Einzelbild herunterladen
 
17.197. 23. Iahrgavg. 3. KcilU des.Fmörls" Kerlim AlksdlM. ZMtllg. 23. Aupst 1908. parte!- Hngelegenbeiten« SchSneberg. Am Dienstag, den 25. dieses Monats, abends BV) Uhr, findet in den Neuen Rathaussälen, Meininger Straße 8, die Wahlvereinsversammlung statt. Die Tagesordnung lautet: Der Alkohol und seine Bedeutung für dieSo. zialdemokratie." Referent: Genosse Katzenstein. 2. Ver> einöangelegenheiten. 3. Verschiedenes. Rixdorf. Die Mitglieder des Wahlvereins werden darauf auf merlsam gemacht, daß am Mittwoch, den 26. August, abends 8'/z Uhr, in Hoppes Festsälen. Hermannstr. 49, eine Versammlung stattfindet. Dre Tagesordnung lautet: 1. Vortrag des Schriftstellers Genossen Heinrich Schulz über:Weiterbildung in Theorie und Praxis". 2. Diskussion. 3. Wahl eines Bildungsausschusses. 4. Verschiedenes. Bei der außerordentlichen Wichtigkeit dieses Themas, die Arbeiterschaft über Bildung und Kunst aufzuklären, sollte es niemand versäumen, in diese Versammlung zu kommen und für guten Besuch zu agitierm. Der Vorstand. Nieder-SchSnhausen. Am Dienstag, den 25. August, abends 8Mi Uhr, findet in»Neu Karlshof" die Mitgliederversammlung des Wahlvereins statt. Tagesordnung: 1. Warum müffen sich die Frauen organisieren? Referentin: Frau Jeetze-Rixdorf. 2. Dis- kussion. 3. Ersatzwahlen. 4. Bericht von der Kreisgeneralversamm- lung. 5. Verschiedenes. Die Sommerfestbilletts müssen in dieser Versammlung abgerechnet werden. Steglib-Groß-Lichterfelde. Das Volksfcstkomitee ersucht alle in Frage kommenden Genossen die ausstehenden Billetts so schnell als möglich beim Genossen Höhn, Steglitz  , eventuell bei Wiemann, Lichterfelde  , abzurechnen. Schmargendorf  . Am Dienstag, den 25. August, abends 8s4 Uhr, findet imCafe Pein", Hubertusbaderstraße 8(Grunewald  ), eine Volksversammlung statt, in der Genosse Stürmer über ,Me Frau im heutigen Klassenkampf" sprechen wird. Friedrichshagen  . Die fällige Wahlvereinsversammlung am Mittwoch, den 26. August fällt aus. Dafür findet am gleichen Tage eine Versammlung in Lerches Bürgersälen(Rundteils statt mit einem Lichtbildervortrag von Direktor Dr. Archen- hold von der Treptower Sternwarte, mit dem Thema:Eine Wanderung durch unsere Sternenwelt." Billetts ä 30 Pf. sind in den Bezirkslokalen und im obigen Lokal zu haben. Marienfelde  -Lichtenrade  . Am Dienstag, den 25. d. M., abends 8 Uhr, findet im Lokale des Herrn Deter die Fortsetzung der Volksversammlung vom 13. statt. Lankwitz  . Den Mitgliedern zur Nachricht, daß am Mittwoch, den 26. dieses Monats, abends 8 Uhr, im LokalEbel", Marien- selber Straße 9 eine außerordentliche Generalversammlung des hiesigen Wahlvereins stattfindet. Tagesordnung: I. Vortrag überFrauenfrage". 2. Bericht von der Kreis-Generalversamm- lung und Groß* Berlin  . 3. Ergänzungswahl des Vorstandes und Wohl einer weiblichen Beisitzerin zum Vorstand. 4. Vereins- angelegenheiten und Verschiedenes. Wir bitten, pünktlich um 8 Uhr zu erscheinen, damit sich die zu erledigenden Geschäfte nicht zu spät ausdehnen. Mitgliedsbücher sind mitzubringen. Nach Schluß der Generalversammlung Aufnahme neuer Mitglieder. Wir bitten besonders, daß die Frauen und Mädchen am Ort hiervon regen Gebrauch machen! Der Vorstand. Eichwalde   und Umgegend. Di« Genossen werden auf die am 26. August, abends 8� Uhr, bei Lindemann in Zeuthen   statt- findende Generalversammlung aufmerksam gemacht. Tages. ordnung: 1. Vortrag. Referent wird in der Versammlung be- kanntgegeben. 2. Bericht von der Kreis-Generalversammlung. 3. Vereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes. Königswusterhausen und Umgegend. Die Parteigenossen und Genossinnen aller Bezirke und der umliegenden Wahlvereine werden hierdurch nochmals auf das heute nachmittag 3 Uhr im Lokale des Herrn Wedhorn, Altes Schützenhaus, stattfindende Volksfest des Wahlvereins aufmerksam gemacht. Das Komitee hat alles aufgeboten, um den Parteigenossen mit ihren Frauen, Kindern und anderen Angehörigen ein paar genußreiche Stunden zu bieten. Der Vertreter des Kreises, Reichstagsabgeordneter Ge- nosse Zubeil, hat die Festrede übernommen. Friedenau  . Die Mitgliederversammlung deS Wahlvereins findet am Dienstag, den 25. August, abends 8 Uhr, im»Rheinschloß", Rheinstr. 60 statt._ Berliner   JVacbricbten, Die Heimstätten der Stadt Berlin  zeigen in diesem Jahre Frequenzverhältnisse, die man als ganz ungewöhnlich bezeichnen muß. Das gilt zum mindesten von den Heimstätten für lungenkranke Männer (Gütergotz und Buch). In den übrigen Heimstätten, die für lungenkranke Frauen(Blankenfelde   und Malchow  ) sowie für genesende Männer(Heincrsdorf) und für genesende Frauen (Blankenburg  ) bestimmt sind, ist gegenüber dem Vorjahr keine nennenswerte Aenderung eingetreten. DasGewöhnliche" war bei den Heimstätten bisher, daß sie in den Sommer» monaten andauernd voll besetzt waren, und daß zahl- reiche vorgemeldete Personen Wo chen und Monate hindurch auf Aufnahme warten mußten. So ist'S bei den Heimstätten Blankenfelde   nebst Malchow   sowie Heinersdorf  und Blankenburg   auch in diesem Jahre wieder: beispielsweise waren am 13. August für Blankenburg   152 genesende Frauen vor- gemeldet, deren letzte sich auf eine Wartezeit von 42 Tagen gefaßt zu machen hat, für HeinerSdorf 138 genesende Männer vor. gemeldet, deren letzter eine Wartezeit von sogar 50 Tagen über sich ergehen lassen muß, für Blankenfelde   und Malchow   zusammen 124 lungenkranke Frauen vorgemeldet, deren letzte mit einer voraussichtlichen Wartezeit von 32 Tagen rechnen darf. Mindestens ebenso lang sind natürlich die Wartezeiten für diejenigen Personen, die sich nach dem 13. August gemeldet haben. Dagegen waren an demselben Tage die Heimstätten Gütergotz und Buch für lungenkranke Männer nicht mal voll belegt, und infolgedessen stand auf der Liste der Vorgemeldeten keine einziße Person. Ganz ähnlich sind die Frequenz- Verhältnisse von Gütergotz und Buch schon diesen ganzen Sommer hindurch gewesen, während hier noch im vorigen Sommer zahl- reiche vorgemeldete Personen wochenlang hatten warten müssen. Die Folge davon ist, daß diesmal im Juli, der alljährlich als der Monat stärksten Andranges hervortrat, in Gütergotz   und Buch im täglichen Durchschnitt nur 90 und 140 Betten belegt waren, während im Juli vorigen JahreS im täglichen Durchschnitt noch 96 und 149 Betten belegt gewesen waren. Beide Heimstätten zusammen haben im Juli diesmal nur 7137 Verpflegungstage geleistet, gegen- über 7632 Verpflegungstage deS vorjährigen Juli. Dagegen ist für die übrigen Heimstätten die Zahl der im Juli geleisteten Ver- pflegungstage in beiden Jahren fast genau dieselbe gewesen, in 1908(bezw. in 1907) für Blankenfelde   und Malchow   zusammen 5614(5606), für Heinersdorf   2203(2213), für Blankenburg   2153 (2154). Wie soll man bei Gütergotz   und Buch den Rück- gang erklären? Wird dort jetzt jeder Aufnahmesuchende strenger als sonst daraufhin geprüft, ob seine Aufnahme nötig ist? Oder ist jetzt das Bedürfnis, in eine Heimstätte für Lungenkranke aufgenommen zu werden, geringer geworden? Schwerlich wird die Verbreitung der Lungenkrankheiten plötzlidj um soviel nach­gelassen haben. Wohl aber ist es möglich, daß die in diesem Jahre eingetretene Minderung der männlichen Mitglieder der Krankenkassen Berlins  , die eine Folge des Be- schäftigungsmangels und der dadurch bedingten Min- derung der Zuzüge von Arbeitern ist, auch auf die Frequenz der Heimstätten für lungenkranke Männer eingewirkt hat. Vielleicht spricht auch der Umstand mit, daß Krankenkassen in solchen kritischen Zeiten weniger bereitwillig die Ucberweisung an Heimstätten usw. zu gewähren Pflegen._ Gefährliche Auskunftbureaus. AIS   nach amerikanischem Muster auch in Deutschland   und speziell in Berlin   die ersten sogenannten Auskunfteien gegründet wurden, geschah das auf rein kaufmännischer Grundlage. Man kann zu- gestehen, daß angesichts des gewaltigen Umfanges des modernen Kreditwesens zur Einrichtung solcher Auskunftbureaus eine gewisse Notwendigkeit vorlag. Soll der Kaufmann   erhebliche Waren- bestände ohne sofortige Barzahlung weggeben, so muß er wenigstens einigermaßen wissen, mit wem er es zu tun hat. Im großen und ganzen haben sich denn auch diese Auskunstsinstitute, von denen manche zu hoher Blüte gelangt sind, bewährt. Daneben sind nun aber in den letzten Jahren mancherlei kleinere Institute aufgetaucht, die zwar auch unter der stolzen FlaggeAuskiinstsbureau" segeln, jedoch sich nicht ledig- lich mit rein kaufmännischen Auskünften befassen, sondern einfach jeden Spionagedienst übernehmen, für den sie im voraus gut be- zahlt werden. Die großen bewährten Auskunftsbureaus stehen unter außerordentlich geschulter Leitung und verfügen über ein mit großer Sorgfalt gesammeltes kaufmännisches Material. Ihr Beamtenstab hat die strengste Weisung, mit größter Diskretion zu recherchieren, und ebenso werden die Auskünfte, die im wesentlichen meist das Richtige treffen sollen, streng diskret erteilt. Dagegen nähern sich die anderen, zweifelhasten Auskunstsinstitute schon mehr dem Charakter der Detektivinstitute, ohne indes im mindesten den einfachsten Befähigungsgrad derselben zu besitzen. Heutzutage kann jeder, der nicht gerade wegen eines gemeinen Verbrechens im Zuchthause gesessen hat. fast mittellos ein Auskunftsbureau errichten. Er mietet ein paar Stuben oder auch bloß eine einzige, stellt ge- pumpte Bureaumöbel hinein, beschafft das nötige Betriebskapital von willig hergegebenen Kautionen solcher Leute, die ja trotz aller War- nungen nicht alle werden, und nun kann der Schwindel losgehen. Zunächst werden tatsächlich tausende hochtrabender Offerten verschickt. Ein Teil der Kautionen, die natürlich nicht sicher hinterlegt werden, wird zu Zeitungsinseraten verwendet. Bald laufen, da das neue Institut mit auffallender Billigkeit arbeitet, die ersten Auf- träge ein. Soweit wäre, von dem ja stets mit größtem Mißtrauen aufzunehmenden Trick, die Kautionen mittels eines dunkel ver- klailsulierten Vertrages als.Geschäftseinlage" anzusehen, alles in Ordnung. Allein wie wird nun recherchiert! Der Geschäftsinhaber nimmt dazu einfach die Leute, die er als Kautionssteller engagiert hat. Diese haben selbstverständlich vom Wesen deS Geschäfts keine blasse Ahnung. Man überläßt es ihrem Geschick oder richtiger ihrem Ungeschick, an der bezeichneten Stelle zu spionieren. Und so kommen Ermittelungen zustande, die nicht im geringsten der Wahrheit entsprechen oder doch weit übers Ziel hinausschießen. Der Agent läuft einfach zum Hauswirt, zum Nachbar, zum Kon« kurrenten, vielleicht gar zum Budiker, und was er da erfährt, gilt dem Geschäftsinhaber für alle Zeiten als Evangelium. Irgendein Neidhammel braucht bloß ein ungünstiges Wort zu sagen, und sofort ist die Auskunft fertig. Alle diese ftagwürdigen Institute sind geeicht auf den Trick, viel öfter Ungünstiges als Günstiges zusammenzutragen. Damit decken sie sich stets den Rücken und befriedigen vor allem ihre Auftraggeber, die natürlich froh sind, die geschäftliche oder sonstige Verbindung nicht erst angefangen zu haben. In unserer modernen Welt ist aber Ungünstiges leichter zu erfahren als Günstiges. Leute, die durchaus vertrauenswürdig sind, werden von irgend einem Schuft alsfaul" bezeichnet und wundern sich nun, daß sie im Geschäft trotz aller ehrlichen Mühe nicht auf einen grünen Zweig kommen. In dieser Gewissenlosigkeit, in der überaus leichtfertigen Recherche, vorausgesetzt, daß sie überhaupt vorgenommen wird, liegtdieHauptgefahrderartigerWinkelburcauS. Die Gefahr, den guten Ruf zu verlieren, wird noch größer dadurch, daß diese Institute mit Vorliebe sich vom gewöhnlichsten Klatsch nähren. Ueber Hinz und Kunz ziehen sie Auskünfte ein, also auch über Personen, die gar kein kaufmännisches Geschäft haben. Junge Mädchen lassen den Verhältnissen ihrer Zukünftigen, Kaufleute den Stellenbewerbern, Hauswirte den Mietslustigen nachspüren. Ja, es sind dem Schreiber dieser Zeilen Fälle bekannt, in denen einfachen Arbeitern gesagt worden ist:»Ich will mich erst mal näher erkundigen, weS Geistes Kind Sie sind!" Es ist dann so unendlich leicht möglich, daß der Agent ausgerechnet an die unrichtige Stelle gerät und etwas erfährt, was erstunken und erlogen, aber nun für den, den es in erster Linie angeht, von peinlichster, vielleicht vernichtender Wirkung ist. Und so etwas muß man sich, da eS verhältnismäßig selten ans Tageslicht kommt, gefallen lassen! Es fehlt gänzlich an der Handhabe, gegen dieses Hineinriechen in die eigensten, oft intimsten Privatverhältnisse mit dem nötigen Nachdruck vorzugehen. Gelingt es nicht rechtzeitig, hinter die Schliche zu kommen und den Spionen energisch auf die Hühneraugen zu treten, so ist man verraten und verkauft. Abhilfe ist zunächst nur darin zu erblicken, daß das Publikum sich daran gewöhnt, nicht dem ersten besten hergelaufenen Menschen über andere Menschen etwas zu sagen, das sich nicht verantworten läßt, oder noch besser ihnen überhaupt nicht ohne weiteres Rede zu stehen. Kann eine falsche Auskunft nachgewiesen werden, so soll man mit aller Schärfe und Rücksichtslosigkeit feine Rechte wahrnehmen. Es wird bei uns nachgerade schon behördlicherseits so gründlich spioniert. daß wir Privatspione nicht nötig haben. Die Ueberfüllung der städtischen Irrenanstalten  . Die Stadt Berlin   besitzt jetzt, nachdem am 1. Mai 1906 Buch eröffnet worden ist. drei große Irrenanstalten, die zusammen über 4000 Patienten aufnehmen können. Trotzdem tritt zeitweise noch immer eine in verschiedener Hinsicht sehr peinliche und die Ver- waltung erschwerende Ueberfüllung ein. An sich ist das nicht so sehr verwunderlich, da ja sonst nicht der erst vor zwei Jahren in Benutzung genommenen Anstalt Buch schon wieder der Bau einer weiteren, genau so großen Irrenanstalt ebendaselbst folgen würde. Weil angesichts der rapide steigenden Bevölkerungsziffer und der durch das moderne soziale Leben bedingten Zunahme von Geistes- krankheiten eine Notwendigkeit zum Bau weiterer Irrenanstalten  tatsächlich vorhanden ist, hat ja auch die sozialdemokratische Fraktion der Stadtverordneten-Versammlung stets für diese Baupläne ge- stimmt. Etwas auffällig ist es aber, daß die Ueberfüllung regcl- mäßig mit Beginn der kälteren Jahreszeit eintritt. Das muß also an anderer Ursache liegen. Als die Anstalt Buch erst noch auf dem Papier stand, führte man zugunsten ihres Baues mit in erster Linie das berüchtigte Quetschenunwesen an. Man gab die von zahlreichen Seiten laut gewordenen Mißstände in diesen rings um Berlin   zerstreuten, etwa dreißig Privatanstalten, die von der Gunst der städtischen Ver- waltung und der städtischen Irrenärzte leben, wenigstens teilweise zu und erklärte, daß die neue Anstalt Buch hauptsächlich zur Ent- lastung djeser Quetschen dienen fMe. Tatsächlich wurden nach, Buch zahlreiche Ouetschenpatienten übergeführt. Aber andere Patienten kamen nach wie vor wieder nach den Quetschen hin. So stehen wir augenblicklich bor dem merkwürdigen Bilde, daß die drei städtischen Irrenanstalten   voll sind, aber auch die Quetschen an lebendigem Material zum Reichwerden wenig oder nichts ein- gebüßt haben. Das heißt, es ist nur eine persönliche, aber keine allzu große zahlenmäßige Verschiebung nach unten eingetreten, und somit haben diejenigen recht behalten, welche von vornherein meinten, daß die Jrrenhausquetschen allenfalls vorübergehend in- folge der Eröffnung der Anstalt in Buch ein paar hundert Betten leer stehen haben, aber bald wieder das alte lukrative Geschäft mit der Stadt Berlin   machen werden. Der hauptsächlichste Rück- gang der allgemeinen Quetschenziffer ist nämlich darauf zurück- zuführen, daß ein paar große derartige Privatanstalten aus Gründen, die in rein persönlichen Verhältnissen der Inhaber liegen, eingegangen sind. Nach weiteren fünf bis sechs Jahren werden sich also in den Quetschen so viele Patienten angesammelt haben, daß auch mit der etwa für diesen Zeitpunkt zu erwartenden Eröffnung der vierten städtischen Irrenanstalt der alte Mißstand nicht behoben ist. Die Hälfte der Quetschenpatienten wird nach Buch Nr. 2 ver- legt. Die andere Hälfte bleibt in den Quetschen. Viele Hundertc von Geisteskranken kommen zur Neuaufnahme, und so befinden wir uns alsdann glücklich wieder im alten Fahrwasser. Vor der Eröffnung der Anstalt Buch war die Anstalt Herzberge stets überfüllt. Zeitweilig beherbergte sie über den Etat mehr als hundert Patienten, die zum Teil aus dem Fußboden ohne Bettstellen schlafen mußten, in den Isolierzellen und auf den Korridoren! Kaum aber war Buch belegt, so hatte Herz- berge mit einem Male mehr Betten frei, als überhaupt Patienten nach Buch abgegeben waren. Man hatte eben zahlreiche Patienten, die bisher zahlenmäßig die Ueberfüllung bewiesen, kurzerhand in die frische Freiheitsluft befördert. Genau dieselbe auffällige Er- scheinung war neuerlich zu beobachten, ehe der Voranschlag für die zweite Anstalt in Buch zur Genehmigung stand. Wie von sozial- demokratischer Seite noch in diesem Jahre in der Stadtverordneten- Versammlung ausgeführt wurde, war Herzberge wieder mal derart überfüllt, daß nicht für alle Patienten genügend Bettstellen zur Verfügung waren. Da muß man doch stutzig werden! Namentlich in Herzberge ist dieses Füllexperiment nicht schwer. Hier langen täglich oft mehr als ein DutzendSelbststeller" an, das heißt fast durchweg Alkoholiker, die schon mal in der Anstalt waren und aus irgendeinem Grunde, der gewöhnlich mehr auf der wirtschaftlichen Lebensseite als in gesundheitlichen Beschwerden zu suchen ist, Auf- nähme begehren. Man braucht diese Selbststeller bloß nicht zu entlassen, sobald sie entlassen sein wollen, dann ist die Anstalt in wenigen Wochen voll bis zum Bettstellenmangel. Ferner besteht für jeden Wissenden nicht mehr der geringste Zweifel daran, daß gerade die Berliner   Irrenanstalten alljährlich Hunderte von Patienten aufnehmen, die nach einer Irrenanstalt absolut nicht hingehören, und daß sie andererseits Patienten festhalten oder Faulenzer züchten, die sehr wohl für die Freiheit und für die nutz- bringende Arbeit reif sind. In Dalldorf   findet man ganz andere Krankentypen als in Herzberge und Buch. Dalldorf   ist noch so ziemlich ausgesprochene Irrenanstalt mit sachgemäßer psychiatrischer Behandlung. Herzberge wächst sich von Jahr zu Jahr mehr zum Trinkerasyl aus. zur Versorgungsanstalt für wirtschaftlich Schiff- brüchige und für polizeiliche Säuglinge, welch letztere man nicht gut ins Strafgefängnis stecken kann und daher mit Vergnügen als Lästigmacher" zeitweise oder für immer im Verrücktenhause ver- schwinden läßt. Nicht zu vergessen die sogenannten geisteskranken Verbrecher, diese Sorgenkinder deS modernen Jrrenhauswesens. Und Buch ist so ungefähr ein Mittelding zwischen beiden Anstalts- spielarten.... Man will sich also in Zukunft, auch wenn nach wie vor dt« Be. dürfnisfrage für weitere Irrenanstalten zu bejahen sein sollte. nickst allzusehr von Zahlen beeinflussen lassen. Es scheint denn doch, als ob da draußen mit dem verfügbaren Platz oft sehr wenig rationell gewirtschaftet wird. Sondert man mit energischem Wollen mal gründlich die zu Unrecht lange festgehaltenen Unglücklichen und vor allem die Jrrenhausschmarotzer aus, so wird von Ueber- füllung so leicht keine Rede sein können. Verlegung von Ttraßenbalmlinien. Die Straßenbahn ist ge- nötigt, die Verlegung verschiedener Linien länger aufrecht zu erhalten, als borgesehen war. Die Stadt Berlin   führt Kanali- sationsarbeiten in der Jüdenstraße aus. Diese Arbeiten und der Einbau der Gleise sollten bis zum 20. August beendet sein. Es wird dies aber erst in etwa 8 Tagen geschehen. Infolgedessen muß die seinerzeit von uns mitgeteilte Verlegung von Straßenbahn- linien aus der Jüdenstraße noch solange bestehen bleiben. Es sind dies die Linien 53 und 65 Zentralviehhof Rixdorf, 66 Lichtenberg Wilmersdorf und 67 Zentralviehhof Wilmersdorf. Diese Linien gehen noch so lange nicht nach dem Fahrplan durch die Stralauer, Juden- und König-Straße, sondern durch die Spandauer  und König-Straße. Wofür Berlin   kein Geld hat. In der nächsten Woche tagt in Jena   der Verbandstag deutscher   Gelverbegerichte, zu welchem auch viele deutsche   Städte Vertreter, bestehend aus Vorsitzenden des Ge« richts, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeisitzer, entsenden, unter anderen beinahe alle Gewerbegerichte der Vororte Berlins  . Nur Berlin   hat dafür kein Geld, denn der Oberbürgermeister hat eine Delegation der Arbeiter und Handlungsgehilfen auf Kosten der Stadt abgelehnt. Nicht einmal eine Begründung für die Ablehnung hat er für erforderlich gehalten. Es find ja bloß Arbeiter und Handlungsgehilfen. Wenn es sich lim andere Dinge handelt, da ist Geld in Hülle und Fülle da, so bei Einholungsfestlichkeiten usw. Während zum Städtetage zwölf Stadt- räte und zwölf Stadtverordnete auf Kosten der Stadt entsandt wurden, wird hier, wo eS sich um die für Arbeiter wichtige Recht- sprechung handelt, in ganz unverständlicher Weise geknausert. Hoffentlich werden unsere Stadtverordneten beim Wieder« zusammentreten der Stadtverordnetenversammlung dem Herrn Ober- bürgermeister Gelegenheit geben, sich über die Gründe dieser Zu- geknöpftheit in sozialen Dingen näher zu äußern. Deutscher Berein zur Nnterstühung notleidender Russen. Unter diesem Namen hat sich kürzlich hier ein Verein gebildet, der sich die Unterstützung hilfsbedürftiger russischer Staatsangehörigen zum Ziele gesetzt hat. Der Verein nimmt nur deutsche Reichs- ungehörige als Mitglieder auf. Ueber besondere Veranstaltungen des Vereins, wie Vorträge, Rezitationen usw. behält sich der Verein besondere Veröffentlichungen vor. Beitrittserklärungen sind zu richten an den Rechtsanwalt Dr. OSkar Cohn, Berlin   C 25, Landsberger Straße 58, und an den Fabrikanten Julius Gerson, in Firma Paul Pittius, Berlin   LQ 16, Köpenicker Straße 110. Der Parseval-Ballon hat gestern vormittag%10 Uhr eine Fahrt gemacht. Nach etwa fünf Minuten Fahrt brach die Riemen- scheibe an dem Kühlerventilator, so daß die Kühlung für die hohe Tourenzahl des Motors nicht mehr ausreichte. Bei dem starken Winde, 10 12 Meter in der Sekunde, in der Höhe von 200 Meter gemessen, konnte der Motorballon mit der geringen Tourenzahl, mit der er infolge des Defektes des Kühlers den Motor nur laufen lassen konnte, gegen den Wind nicht mehr aufkommen und landete infolgedessen bei Wittenau   sehr glatt. Das Material wird jetzt auf zwei Wagen verpackt und nach der Halle zurückgefahren. Es ist außer dem erwähnten Defekt alles in bester Ordnung. Die Neu- füllung und die für nächste Woche angesetzte Abnahme werden ohne Verzögerung stattfinden.