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Nr. 51.

Grscheint täglich außer Montags. Brets pränumerando: Viertel­jährlich 8,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg fret in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Belt" 10 Pfg. Poft- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Streuz­band: Deutschland u. Defterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post- Zeitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6709,

Vorwärts

10. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzetle oder beren Raum 40 Bfg., für Vereins- und Berfammlungs- Anzigen 20 fg Inferate für die nähfte Nummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in ber Expedition abgegeben werden. Die Expedition it an Wochen tagen bis 7 Ubr Abends, an Sonn­und gefttagen bis 9 Uhr Bors mittags geöffnet.

fernfpre- nrdlus Amt 1, Mr. 4186.

Berliner Bolksblatt.

Bentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Europa abrüffen?

I.

Seit fünfundzwanzig Jahren rüstet ganz Europa in bisher unerhörtem Maße. Jeder Großstaat sucht dem andern den Rang abzugewinnen in Kriegsmacht und Kriegsbereit schaft. Deutschland , Frankreich , Rußland erschöpfen sich in Anstrengungen, eines das andere zu überbieten. Gerade in diesem Augenblick muthet die deutsche Regierung dem Volt eine neue, so gewaltsame Kraftanspannung zu, daß selbst der gegenwärtige sanfte Reichstag davor zurückbebt. Ist es da nicht Thorheit, von Abrüstung zu reden?

Und doch rufen in allen Ländern die Volksklaffen, die fast ausschließlich die Masse der Soldaten zu stellen und die Masse der Steuern zu zahlen haben, nach Abrüstung. Und doch hat überall die Anstrengung den Grad erreicht, wo die Kräfte- hier die Rekruten, dort die Gelder, am dritten Ort beide zu versagen beginnen. Giebt es denn feinen Ausweg aus dieser Sackgasse, außer durch einen Verwüstungs­Krieg, wie die Welt noch keinen gesehen hat?

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Ich behaupte: die Abrüstung, und damit die Garantie des Friedens, ist möglich, sie ist sogar verhältnißmäßig leicht durchführbar, und Deutschland , mehr als ein anderer zivilisirter Staat, hat zu ihrer Durchführung die Macht wie den Beruf.

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Mittwoch, den 1. März 1893.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

nicht zutrauen tönne. Bebel antwortete darauf, daß auch ein tüchtiger und intelligenter Mensch eine Dummheit machen und sich selbst verrathen könne.

eine ziemliche Anzahl junger Leute ein, die noch nicht oder überhaupt nicht den Strapazen des Dienstes gewachsen sind. Die englischen, hierin unparteiischen Offiziere, die den großen Manövern in der Champagne 1891 beiwohnten, abschrift des Briefes zugegangen, den der p. p. Schiff am Dem Genossen Bebel ist nunmehr die wort getrene und die hohe Tüchtigkeit der heutigen französischen Armee 14. Januar 1888 an einen feiner Kapitäne schrieb, und wir ver vollauf, und stellenweise bewundernd, anerkannten, berichten öffentlichen den Brief, weil er zeigt, daß das Behauptete nicht nur einstimmig, daß eine unverhältnißmäßig große Zahl junger wahr ist, sondern auch, mit welcher Kaltblütigkeit der p. p. Schiff Soldaten auf den Märschen und in den Gefechtsübungen die ganze Angelegenheit behandelt, und mit welch verhärtetem liegen blieb. Und in Deutschland haben wir zwar unsere Sünder wir es in der Person des p. p. Schiff zu thun haben. Reservebestände dienstfähiger Mannschaft noch nicht ganz Der einzige Frrthum, der in der Angelegenheit Schiff mit unter erschöpft, aber dem abzuhelfen, ist ja gerade die neue Militär- lief, betrai das Jahr des Ereignisses. Man nahm an, daß die vorlage da. Kurz, auch in dieser Beziehung stehen wir vor seien, während dies schon im Jahre 1888 geschah. beiden Schiffe mit ihrer Mannschaft im Jahre 1892 untergegangen der Grenze der Leistungsfähigkeit. Der Brief des p. p. Schiff lautet:

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Nun besteht gerade die moderne, die revolutionäre Seite des preußischen Wehrsystems in der Forderung, die Kraft jedes wehrfähigen Mannes für die ganze Dauer seines wehrfähigen Alters in den Dienst der nationalen Ver­theidigung zu stellen. Und das einzig Revolutionäre, das in der ganzen militärischen Entwickelung seit 1870 zu entdecken ist, liegt eben darin, daß man oft genug wider Willen sich genöthigt gesehen hat, diese bisher nur in der chauvinistischen Phantasie erfüllte Forderung mehr und mehr wirklich durchzuführen. Weder an der Länge der Dienstverpflichtung, noch an der Einstellung aller wehr­fähigen jungen Leute tann heute noch gerüttelt werden, am wenigsten von Deutschland , am allerwenigsten von der sozialdemokratischen Partei die im Gegentheil auch diese Forderung vollauf in die Praxis zu übersehen, in Deutsch­ land allein im stande ist.

Nach dem Kriege von 1870/71 war die Ueberlegenheit des Systems der allgemeinen Dienstpflicht mit Reserve und Land­wehr selbst in seiner damaligen verfümmerten preußischen Es bleibt hiernach nur noch ein Punkt, wo das Bes Gestalt über das System der Konskription mit Stellvertretung dürfniß nach Abrüstung den Hebel ansegen tann: die Länge endgiltig dargethan. Alle kontinentalen Länder nehmen es, der Dienstzeit bei der Fahne. Und hier liegt in der That mehr oder weniger modifizirt, an. Das wäre an sich kein der Punkt des Archimedes: Internationale Fest­großer Schade gewesen. Die Armee, die ihren Hauptrüd seg ung, zwischen den Großmächten des Rontinents, halt in den verheiratheten Männern mittleren Alters hat, des maximums der aktiven Dienstzeit bei ist von Natur weniger offensiv als die, start mit Einstehern der Fahne für alle Waffengattungen, meinetwegen - geworbene Berufssoldaten durchsetzte Konstriptions- zuerst auf zwei Jahre, aber mit dem Vorbehalt sofortiger armee Louis Napoleons war. Nun tam aber dazu die weiterer Herabsezung, sobald man sich von der Möglichkeit Annexion von Elsaß- Lothringen , die den Frankfurter überzeugt, und mit dem Milizsystem als End­Frieden für Frankreich ebensosehr zu einem bloßen Waffen- ziel. Und ich behaupte, daß gerade Deutschland vor allen stillstand machte, wie der Tilsiter Friede dies für Preußen berufen ist, diesen Antrag zu stellen, und daß Deutschland gewesen war. Und nun begann das fieberhafte Wettrüsten vor allen Vortheil daraus ziehen wird, daß es ihn stellt, zwischen Frankreich und Deutschland , in welches allmälig selbst wenn er nicht angenommen wird. auch Rußland , Desterreich, Italien hineingezogen wurden.

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Man begann damit, die Landwehrverpflichtung zu ver­längern. In Frankreich erhielt die Territorialarmee eine Reserve von älteren Leuten, in Deutschland wurde das zweite Aufgebot der Landwehr und selbst der Landsturm wiederhergestellt. Und so ging's weiter, Schritt um Schritt, bis die von der Natur gesetzie Altersgrenze erreicht oder gar überschritten war.

Dann wurde die Rekrutenaushebung verstärkt und die dadurch nöthig gewordenen neuen Ausbildungs- Kadres er richtet; aber auch hier ist die Grenze faft oder ganz erreicht, in Frankreich sogar schon überschritten. Die letzten Aus­hebungs- Jahrgänge der französischen Armee schließen bereits

Feuilleton.

Nadbrudt verboten.)

( 27

Die Laufbahn eines Nihilisten.

Von S. Stepniat. Autorisirte Uebersehung. Frei ins Deutsche übertragen von Bertha Braun. Sina hatte ein ebenso scharfes Wahrnehmungsvermögen für die Einzelheiten, wie Andrej. Der Unterschied ihres Charakters aber lag darin: Andrej konnte, wenn er mit wahrem Ernste bei einer Sache war, kühn bis zum Wahn­sinn sein, er brauchte aber Beit, um sich für das Unter­nehmen, auf das er sich einließ, zu erwärmen. Hindernisse machten ihn zunächst bedenklich. Sina dagegen, mit ihrer weit mehr erregbaren Natur, machte sich mit Feuereifer an ein Werk und behielt dieses Tempo bis zu Ende bei. Wenn sie zufällig an demselben Unternehmen betheiligt waren, ftritten fie immer.

Wohlan, wir wollen unser Glück versuchen," sagte Andrej. Wir müssen unser Bestes thun. Hinsichtlich der Wache habe ich eine Idee.... Ich muß aber selbst den Ort sehen. Sagen Sie mir, welchen Antheil Sie mir zu weisen wollen?"

Friedrich Engels .

Noch einmal der Fall Schiff.

Als in der Reichstags- Sihung vom 21. d. M. Bebel den Fall Schiff zur Sprache brachte, versuchte der Abg. Jebsen Zweifel zu erregen, daß der Rheder Schiff an einen seiner Kapitäne einen Brief geschrieben haben könne, in dem er sich selbst so bloßstelle. Herr Jebsen bezeichnete den Schiff als einen sehr tüchtigen und intelligenten Geschäftsmann, dem man eine solche Dummheit"

den Flüchtlingen hineinhelfen konnte nnd im stande wäre, sie im Nothfalle zu vertheidigen.

Is fleth, 14. Januar 1888. Lieber Rapitän Haverkamp! Ihre Briefe aus Adelaide nebst den Rimessen von 700 Bfb. Stert. habe ich s. 3. richtig erhalten und von allen Ihren Mittheilungen, worunter sehr wenig erfreuliche waren, Notiz genommen. Es wäre jest jedenfalls besser gewesen, hätte ich von Jquique angenommen; doch glaubte ich aus Ihrer ersten Depesche, daß Sie in Adelaide selbst laden würden, und Hustede's auch nur telegraphische Nachricht von Ihrem Kapitän hatten und auch nicht wußten, ob in den outparts geladen würde. Wie gesagt, ich hatte keine Ahnung, daß Sie versegeln mußten. Alle bings wäre jetzt auch besser gewesen, nach dem Kap, a die Solide bereits seit dem 8. Januar wieder in Java ladet zu 35 Sh. p. ton trockenen Zucker und 600 Bid. Sterl. von Capstadt remittirt hat. Aber wer tann wissen, ibaß die Frachten in Java fieigen und Sie eine so entsetzlich Lange Reise haben würden? Auch hier sind Ausfrachten ganz bedeutend gestiegen und werden wir denklich eine sehr bestehbare Fracht finden, wenn wir erst voissen wohin. So 8. B. bezahlt man von Norwegen nach Sydney 92 Sh. p. Standard gehobeltes Bolz; während Apollo diese Reise nur 70 Sh. hat. Das ist doch ein sehr bedeutender Unterschied, der uns zu gute tömmt!! Daß unsere Herfracht eine ganz miserable ist, weiß ich; aber zu versegeln nach Iquique loftet auch Zeit und Rosten, fowie Assekuranzprämie.

Ratinta hat 271/ a Sh. für Salpeter retour und ist noch nicht wieder zurück. Solche Reife hält auch sehr lange an; Seghorn flagt gerade so wie Sie über langen Auf­enthalt an der Westküste. Sind Sie um Cape good hope oder Cap Horn gekommen? Ihrem Briefe von Falmouth entnehme ich leider nichts Erfreuliches; Sie werden, wie ich von London höre, Ihre Ladetage ausliegen müssen, und der Empfänger verlangt, ich soll ihm Vergütung machen für Abkürzung, was ich rundweg ablehnte. Schlimmer als das ist aber, daß Sie schreiben, daß Sie ( außer den genannten Reparaturen) noch große" Reparaturen haben, die Sie nicht schreiben mögen. Sind denn außer den Schanzen noch besondere Schäden am Schiffe? Ich bitte Sie sehr dringend, mir offen und ehrlich alles zu schreiben, einmal, weil ich es wissen will und muß und zweitens, weil ich mich ja in der Fracht annahme danach richten muß. Meine Nerven sind auch gar nicht so gart; als Rheder von fo vielen Schiffen härtet man ab und erschrickt nicht so leicht. Daß das

Wassilij tam nie nach dem Hause, in dem Sina lebte, und die beiden Wohnungen suchte man, so weit es irgend Andrej nickte zum Zeichen der Zustimmung. ging, von einander zu isoliren. Das Gasthaus diente nur Sie hatten gauz Necht; man kann nicht voraussehen, als zeitweiliger Bufluchtsort. Es durfte der Polizei nicht was passirt." schwer fallen, es herauszufinden, sobald die Flucht nur Man tam überein, daß Andrej morgen Nachmittag versucht war. Das Wirthshaus mußte deshalb an dem unter der Führung Wassilij's die Dertlichkeit untersuchen selben Abend, an dem der Versuch vor sich ging, sollte. Dann wurde die Sigung geschlossen. mit Roß und Wagen verlassen werden. Wassilij Wo kann ich Sie morgen sehen?" fragte David und Andrej sollten sich an anderem Drte ver Andrej, bevor sie sich trennten. borgen halten. Was die Gefangenen anbetrifft, so sollten " Ich habe keine Ahnung, fragen Sie Sina. Ich stehe sie in dem Hause, welches Sina inne hatte, verborgen bleiben unter ihren Befehlen." und in strenger Abgeschiedenheit leben, während die Polizei Kommen Sie morgen früh zur Rochalstij", sagte Sina. die Stadt umfehren würde, um sie zu ergreifen. Es war Wir alle werden morgen dort sein. Daselbst werden Sie daher wichtig, daß Sina's Wohnort von jeder Verbindung erfahren, wie Andrej und Wassilij sich über die Wohnungs- mit dem Gasthausé freigehalten werde, und hauptsächlich so angelegenheit einigen werden. Sie werden zusammen in rein als möglich von allem, was irgendwie Verdacht er Wassilif's Gasthaus wohnen." regen konnte. Die beiden Frauea lebten fast ganz ab Wassilij bewohnte in dem Gasthaus, in dem sein Pferd geschlossen. Die Leute, welche an dem Unternehmen untergebracht war, ein Zimmer. Er gab sich als Kutscher betheiligt waren, trafen sich in öffentlichen Gärten oder eines kleinen Kaufmanns aus, der auf der Romnyer Messe Straßen, um turze Mittheilungen auszutauschen, oder zurückgehalten wurde, aber in furzem fommen mußte. famen, wenn alle gemeinsam etwas zu besprechen hatten, in einem befreundeten Hause zusammen, wie zum Beispiel bei Rochalstij's.

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Andrej sollte die Rolle dieses angeblichen Herrn spielen, und mußte sich deshalb mit Kleidern versorgen, welche seinem neuen Passe und seiner neuen Stellung angemessen waren Wo wollen Sie mich für diese Nacht unterbringen?" einem langen National- Kaftan, einem Paar hoher fragte Andrej, als David fortging. Stiefel, Müze und Weste von dem gewöhnlichen Muster" Ich denke, Sie können ganz gut einen Tag hier u. s. w. Inzwischen sollte Wassilij dem Gastwirthe die bleiben," sagte Sina. Sina fette es ihm auseinander. Ein Wagen sollte Ankunft feines Herrn melden. außen neben der Deffnung des Ganges warten, um die David wurde beauftragt, Wassilij sofort von Andrej's Flüchtlinge an einen sichern Ort zu bringen. Wassilij, der Ankunft zu benachrichtigen. Morgen bei Rochalstij's sollten ein guter Fuhrmann war und die Stadt gut kannte, sollte definitive Abmachungen für den nächsten Tag, an dem sich ben Kutscher spielen. Sie hielten es aber für nüglich, noch Aodrej in dem Gasthause einzuquartieren gedachte, getroffen cinen Vertrauensmann an Ort und Stelle au haben, der werden.

So sehr sich Andrej über die Gelegenheit, in Sina's Gesellschaft zu sein, gefreut hätte, konnte er's vom prak­tischen Standpunkte aus doch nicht für rathsam halten. Morgen früh fand die Versammlung bei Rochalskif's statt, bei der er zugegen sein sollte. Er hätte bei Tage hinaus gehen und zurückkommen müssen. Er konnte gesehen werden