— der Reichstag sofort und unzwei« deutig seine ablehnende Haltung dokumentiert." Wie lange der Freisinn wohl diese Pose beibehält?— Eine für die Presse wichtige Entscheidung fällte das Breslauer Schöffengericht. Der verantwortliche Redakteur unseres dortigen Parteiblattes, Genosse Wolff, war wegen einer angeblichen Ueber« tretung des PreßgesetzeS angeklagt, weil er einer Berichtigung keine Aufnahme gewährt hatte. Die Sache selbst interessiert hier nicht weiter. Die Verhandlung endete mit einer Freisprechung, indem das Gericht sich auf den Standpunkt stellte, daß die Berichtigung den Bestimmungen deS Preßgesetzes nicht entspreche. Sie stammte nämlich von einer Firma mit zwei Inhabern und war nur von einem der- selben nach Art der Geschäftspapiere mit„Freund u. Kuttner' unter« zeichnet worden. Der Amtsanwalt hatte deshalb selbst die Frei- sprechung des Angeklagten beantragt und hatte ausgeführt, im Preß« gesetz herrsche ein strenger Formalismus»ind zwar ein Formalismus zuungunsten des Redakteurs. Da müsse der gleiche Formalismus eventuell auch zugunsten des Redakteurs verlangt werden. Beide Inhaber der Firma hätten die Berichtigung persönlich unterzeichnen müssen.— franhmcb. Die starke Faust zu Besanron. Paris , 13. August. In B e s a n c o n erneuerten sich gestern die Streikunruhen. Ein Polizist, der Arbeitswillige be- gleitete, wurde durch Steinwürfe verletzt. Der Attentäter wurde verhaftet. Wegen Vergehens gegen die Arbeitsfreiheit wurden drei Verhaftungen vorgenommen. Paris , 13. August. Wie aus Besancon berichtet wird, ist die Agitatorin Petit, die gelegentlich des AusstandeS der Seidenarbciter zu Propagandazwecken dort eingetroffen war, in der Arbeitsbörse verhaftet worden. Meuternde Soldaten. Gap, 13. August. Beim 217. Reservisten-Regiment Versuchten einige Leute zu meutern. Durch energisches Eingreifen der Vorgesetzten wurde die Meuterei jedoch im Keime erstickt; die Rädelsführer wurden verhaftet. Italien . Die Gegenenqnete der Syndikalisten von Parma . Rom , den 11. August.(Eig. Ber.) Auf die Enguete, die die Sozialisten über die Streiklage von Parma ausgeführt hatten und deren Ergebnisse von uns wiedergegeben wurden, haben die Syndikalisten mit einer Gegenenquete geantwortet. Diese Enquete erstreckt sich über 77 Ortschaften und gibt die folgenden Resultate: Am 1. Mai traten in den Ausstand 7693 Tagelöhner, 8343 Frauen und 6461 Arbeiter im Jahresvertrag. Hierzu sind etwa 3000 jugendliche Arbeiter zu zählen, die, weil unter 17 Jahre alt, noch keiner Organisation an» gehören, so daß die Gesamtheit der Streikenden 25 487 beträgt. Von den Tagelöhnern haben inzwischen als Teilpächter Arbeit ge- funden 431, nach Durchsetzung der Forderungen die Arbeit wieder aufgenommen 244, ausgewandert find 1309, abgefallen 756, im Streik verblieben 4952. Von den 8343 Frauen haben ihre Forderungen durchgesetzt 353, ausgewandert sind 190, abgefallen 1413, im Streik stehen weiter 6287. Von den 6461 Arbeitern im Jahresvertrag schließlich haben sich 560 mit den Besitzern akkordiert, 536 sind ausgewandert, 2700 sind abgefallen, 2709 streiken weiter. Unter zuzüglich der nicht organisierten Minderjährigen kommt man somit auf 17 453 Arbeiter, die nach den Syndikalisten noch heute im Streik ständen. Wir haben keine objektiven Elemente an der Hand, um zwischen den Angaben der sozialistischen und denen der syndikalistischen Enquete zu entscheiden. Uns scheint, daß die Sozialisten keinerlei Interesse hatten, die Zahl der Streikenden zu verkleinern, während die Syndikalisten offenbar dabei interessiert sind, die Streikbewegung als stärker hinzustellen, als sie wirklich ist. Im übrigen ist die Zahl der Abgefallenen nach der syndikalistischen Erhebung größer als nach der der Sozialisten, sie beträgt nach der ersten 19, nach der zweiten 11 Prozent. Ob nun auch 8900. wie die sozialistische Enquete angibt, oder 17 453 im Streck verharren, ficher bleibt, daß diese Fortdauer deS Streiks auf die Grundbesitzer keine Presfion mehr ausübt, also das hauptsächlich wirtschaftliche Merkmal des Streiks verloren hat.— Kußland. Erneut verhaftet. Ueber Frankfurt am Main wird unS mitgeteilt, daß Frau L e v i n e aus Minsk meldet, ihr Sohn. Korrespondent der Frankfurter „Volksstimme", sei am Tage seiner Freilassung wiederum berhafiei worden. OHtd. Eine russisch-französische Drohung? Ein Telegramm der„Kölnischen Zeitung " auS Konstan» tinopel vom 13. August meldet: Eine Bekanntmachung des ottomanischen Komitees erklärt, Rußland und Frankreich hätten mit Eingreifen gedroht, falls die Re» gierung die Bewegung nicht unterdrücken könne. Das Komitee weist diese Absicht als unerhört zurück, da das türkische Volk für Freiheit, Fortschritt und Menschlichkeit arbeite. Die Völker Europas dürften nicht dulden, daß abermals wie in Persien ein russi- scher Offizier die Freiheit im Blut ersticke. Die Fremden seien in der Türkei vollkommen sicher; nur ein fremdes Eingreifen könne ihnen gefährlich werden. Die Bekanntmachung hat hier sehr über» rascht, da man nichts von der Absicht eines Eingreifens wußte. Die Nachricht klingt so absonderlich und widerspricht so sehr allen früheren Meldungen über die Haltung der beiden genannte»? Staaten, daß eS geraten ist, abzuwarten, ob sie sich bestätigt.— Von der Bewegung. Konstantinopel . 13. August. Das mazedonischeKomitee richtete an da? jungtürkische Komitee eine Denkschrift,
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