Der Parteitag in Türnberg.
Es folgt Punkt 6 der Tagesordnung:
Die Reichsfinanzreform, Hierzu gehört die Resolution 124,*) Berichterstatter
Geher:
die Ueberweisungen, so daß man von ungedeckten Matrikularbei- Agrarier wenden sich mit Zähnen und Nägeln dagegen, die Reträgen spricht. Auch als die Hunderte von Millionen neuer Ein- gierung würde also einen schweren Stand haben, wenn sie eine nahmen aus dem Zolltarif nicht ausreichten, wurden die Getreides Beseitigung der Liebesgaben plant. zölle von 1 Mark pro Doppelzentner auf 3 und später auf 5 Mark Worin aber die Reform der Branntweinsteuer bestehen soll, erhöht, obgleich früher Bismard erklärt hat, man müsse ihn für wenn nicht in einer Beseitigung der Liebesgaben, weiß ich nicht. verrückt halten, wenn man annehme, daß er die Getreidezölle auf Es ist also nicht vorauszusehen, wie die neuen Steuervorlagen 3 Mark erhöhen wolle. Bis 1906 sind die Einnahmen aus den beschaffen sein werden, wir müssen ruhig abwarten, bis die ReZöllen und Steuern auf 1300 Millionen Mark angeschwollen. Trotz- gierung fie dem Reichstage unterbreitet. Vielleicht gibt sie bald ihr. dem die Summe nach Inkrafttreten des neuen Zolltarifes wieder Steuerprogramm bekannt. gestiegen ist, haben wir doch wieder
ein großes Defizit
Wenn man berücksichtigt, daß, soweit zu übersehen ist, von den eröffnet um 9 Uhr die Sizung mit folgender Mitteilung: Es liegt neuen Steuern eine Einnahme von 300 Millionen zu erwarten ist, eine Erklärung des Genossen Segit vor, welche lautet: Ueber die Mitteilung, welche ich dem Parteitag von einem Gespräch etat von 2400 Millionen mit der Anleihe 300 Millionen, 1907 eben- reicht zur Deckung des Defizits nicht aus. Ich glaube also, nicht zu verzeichnen. Schon 1906 betrug das Defizit bei einem Reichs- so wird man einsehen, daß wir uns noch auf weit höhere Beträge aus der Besteuerung gefaßt machen müssen, denn diese Summe zwischen dem Parteigenossen Eichhorn und anderen Genossen ges fobiel und 1908 beirug die Anleihe 260 Millionen, das Defizit im macht habe, wurde ich nicht von dem Genossen Käppler informiert, Ordinarium 124 Millionen. Freiherr v. Stengel gab damals als fehlgugehen in der Annahme, daß noch andere und weit was ich als dessen Wunsch hiermit bestätige." Die Erklärung geht Hauptursache die erhebliche Steigerung der Ausgaben für die Die Arbeiter durch die Steuern am meisten belastet. Deutschland höhere Steuern geplant werden. Selbstverständlich werden au Protokoll. Naturalverpflegung im Heeresetat an. Damit bestätigt auch die Regierung, daß die Ausgaben für den Militarismus der Haupt- geht schon jetzt allen Staaten in der Steigerung der indirekten Steuern grund des Defizits find. Zur Beseitigung des Defizits forderte die Regierung 1906 neue Steuern in Höhe von 225 Mi I voran. Diese sind von 7,15 auf 26,52 M. pro Kopf gestiegen. lionen. Der Reichstag bewilligte nur etwa 170-180 mil. Für eine Familie von 5 Köpfen macht das 133 m. jährlich aus. lionen. Aber infolge der schlechten, wirtschaftlichen Verhältnisse Dazu kommt, daß die indirekten Steuern auf die arbeitenden und des Versagens einiger Steuern, besonders der Fahrkarten- Klassen noch in besonderer Hinsicht schlimmer einwirken als auf fteuer, famen nur 140-150 Millionen ein. Für den kom- die besitzenden. Die Lebensmittel, die die besißenden Klassen menden Etat haben wir noch mit einem größeren Defizit kaufen, find von besserer Qualität als die, die die Arbeiter sich zu rechnen. Bekanntlich sind der Regierung int vorigen Jahre keine leisten können. Aber beide Qualitäten sind mit der gleichen neuen Steuern bewilligt worden. Freiherr v. Stengel legte setn Steuer belastet, so daß die befizenden Klaffer auch hier wieder be= Steuerbukett nicht vor, um den Bestand des Blocks nicht zu ge- vorzugt sind. Das erkennt auch Adolf Wagner an; er gibt dadurch fährden. Er demissionierte und sein Nachfolger, Herr Sydow, er die Richtigkeit dessen zu, was wir seit Jahrzehnten behauptet schien mit der sogeannten Reichsfinanzreform. Das Defizit, haben. Die Nachrichten über die neuen Steuerprojekte find aber das jetzt zu decken ist, beläuft sich auf 410-420 Millionen. Ja, bisher nur durch die Presse gegangen. Die Regierung scheint es offiziösen Nachrichten zufolge, soll es sogar 500 Millionen betragen. darauf abzusehen, durch verwirrende Nachrichten eine ( hört! hört!) Darüber, wie das Defizit gedeckt werden soll, hat Unordnung in die Bekämpfung der neuen Steuerpläne zu bringen. die Regierung uns im Dunklen gelassent. Es besteht dabei eine bestimmte Absicht: die Massen sollen getäuscht werden, damit sie sich über die neuen Lasten nicht klar sind. Aber das steht fest, daß alle Steuerobjekte außerordentlich schwer betroffen werden sollen.
Die Geheimnistuerei,
Ich will mich mit Rücksicht auf die beschränkte Zeit des Parteitages einer gedrängten Kürze befleißigen. Mit der sogenannten Reichsfinanzreform wird ein frivoles Spiel getrieben, nicht allein durch die Geheimnistuerei mit den neuen Plänen, sondern auch insofern, als man seit vielen Jahren die Vorspiegelung einer Reformierung der Reichsfinanzen agitatorisch ausgenutzt hat. Gine wirkliche Reform der Reichsfinanzen könnte nur darin bestehen, daß eine gerechte Verteilung der Steuerlasten erfolgt. Heute werden die Hauptlasten den arbeitenden Klassen aufgewälzt. Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch unwirtschaftlich. Der Massentonsum wird fortgesezt durch indirekte Steuern um hunderte von Millionen belastet. Wenn einmal eine große Summe indirekter Steuern bewilligt wurde, so wurde die Frage der Finanzreform zurückgestellt, bis die Not drängte, und das frivole Spiel begann von die mit der Finanzreform getrieben wird, übertrifft alles bisher neuem. Es wurde oft wiederholt; dafür sorgten schon die immer dagewesene. Es ist auch nicht möglich gewesen, etwa durch Vergrößer werdenden Forderungen für Militarismus und Marinis- hökerung die neuen Steuerpläne in die Oeffentlichkeit sichern zu mus. Allmählich aber wird auch den bürgerlichen Parteien Angst. lassen. Da hat vor 8 Tagen der Reichsschatzsekretär Sydow in der Sie wissen, daß die Bewilligung von Steuern ihnen die Sym- Nordd. Aug. 3tg." einige Grundsätze über die neue Reichsfinanzpathien weiter Volkskreise kostet. Der süddeutsche demokratische Abgeordnete Hausmann hat fürzlich in Tuttlingen richtig gesagt: reform bekannt gegeben. Aber Näheres erfahren wir nicht. Er kündigt eine große, umfassende Reorganisation des gesamten " Es handelt sich bei der Reichsfinanzreform nicht um eine Regene- Finanzgebarens an. Aber über die Art hat er verdammt wenig ration der Reichsfinanzen, sondern der Gesamtpolitik, die Finanzreform verschuldet hat." Aber gerade die bürgerlichen Bar- berlauten lassen, nichts als Stimmungsmacherei für die Beteien, auch das Zentrum, tun nichts dazu, um diese Regeneration willigung der neuen Steuern, eine Jeremiade über das Wachstum der Gesamtpolitik zu vollziehen. Das würde bedeuten eine Be- der Schulden des Reiches: 4½ Milliarden jetzt schon, und seitigung der bisherigen Militär-, Marine- und Ko- im Laufe des Jahres ist ihr Anwachsen auf zirka 5000 Millonialpolitik, denn gerade diese zerrütten die Finanzen des lionen berechnet.( Hört! hört!) Im Vordergrund der Reform, Reiches. Von dem Budget 1908, das sich auf zirka 2750 Millionen sagt Sydow, muß eine stete Schulden tilgung stehen, und die Mart beläuft, verschlingt allein der Militarismus 1500 Millionen Vermeidung neuer Schulden für unproduktive Anlagen. Ach, wenn Mark. Eine Regeneration der Gesamtpolitik würde auch bedeuten der neue Schatzsekretär erst seine Hunderte von Millionen erhalten cine Beseitigung der jetzigen Zoll- und Steuerpolitik, hat, wird er froh sein und an eine Schuldentilgungsreform nicht die zugunsten der Agrarier die Massen belastet. 1250 Millionen denken, denn sonst müßten die angeforderten Summen noch viel fließen den Agrariern durch den Zolltarif in die Taschen. höher sein als zirka 500 Millionen. Dann aber heißt es in der offiziösen Auslassung, es muß der Versuch gemacht werden, auf zum mindesten ein Jahrfünfteine längere Reihe von Jahren die Grundzüge des Finanzplanes festzulegen. Eine dunkle, aber schwerwiegende Andeutung. Soll
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Was nun das neue Projekt des Reichsschaksetretärs Sydow anlangt, so ist es wohl am treffendsten gekennzeichnet von dem freisinnigen Abgeordneten Träger, der jüngst in Oldenburg sagte: die in Aussicht stehende Reichsfinansreform sei nichts als eine
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Ich hebe besonders den Tabak hervor. Es wird uns nicht erspart bleiben, daß die Zigarren industrie mit der Ban= derolensteuer bedacht wird. Zwar ist in der Presse auch die Rede von einer Erhöhung des Gewichts zolles. Der Zoll von 85 M. pro Doppelzentner ausländischen Labats soll auf 150 M. erhöht werden. Auch diese Besteuerung würde noch nicht die Summe von 150 Millionen ergeben, es muß also noch eine weitere Besteuerung in bezug auf den Tabat beabsichtigt sein, nämlich die Banderolensteuer. Sie bedeutet aber den
Ruin aller kleinen Existenzen in der Tabakindustrie. Behntausende von Arbeitern würden dadurch arbeitslos, die Konzentration der Tabatindustrie durch das Großkapital würde dadurch gefördert. Man spricht so viel von Mittelstandspolitik, aber die Steuerpläne der Regierung schlagen jeder Mittelstandspolitik ins Gesicht. Die Erhöhung der Tabaksteuer von 1879 durch den Zolltarif hat nicht nur weit über 10 000 Arbeiter brotlos gemacht, sondern auch eine ganze Reihe kleinerer Eristenzen vernichtet. Anstatt Mittelstandspolitik betreibt man Mittelstandsmord. Man spricht davon, daß man mit dieser neuen Belastung dem Monopol zusteure. In der Tat würden die neuen Steuern mit den kleinen Eristenzen aufräumen, so daß die Bahn für das Monopol frei wäre.
Die geplante Licht- und Kraftsteuer, die ettva 30 Millionen einbringen soll, würde den Mittelstand sehr belasten, indem sie die Produktion der kleinen Unternehmer, die diese Kraftquellen benutzen, erschwert. Den kleinen Unternehmern ist es nicht so leicht wie den Großkapitalisten, die Steuern auf die Konsumenten abzuwälzen. Diese Steuern werden also auch wieder die Wirkung der Konzentration des Kapitals haben und damit zur weiteren Verschärfung des Klassenkampfes führen.
Auf die Besprechung der weiteren Steuerprojekte muß ich
Die
das Budgetbewilligungsrecht des Reichstages wohlwollende Umschreibung für Steuererhöhungen. Das haben wir längst festgestellt. Die Entwickelung der deutschen auf fünf Jahre außer Kraft gefekt werden? Etwas anderes Reichsfinanzen ist eine für das Deutsche Reich äußerst traurige und kann diese Erklärung gar nicht bedeuten. Dem Reichstage muß beschämende. Die Milliarden der französischen Kriegsentschädigung das Recht bleiben, alljährlich die Einnahmen und Ausgaben im wurden sehr bald aufgebraucht. Die Einnahmen des Reiches flossen voraus zu bestimmen. Auch die Matrikularbeiträge sollen damals aus Zöllen, aus den Zucker-, Salz-, Tabat-, Bier- und geändert werden. Das ist nichts neues. Man will sie„ ber Branntweinsteuern und den Ueberschüssen der Reichseisenbahnen in edeIn"; nicht mehr nach der Kopfzahl, sondern nach der LeistungsElsaß- Lothringen sowie der Poſt- und Telegraphenverwaltung. fähigkeit der Steuererträgnisse der einzelnen Bundesstaaten sollen Reichten sie nicht aus, so mußten die Matrikularbeiträge herhalten. fie umgelegt werden. Ueber dieses Problem zerbrechen sich die mit Rüdsicht auf die vorgeschrittene Zeit verzichten. weifellos Die Ausgaben betrugen bis 1878 jährlich durchschnittlich 350 Mil- Schahsekretäre seit langen Jahren den Kopf, ohne eine Lösung zu wird die Blockmehrheit des Reichstages durch die neue Steuerlionen. Davon wurden 250 Millionen durch die Einnahmen aus finden. Wir werden die Pläne der Regierung abwarten müssen. Zöllen und Steuern und der Rest durch ungedeckte MatrikularbeiUeber die direkten Steuern enthält das offiziöse borlage ins Gedränge kommen. Die Freisinnigen werden vom Zentrum zur Bewilligung gedrängt. Das 3en= träge aufgebracht. Die Einzelstaaten drängten natürlich nach Be- Communique nichts anderes, als daß man die Nachlaßtrum hat sich der Regierung zur Silfe im äußersten Fall seitigung der Mairifuĭarbeiträge, durch welche ihr Etat schwer be besteuerung weiter ausbauen wolle. Und doch ist bereits angeboten und dadurch kommen die Freisinnigen, lastet wurde. Dieses Drängen der Einzelstaaten und die Steigedie Einführung direkter Steuern die Regierungspartei bleiben wollen, in die Klemme und werden rung der Ausgaben für das Heer, die kommen mußten nach dem für das Reich brennend geworden, und sie wird auch aus unter das taudinische Joch kriechen müssen. Das Zentrum be= Ausspruch Moltkes: Was wir mit den Waffen errungen haben, dem Block heraus gefordert, von Nationalliberalen findet sich in günstigster Position. Trotzdem es der Regierung muß mit Waffen fünfzig Jahre lang verteidigt werden, führte und Freisinnigen. Aber nicht nur die Konservativen, die feine Hilfe anbietet, führt es die Opposition gegen einzelne Prodazu, daß Bismarck zur Schutzzollpolitik überging. Der Bolltarif Agrarier, auch das Zentrum ist gegen direkte jette. Diese demagogische Saltung des Zentrums von 1879 follte dem Reich 3-400 Mill. Mart neue Steuern bringen. Steuern. Nicht einmal eine gründliche Reform der Erbschafts - muß von der Sozialdemokratie kritisiert werden. Wir müssen Unser leider viel zu früh verstorbener Genosse Bracke geißelte es steuer wagt die Regierung vorzuschlagen. In den Kreisen der feststellen, daß das Zentrum mitschuldig ist an dem Unglück, das damals in seiner Schrift, daß dem Volt 300 Millionen neue Lasten Agrarier hat man die Erbschaftssteuer mit so unsinnigen Gründen durch die neuen Steuern über die Massen gebracht wird. auferlegt werden sollten. Er wurde vor den Kadi geschleppt. Aber bekämpft, daß selbst ein Mann wie Adolf Wagner sich mit scharfen Gefahr, daß die neuen Steuern von der Blockmehrheit bewilligt nach Einführung des Bolltarifes ergab sich die Richtigkeit seiner Worten gegen die von jener Seite vorgebrachten Argumente ge- werden, ist groß. Daher muß die sozialdemokratische Partei gegen Behauptungen. Später wurde dann in bezug auf die Matrikular- wandt hat. Aber damit kam er schön an. Die„ Deutsche Tages- die neuen Lasten, die im Reich dem Volke aufgehalft werden sollen, beiträge eine besondere Bestimmung geschaffen insofern, als die zeitung" ist über ihn hergefallen und hat ihn gehörig abgefanzelt. die schärffte Opposition machen. Unsere Forderungen find in der über 130 Millionen hinausgehenden Einnahmen der neuen Zölle Nur wir Sozialdemokraten sind für direkte Steuern, weil die in- Resolution niedergelegt, die Ihnen unterbreitet worden ist. Wir den Bundesstaaten überwiesen werden follten. Die leberweisungn direkten Steuern die Arbeiter am meisten belasten. Das erkennen protestieren gegen dieses System der Auspoterung der Massen haben zeitweise die Matrikularbeiträge weit überschritten, so daß auch die anständigeren der Gegner unserer Bewegung an. Aber und fämpfen dagegen mit aller Macht an. Die Massen die Einzelstaaten Geschenke vom Reich erhielten. In den lekten die Masse der Befißenden kämpft gegen die Einführung direkter müssen aufgerufen werden zum Stampf gegen die neue Jahren aber sind die Matrikularbeiträge wieder ständig höher als Steuern an. Charakteristisch ist ein Ausspruch von Adolf Wagner: und ungeheure Belastung, die durch die neuen Steuerprojekte geGerade die oberen" Klassen, ihre politischen Parteien, ihre Bere plant ist.( Lebhafter Beifall.) *) Nr. 124. Die den materiellen Interessen der befizenden und treter in den Parlamenten im Reichstage sollten es als Ehrensache, Die Resolution wird hierauf einstimmig angenommen. herrschenden Klassen dienende, die Arbeiterklasse schwer schädigende die Konservativen als die Konsequenz des Noblesse oblige ansehen, Alsdann wird der und den Weltfrieden bedrohende Militär-, Marine- und Kolonial- für die Einführung einer solchen Reichserbschaftssteuer, die sie politik des Deutschen Reiches führt zu ununterbrochen steigenden felbst zu tragen haben, in der Debatte über die Reichsfinanzreform Ausgaben, deren Deckung bei dem jetzt geltenden Steuersystem nicht mit einzutreten, hier dem Volte das Banner voranzutragen, um zu erlangen ist. Troßdem seit dem Jahre 1888, dem Regierungs - die Pflichten gegen die Reichsfinanzreform zu erfüllen." Aber das antritt des jetzigen Kaisers, die eigenen Einnahmen des Reichs nutzt nichts, die bürgerlichen Parteien, speziell die Agrarier, von 821 Millionen Mart auf 1732 Millionen im Jahre 1907 ge- fämpfen gegen die direkten Steuern und plädieren scharf für stiegen sind, ist in dem gleichen Zeitraum die Schuldenlast des Reichs indirekte. von 720 Millionen Mart auf 4300 Millionen angewachsen. Welche indirekten Steuern Die Steuern des Reiches sind ungerecht und unwirtschaftlich. Durch die Zölle und Verbrauchsabgaben werden die ärmsten Klassen beabsichtigt nun die Regierung uns vorzulegen? Darüber hüllt der Bevölkerung am schärfften getroffen. Dabei kommt nur ein ge- man sich in Schweigen. Gerade in diesen Lagen wird das neue ringer Bruchteil der Millionen, die die Steuerzahler ausgeben, in Finanzprogramm in Berlin von den Finanzministern beraten, die Reichstaffe. Den größten Teil der durch Getreide-, Bieh- und selbstverständlich unter strengster Geheimhaltung. Es ist der BI an Fleischaölle, Garn, Eisen- und andere sogenannte Schutzölle auf einer ehr steuer durchgefickert, und diese Forderung wird Gebrauchsartikel der breiten Massen dem Volke abgenommenen hauptsächlich von den Agrariern propagiert. Ob die Regierung Summen fließt in die Taschen der Großgrundbesiker und Groß- dafür ist, ist zweifelhaft. Noch vor zwei Jahren hat der preußische Der zweite Fall betrifft das im Jahre 1899-1900 von der fapitalisten, die nur eine verhältnismäßig geringe Steuerquote für Finanzminister sich in der Budgetkommission des Reichstages Dortmunder Organisation aus der Partei ausgeschlossene, ehedie Reichstafse leisten. Gesunde Finanzverhältnisse tönnen nur iharf gegen ein solches Projekt gewandt. Aber wenn Finanz- malige Mitglied Siebel. Er hat einen, von einigen Genoffen geschaffen werden, wenn die Ausgaben für Militär, Marine und minister neue Steuern brauchen, dann lassen sie bekanntlich ihre mitunterschriebenen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens Kolonien herabgesetzt und die Steuern der Zahlungsfähigkeit der Grundsäße fahren und nehmen, was sie triegen von 1899-1900 an den Parteitag gestellt, also nicht wie es Steuerzahler angepaßt werden. können. Weiter hat man gesprochen von der Erhöhung dem Statut entsprechen sollte einen Antrag auf WiederaufDer Parteitag protestiert gegen die Erhöhung bereits bestehen- der Biersteuer, einer Besteuerung des Tabats, nahme in die Partei. der, sowie die Einführung neuer Steuern auf Massenverbrauchs- einer Reform der Branntweinsteuer, bon einer Er behauptet, ihm sei seinerzeit keine Gelegenheit zur Berartikel. Insbesondere protestiert der Parteitag gegen die dem russi- enderung der Weinsteuer, von einer Steuer auf teidigung gegeben, weil er wegen einer dringenden Geschäftsreise schen Steuersystem entlehnte Landerolensteuer auf Bigarren und Inserate und besonders soll eine Gas- und Glet- nicht habe erscheinen können, und die Ausschlußfißung troßdem Labat sowie gegen die Erhöhung der Piersteuer. Ferner proteftiert trizitätssteuer eingeführt werden.( Hört! hört!) Ueber abgehalten worden sei. Sein Ausschluß sei wegen Streitigkeiten der Parteitag gegen Steuern auf Licht und Kraft( Petroleum, Gas, die Höhe der Summe, die aus diesen einzelnen Steuerquellen erfolgt und weil er Artikel über interne Barteivorgänge in die Elektrizität usw.). fließen soll, ist noch kein Sterbenswörtchen verlautet. Bedenkt man bürgerliche Presse gebracht habe. Der Dortmunder Wertreter be
Bericht der Beschwerdekommission
entgegengenommen.
erstattet ihn.
Der erste Fall betrifft den Antrag bon Dobruch- Berlin auf Wiederaufnahme in die Partei. Der fünfte Wahlkreis hat ihn ausgeschlossen, weil er einen Genossen in verleumderischer Weise des Umgangs mit der Kriminalpolizei bezichtigt hatte und weder in den Vorstandssikungen noch in der SchiedsgerichtsverHandlung Beweise für seine Behauptungen hatte beibringen können. Beschwerde bei der Kommission hat er nicht eingelegt. Die Be schwerdekommiffion empfiehlt dem Parteitag, dem Antrag auf wiederaufnahme in die Partei nicht stattzugeben.
Der Parteitag beschließt so.
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Der Parteitag fordert die Abschaffung aller indirekten Steuern, aber, daß 400-500 Millionen erforderlich sind, um das Defizit streitet seine Behauptung über die nicht genügende Gelegenheit Zölle und sonstigen steuerpolitischen Maßnahmen, welche die Inter - zu decken, so kann man sich lebhaft vorstellen, daß die Steuern un- zur Verteidigung. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens sieht eſſen der Allgemeinheit den Interessen einer bevorzugten Minder- gewöhnlich hoch sein müssen. Nach einer Mitteilung des Berliner bas Organisationsstatut nicht vor, und eine Prüfung des Materials heit opfern. Er fordert die Einführung einer stufenweise steigenden Börsencouriers" soll sich die Besteuerung auf Gas und aus jener Zeit ist ja auch kaum möglich. Die Beschwerdekommission Reichs- Einkommen- und Vermögenssteuer, die Reform der Erb- Elektrizität auf 5 Pro 3. belaufen und 60 Millionen empfiehlt dem Parteitag, den Antrag Siebel abzulehnen. schaftssteuer durch Heranziehung aller größeren Erbschaften und bringen. Das Bier soll 30 bis 40 und der Tabak 40 bis Erhöhung der Steuerfäße nach dem Umfange des Erbgutes und 50 Millionen einbringen. Was aus der Branntweinsteuer nach dem Grade der Verwandtschaft, insbesondere die erbschafts- fließen soll, ist noch nicht bekannt, man spricht lediglich von einer fteuerliche Heranziehung des Erbgutes für Ehegatten und Kinder. Reformierung dieser Steuer. Ob damit eine Beseitigung Gener, der Liebesgaben geplant ist, ist sehr aweifelhaft; die
Siebel ist bei mir gewesen und hat mir dieselben Gründe ges nannt, die der Berichterstatter vorgetragen hat. Er beruft sich weiter darauf, ein Vorstandsmitglied habe ihm gesagt, der Dorts