tirdentlich tiefen Eindruck diese Sechsdreierenirüstung duf mich macht. EZ ist eine Auffassung, die sehr bezeichnend ist und in den Ausführungen Timms besonders scharf zum Ausdruck kam. daß man den größten Frevel begeht, wenn man die sogenannten„füh- renden Parteigenossen" angreist. In der Budgetbewilligung sollten ja diese„führenden Parteigenossen" plötzlich nicht mehr die„fuh- renden. Genossen" gewesen sein, da sollten sie geschoben worden sein von den Massen. In allen übrigen Tingen aber sind sie die„füh- renden Parteigenossen". Man kann— wie die letzten Wochen be- wiesen haben— die Grundsätze der Partei preis- geben, man kann auch auf Parteibeschlüsse pfeifen. nian kann'ogar mit der Sprengung der Partei drohen, aber wenn man ein scharfes Wort gegen die Personen, gegen die heiligen Parlamentarier schreibt, dann ist Matthäi am letzten. Tas bezeichnet man eben als parlamentarischen Kretinismus. Ich will noch hinzufügen, daß ich allen diesen Genossen, die hier den Ton und die Art und Weise der„Leipziger Volkszeitung " besonders hervorgehoben haben, von Herzen dankbar fein kann, vielleicht auch im Namen des Verlages, für die Reklame, die sie der Zeitung gemacht haben.(Eisner: Also deshalb!) Ob Sie es deshalb gemacht haben, weih ich nicht!(Heiterkeit.) Jeden- falls wird das der Erfolg sein, und mir können Sie keinen besseren Empfehlungsbrief nach Leipzig mitgeben, als wenn von den Budget- bewilligern in dieser Weise über die Zeitung hergefallen wird. Ich würde glauben, meine Pflicht verletzt zu haben, wenn in einer Diskussion über die grundsätzlichen Anschauungen der Partei von den Revisionisten nicht über die„Leipziger Volkszeitung " geschimpft werden würde.— lind nun zur Sache. Frank sagte, das Ganze fei ein echter, deutscher Streit um eine leere Zeremonie, eine verhältnismäßig gleichgültige Sache. Gleichzeitig aber sagt er: Gebt Ihr uns in dieser absolut gleichgültigen Sache nicht recht, so drohen wir mit Sprengung der Partei!(Sehr gut!) Timm sprach von einem mutwillig heraufbeschworenen Parteikonflikt. Gewiß, dieser Konflikt ist mutwillig heraufbe- schworen worden— aber von den süddeutschen Budgetbewilligern. (Sehr gut!) In der Fraktionssitzung der bayerischen Landtags- fraktion wies Genosse Segitz darauf hin, welch große Empö- rung und Erbitterung über diese plötzliche Budgetbewilligung aus- brechen würde.(Eisner: Nicht Empörung, sondern Krakeel!) Er hat gesagt, er sei ja im Herzen für die Bewilligung, aber er rate von diesem Schritte ab, weil er diese Parteiauseinandersetzungen (Zurufe: Krakeel!), diesen Parteikrakccl, jawohl! voraussah. (Degitz: Den Sie gemacht haben!) Sie sahen allerdings den Kra- keel kommen und haben ihn nicht vermieden.(Segitz: Sie haben ihn aber gemacht!) Wenn dieser Schritt in Süddeutschland eine so außerordentliche Bedeutung gehabt hat, so paßt das schlecht zu der Tatsache, daß die Gesamtpartei von der Minorität der Süd- deutschen vor eine vollendete Tatsache gestellt wurde, daß mau hier auf dem Parteitage uns die Pistole auf die Brust setzt und sagt: Wenn Ihr, die Majorität, Euch nicht unterordnet, werdet Ihr sehen, daß wir uns nicht fügen. Wenn die Süddeutschen der Ansicht waren, daß die Lübecker Resolution nicht zu halten wäre, dann hatten sie, falls sie loyal vorgehen wollten, die Verpflichtung, offen zu erklären: wir stellen den Antrag, daß der Partei- tag sich mit der Sache beschäftigt. Dann hätten wir eine ruhige und sachliche Debatte über die Frage gehabt.(Zurufe: Na! Na!) Es gibt keinen Programmpunkt, über den wir nicht jederzeit zu diskutieren bereit sind, aber was bei den Massen eine so außerordentliche Erbitterung hervorruft, ist der Bruch der TiS- ziplin, die bisher die Größe unserer Partei gelvesen ist. Frank sprach von dem— wie er selbst sagte— rohen Gleichnis von der Frau, die man schütteln solle. Das Verhältnis der Süddeutschen zur Partei scheint mir auch ein eheliches zu sein, aber anderer Art, indem die Süddeutschen in der Form mit der Partei verheiratet sind, daß sie sagen: Wenn wir beide, die Ge- fernt pariei und die Süd deu t schc n, einig sind, gilt Eure D! einung, wenn wir nicht einig sintz, gilt unsere Meinung.(Heiter- keit.) So haben Sie in der Praxis ihre Politik betrieben. Unter allen Umständen»varne ich vor der Resolution Jrohme. Wenn wir hier, wo auf dem Parteitag die Partei gewissermaßen von den Süddeutschen durch die Drohung mit der Sprengung terrorisiert werden soll, jetzt durch die Annahme der Resolution Frohme nachgeben, so ist es meine feste Ueber- zeuaung, daß dann die inneren Kämpfe in der Partei erst losgehen.(Sehr richtig!) Deshalb bitte ich Sie. unter keinen-Umständen einer Schwächung der Vorstandsreso- lution ihre Zustimmung zu geben.(Beifall.) Weih-Marktredwitz : Wir, die wir aus einer der zurückgebliebensten Gegenden sind, hätten unsere bayerischen Abgeordneten nicht verstanden, wenn s r e gegen das Budget gestimmt hätten. Und wir stützen hier unsere Abgeordneten. Mit den Brandreden will man nur Erregung in die Partei bringen. Es ist unbegreif- lieh, wie unsere Parteiblätter an diese rein taktische Frage soviel Raum verschwenden. Wir Parteigenossen in dem entlegenen Winkel klagen immer darüber, daß man unseren Einsendungen so wenig Beachtung schenkt. Franks hat zutreffend auf das Streben der Arbeiter nach Tarifverträgen hingewiesen. Bei uns in der bayerischen Oberpfalz mutz erst die GewerischaftSorgani- sation ausgebaut werden, che die Partei Fuß fassen kann. Wird die Vorstandsresolution angenommen, dann werden die christlichen Agitatoren mit dem Parteiprotokoll in der Hand gegen uns losgehen, und dann haben unsere Gegner, besonders das Zentrum, eine wirksame Waffe gegen uns. Die Norddeutschen kennen unsere Verhältnisse nicht, sonst würden sie anders urteilen.(Lebhafte Zustimmung der Süddeutschen.) Genosse Westmeyer hat einen Antrag gestellt, den er zur Ablehnung empfohlen hat. Mir ist etwas Derartiges noch nicht vorgekommen.(Lebhafte Zustimmung der Süddeutschen.) Man glaubt, die Süddeutschen mit einem der- artigen Antrag verhöhnen zu können und verhöhnt den ganzen Parteitag.(Lebhafte Zustimmung der Süddeutschen.) Da hätte der Vorsitzende eingreifen müssen.(Beifall der Süddeutschen.) Grillenberger, und ich bekenne mich mit Stolz als seinen Schüler, stand auf dem Standpunkt: jeden Vorteil für den Arbeiter nehmen wir, und wenn er vom Teufel kommt. Wenn bei uns die Leute mit 1,70 M., mit 2 M. Tageslohn dasitzen, wäre es geradezu un- verantwortlich, wenn unsere Abgeordneten anders gestimmt hätten. Die Gegner der Budgetbewilligung sollten sich lieber etwas mehr um die Landagitation kümmern, statt hinter allen Dingen Partei- verrat und Disziplinbruch zu wittern. Wir verlangen Ablehnung der Borstandsresolution und die Weitergeltung der Lübecker . Singer: Der Vorredner meint, der Vorsitzende hätte den Antrag West- meyer nicht zulassen müssen. Der Vorsitzende ist verpflichtet, nach der vom Parteitag beschlossenen Geschäftsordnung zu handeln. (Sehr richtig!) Wie ich persönlich über den Antrag denke, darüber habe ich Westmeyer keinen Zweifel gelassen. Nachdem er aber formell eingebracht war, hatte ich die Verpflichtung, ihn zur Unter- stützung zu stellen. Von dieser Verpflichtung, jedem einzelnen Mitgliede des Parteitages das ihm zustehende geschäftSordnungs- mäßige Recht zu gewähren, werde ich mich durch keinen Umstand abbringen lassen.(Beifall.! Der Vorsitzende ist dazu da, jedes Mitglied des Parteitages und seine Rechte, die ihm die Gesaml- Partei gegeben hat, zu schützen. Seine Privatmeinung über be- stimmte Vorgänge kann ihn nicht veranlassen, von dieser Ver- pflichtung eines loyalen Vorsitzenden abzugeben. Ich werde wenigstens keinen Schritt davon abweichen.(Beifall.) Im Übrigen habe ich mitzuteilen,. daß derAntrag Westmeyer zurückgezogen ist.(Lachen bei den Süddeutschen.) Huber-Landshut(zur Geschäftsordnung): Der Vorsitzende hat korrekt gehandelt, aber ich meine, derartige Resolutionen, die uns lächerlich machen vor den Bürgerlichen, dürfen nicht wieder ein- gebracht werden.(Beifall.) Singer: Ich bleibe bei meiner Ansicht stehen, und wenn Sie einen Porsitzenden haben wollen, der die Rechte eines einzelnen Mitgliedes verletzt iind BestimMNgM der Geschäftsordnung nicht aufrecht erhält, müssen Sie einen anderen Vorsitzenden wählen. Dr. David(zur Geschäftsordnung): Ich bin der Meinung, daß es keine Verletzung des demokratischen Prinzips ist, wenn der Vorsitzende Anträge, denen es auf die Stirn geschrieben ist. daß sie eine Verhöhnung eines Teiles des Parteitages und damit des ganzen Parteitages zum Zwecke haben, zurückweist.(Lebhafte Zu- stimmung der Süddeutschen.) Singer: Ich für meine Person lehne es ab, mich über den Parteitag zn stellen. Damit schließt die Geschäftsordmliigsdebatte, Zubeil: Wie schlecht die Sache der Budgeibewilliger stehen muß, hat die Tatsache bewiesen, daß alles Mögliche und Unmögliche heran- gezogen wird, um darzutun, daß auch selbst in der st ä d t> s ch e n Vertretung, vor allem in Berlin gegen die Be- schlösse des Parteitages verstoßen wird. Diese unwahre Behauptung ist aufgestellt, obwohl der„Vorwärts" sie ganz energisch zurückgewiesen hat. Singer blickt auf 25 Jahre Stadtverordnetentätigkeit zurück. Noch zu keiner Zeit bis zur heutigen Stunde haben die sozialdemokratischen Stadtverordnete!, dem Budget ihre Zustimmung gegeben.(Zuruf von den Süd- deutschen: Auch nicht dagegen gestimmt!) Schon 18t)0 hat Vogtherr unsere Stellung dahin zum Ausdruck gebracht:„Da der Etat einer jeden Stadt nicht allein eine bestimmte Aufstellung von Zahlen sein, sondern gewissermaßen ein Gesamtbild der Verwaltungsart und des Verwaltungsprinzips und da wir mit einzelnen dieser Prinzipien nicht einverstanden sind, können wir den Gesamtetat als solchen nicht annehmen."(Hört! hört!) Diese Stellung ist bis zum heutigen Tage nicht geändert.(�Zuruf: Sie haben noch in keiner namentlichen Abstimmung abgelehnt.) Sie kenne,, nicht unsere Geschäftsordnung, sonst würden Sie wissen, daß über unseren Etat nur positiv ab- gestimmt werden kann und wir eine Gelegenheit zur namentlichen Abstimmung nicht haben. Aber städtische Etats können mit staatlichen nicht verglichen werden.(Zn- stimmung.) Sie sehen also, in welcher Weise alles versucht wird. den Disziplinbruch zu beschönigen.(Beifall.) Sie klagen über den Ton in der Presse und den Berliner Verhandlungen. Die süd- deutschen Vertreter in den Landtagen mögen sich gratulieren, daß Timm nicht mehr bei uns in Berlin ist.(Sehr gut! und Heiterkeit.) Timni gehörte auch schon zur Henkerkommisiion.(Zuruf: War Vorsitzender.) Und Frank mag sich gratulieren, daß Timm nicht in Berlin war, als er am Leichenbegräbnis deS Großherzogs teilnahm. Timm hat damals auch drei Stadtverordnete gehäugt, die beim Begräbnis Forckenbecks dabei waren. Welch ungeheure Wand- lunz, wenn man von dem Norden nach dem Süden kommt! (Heiterkeit und Sehr gut!) Erstaunlich, welche Wandlung einzelne Parteigenossen und besonders damals unser fast zum Anarchismus neigender Timm durchgemacht haben. Ich glaube, im Namen der Berliner Parteigenossen und wohl auch der weiften aus der Provinz Brandenburg sagen zu können: Wir stehen auf de»: Bode» der Vorstandsrcsolution.(Zuruf: Geschlossen?) Ich wollte nicht mehr sagen, als ich verantworten kann: wir stehen geschlossen auf dem Standpunkt der VorstandSrcsolutio». Wir sagen, das ist das wenigste, was ajngenommcii werden kann und darf. Der Parlamentarismus darf nicht Selbstzweck sein. Aber hier stellen sich me Parlamentarier über die Masse. Der„Vorwärts" mag manches scharfe Wort geschrieben habe». Aber jedenfalls hat er seine Schuldigkeit getan in der Aufklärung über den Standpunkt auf beiden Seiten. Aber im Süden hat man diese Aufklärung verweigert.(Widerspruch Eis- uers.) Nein, Sie haben die Aufklärung des Nordens zum großen Teil ihren Lesern unterschlagen.(Unruhe und Zustimmung! Eisner: Und Rosa Luxemburg ?) Rosa Luxemburg wird sich schon selbst verteidigen.(EiSner: Ich meine den Artikel von Rosa Luxemburg in der„Tagespost ".) Ihre Stellung hat sich seit Berlin in unbegreiflicher Weise geändert. Berlin standen Sie»och auf meiner Seite gegen die Proportionalität. Sie scheinen sehr wandlungsfähig zu fein.(Beifall und Lachen.) Wenn man einen Ton anschlägt, wie heute Morgen die„Münchener Post" wider die Berliner, dann darf man sich nicht über den Ton auf der anderen Seite beschweren. Sie haben uns gestern zugerufen: Unan- nehmbar. Gut', tragen Sic die Konsequenzen, wir gehen keinen Schritt zurück. Engler- Freiburg : Geck hat sich sehr darüber aufgeregt, daß mau dem Partei- vorstand in bezug auf seine Resolution die Ehrlichkeit abgesprochen habe. Ich weih nicht, wer das getan hat. Aber ich glaube, aus unserer Seite kann man sich mit viel mehr Recht darüber beklagen. Ich bestreite entschieden, daß unsere Genossen im badischen Land- tag Schuldenwirtschaft befürwortet haben. Was Kolb u. a. ver- langt haben, sind Anleihen, da der Staat aus laufenden Mitteln notwendige Kulturaufgaben nicht erfüllen kann. Das tun wir in Städten und anderswo auch. Was hat das aber mit der Frage der Budgetbewilligung zu tun? Ich bin auch nicht mit allem einverstanden, was die Genossen im Parlament im einzelnen tun. Meinungsverschiedenheiten wird es immer geben. Geck war zur Stuttgarter Konferenz eingeladen, er ist dringend gebeten worden, zu kommen, und ist nicht gekommen. Das ist eine Methode, die er immer anwendet. Er zieht sich zurück im Moment der Eni- scheidung, und hinterher kommt er und kritisiert, und er ist der- jenige, der den Parteivorstand informiert, der in der unwahrsten Weise den„Vorwärts" und die«Leipziger Volkszeitung " in. formierte.(Unruhe.) Darüber werden wir auf dem badischcn Parteitage noch ein ganz ernstes Wort zu reden haben. Dann muß ich mich mit aller Entschiedenheit gegen das Märchen wenden, daß unsere Abgeordneten nicht die Parteigenossen hinter sich haben. Ich erkläre, daß mindestens LS Prozent der badischen Partei- genossen hinter ihren Abgeordneten stehen, und wo ich hingekommen bin in den ersten Tagen nach der Budgetabstimmung— und ich habe in den Versammlungen nicht darüber gesprochen—, haben mir die Genossen, die in der Kleinagitation tätig sind, erklärt: Endlich ist mit diesem System gebrochen worden. Die Vorstandsresolution ist nicht nur für die Abgeordneten, sondern auch für uns unannehmbar, und selbst, wenn ich ein Gegner der Budgetbewilligung wäre, wäre ich ein ebenso scharfer Gegner dieser Resolution. Ich bin überzeugt, eswirdauchin der Folgezeit in den süddeutschen Staaten in den meisten Fällen das Budget verweigert werden. Aber eine solche Politik mutz aus der Ueber- geugung hervorgehen und nicht durch Parteitags- bcschluß vorgeschrieben sein, sonst verliert sie jeden Wert. Der Parteivorstand sollte so konsequent sein wie die„Leipziger Volkszeitung ". Weg mit dem Ausnah», cpassus, denn der sagt nur. daß der Parteivorstand selbst der Meinung ist, es kann Ausnahmen geben, daß er aber nicht den Mut hat, diese Konsequenzen zu ziehen. Wir sagen, es müssen Ausnahmen zu- gelassen werden, und die Entscheidung ist den Landesorganisationen zu überlassen, denn die Ausnahme, die hier in der Resolution benannt ist, gibt es nur in Hessen . DaS ist keine Ausnahme, das ist eine Spalte, aus der man nicht hinauskann. Daß Mißstände bestehen, haben wir gewußt, auch ehe Westmeyer und andere das gesagt hatten. Auch wir wußten, daß 1000 Mark kein Gehalt ist. mit dem man im Ueberfluß leben kann, aber wir wollen die Zu- stände verbessern, und die Art. in der wir es tun können, muß von hier und nicht von Berlin aus beurteilt werden Auch die sächsische Taktik ist manchen unserer Genossen befremdlich vor- gekommen, aber wir haben uns gesagt, daß Leute am Orte sind, die es schon selbst wissen werden. Es gibt da manche Dinge bei solchen Fragen, die bestimmend sind, übe- die man aber in der Ocfsciitlichkeit nicht gern spricht.(Sehr richtig!) Wir verlangen dasselbe Recht. Ich will mir kein Urteil über die Taktik bei den preußischen Landtags wählen an- maßen. Aber das badische Wahlrecht hätten wir mit dieser Taktik niemals erreicht. Manche Ausführungen der Genossin Zetkin und des Genossen Westmeyer kamen mir so vor» als wenn e!n Huhn, das Entchen ausbrütet, einen Schreck bekommt, wenn es sieht, wie sie davonschwimmeii. Seien sie ganz ruhig, die Entchen ersaufen nicht, und wir verfallen nicht in eine kleinbürgerliche Politik, sondern wir werden immer eine ganz klare A r b e i t e r p o l i t i k treiben. (Sehr gut! bei den Süddeutschen.) ES ist eine Beleidigung, wenn gesagt wird, wir treiben eine Politik, der freisinnigen gleich. Diese haben in allen einzelnen Fällen Kompromisse geschlossen, sie haben Gesetzesbestimmungen verschlechtert. Unseren Genossen kann man nicht den Vorwurf machen, daß sie bei irgendeinem Gesetz gegen das Programm gestimmt haben. Wenn wir aber das Recht in Anspruch nehmen, in der Gesa mtab stimmung für das Budget zu stimmen, so tun wir cS, um uns nicht um den ganzen agitatorischen und damit auch organisatorischen Erfolg unserer Tätigkeit bringen zu lassen. Die Auseinaudersetzunqen zwischeu Berlin und tzildeubrand erwecken den Schein, als hän�e die Vernichtung des Klassenstaates wesentlich von der Taktik der Ab- stimmung ab. Daß es in Gotha etwas anderes ist als bei uns. das sind wir ja gewöhnt. Es ist bei uns in unserer Partei zum Teil der Grundsatz eingeführt: Wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht immer dasselbe, und wir Badenser sind ganz besonders ge- wöhiit, unter scharfer Kontrolle zu stehen. Westmeyer sagt: Haben wir nicht gegenwärtig so und so viel Arbeiter brotlos? Das weiß niemand besser als ich, der ich fast andauernd auf der Agitationstour draußen in den Jndustriegegenden bin. Aber wollen Sie die Abstimmung über das Budget davon abhängig machen, ob wir in einer hohen Konjunktur oder in einer Krisis leben? Sie verlassen damit den Boden des Klassenkampfes szenau so, wie angeblich wir. Daß Blätter, die nur 4- oder Gseitig erscheinen, die ganzen Artikelserien des„ Vorwärts" abdrucken, werden Sie doch nicht verlangen.(Beifall bei den Süddeutschen.) Merkel-Nürnberg: Was Timm gestern und andere über die Schreibweise des„Vor- wärts" und der„Leipziger Bolkszeitung" gesagt haben, unterschreibe ich voll und ganz. Wo soll das hinführen i» unserer Partei, wenn sich einzelne Partciblätter oder Genossen herausnehmen, andere Genossen, die in einer Frage abweichender Meinung sind, derartig zu behandeln? Aber wenn man den einen verurteilt, wird das Unrecht des anderen noch nicht zum Recht. Es war auch nicht ganz richtig, wenn die„Münchener Post" in fast gleicher Weise ant- wortete und die„Fränkische Tagespost" nicht einen Tadel dafür gefunden hat. Wenn die„Münchener Post" die Süddeutschen auf- gefordert hat, zu erwägen, ob man den Parteitag überhaupt bc- schicken wolle, so ist das auch ein F a u st s ch l a g ins Gesicht der ganzen Partei, und dagegen hat man in keinem der süd- deutschen Blätter etivas gefunden. Der Parteitag kann nicht Be- schlösse fassen für alle Zeiten. Es mutz eine Zeit kommen, wo wir auch dem Standpunkt unserer Vertreter in de» süddeutschen Par- lamenten Rechnung tragen müssen. Aber heute ist die Zeit noch nicht gekommen. Mindestens muß ein Teil des zweiten Teils un- scre» Programms erst in Erfüllung gegangen sein, dann läßt sich darüber reden. ES ist dann weiter gesagt worden, in Süddeutsch- land, besonders in Bayern hätten wir die Gleichberechtigung. Das habe ich in Bayern bisher nicht gefunden.(Hört! hört!) Dann wird darauf hingewiesen, daß die bayerischen Staatsarbeiter das Koalitionsrecht hätten. Aber haben wir es bisher nicht in allen Versammlungen gesagt: Die deutsche Arbeiterschaft hat das Koalitionsrecht, aber mit dem Galgen des§ 153 daneben?(Sehr gut!) Das gilt auch für Süddeutsch- land. Hat nicht der bayerische Verkehrsminister erklärt: Ein Kdalitionsrecht haben die Staatsarbeiter wohl, aber kein Streilrecht?(Hört! hört!) Ein Recht, von dem man keinen Gebrauch machen kann, ist ein Messer ohne Klinge.(Sehr gut!) Wenn man das eine sagt, sollte man auch das andere sagen. In der nächsten Umgebung Nürnbergs ist ein Genosse in die Schulkommission ge- wählt, aber ebenso wie Singer nicht bestätigt worden. Der Bezirksrat hat ihn nicht anerkannt, weil er Sozial- d e m o l r a t ist. Und dieser Beschluß ist vom Ministerium be- stätigt worden.(Hört! hört!) Sieht die Gleichbercchtiqung so aus? In der„Tagespost " ist der Fall lang und breit besprochen worden. Wie da die Genossen von unserer Gleichberechtigung in Bayern sprechen können, das weiß ich nicht.(Lebhafte Zustimmung.) ES liegt gar kein Anlaß vor, der Regierung ein Vertrauensvotum auszustellen. Nun sagt man freilich, die Budgetzustimmung sollte kein Vertrauensvotum sein, aber die Lübecker Resolution bezeichnet eine solche Zustimmung als Vertrauensvotum. Und solange Parteitagsbeschlüsse bestehen, hat man auch d i e Pflicht, sie einzuhalten ob sie einem gefallen oder nicht.(Lebhafter Beifall.) Dann wird weiter behauptet, die Löhne der Staatsarbeiter seien erheblich auf- gebessert worden. Auch das kann ich nicht zugeben. Ich will die Zahlen Timms nicht bestreiten aber hinzugefügt muß werden, daß er das Mindesteinkommen der StaatSarbeiter gar nicht dargelegt hat. Alle diese Arbeiter müssen erst S— 10 Jahrelang in, Tagelohn arbeiten. Dann erst kommen sie in den Genuß deS StaatsarbeitergchaltS.'(Lebhaftes Hört! hört!) Im vorigen Jahr ist zugesagt ivorden, daß die Tagelöhner dem orts- üblichen Tagclohn entsprechend bezahlt werden sollten, aber noch Taufende von Staatsarbeitern sind vorhanden, denen der ortsübliche Tagelohn nicht gewährt ist. (Lebhaftes Hört! hört!) Und in einer Zulage von 20 Pfennig liegt auch keine Ursache, ein Vertrauensvotum zu erteilen. Die Privatindustrie ist ja bereits viel weiter. Auf den Fall Rotzhaupter wird hingewiesen, aber weil einmal kein Ausnahmcrecht gegen uns angewendet ist, weil man uns einmal so behandelt hat, wie man sonst alle Parteien behandelt, deshalb wird man doch kein Ver- trauensvotum zu erteilen haben. Schließlich wird noch behauptet, daß mit Rücksicht auf das Krebsen der Gegner mit unserer Ab- lehnung des Budgets die Zustimmung gerechtfertigt werde. Ich kann wohl sagen, daß ich sehr oft aufs platte Land kam, vielleicht häufiger als Weill, aber ein derartiger Vorwurf sei- tens der Gegner ist mir überhaupt noch nicht vor» gekommen.(Hört! hört!) Wir haben Schwabach -Altdorf er- obert, obwohl die Liberalen mit unserem angeblich negierenden Standpunkt operiert haben.(Zuruf: Also ist Ihnen ein solcher Vorwurf doch schon vorgekommen!) Aus alledem geht hervor, daß keine Ursache vorliegt, das Budget zu bewilligen, Rauch- Hannover: Zunächst habe ich eine Erklärung im Namen der hannotzerschen Delegation zu geben. Aus den Darlegungen der Genossen Timm. Frank, Hildenbrand und Simon haben die elf Delegierte» deS Agi- tationsbczirks Hannover die Ueberzeugnng gewonnen, daß die Zu- stimmung zum Budget in Bayern . Baden und Württemberg erfolgt ist, nicht, wie der Genosse Eichhorn meint, im bewußten Gegensatz zur Lübecker Resolution, sondern in dem Bewußtsein, damit im Sinne des Lübecker Be- schlusfeS.zu handeln.(Beifall bei den Süddeutschen.) Das Gegenteil ist bis jetzt nicht � bewiesen worden. Wir sind überzeugt, daß ein Disziplinbruch nicht vor- liegt. Aus diese r Ueberzeugu Ii g heraus lehnen wir die Resolution glatt ab. Wir lehnen sie ab weil sie einen unberechtigten Tadel ausspricht und insbesondere deS- halb, weil nach den Ausführungen der Vertreter der Mehrheit der süddeutschen Delegierten eine Spaltung zu befürchten ist, deren Unheil vielleicht in ganz Deutschland für die gesamte Arbeiterbeweguiig sich niemals wieder gut machen ließe. Wir können und wollen nicht dazu die Hand bieten, daß das mühevoll Erreichte auf Jahre hinaus gefährdet, ja geradezu vernichtet wird und den Genossen die Freude an der Mitarbeit verclelt wird.(Sehr richtig I) � Deshalb lehnen wir auch den Antrag Schöpflin und jede Bcrschärsung der Resolution ab.(Beifall bei den Süddeutschen.) Ich habe noch zu erklären, daß wir über die Art der Polemik, wie sie von einigen Parteiorganen in Norddeutschland
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