Ar. 209. 25. Jahrgang.
Die Parteischüler
über die Parteiichule.
I.
Wenn man einen sogenannten höheren Schüler im ersten Jahre nach feiner Schulentlaffung um ein Urteil über die Schule fragen würde, so würde man nicht viel Günstiges erfahren. Gerade in neuerer Zeit hat man derartige Versuche angestellt, und das Ergebnis war niederschmetternd für die heutige höhere Schule. Mit verächtlicher Geringschägung spricht man von der Schule, man ist froh, daß man ihrem Zoche endlich entronnen ist.
Auch ein Student spricht nicht gerade sehr achtungsvoll von der Universität. Was ihm in späteren Jahren die Erinnerung an die Studentenzeit lieb macht, ist das bunte und flotte Drum und Dran, während er an das„ Büffeln" mit Grauen zurückdenkt.
Wie sich die Parteiſchule ihrer ganzen Anlage und ihrem Zwecke nach von der bürgerlichen Schule unterscheidet, so auch in der mehr äußerlichen Tatsache, daß die ehemaligen Parteischüler nicht etwa un gern an ihre Studentenzeit zurückdenken, daß sie sich nicht freuen, sie endlich hinter sich zu haben, sondern daß sie einig sind in dem Lobe der Parteischule, und daß sie fast alle die kurze Dauer eines Kursus
bedauern.
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Auf ungefähr sechzig Anfragen, die ich an die ehemaligen Parteischüler verschickt habe, sind mir bis jetzt etwa fünfzig Antworten zugegangen. Wollte ich sie alle in ihrem Wortlaute veröffentlichen, so füllten sie ein stattliches Buch. Ich beschränke mich deshalb darauf, nur die wichtigsten Stellen aus den Briefen wiederzugeben. Einige wenige Briefe, die mehr in zusammenfassender und allgemeiner Weise urteilen, fetze ich zunächst mit ausführlicheren Auszügen an die Spize. Die hinter den Namen der betreffenden Schüler in Klammern angegebene Ziffer 1 oder 2 bedeutet, daß der Betreffende dem ersten oder zweiten Kursus der Parteischule angehörte. Berten, Redakteur der Düsseldorfer Volkszeitung"( 2): Ihrer Aufforderung, Ihnen mein Urteil über die Parteischule mitzuteilen, fomme ich um so lieber nach, als ich selber der Gründung dieser Unterrichtsanstalt mit sehr gemischten Gefühlen entgegengesehen habe. Mit freudiger Genugtuung muß ich bekennen, daß ich durch meine Erfahrungen auf der Parteischule selbst eines befferen belehrt worden bin. Hier wurde wirklich ernste, wissenschaftliche Arbeit geleistet, die sich durch das glückliche Verhältnis, das sich auf der Parteischule zwischen„ Lehrer“ und„ Schüler" herausgebildet hat, besonders fruchtbar gestaltet. Die fast peinliche Vermeidung eines schulmeisterlichen Tones und das Eingehen der lehrenden Genossen auf die Ideen, Fragen und Anregungen der Schüler brachten es mit sich, daß letztere mit Lust und Liebe bei der Sache waren und war in hohem Maße geeignet, die Schüler zur selbständigen Urtcilsbildung zu erziehen. Die systematische Einführung in die Gebiete der Volkswirtschaft, Gesellschaftswissenschaft, Geschichte usw. weden und fördern bei dem Schüler den Trieb zum Selbststudium, an das er auf Grund des auf der Parteischule Gelernten jegt mit ganz anderem Erfolg herangehen kann, als es ihm früher möglich getvesen wäre. Auch halte ich es für einen sehr wichtigen Erfolg für die Schüler, daß sie gelernt haben, an hochgelahrt erscheinende Erzeug nisse der Literatur auch aus unseren eigenen Reihen kritische Sonde zu legen...
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Kleines Feuilleton.
Mufit.
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CAMIO
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Ferner möchte ich noch anführen um die zarte Besorgnis lichen Behandlung seines Stoffes. Nach meiner Ansicht hat ein Ar des Genossen Eisner für die Massenbildung zu beruhigendaß beiter, der auf der Parteischule einen Einblid in Wissensgebiete geder Düsseldorfer Bildungsausschuß für den nächsten Winter Unter- wonnen hat, die ihm als Autodidakt so gut wie verschlossen sind, richtsaben de veranstalten wird, an denen die Genossen, den Vorteil vor einem Akademiker voraus, daß er seine Vorträge die die Parteischule besucht haben es sind deren oder Artikel den Kenntnissen seiner Zuhörer leichter anzupassen vers jetzt vier in Düsseldorf als Lehrer wirten sollen." mag. Ein im wissenschaftlichen Sozialismus ausgebildeter Arbeiter Keimling, Redakteur der„ Leipziger Volkszeitung"( 1): wird sich vielfach als Redner leichter verständlich machen können als Erst durch den methodischen Unterricht in der Parteischule ist mir ein Afademiker." bas volle Verständnis für die in unserer Parteiliteratur auf- Quizau, Gelverkschaftsbeamter in Düsseldorf ( 1): gespeicherten Schätze des wissenschaftlichen Sozialismus aufgegangen. habe stets als ganz besonderen Vorzug der Schule gepriesen, daß Für den ungeschulten Arbeiter ist es außerordentlich schwer, froß sie die Schüler nicht einseitig unterrichtet, sondern durch das Verheißen Strebens, sich in den schwierigen Problemen der National- trautmachen mit den dem Sozialismus entgegenstehenden Lehren ökonomie und Philosophie zurecht zu finden. Macht er sich ohne das Nachdenken der Schüler anregt und sie durch die auferlegte BerLehrer an das Studium der wissenschaftlichen Werke, etwa pflichtung, ein eigenes Urteil zu bilden, zu selbständig denkenden das„ Kapital", heran, wird er nur in seltenen Fällen ein und urteilenden Menschen entwickelt... Ein Mensch, der selbständig befriedigendes Resultat erzielen. Es bedarf eines eisernen denken und urteilen gelernt hat, der sich durch theoretische Ueberwillen, durch bloßes Selbststudium das volle Verständnis für windung der Gegner in sich selbst zum Klaren Berständnis des die dort untersuchten Probleme zu gewinnen, was meist schon durch Sozialismus durchgerungen hat, wird auch in seiner praktischen die Ueberbürdung gerade unserer geistig strebsamsten Genossen mit Tätigkeit mit viel größerer Sicherheit und Entschlossenheit auftreten Partei- und Gewerkschaftsarbeiten verhindert wird. Eine halbjährige fönnen, als vordem. Und den erforderlichen Fleiß vorausgesezt, fyftematische Unterweisung, wie sie die Parteischule gewährt, tann wird er sein Streben nach mehr Wissen umsomehr zu befriedigen hier die Steine aus dem Wege räumen und die Lust zum Studium suchen, als die Erkenntnis dessen, was noch fehlt, geschärft wird. bedeutend steigern. Dazu kommt noch, daß der Unterricht auch auf Das aber hat gerade die Schule bei mir bewirkt." eine Reihe praktischer Fächer ausgedehnt wird, die in der Parteiarbeit von großem Nutzen sind. Ich glaube mit gutem Gewissen sagen zu können, daß mir der Besuch der Parteischule, besonders in meiner Stellung als Redakteur, von großem Nugen gewesen ist und auch in Zukunft noch sein wird."
Die folgenden Briefausschnitte lassen vornehmlich erkennen, welche theoretischen Fortschritte die Schüler der Parteischule verdanken.
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Ristau, Arbeiterfefretär in Kiel ( 2): Wenn ich heute Marg' Stapital, Engels' und Lassalles Schriften gern zur Hand nehme, um nachzustudieren, so führe ich die Lust und Liebe zu diesem Studium Pied, Parteisekretär in Bremen( 2):... Der Lehrplan, die Art und vor allem das Verständnis für wissenschaftliche Fragen auf den des Unterrichts, die Qualifikation der Schrkräfte und die Masse des Besuch der Parteischule zurüd. Was mir einst unfaßbar erschien, ist Studiums bieten die beste Gewähr, daß kein Schüler ohne großen mir heute ganz klar. Und warum denn auch nicht? er sechs Gewinn die Schule verläßt. Treten hierbei Verschiedenheiten zutage, Monate, enthoben der größten Sorge, mit Ernst und Eifer unter, so liegt das sicher nicht an der Schule. Ueber den eigenen Gewinn Leitung von bewährten Lehrkräften seinen Studien obliegt, muß redet oder schreibt man nicht gerne, aber unter den Umständen, ettvas dabei profitieren." unter denen man jetzt versucht, Stimmung gegen die Schule zu idy, Arbeiterfekretär in Mülhausen i. E.( 1): Jh fann machen, wird es doch zur Nottvendigkeit. Den Vorteil, den ich vom wohl mit gutem Gewissen behaupten, daß ich erst durch den UnterBesuch der Schule gehabt gehabt habe, empfinde ich fast Tag richt in der Parteischule in die Lage versetzt worden bin, den Soziafür Tag. Beim Lesen eines Buches, beim Ausarbeiten eines Vor- lismus und die materialistische Geschichtsauffaffung richtig begreifen trages oder eines Flugblattes, bei gelegentlichen Diskussionen, kurz zu lernen. Daß durch die Teilnahme an dem Kursus meine Lust überall verspüre ich die vorteilhafte Wirkung des auf der Partei- und Fähigkeit zum Studium der Wissenschaft gesteigert und daß das schule genossenen, systematischen Unterrichts. Mit stolzer Genug durch auch meine mündliche und schriftliche Tätigkeit in der Partei tuung erfüllt mich das Bewußtsein, nunmehr in noch befferer Weise günstig beeinflußt wurde, soweit ich beurteilen tann, geht aus meinen Poften, auf den mich die Genossen gestellt haben, ausfüllen obigem Geständnis hervor. Auch Parteigenossen haben mir öfters zu können. Der Drang, mein erworbenes Wissen zu ertveitern, gesagt, daß mir der Besuch der Parteischule Vorteile gebracht hat. immer tiefer einzubringen in die Gedankenwelt des Sozialismus, Man fann mir allerdings entgegenhalten:" Du warst noch ein Anist mächtig gestärkt worden. Aber auch die Bescheidenheit in der fänger, ein Stümper", was ich gar nicht verneinen will. Erlaubt Einschätzung meines Wissens gegenüber dieser Gedankenwelt ist in sei mir nur zu beinerken, daß ich vor dem Besuch der Parteischule mir gewachsen." in der Partei schon mindestens drei Jahre als Redner tätig war und ein Jahr einen Posten als Redakteur am oberelsässischen Parteiblatt bekleidete. Ich war auch mehrere Jahre Vorsitzender des Ge wertschaftskartels."
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Brenner, Redakteur des Braunschweiger Boltsfreund"( 1): Manche Genossen dürften in ihrem Urteile über die Parteischule dadurch ungünstig beeinflußt werden, daß die Erfolge der Parteischule nicht in ihrem ganzen Umfange unmittelbar zutage treten. Es liegt in der Natur der behandelten Wissensgebiete, daß sie meist recht abstrakt sind und zu ihrer Popularisierung noch eines weiteren Studiums und gründlichen Durchdenkens bedürfen. Dieser an scheinende Nachteil ist in Wirklichkeit aber ein großer Vorteil. Die Echüler werden vor dem mechanischen Einpauken be wahrt und zu felbständigem Denken und Urteilen erzogen.
Die praktische Tätigkeit des ehemaligen Parteischülers zwingt ihn ohnehin bald genug zu einer tweniger abstrakten, leichtverständdramatische Aufgaben zu stellen?! Ihrer bedürfen vor allem die Künstler; und ihrer bedarf das auch in finanzieller Hinsicht für uns nicht gleichgültige Sunstinstitut selber um so dringender, als es mit einer Tätigkeit wie der seit langem dort herrschenden zu einem geradezu sardanapalischen Amateurtum herabsinken muß. SZ.
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Theater.
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Daubenthaler, Gewerkschaftsbeamter in Striegau ( 1): Wenn nun durch den Unterricht in der Parteischule einem Teil direlt aus der Masse hervorgegangener Genossen und die Bahl dieser Genossen wird ja im Laufe der Jahre gar nicht klein sein- die Möglichkeit geboten wird, eine tiefere Einsicht in das Wesen des Klassenstantes und in den wissenschaftlichen Sozialismus zu gelvinnen, so ist dies für die Partei von so eminentem Wert, daß es ordentlich kleinlich erscheint, einen rein rechnerischen Maßstab anzulegen... Ich kann heute ohne Ueberhebung sagen, daß ich einen viel tieferen fehren. Er schüttelt die gewohnten Phrasen ein bißchen anders durcheinander und entfesselt in seiner Nede den stürmischen Jubel der draußen harrenden Wähler. Unter den Klängen des Liedes Deutschland , Deutschland über alles" fällt der Vorhang.
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Es wurde durchgängig gut gespielt. Brillant war Herr Biens. feldt in der Hauptrolle, ebenso Herr Waßmann in der Figur des renommistisch pfiffigen Fiebig, Diegelmann in der bes dicken Buchdruckers. In Nebenrollen zeichneten sich die Herren Blümmer, Großmann, Bendow aus.
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dt.
Mit einem selbst für heutige Verhältnisse auffälligen Rellamegeschmetter vorbereitet, ist unter der üblichen Entfaltung gesellSozialaristokraten", Romödie dicken Buchdruckers. schaftlichen Bruntes im Königlichen Opernhaus am 1. d. M. die von Arno Holz . Die Aufführung des neuen Holzschen Dramas Neueinstudierung des alten Ballettes Sardanapal" zum erstenmal aufgeführt worden. Nach Ignorierung der beiden ersten Sonnenfinfternis", die bereits für die vorige Saison im Deutschen Hebbel Theater: Der Liebhaber", ben Bern offiziell eingeschränkten Abende haben wir den dritten zum Kennen- Theater angekündigt war, scheint nunmehr aufgegeben. Statt dessen lernen des Stückes benutzt. Der erfolgreiche Berliner Ballettmeister wurde seine vor mehr als zehn Jahren geschriebene aber damals b'ard Shaw. Vor ungefähr zwei Jahren ist auch diese Komödie Paul Taglioni ( 1808-1884) hatte u. a. die teilweis historische nur in einer mangelhaft besetzten Sondervorstellung gegebene Komödie bei ihrer Erstaufführung in London mit Protest niedergeschrien Geschichte des letzten Assyrertönigs, der 606 v. Chr. inmitten feines Sozialaristokraten" in den Kammerspielen einstudiert. Der Autor worden. Richtiger: die Gesellschaft des englischen High life hat fonnte mit der Aenderung wohl zufrieden sein. üppigen Lebens besiegt wird und sich famt den Seinen auf dem Jeden durch dies Gebaren bestätigt, daß Bernhard Shaws Angriffe bee Scheiterhaufen verbrennt, zu einer Pantomime( Ballett") ber- falls erzielte die Satire mit ihren derb zupackenden Pointen rechtigt find. Der Kernpunkt der Komödie ist mit ihrem Titel bearbeitet. Sie ging, mit Musik von dem Berliner Ballettdirigenten im Berliner Jargon einen Beifall, auf den die bergwidt zeichnet. Leonard Charteris, ein Lebemann, der von der Ehe eine Peter Ludwig Hertel ( 1817-1899) und möglichst echt erflügelte Problematik des letzten Werkes schwerlich hätte rechnen schlechte Meinung hat, bildet das Streitobjekt zwischen zwei hochassyrisch ausgestattet, zuerst 1865 in Szene, also fast ein Jahrzehnt dürfen. Aber die drastisch- charakteristischen Wendungen des Dialogs und wohlgeborenen Evastöchtern. Jede will ihn besigen. Die eine, Charteris verabschiebet, verfolgt ihn mit raffiger bor der realistischen Bühnenreform der„ Meininger". Jetzt wurde sind auch das Beste an dem Stück. Der Wis erhebt sich nirgends von und lästiger Eifersucht, die andere, eine das Wert auf höheren Befehl nochmals vorgenommen und unter zu nachdenklichem Humor und der Charakteristik fehlen alle Perspek- Leidenschaft begegnet sich in ihrer Kühle und in Zeitung des Berliner Assyriologen Professor Delitzsch sowie tiven, die irgendwie ein wärmeres Interesse hätten teden können. junge unter Mitwirkung zahlreicher Theoretiker und Praktiker neu be- Das Kolorit von ruppiger Banalität, in das alle Figuren getaucht ihren Ansichten über Liebe und Ehe mit den seinen. Bei den arbeitet, mit Aufgebot aller auftreibbaren Echtheiten. find, erregt am Ende ein nervöses Mißbehagen. Dazu tommt, fcharfen Busammenstößen der beiden Liebhaberinnen wird es Wer nun fürchtet, daß wir eine solche Ausstattung überhaupt daß der Berfaffer verfänglich deutlich mit allerhand An- Charteris doch recht unbehaglich zu Mut. Er sucht also die Nassige Jedermann, der um jeden Preis an den Mann zu bringen. Das gelingt ihm schließablehnen, mag fich getröjten. Nachdem Richard Wagner in Bay- fpielungen auf bestimmte Berfonen stichelt. reuth feinen Bersifal" aufgeführt, erfuhr man nachträglich aus die Verhältnisse ein wenig fennt, fagt fich: Der da soll Bruno Wille , lich. Darüber verliert er leichten Herzens auch die andere. Shaw irgendeiner Veröffentlichung, daß für das Beschwörungsbuch des jener Wilhelm Werner , der aus der Zeit der Wolfstribüne" und kommt es darauf an, die lagen Anschauungen der oberen Zehn Zauberers Klingfor ein wahrhaftiger mittelalterlicher Handschrift- der Jungen" wohlbekannte Genosse, jener soll der Dichter Mackay tausend zu brandmarken. Das ist der übertriebene Stultus mit falsch Foliant auf die Bühne gebracht war. Merkt man bereits den fein. Pikanterien, die bei dem intellektuellen und moralischen verstandenen ibsenschen Magimen, deren lächerliche Anwendung auf Gegensatz eines berartigen Tuns gegen das andere Treiben?! Der Idiotismus, mit dem Holz seine Helden ausstattet, einen peinlichen die Geschlechtermoral durch den„ Jbsentlub" zum Vorschein kommt. Hier soll das Mann- Männliche ebenso verpönt sein wie das Weib- Weibs überzeugenden Anschaulichkeit einer Kunstleistung foll alle Sorg Eindruck hinterlassen. falt dienen, zumal damit fein Widerspruch den Eindruck störe. Die feine Unterscheidungslinie, die die Natur zwischen Aber freilich wären die Anspielungen alle gestrichen, so bliebe liche. Dienen soll sie, nicht herrschen; Kunst soll durch sie gefördert werden von dem Ganzen wenig übrig. Kleine selbstgemachte Beobachtungen beiden Geschlechtern gezogen hat, wird vollständig verwischt durch Wissenschaft aber ebensowenig, wie in deren Vereid) etwa Kunst und übernommene Anekdoten treten hier an die Stelle einer aus deren gleichartig emanzipierte Sitten. Es herrscht im persönlichen gefördert werden sollte. Wer so vorgeht, ist das, was man einen eigenen Impulsen schaffenden und umwandelnden Phantasie. Vor lauter Berkehr absolute Ungebundenheit und Ungeniertheit. Wer KlubNachahmung und Aeußerlichkeiten kommt die Komödie zu feiner inneren mitglied werden will, muß, ob Mann oder Weib, durch Zeugen darSo bekommen wir denn interessante Dekorations- und Szenen- Bewegung, feinem Gehalte. Die Stimmungen, die sich hinter folchen tun können, daß er sich über die Schranken, die feinem geschlechtbilder aus der assyrischen Kultur. Da wir nun den Fachleuten schillernden Bhrafen, wie„ Sozialaristokratie" ustv., in den neunziger lichen Wesen gesetzt sind, so falopp als irgendmöglich hinweggejent die Richtigkeit ebenso gerne glauben, wie wir ihnen die Verwer- Jahren verbargen, gelangen in ihrer intimeren Psychologie nicht zu hat. Tatt im Umgang, Liebe, Ehe sind schemenhafte Begriffe geDazu hätte es viel feinerer worden, über die man mit fedem Bewußtsein zur Tagestung ihres Wissens gönnen, freuen wir uns auch, daß uns ihre farbig differenziertem Ausdruc. Bilder statt bloßer Bruchstücke ein zusammenhängendes, formen- Instrumente bedurft. Holz schlägt mit Brügeln, fünf Atte ohne ordnung übergeht. In diefen Londoner Gesellschaftskreisen blüht andererseits aber auch traffester Aberglaube und wissenschaftlich anund farbenreiches Ganze von alter Kunst zeigen, das noch dazu Unterlaß mit Prügeln, darauflos. merkwürdige Kontraste zu modernster Kunst darbietet. Auch an Das Thema ist mit dem zweiten Aufzug, der eine Konferenz gehauchter Spleen. Da lernen wir beispielsweise einen Arzt fennen, Erläuterungen fehlt es nicht, bis in kleinste kulturhistorische der Macher, Redakteure und Mitarbeiter des neugegründeten Wochen- dessen Liebhaberei es ist, die Leber als Sitz aller KrankheitsEinzelheiten hinein. blättchens„ Der Sozialaristokrat" darstellt, schon wesentlich erschöpft. mutroben nachzuweisen. Gemäß diefer seiner Theorie behandelt er Warum sagen sie uns aber so gut wie nichts über die Musik? Die beiden zhnischen Schnapsbrüder, der geriebene Gelegenheits seine Patienten, weisfagt er ihnen ihr Lebensende, das allenfalls Wir erfahren lediglich, daß Joseph Schlar die musikalische dichter Fiebig und der phlegmatisch dicke, aus der Partei herausspedierte durch eine von alkoholischen Getränken und Fleisch befreite natürliche Begleitung gemacht hat, unter freier Berwertung historischer Druder, die den zahlungsfähigen grünen Jüngling für das Unter- Ernährungsweise fünstlich verzögert werden könne. Und so geht es Originalmotive und einzelner Teile der Hertelschen Partitur". nehmen entdeckt haben, der ölig wohlredende Doktor Gehrke, der mit Grazie, konservativsten Anstandsformen und puritanischer SittenShaw erweist sich wieder als ungemein Wo da der Anteil eines jeden dieser Mischungsteile steckt, würde stotternde Anarchisten dichter im forretten Gesellschaftsanzuge, der im verachtung weiter. vielleicht auch durch Spezialstudien nicht herauszubekommen sein Bumpen und in Drafelsprüchen unerreichte polnische Poet bilden boshafter Spötter, der mit geistreichem Big und sprudelnder Laune und die historischen Motive sind eine ganz besonders wenig ver- mit ihren Diskussionen, Anträgen und Protesten ein amüsantes, seine spitzen Pfeile versendet. Es ist wieder einmal eine töstliche läßliche Sache. Die uns vorgeführte Musik tommt über Salon- ultig grotestes Ensemble. Im dritten Aft, allwo ber Doktor Komödie; wie aristophanisches Lachen ticherts aus jeder Wendung musit höchstens in einem oder dem anderen der hübschen Tänze eine polizeiliche Haftstrafe in der guten Stube des des Dialogs, aus jeder der brillant geschürzten Situationen. fowie in den Klangfarben des Orchesters hinaus. Darin ist sie Friedrichshagener Amtsrichters(!) abbüßt und dafür als Die Komödie wurde in geradezu vollendet schöner Aufführung allerdings von einigem Wert. Märthrer gefeiert und interviewt wird, erscheint zur Vorbereitung geboten. Die Darsteller sind tief in den Geist des Stückes einDie darstellenden Leistungen waren so mannigfaltig und eifrig, des Schlußeffektes ein prononciert mosaischer Herr Dr. Morig gedrungen. Paul Otto ist ein echter Selub- Londoner. Ihm daß wir uns das Eingehen in sie versagen müssen. Auch die drei Naphtali, ein Abgesandter des„ Lokalanzeigers", der insgeheim eine halten die beiden Rivalinnen Maria Mayer und da Roland Schauspieler, die das Vorspiel" sprachen, verdienen Ehre; der Finanzaltion für den Antisemitismus plant und den, von einer solchen tapfer die Stange Helene Nitscher nicht zu vergessen, die die Sprecher hat von den Versen des Hofpoeten Josef Lauff Aussicht hochbeglüdten Doftor zum antisemitischen Reichstags- Sylvia, diesen Gipfel des überemanzipierten weiblichen Frechdachses einige auch als Einleitung der einzelnen Afte zu rezitieren. abgeordneten hinaufzubugfieren verspricht. Nach einer nochmaligen darstellt. Die ältere Generation, gemessen in ihren Umgangs. Und nun die Frage: Was könnte mit diesem Kraftaufwand Redaktionsfizung sieht man im letzten Aft den Helden am Morgen formen, wird repräsentiert durch Nissen und Herzfeld a. k. alles getan werden, um unserem Opernhause wirkliche mufit nach dem Wahlkampf wankenden Schrittes, doch als Sieger heim Alles in allem: der Erfolg war wohlverdient.
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Dilettanten nennt.
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