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Mr. 221.

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Berliner   Volksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.

Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Der Türnberger Parteitag.

Sonntag, den 20. September 1908.

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Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

Dieser Beschluß bedeutet durchaus tein Mißtrauensvotum für Der Parteitag hat geleistet, tas von ihm gefordert Parteivorstand oder Generalfommission. Er entspringt lediglich der werden mußte. Er hat gesprochen, und an den Genossen ist begründeten Ansicht, daß sich auch bei Schonung der Partei- es nun, dafür zu sorgen, daß sein Spruch allerorten Geltung Nicht wüsten Krafeel und Parteischädigung hat uns der und Gewerkschaftskassen sehr wohl ein Mittel finden lassen hat. Die ernsten Auseinandersetzungen über die Budgetfrage Nürnberger   Parteitag gebracht, sondern innere Festigung, die dürfte, um die Unterstügungsfrage einheitlich zu regeln. Die werden das Gute haben, ihnen die innere Situation der unerläßliche Einheitlichkeit der Attion. Daß damit nicht für Annahme der von Frankfurt   a. M. vorgeschlagenen Resolution, Partei so zu zeigen, wie sie ist, werden sie erkennen lassen alle Zeiten der Streit um die einzuhaltende Taktik beigelegt die Partei- und Gewerkschaftsangestellte sowie diejenigen was not tut. Das muß uns der Gewinn der Nürnberge ist, wissen wir selbst am allerbesten. Aber wenn auch die politisch organisierten Genossen, die den 1. Mai nicht durch Tagung werden. Frage der Budgetbewilligung nur solange als entschieden gilt, Arbeitsruhe begehen können, zur Abführung eines Tages­wie das nach Annahme der Lübecker   Resolution geschah, näm- verdienstes verpflichtet, vermag vielleicht doch einen Fingerzeig

lich auf ſechs Jahre, so wäre das schon ein Gewinn. Und wenn

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zu geben, wie ganz erhebliche Unterstützungssummen aufgebracht Die deutsch  - englische

Friedensdemonftration.

von revisionistischer Seite wieder behauptet wird, die ganze Aus- werden können. Wo der gute Wille ist, da ist auch ein Weg! einandersetzung, die uns 22 Tage des Parteitags gekostet habe, sei Und es wäre doch nicht nur vom Standpunkte der Partei, eine müßige, sei eine nuglose Zeitvergeudung gewesen, so sondern auch von dem einer weitsichtigeren Gewerkschafts­Den Konservativen und ihrem Interessenausschuß, der fennt man nachgerade die Weise und ihre Hinterabfichten. bewegung aus ein unverzeihlicher Fehler, wenn man die preußischen Regierung, ist die für morgen, den 20. September, Unsere revisionistischen Freunde sollen doch nicht glauben, den Maifeier in Gestalt der Arbeitsruhe aufgeben wollte. Das geplante Friedensdemonstration in der Neuen Welt" höchst Massen einreden zu können, daß es Bagatellen" seien, um Straftgefühl des Unternehmertums und der herrschenden unbequem. Am liebsten würde man, wie einst dem Genossen die sie selbst doch so leidenschaftlich gestritten haben! Um Stlassen überhaupt würde dadurch nur gestärkt werden. Die Jaurès  , der Deputation englischer Arbeiterführer das Reden Kleinigkeiten fämpft man nicht so zäh und erbittert wie in Arbeitsruhe am 1. Mai bedeutet für das Proletariat aber berbieten und sie höflichst anweisen, den gastlichen preußischen Nürnberg  . Nein: es ist die neue Taftit des Parlamenteľns nicht nur die Behauptung einer bereits eroberten Position, Boden zu meiden; aber die Mitglieder der englischen nach bürgerlichem Muster, von der man sich natürlich aus sondern auch eine Bekundung des Willens zu opfermutiger Stonferenz teil, und es würde doch die schöne Rede Bülows über die Deputation nahmen größtenteils an der Interparlamentarischen ehrlichster Ueberzeugung heraus Wunderdinge versprach, Tat, den zu pflegen und zu stärken die deutsche Arbeiterklasse Friedensliebe der deutschen   Regierung allzu stark desavouieren, der man Duldung innerhalb der Partei verschaffen angesichts der ihr bevorstehenden schweren Kämpfe wahrlich wenn man die englischen Teilnehmer an der Konferenz daran hindern wollte. Und nach dem bekannten Worte:" So alle Veranlassung hat! wollte, den deutschen   Arbeitern die Grüße der englischen Ar­was fut man, fo was fagt man aber nicht", Eine strittige Frage für die Partei bildete auch die beiter zu überbringen und ihnen darzulegen, daß die englischen bersuchte man diese neue Taktik in aller Stille und ohne jede Jugendorganisation. Indessen ist diese Frage durch Arbeiter in gleichem Maße die jingoistische Kriegsheze ver programmatische Ankündigung einfach in die Praxis zu über- eine, wie uns scheint, sehr glückliche Verständigung zwischen urteilen, wie die deutschen   sozialdemokratischen Arbeiter. Ein setzen. Als das nicht gelang, drehte man entrüstet den Spieß den verschiedenen Richtungen und Anschauungen gelöst worden. solches Verbot der englischen Ansprachen würde nicht nur die um und warf den Vertretern des bisherigen Standpunktes Den Gewerkschaften ist die Konzession gemacht worden, so sorgsam ausgearbeitete Bülowsche Friedensrede im Aus­der Sozialdemokratie nicht nur Stonservatismus vor, sondern daß durch die vom Parteitag einstimmig angenommene Refo- lande diskreditieren; sie würde nicht nur das Gespött der sogar einen Rückfall in die Auffassungen der sogenannten lution die wirtschaftliche Interessenvertretung zur Sache der gesamten ausländischen Presse herausfordern, sondern auch in die Verhandlungen der Interparlamentarischen Union   im Reichstage " Jungen". Nun, das alles hat nicht verfangen. Mit 258 Gewerkschaften erklärt worden ist, so daß jede Kollision mit der eine böse Spannung, einen grellen Mitton getragen haben- und gegen 119 Stimmen bestätigte der Parteitag auf Vorschlag Jugendorganisation auf diesem Gebiete vermieden wird. Ebenso darauf wollte man es an leitender Stelle doch wohl nicht an­des Parteivorstandes und der Kontrolleure sowohl die grund- wenig braucht die Partei zu befürchten, daß selbständige tommenlassen. So behilft man sich in der gouvernementalen sätzliche Auffassung der Dresdener   Resolution als auch die Jugendorganisationen sich in ihre Angelegenheiten hinein- Bresse   damit, die geplante Friedensdemonstration möglichst tot­aus diesen Grundsägen abgeleitete Tattit des Lübecker   Be- mischen könnten, selbst wenn das gesetzlich möglich wäre. zuschweigen oder die Motive der deutschen   sozialdemokratischjen schlusses. Andererseits ist jedoch durch Streichung einiger Worte in der Arbeiterschaft zu verdächtigen und den englischen Arbeiter­Ueberhaupt verdient die Redensart von der Bergeudung ursprünglichen Fassung der Resolution und durch eine ihr deputierten zu versichern, daß sie ihr Ansehen schädigten, wenn der tostbaren Zeit der Parteitage durch taktische und angefügte Deklaration ausdrücklich ausgesprochen worden, daß sie als..nationalgesinnte Engländer mit der international­prinzipielle Erörterungen immer wieder ins rechte Licht gesetzt der Beschluß des Parteitages feineswegs bedeutet, daß der gesinnten sozialdemokratischen Arbeiterschaft Berlins   fraterni­zu werden. Als ob es nicht gerade die Hauptaufgabe Existenz von selbständigen lotalen Jugend. Die Konferb. Korrespondenz" befolgt die zweite Methode, einer demokratisch- proletarischen Stampfespartei set, durch Aus- organisationen irgend etwas in den Weg gelegt werden die Methode der Verunglimpfung der Berliner   Arbeiterschaft. sprachen und Beschlüsse für die stetige Geschlossenheit unserer solle. Diese Organisationen fönnen vielmehr ihre Entwice- Sie schreibt nämlich: Sturmfolonnen zu sorgen. Das Zentrum veranstaltet lungsfähigkeit und Eristenzberechtigung erweisen. Zur pomphafte Paraden, es agiert den Massen etwas vor; die Pflege der proletarischen Weltanschauung aber werden sozialdemokratischen Parteitage dagegen dienen in erster Linie örtliche Bildungs- Ausschüsse eingesetzt, die der Aussprache, der inneren Verständigung, der nüchternen aus Parteiorganisationen. und der organisatorischen Arbeit. Sind wir einig und geschlossen, Gewerkschaftstartelle unter Hinzuziehung von Vertrauens­steht unsere Drganisation auf der Höhe, so haben wir wirt personen der jugendlichen Arbeiter zu bestehen haben. So ist famere Mittel der Demonstration und Agitation, als sie der Gewertschaft gegeben, was der Gewerkschaft, Paraden nach dem Muster der Katholikenversammlungen oder der Partei, was der Partei ist, und auch die der Zirkus Busch- Vorführungen der Agrarier und neuerdings Jugendlichen selbst haben die Möglichkeit, durch Selbst­verwaltung ihre Mitglieder zu organisatorischer Umsicht und auch des Freisinns darstellen! Verantwortlichkeitsgefühl zu erziehen.

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Vertretern bon

Wir wiederhoien deshalb: die Nürnberger   Debatten haben uns nicht geschadet, sondern genügt. Sie waren notwendig, Der Rest des Parteitages gehörte der Erörterung all­um der Partei den Charakter einer sozialistischen   Klassen gemeiner politischer und wirtschaftlicher Fragen, über die in kampspartei zu erhalten, der allein ihr dauernde Gegenwarts- der Partei nur eine Meinung herrscht. Das erfolge und den Triumph unserer Zukunftsideale verbürgt. Referat Moltenbuhrs über die Sozialpolitit Ein Hinabgleiten auf die schiebe Ebene eines nach reinen im Zeichen des Blocks faßte die allseitig anerkannten Zweckmäßigkeitsgründen handelnden Reformismus fönnte nur Forderungen zusammen, die im Interesse des Proletariats die Gegner stärken, müßte die proletarische Bewegung aber zu stellen und von allen Teilen der modernen Arbeiter­ihres Idealismus berauben, zerflüften und auf das Niveau bewegung mit äußerster Energie zu fordern find. jener fleinlich nüchternen Erfolgs" politik herabdrücken, die Troß der Ungunft der politischen Verhältnisse, trotz des Wider­biele Jahrzehnte hindurch gerade das angeblich so praktische" standes des immer machtvoller organisierten, immer anmaßender englische   Proletariat in politischer Ohnmacht er auftretenden Unternehmertums wird die Partei kein Mittel halten hat! unversucht lassen, teine Anstrengung scheuen, um der Der Parteitag hat dieser Politik von neuem eine energische herrschenden Klasse dennoch Zugeständnisse im Interesse der Absage erteilt. Trotz aller Stimmungsmache, trotz des drohenden Gesundheit, der Wohlfahrt und der kulturellen Empor­ Unannehmbar" der süddeutschen Genossen erneute der Partei- entwickelung zu entreißen! Nicht minder wird die tag mit mehr als Zweidrittelmehrheit die Beschlüsse von Sozialdemokratie ihre ganze Straft daran setzen, von Lübeck   und Dresden  . Nicht, um die Minderheit zu ber den ungeheuerlichen Steuerattentaten, die gewaltigen" oder zu brüstieren", sondern aus dem unbeug- Genosse Geyer in seinem trefflichen Referat über die famen Pflichtgefühl heraus, daß der Partei nicht nur die Reichsfinanzreform so eindringlich in ihrer ganzen äußere organisatorische, sondern auch die innere Gemeingefährlichkeit aufdeckte, abzuwenden, was sich irgend prinzipielle und tattische Einheitlichkeit erhalten abwenden läßt, dagegen an sozial gerechten Steuern durch­bleiben müsse! Wie sehr die Mehrheit von dem Gefühl zuseßen, was irgend durchgesetzt werden kann. ernster Pflichterfüllung durchdrungen war, bewies die würdige Aber nicht nur den innerpolitischen Aufgaben war dieser Ruhe, mit der sie die Verfündigung des Resultats der Ab- Teil der Parteitagsarbeit gewidmet. Die Vertretung des stimmung aufnahm. Man wollte alles vermeiden, was einen deutschen   Proletariats war sich noch einer anderen Pflicht be­Stachel in der Brust der Minderheit zurüdlassen tönnte. wußt, der Pflicht, namens der Dreimillionenpartei flammenden Bei der Beratung der Maifeierfrage hat der Parteitag Protest zu erheben gegen die internationalen der Vereinbarung des Parteivorstandes mit der General Striegstreibereien, die frivole Völkerverhebung. Die tommission seine Zustimmung bersagt, weil er mit Recht von Bruderparteien der anderen Länder dürfen dessen versichert einer lokalen Regelung der Unterstügungsfrage eine Be- sein, daß die deutsche Sozialdemokratie im Kampfe gegen einträchtigung der Arbeitsruhe befürchtete. Der Parteitag hat die weltpolitische Hezarbeit, gegen die diplomatischen dem Parteivorstand den Auftrag gegeben, in nochmalige Ver- Intrigen und kapitalistischen Bettelungen vollauf ihren Mann handlungen mit der Leitung der Gewerkschaften einzutreten. stehen wird!

sierten.

Nächsten Sonntag wird in Berlin   dem Kriege der Krieg erklärt werden". So versichern in schwülstigen Artikeln die sozial­demokratischen Blätter. Das will, verständlich gesprochen, besagen, daß eine Abordnung englischer Arbeiter mit den sozialdemokratisch organisierten Berufsgenossen Berlins   eine gemeinsame Demonftra­tion zugunsten des Friedens veranstalten wird. Es ist gewiß an ertennenswert, daß auch die gewerkschaftlich organisierten englischen Arbeiter, die bekanntlich auf das sozialdemokratische Programm noch nicht eingeschworen sind, das Bedürfnis empfinden, sich den friedlichen Annäherungsbestrebungen zwischen Deutschland   und England anzuschließen. Db fie aber diese Bestrebungen dadurch fördern, daß sie mit der deutschen   Sozialdemokratie ge­meinsame Sache machen, ist mindestens fraglich. Gerade bie deutsche Sozialdemokratie hat sehr viel dazu beigetragen, daß die Beziehungen zwischen Deutschland   und England sich ber= schlechtert haben; denn sie hat im Auslande une aufhörlich Mißtrauen gegen die Deutschen  berbreitet, und fie versucht auch heute noch, die Annäherungs­bestrebungen auf beiden Seiten zu hintertreiben.

Ist seit länger als einem Menschenalter der Frieden gewahrt worden, so ist das wahrlich nicht das Verdienst der deutschen  Sozialdemokratie. Bebel selbst hat vor einigen Jahren gefordert, daß Deutschland   dem russischen Reiche den Krieg erklären solle. Wenn die deutsche Sozialdemokratie fich als Friedenshort hinstellt, so ist das ein ungeheuerer Humbug. Denn die Umsturzpartei spricht vom Frieden nur in dem Sinne, daß der deutsche Militarismus" beseitigt werden solle. Unb dieses Friedenswert" würde natürlich von Frankreich  , England usw. freudig unterstützt werden. Die sozialdemokratische Friedensliebe hat also überhaupt nur die Bedeutung, den Umstura au, fördern. Die englischen Arbeiter müßten ohne Verstand sein, wenn sie nicht den nicht zu überbrückenden Unterschied ztischen ihrer und der Gesinnung der deutschen   Genossen" nicht er fennen sollten. Die englischen Arbeiter find in erster Linie national gesinnt, die deutschen   Sozialdemokraten empfinden international. Jene treten für Ehre, Macht und Ansehen ihres Bate rlandes mannhaft ein, diefe suchen ihr Vaterland herab zusehen, berächtlich zu machen und zur Ohnmacht au führen.

Wenn die englischen Arbeiter, von ihrem fräftigen nationalen Empfinden ausgehend, die sozialdemokratischen Bestrebungen in Deutschland   feineswegs aber bei sich zu Hause- fördern und die sozialdemokratische Friedensbewegung, die für Deutschland   eine die nationale Wehrkraft schwächende Bewegung ist, unterstüßen, so kann man das verstehen. Aber daß fie damit wirklich dem Frieden dienen, den sie im Munde führen, werden sie selbst nicht glauben und werden es auch keinem Ver­ständigen in Deutschland   und außerhalb feiner Grenzen weiß­