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und am nächsten Tasse Bescheid sagen. TagS darauf kam statt ihrer der Vater ins Geschäft und verlangte, sich als der Vater der Klägerin vorstellend, Herausgabe von 7 M. Restgehalt und der aus Jnvaliditätskarte, Krankenkassenbuch und 3 Zeugnissen bc stehenden Papiere. Obgleich der Vater eine Radfahrkarte als Legi timation vorwies, verweigerte Frau K. die Herausgabe der ge forderten Papiere. Erst einem Schutzmann, der auf Beschwerde des Herrn N. beim Polizeirevier in dieser Sache zu intervenieren sich bemühte, händigte sie gegen Quittung die Jnvaliditäts karte aus und erklärte sich auch bereit, das Geld und die übrigen Papiere zu geben, wenn der Revierleutnant für eventuell daraus entstehende Schäden die Garantie übernähme. Dies lehnte aber der Leutnant ab, und nun verwies man Vater und Tochter an das Kaufmannsgericht. In der Verhandlung gab die beklagte Chefin die Gründe ihres auf den ersten Blick schikanös anmutenden Verhaltens an. Sie hatte vor längerer Zeit auch einem sich ihr als Brudrt eitteS erkrankten Angestellten vorstellenden jungen Menschen die Papiere ausgehändigt. Hernach stellte eS sich heraus, daß es ein Schwindler war. und sie wurde in dieser Sache vom Kaufmannsgericht zum Schadenersatz in Höhe von 250 M. verurteilt. Da könne man es ihr nicht übelnehmen, wenn sie vorsichtig geworden sei. Das Kaufmannsgericht wies die Klägerin mit der Forderung von 24 M. Schadensersatz ab. Die Tochter hätte sich Restgehalt und Papiere selber holen müssen, denn, wenn sie auch minderjährig ist, so kann sie in bezug auf ihr Dienstver hältnis ganz selbständig handeln. War sie aber dringend verhindert, so hatte sie den Vater mit einer beglaubigten Vollmacht ausrüsten müssen. Die Beklagte hatte ein Recht darauf das zu verlangen und man kann ihr Bestehen auf diesem Recht angesichts ihrer früheren Erfahrungen ihr nicht einmal der Übeln._ Kontrolle der Qulttungskarten durch Versicherungsanstalten. Wie Notwendig eine Kontrolle der Ouittungskarten bei den Arbeit- gebcrn ist, zeigt wieder recht deutlich der Jahresbericht der Landes- Versicherungsanstalt Hessen-Nassau für 1907. Diese hat im Berichts- jähre 79 797 Arbeitsstellen mit 813 033 Versicherten revidiert. Dabei wurden 14 044 A n st ä n d e gegen 11 710 im Jahre 1906, ermittelt. Der Geldwert der festgestellten Markenrückstände beläuft sich auf 101 456,86 M. gegen 75 507,51 M. 1906. Dazu wird in dem Kon- trollbericht noch besonders betont, daß diese Summe der festge- stellten Markenrückstände nur denjenigen Betrag darstellt, welcher unmittelbar infolge des Eingreifens der Kontrollbeamten nach. träglich verwendet ist. Diejenigen Beträge, welche infolge der An- kündigung von der bevorstehenden Revision von den Arbeitgebern noch schleunigst nachgebracht wurden und diese sind wohl nicht gering! sind naturgemäß in obiger Summe nicht enthalten. Die Revision hatte zur Folge, daß 1409 Strafverfügungen und 1965 Warnungen erlassen werden mußten. Die Höhe der Strafen war freilich sehr gering man ist ja gewöhnt, daß man mit den Arbeit. gebern viel glimpflicher umgeht, als mit Arbeitern! im Durch. schnitt kam auf eine Strafe nur 4,15 M.(Insgesamt 5853 M.) Durch die Revisionen wurden 3038 Personen neu zur Versicherung herangezogen. Es ergibt sich aus all diesem, daß den Arbeitern nicht dringend genug geraten werden kann, sich zu überzeugen, daß für sie In- validenmarken und diese wieder in der richtigen Höhe von dem Arbeitgeber geklebt werden. Denn es gibt ja genug gewissen- lose Arbeitgeber, die wohl den Arbeitern die Beiträge abziehen, abervergessen", die Marken dafür überhaupt, oder aber in der richtigen Klasse zu kleben._ Polizeilicher Schutz des Publikum? in Warenhäuseru. Bei einer feuerpolizeilichen Besichtigung des Warenhauses Grand Bazar" zu Frankfurt a.'M. wurde festgestellt, daß weder der alte Bau, noch der Neubau eine unmittelbar an das städtische Kabelnetz angeschlossene Feuermeldeanlage hatte. Die Polizei verlangte durch Verfügung die Errichtung einer solchen im Interesse der vielen Angestellten des Warenhauses und der großen Menge des dort verkehrenden Publikums. Widrigen- falls würde die Einrichtung von Amtswegen geschaffen werden, wozu ein Kostenvorschuß von 6000 Mk. zu zahlen wäre. Die Ein- ziehung des Kostenvorschusses wurde verfügt. Die Gesellschaft Grand Bazar" erhob Beschwerde beim Regierungspräsidenten. Sie machte geltend, daß es sich um einen Eingriff in ihr Privat- recht, namentlich in ihr Eigentumsrecht handele. Im Baukonsens sei von einer solchen Meldcanlage, die an das städtische Netz ange- schlössen sein solle, nichts gesagt. Im übrigen aber sei schon bei Erteilung des Baubescheides Rücksicht genommen worden auf die Feuersgefahr. Die Auflagen der Polizei seien mit Rücksicht auf den Warenhauscharakter besonders drückende gewesen. Sie seien trotzdem befolgt worden, in der Erwartung, daß weitere Auflagen nicht erfolgen würden. Zum Schutze des Publikums sei genügend geschehen. Es seien mehrere feuersicher abgeschlossene, breite und starke Treppen mit direktem Ausgang nach der Straße vorhanden. In jedem Stockwerk befänden sich mehrere Hydranten und sonstige Löschvorrichtungen. In allen Stockwerken seien Feueralarmvor- richtungen, welche in jedem Stockwerk von mehreren Stellen aus bedient werden könnten. Und Telephone, mit welchen die Feuer- wehr nötigenfalls gerufen werden könne, seien in jedem Stockwerk. Auch hielten in der Zeit starken Verkehrs vor Weihnachten Feuer- Wehrleute Wache, wofür die Gesellschaft allein 1200 M. zahle. Die Baupolizei in ihrer Antwort und die Branddirektion in einem Gutachten erklärten diese Einrichtung zwar für nützlich, aber nicht für ausreichend. Die geforderte, mit den letzten Errungen- schaften der Feuermeldetechnik ausgerüstete Feuermeldeanlage habe den großen Vorzug, daß dadurch das Warenhaus direkt mit der Zentral-Feuerwehrstation verbunden werde. Durch ein- fache Auslösung eines Melders in irgend einem Geschoß, der selbst von einem Kind bedient werden könne, werde die Feuerwehr a u t o- m«tisch alarmiert. Sie wisie gleich, wo es brenne, und könne sofort an die Brandstelle abrücken, und zwar in einer dem Objekt entsprechenden Stärke. Das erste Erfordernis bei Brand- gefahr sei möglichst schnelles Eingreifen der Feuerwehr. Eine Ver- zögerung auch nur von Sekunden könne die schlimmsten Folgen haben Der Regierungspräsident verwarf darauf die Beschwerde, ebenso der Oberpräsident, und das OberverwaltungS- g e r i ch t wies die nunmehr von der Gesellschaft angestrengte Klage ebenfalls ab. AuS den Urteilsgründen ist hervorzuheben: Nach 8 10 II 17 Allgemeinen Landrechts sei es Aufgabe der Polizei. das Publikum oder einzelne Mitglieder desselben vor Gefahren für Leib und Leben zu schützen. Der Schutz richte sich nach den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen und nach den immer fort- schreitenden Erfahrungen. Namentlich ans dem Gebiete der Feuer- sicherung der großen Warenhäuser würden fast täglich neue Er- fahrungen gewonnen. Auch lasse sich nicht alles bei Prüfung des Bauprojektes eines großen Warenhauses voraussehen. Es sei eine tägliche Erscheinung, daß an konsentierte und der Bauerlaubn.s genau entsprechende Warenhäuser neue Anforderungen gestellt werden. Dem Eigentümer aber liege die gesetzliche Pflicht ob. sein Gebäude in einem den jeweiligen Erfahrungen entsprechenden Zustand zu erhalten. Die Auflage der Polizei, die Zweifel- los eine bedeutende Vergrößerung des Schutzes des Publikums dar- stellt, und auf objektiven Erwägungen beruht, sei daher gerecht- fertigt. Die Anlage sei nicht etwa ein Teil der öffentlichen An- läge, sondern diene allein den Zwecken des Kaufhauses, wenn sie auch an jene anschließen. Auch gehe die Anlage in das Eigentum der Gesellschaft über nach Zahlung der vorgeschossenen Kosten. Allerdings unbeschadet des Kontrollrechts der Polizei, wie es sich W? dem öffentlichen Recht ohne weiteres ergebe. GewerkfebaftUebee. Die Taristreue des Unternehmertums. Nach der bekannten Diebstaktik:Haltet den Dieb!" entrüsten sich die Scharfmacher mit Vorliebe über die Kontrakt- brüchigkeit der Arbeiterschaft, die eS zwecklos, ja unmöglich mache, Tarifverträge überhaupt erst abzuschließen. Wir wollen nicht leugnen, daß gelegentlich einmal schlechtberatene Arbeiter als einzelne glauben, sich der Tarifverbindlichkeiten ihrer Organisationen entziehen zu dürfen; aber noch stets sind sie von ihren Organisationen energisch zurückgewiesen worden; dafür, daß die Gewerkschaften als solche kontraktbrüchig geworden wären, sind uns die Scharfmacher trotz allem Geschrei den Beweis noch immer schuldig geblieben. Wohl aber können wir mit Beispielen dienen, welche die Tarifuntreue ganzer Unternehmerorganisationen klar beweisen. So weigerten sich kürzlich in Breslau zwei dem betreffenden Arbeitgeberbunde angeschlossene Malermeister, den im Jahre 1907 abgeschlossenen Tarif noch länger innezuhalten, Die Gehilfenorganisation wandte sich darauf an die Schlichtungs- komniission; der Vorsitzende der Arbeitgeberschutzorganisation, der Malermeister L u d e w i g. stand auch nicht an, zu erklären, daß der Tarif von den Meistern ebenso ehrlich gehalten werden müsse wie von den Gehilfen. Doch da hatte er in ein Hornissennest gestochen. In ihrer Wut setzten die Mitglieder der Arbeitgeber- organisation den ganzen Vorstand samt dem Obermeister ab und wählten sich einen gefügigeren Vor- stand, der sein Amt nicht würdiger einzuleiten wußte, als daß er den alten Vorstand beschuldigte, er habe den Mitgliedern das Geld direkt aus der Tasche gezogen, durch den Abschluß eines Tarifs nämlich. Und der neue Lorstand scheint auch nicht im geringsten die Absicht zu haben, die Beobachtung der Tariftreue von seinen Mitgliedern zu fordern. Denn als die Gehilfenvertreter auf die Folgen eines solchen Verhaltens auf- merksam machten, erhielten sie die höhnende Antwort:Sie können tun, was Sie wollen; uns ist es egal l" Auch unter den Breslauer Maurer meistern scheint die Tariftreue nicht hoch im Werte zu stehen. Ein Maurermeister, her infolge Tarifbruchs als Verklagter vor dem Gewerbe- gericht stand, erklärte dort, daß er auf dem Standpunkt stehe, die gegenwärtige schlechte Konjunktur ent- binde vom Tarifvertrage! Und ein von ihm ge- ladener Zeuge bestätigte, daß er mit solcher Ansicht nicht allein stehe und daß viele Breslauer Mitglieder des Arbeit- geberbundes für das Baugewerbe den Tarif nicht inne- halten; damit müßten die Arbeiter sich eben ab- finden! Vielleicht merkt sich dieArbeitgeber-Zeitung" die beiden Fälle für ihre nächsten Fabeleien von der Vertragsuwvürdig- keit der Arbeiter vor._ Berlin und Qmgegend. Der Streik der Rolirleger und Helfer. In der Versammlung der Streikenden, die am Montagvor- mittag den großen Saal des Gewerkschaftshauses wieder voll- tändig füllte, teilte der Referent H a n d k e mit, daß die Zahl der Firmen, welche den Tarif des Deutschen Metallarbeiterverbandes anerkannt haben, auf 52 gestiegen ist. Bei diesen Firmen sind etwa 320 Arbeiter beschäftigt. Im übrigen ist die Situation unverändert. Die Streikbrecher aus der Gruppe Wiesenthal sowie seiner gelben und unorganisierten Bundesbrüder sind zwar der Zahl nach nicht gering, aber an Qualität völlig unzureichend. Von den Streikenden hat sich, so sehr es auch von Unternehmern und deren Beauftragten versucht wird, niemand zum Abfall bewegen lassen. Es zeigt sich, baß sich die Wiesenthalsche Streikbrecherorganisation der lebhaftesten 'Protektion der Unternehmer erfreut. Ein Beispiel beweist das. Ein Rohrleger hatte die Arbeit niedergelegt., Als er sein Werk­zeug holen wollte, traf er mit dem Unternehmer zusammen. Dieser suchte dem Arbeiter begreiflich zu machen, daß er doch ruhig weiter arbeiten könne. Wenn er, der Rohrleger, glaube, auf seinen Ver- band Rücksicht nehmen zu müssen, dann solle er doch austreten. I m Kontor des Unternehmers(!) könne er sogleich in den Wiesenthalschen Verband eintreten und dann sei er jaberechtigt", weiterzuarbeiten. Selbswerständlich lehnte der Rohrleger dies Anerbieten mit aller Entschiedenheit ab. Wie bei früheren Streiks, so macht sich auch hier ein provokatorisches Auftreten von Streikbrechern bemerkbar. Wie ein Versammlungs- teilnehmer berichtete, hat ihm ein Arbeitswilliger gesagt, daß er stets einen geladenen Revolver bei sich trage. Natürlich eine Folge des bösen Gewissens, denn an eine Bedrohung solcher Elemente denkt niemand. Vom Zentralverband der Steinarbeiter erhalten wir folgende Zuschrift: Auf die imVorwärts", Nr. 209. von Herrn Ernst Junge ge. gcbene Berichtigung müssen wir konstatieren, daß Herr E. Junge nicht den tarifmäßigen Lohn zahlte. Ferner war der Hinweis aus die Galizier keine gelegentliche Entgleisung, sondern ein unserem Vertreter in aller Ruhe aufgemachtes Rechenexempel, um wieviel sich diese Arbeiter billiger stellen würden. Auch die Drohung, daß er diejenigen, die eS wagen würden, ihn, in seinem Beginnen zu stören, beim Staatsanwalt denunzieren wird, entspricht dem Ver. halten des Herrn Junge vor der paritätischen Schlichtungskom. Mission, wo er durch sein Betragen eine ordnungsmäßige Erledi- gung der Differenzen illusorisch machte. Die Baustellen bleiben für organffierte Berufsangehörige gesperrt, bis an dieser Stelle die Sperre aufgehoben wird. Die Ortsverwaltung. I. T.: Haufschlld. Achtung» Bauklempner! Bei der Firma Göhlsdorf tn Friedenau. Thorwaldfenstraße, haben die Klempner die Arbeit niedergelegt. Die Firma und deren Bauten sind gesperrt. Die Ortsverwaltung. Oeotfcbes Reich. Die Furcht der Gelben vor der Oeffentlichkeit. Ende voriger Woche tagte in Waldenburg der von uns an- gekündigte Kongreß der gelbenGewerkschaften" Deutschlands . Ver. tretern der Arbeiterpresse wurde der Eintritt zu den Verhandlungen mit der Ausrede versagt, daß nnr Interna zur Verhandlung ständen. Herr Ennert und seine Gesinnungskumpane haben auch wahrlich alle Veranlassung, ihre arbeiterfeindlichen Machenschaften der öffent- lichen Kritik zu entziehen. Durch ihren Rückzug hinter verschlossene Türen üben sie schließlich ja selbst die vemichtendste Kritik an ihren Taten und Plänen. Ausland. Der italienische Gewerkschaftskongreß ist am Sonntag in Modena zusammengetreten. Dieser Kongreß vereinigt nicht die Gesamtheit der organisierten Arbeiterschaft Italiens , sondern nur die in der Confederazione generale del La- voro zusammengeschlossenen Zentralverbände. Diese sind, wie unsere deutschen Gewerkschaften, in örtliche Verwaltungsstellen gegliedert. Der Zusammenschluß erfolgte auf ihrem Kongresse im November 1906 in Bologna . An seine Spitze wurde ein Exekutivkomitee(ana- log der deutschen Generalkommission) gestellt. Außer dieser Or- ganisation besteht noch diejenige der örtlichen Arbeitskammern, die sich meistens in den Händen der Syndikalisten befinden. Aller- Hings sind hier auch die örtlichen Verwaltungsstellen der Zentral- verbände wieder mitvertreten, in einigen haben sie sogar die Mehr- heit. Das Stärkeverhältnis der Richtungen ist folgendes: Nach dem Bericht der Konföderation, der bis zum 30. Juni 1903 reicht, gehören 306 957 organisierte Arbeiter den Zentral- verbänden an, während in den 92 Arbeitstammern 546 514 Ar- beiter gezählt wurden. Da die Zentralverbände in der letzten Zahl wieder mit inbegriffen sind, so sind sie im ganzen in der Mehrheit. Der Kongreß von Bologna entschied sich mit 114 000 gegen 55 000 Stimmen für die sozialistisch-gewerkschastliche Mekhode. gegen die syndikalistische. Auch auf diesem Kongreß wird es wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Richtungen kommen, sie werden aber nicht mehr die Schärfe erlangen, wie vor zwei Jahren, da die Syndikalisten in ihrer Mehrzahl fernbleiben. Die wichtigsten Punkte sind: Die nationale und die internationale Soli- darität während der Streiks und: Das Verhältnis der Konfödoi ration zu den politischen Parteien. Bei Beginn des Kongresses waren zirka 400 Delegierte an- wesend, die insgesamt 1200 Sektionen(Zweigvereine usw.) ver- treten. Die sozialistische und die radikalen Parteien haben Dele- gationen entsandt. Das Italienische Arbeitsamt wird von seiuew Direktor, dem Professor Montemontini, selbst vertreten. Legen Sie ünerttelbereiev der Siesealhsler. In zehn von der Berliner Gewerkschaftskommission einberufenen Versammlungen nahm die Berliner Arbeiterschaft am gestrigen Abend Stellung gegenüber der Zersplitterungsarbeit der Wiesen- thal und Konsorten. Die Versammlungen waren durchweg gut besucht, einige sogar überfüllt. Die Vorgeschichte dieser Verräterei» die so schwere Folgen im deutschen Gcwerkschaftsleben hervorrief, ist im allgemeinen bekannt. Im Mai wurde der bestehende Tarff für das Rohrlegergewerbe von den Arbeitgebern gekündigt. Das war für Wiesenthal Anlaß, seine Person in den Vordergrund zu schieben und seine wahren Gefühle in die Tat umzusetzen. Flugs wandte er sich an die Arbeitgeber und teilte diesen mit, daßseine Organisation" bereit sei, ihre Wünsche für einen neuen Tarif zu übermitteln. Der alte Tarif wäre am 1. September d. I. abgelaufen. Die Arbeitgeber legten nun einen von ihnen ausgearbeiteten Tarif vor, der aber für die Arbeitnehmer bedeutende Verschlechterungen enthielt. Darauf er- klärte sich die Organisation des Deutschen Metallarbeiterverbandes, wenn die Unternehmer diesen Tarif mit den Verschlechterungen zurückzögen, bereit, den alten Tarif auf ein Jahr zu verlängern. Die Vertreter der Arbeitgeber wollten erst mit ihren Auftrag- gebern Rücksprache nehmen. Das Resultat war der genannte für die Arbeiter äußerst ungünstige Tarif, der ihnen zur Anerkennung vorgelegt wurde. Während der Deutsche Metallarbciterverband diesen Vertrag ablehnte, geschah das Unglaubliche, der Wiesen- thalsche Verband nahm denselben glatt an. Jene legten die Arbeit nieder, in dem Bewußtsein, ihre Rechte und Errungenschaften zu verteidigen. Wiesenthal und Konsorten da- gegen wirkten auf ihre Anhänger ein, weiterzuarbeiten. Das war bewußter Streikbruch. So sehen wir nun in Berlin daS traurige Bild, wie ein Teil Arbeiter sich von einem Manne zum schlimmsten Vergehen, das die organisierte Arbeiterschaft kennt, verleiten läßt, von einem Manne, der, wie Genosse Ritter gestern unter lebhaftem Beifall ausführte, in seiner EntWickelung noch gar nicht abgeschlossen hat, und von dem man noch nicht vorhersagen kann, wo er einst enden wird. Es wurden zahlreiche Fälle bekundet, wo Wiesenthal oder seine Helfer an gesperrte Firmen Arbeiter vermittelte oder zu vermitteln suchte. Das ist bezeichnend sowohl für diesen Muster- Gewerkschaftsführer als auch für seine würdigen Genossen. In sämtlichen Versammlungen brach mit spontaner Heftigkeit der berechtigte Unwille über ein derartiges Gebaren hervor. Auch die Diskussion bestätigte, daß man dieses Vorgehen richtig zu wür- digen versteht. Der Häuptling des All gemeinen Metallarbeiter­verbandes war, so weit wir die Versammlungen überblicken konnten, nirgends anwesend. Bei Kliems, wo Genosse BöSkc bor einer äußerst zahlreichen Zuhörerschaft Wiesenthals Verhalten zerpflückte, versuchten einige Wiesenthaler Unruhe hervorzurufen. ImBern- hard-Rose-Thcater" kennzeichnete Genosse Wels unter stürmischem Beifall vor elfhundert Personen den«Allgemeinen Metallarbeiter- verband" und seine geistigen Häupter. Dannenberg , der noch zu retten suchte, was nicht zu retten war, mußte dem stürmischen Protest der Versammelten weichen. So zeigte die Berliner Arbeiter- schaft, daß sie mit der Wiesenthalschen Maulwurfsarbeit nichts zu schaffen haben will upd jederzeit in der altbewährten freien Arbeiterbewegung ihre einzige und beste Vertretung sieht. Folgende Resolution wurde in allen 10 Versammlungen an« genommen: Die am 7. September 1903 stattfindende öffentliche Gcwerk. schaftsversammlung spricht ihr ticfftes Bedauern darüber aus, daß es dem schändlichen Treiben einiger gewissenloser Tema- gogen gelungen ist, einen Teil der Berliner Rohrleger und Helfer vom geraden Wege abzubringen und sie zum Verrat an ihren Berufsgenossen zu verleiten. Die Versammlung erblickt in dem Verhalten der Wiesen- thaler, der Hirsch-Dunckerfchen, der Christlichen und der Gelben eine schwere Schädigung der allgemeinen Arbciterintercsscn, wie es schlimmer bisher in der Arbeiterbewegung noch nicht zu ver- zeichnen war. Die Versammelten verpflichten sich, jeden Rohr - leger und Helfer, der zurzeit ohne die vom Deutschen Metall- arbeiterverboud. dem Verband der Schmiede und dem Kupfer» schmiedeverband ausgegebenen Berechtigungskarten arbeitet, an seine Pflicht zu mahnen, die darin besteht, sich den zurzeit strei- tenden Rohrlegern und Helfern anzuschließen, und damit Ldn gemachten Fehler wieder gut zu machen. Diejenigen Rohrleger und Helfer, welche dieser Aufforderung nicht folgen, laden mit Recht den Vorwurf des StreikoruchS auf sich und müssen sich gefallen lassen, daß sie dementsprechend von jedem ehrlichen Arbeiter behandelt werden. Die Versammlung spricht auch ihr Bedauern darüber auS, daß der Vorsitzende des Berliner Gewerbegerichts bei dem schab. lichen Treiben der oben bezeichneten Vereinigungen mitgewirkt hat."__ Letzte JVadmcbten und Depefcben« Eisenbahnunfall. Brüssel, 7. September. (B. H. ) Im Südbahnhof stieß eine Lokomotive mit großer Gewalt gegen eine Anzahl mit Passagieren besetzte Personenwagen. Hierbei wurden fiebc» Personen verletzt, darunter mehrere schwer. Unter den Verletzten befindet sich auch eine Dame, welche kürzlich bei der Eisenbahnkatastrophe von Contick ebenfalls verletzt worden war. Der Materialschaden ist bedeutend. Englischer GewerkvcreinS-Kongreß. Nottingham , 7. Sept.(W. T. 23.) Der Gewerkvereins-Kongreß, auf welchem 1 750 900 Arbeiter vertreten sind, wurde heute mit einer Ansprache seines Präsidenten des Parlamentsmitgliedes Shackleton eröffnet. Der Präsident behandelte in seiner Rede die Frage der Arbeitslosigkeit und empfahl als Heilmittel die Verminderung der Arbeitsstunden. Auch forderte er dazu auf, daß alle auf Herab- setzung der Altersgrenze für den Bezug der Alterspension hinwirken sollten. Ferner machte er den Vorschlag, die englische Regierung möge die Abhaltung einer internationalen GewerkvereinS-Konferenz in London anregen, auf welcher alle europäischen Regierungen und die Vereinigten Staaten von Amerika vertreten sein sollen. Eine unangenehme Ueberraschung. vorgom, 7. September. (Meldung der Petersburger Telegraphen- agentur.) Beim Oeffnen eines an den Gutsverwalter Ingenieur Goetz adressierten Postpakets erfolgte eine Explosion. Zwei Söhne des Verwalters der elektrischen Station, welche mit dem Oeffnen des Pakets beschäftigt waren, wurde» verletzt. entrüsten stck) oie c2cl,arfmaciier mir-vortieoe uoer oie sromra». Mehrheit. Der Kongreß von Bologna entschied sich mit 114 wu PaketS beschattigt waren, wurvea verieyr._ Berantw. Redakteur: HanS Weber, Berlin . Inseratenteil verantw.i Tb. Glocke. Berlin . Druck u.Verlaa:VorwärtsBuchdr.u.BerIagSanstalt Paul Singer L:CoBerlinL1V. Hierzu 3 Beilagea u.U-terbaltuagSbl