Nr. 232. 25. Iahrgavg. 2. KcilU»es Jotmätla" Knlim loltolilalt 5ovvabend, B. Oktober 1908. ein gewalttätiger Scbiffskapltän vor dem Hamburger Schwurgericht. Der 1854 in Berlin geborene Schiffskapitän Paul Gottlieb Schober hat Dinge begangen, die an Zeiten erinnern, Wo Schisfstyranuen mit unbeschrnntter Machtbefugnis ihr Mütchen an Untergebenen kühlten. Viel schlimmer kann es auch nicht auf den Sklavenschiffen ausgesehen haben, als auf der von Schober in den Jahren 1g0S/1S03 befehligten Hamburger Bark„ A l l h mit der er damals Reisen nach Afrika , Australien und nach der Westküste von Südamerika machte. Seine Mannschaft hatte er zum größten Teil in London angemustert. Bald bekamen die Seeleute die harte Faust des robusten Schiffsführers zu spüren. Einem achtzehn« jährigen Leichtmatrosen, den er zun, Aufwärter degradierte, versetzte er so kräftige Ohrfeigen. daß der junge Mensch davonlief, eine,» Matrosen zerrte er n, it Gelvalt aus der Koje, einen anderen Matrosen bearbeitete er in der Kajüte mit Füßen, einen vierten Matrosen schlug er derartig mit einem Stock aus Rhinozeroshaut, daß ihm die eine Körper feite anschlvoll, einem fünften warf er von hinten ein heißes Plätt» eisen in den Rücken usw. Kaum glaublich klingen die Streiche, die Schober an der chilenischen Küste begangen hat. Jin Hafen von Junin bei Jquique löschte die„Allh " im Jahre 1903 Kohlen. Außer 15 Mann von der Besatzung waren beim Löschen auch sechs chilenische Schauerleute tätig. Der Kapitän verlangte von den Leuten, sie sollten pro Tag 75 Tons löschen. Doch brachten sie es am ersten Tage, weil die Löschvorrichtung mangelhaft war, nur auf 45, am zweiten Tage aut 53 Tons. Um die Mannschaft gefügig zu mache», wandte er folgendes Mittel an: er ließ einfach acht Matrosen von Polizisten an Land bringen und ins Gefängnis werfen, wo sie sich bis zu sieb- zehn Tagen mit gefesselten Verbrechern auf- halten mußten. Wiederholt ging der Kapitän ins Gefängnis und fragte die Leute, ob sie nun inehr arbeiten wollten. Sie ant- worteten, sie hätten unter Aufbietung aller Kräfte gearbeitet. Der Schiffs- und Landgewaltige erklärte dann:.Wir sprechen uns später!" Eines Tages trat er wieder den Gang in sein Ge- fängnis an, wo er einen Matrosen backpfeift e. Als ein Matrose im Gefängnis erkrankte, holte der Kapitän ihn ohne weiteres an Bord. Nachdem die Matrosen schon mehrere Tage im Gefängnis gesessen hatte, erschien in Begleitung eines Lotsen der Vertreter der Salpeterkompagnie. Er erklärte, die Matrosen dürften auch nach chilenischem„Recht" ohne weiteres nicht länger als 24 Stunden in Haft behalten werden. Der Kapitän ließ die Leute ruhig weiter sitzen. Erst auf Intervention des Sohnes des deutschen Konsuls in Pisagua, dem die gewaltsam ihrer Freiheit Beraubten durch einen entlassenen französischen Mit- gefangenen eine Beschwerde hatten überreichen lasten, wurden sie befreit. Die Anklage gegen Kapitän Schober lautet auf Vergehen gegen die S e em a n n S o r d nun g, U e b e r f ch r e itu n g der Disziplinargewalt und Freiheitsberaubung, die länger als eine Woche gedauert hat. Die An- gelcgenheit hat schon je einmal das Land- und Schwurgericht be- 1 im April 1907) zu Sch.:„DaS sind ja tolle Sachen. Sie sind ein gewalttätiger Mensch und sollen auch dem Trünke ergeben sein. Sie haben die Leute fürchterlich mißhandelt. Was meinen Sie wohl, was 1 Jhnenpassieren würde, wenn Sie ins Hamburger Untersuchungsgefängnis kämen und einen Gefangenen mißhandelten?" Der Angeklagte erwiderte gemütlich, chilenische Gefängnisse dürfe man nicht mit deutschen vergleichen; die Matrosen wollten nicht gehorchen, deshalb hätte er sie mißhandelt. Die Leute hätten einfach seinen Befehlen nach- zukommen. Da er vor der Strafkammer zugab, die Leute hätten bis elf Tage im Gefängnis zugebracht, erklärte das Gericht sich für unzuständig. In der kurz danach staltgehabten Schwurgerichts- sitz un g behauptete Schober, der Konsul sei schon am dritten Tage in Junin gewesen und habe gesagt:„Wenn die Leute nicht so viel arbeiten wie Leute anderer Schiffe, so lassen Sie sie sitzen". Der Hafenkommandant Cordero in Junin hat dagegen bei seiner Vernehmung angegeben, der Angeklagte habe sich mit dem Ersuchen an ihn gewandt, einige seiner Leute, welche die Arbeit verweigerten, in Haft zu nehmen. Diesem Ver- langen habe er aus Höflichkeit stattgegeben. Die Inhaftierung der Matrosen sei aber auf eigene Verantwortung des Kapitäns erfolgt. Das Schwurgericht beschloß darauf die Aussetzung der Ver- Handlung, um den deutschen Konsul in Chile über die Behauptung des Angeklagten kommissarisch vernehmen zu lasten. Gestern' gelangten die brutalen Handlungen des Schober aber» mals vor dem Schwurgericht zur Erörterung. Der Angeklagte, der seit 1868 zur See fährt und seit 1890 Schiffskapitän ist, behauptet, seine aus achtzehn Personen bestehende Besatzung habe aus schlechten Leuten bestanden, die sich verabredet hätten, ihn hineinzureißcn. Um die widerspenstigen Leute zur Raison zu bringen, habe er von den ihm zu Gebote stehenden Disziplinarmitteln Gebrauch ge- macht. Die Behauptung seiner Mannschaft, er-sei, wenn das Schiff im Hafen lag, stets betrunken gewesen, bezeichnet er als unwahr. Er will nicht mit einem Stock aus Rhinozeroshaut, sondern mit einem gewöhnlichen Rohr stock die„Väter- lichen Züchtigungen" verabfolgt haben. Auf Vorhalt des Vorsitzenden gibt er zu, einen Spazier stock aus Rhinozeroshaut besessen zu haben. Vorsitzender: Wegen der schlechten Behandlung sind viele Ihrer Leute im Aus- lande desertiert. Angeklagter: Das kommt überall vor. Wenn ich gezüchtigt habe, dann hatten die Leute es verdient. Mit einem heißen Eisen habe ich nach dem Leichtmatrosen nicht ge- warfen. Der Angeklagte behauptet kühl, er habe nur die ihm auf Grund der damals noch geltenden alten Scemannsordnung zustehenden Disziplinarmittel angewandt. Der Vorsitzende verliest die diesbezüglichen Bestimmungen der Seemannsordnung von 1872, wonach körperliche Züchtigungen, Kost» entzieh ung und Einsperren als Disziplinar» mittel nicht in Frage kommen. Nur bei Widerstand und An- griffen durfte ein Schiffsmann in Eisen gelegt werden. Einen in Newcastel angemusterten Mann, den die Mannschaft für irr- sinnig gehalten haben soll, ließ er unter der Back(Spitze des Schiffs)„logieren", wo sich ein Schweinckoben mit zwei Borstentieren befand. Das Einsperren der Leute in Junin hätten die dortigen Hafenbeamtcn gutgeheißen,„weil die Mannschaft nicht genügend arbeitete". Er habe die Leute täglich im Gefängnis besucht und sie gefragt, ob sie besser arbeiten wollten. Er gibt zu, einen„seiner" Gefangenen in der Ge- fängnisküche geschlagen zu haben, weil der Mann erklärte, er. der Angeklagte, habe im Gefängnis nichts zu sagen. Vor- sitzender: Sie hatten dort doch auch nichts zu sagen. Der Angeklagte behauptet, das Gefängnis sei nur e>ne Bretterbude, in deren einem Zimmer ein Polizist saß. Der Konsul habe gesagt, die Leute säßen dort wie in einem Hotel. (Heiterkeit.) Es entwickelt sich dann ein amüsantes Gespräch zwischen dem Vorsitzenden und dem Angeklagten, der meinte, er hätte die Leute im Gefängnis geschlagen, weil er es nicht hätte ansehen können, daß sie sich dort amüsierten, weil sie doch der Strafe wegen eingesperrt waren.(Heiterkeit.) Vorsitzender: Was würden Sie dazu sagen, wenn jetzt jemand aus dem Publikum Ihnen vor meinen Augen ein paar Ohrfeigen geben würde? Das ist ungefähr dasselbe. Angeklagter: Dann würde ich dein Betreffenden ein paar Ohrfeigen wiedergeben.(Heiterkeit.) Wie die Matrosen aussagen, hat der Angeklagte in schlimmer oben wiedergcgebener Weise gewütet. Trotzdem verneinten die Geschworenen samt- lichc Schuldfragen, worauf Freisprechung des An- geklagten erfolgte. Eine solche Freisprechung wäre unmöglich ge- wesen, wenn die Geschworenen allen Kreisen der Bevölkerung cnt- nommen und nicht aus den Kreisen der herrschenden Klasse aus- gewählt würden. Vermischtes. Die Cholera. Andauernd lasten die Ziffern der Cholerastatistik in Petersburg ein freilich nur langsames Fallen der Neuerkrankungen und Todesfälle erkennen. In den letzten 24 Stunden waren 171 neue Erkrankungen und 85 Todesfälle zu verzeichnen. Die Zahl der zurzeit Erkrankten beträgt 1795._ Attentat eines Geistesgestörten. Wie aus Templin berichtet wird, hat dort der schwachsinnige pensionierte Steuerbeamte Bohle auf den Oberstcuerkontrolleur Schlicht ein Revolverattentat verübt. Bohle war in dem Glauben, daß er seine Pensionierung dem Schlicht zu verdanken habe. Als Sch. nachmittags nach dem Friedhof ging, um das Grab seiner Frau zu besuchen, folgte ihm B. nach und in dem Augenblick, als Sch. vor dem Grab angelangt war. feuerte V- aus einem Revolver eine Kugel auf ihn ab. DaS Geschoß ging jedoch glücklicherweise fehl. B. eilte nach dem Attentat sofort davon und brachte sich am Ufer deS Kanals einen Schutz in die Schläfe bei. Er stürzte besinnungslos in den Kanal und wurde bald daraus als Leiche geborgen._ Straßenbahnunfall. Ein elektrischer Straßenbahnwagen ist in B r e st in einer stark abschüssigen Straße infolge Vcrsagung der Bremse entgleist. Der Wagen überschlug sich, zehn Personen wurden verletzt, zwei davon schwer._ Amtlicher Marktbericht der städtischen Markthallen-Direktion über den Großhandel in den Zenwal-Markthallen. Marktlage: Fleisch: Zufuhr genügend, Geschäft rege, Preise unverändert. Wild : Zufuhr genügend, Geschäft schleppend, Preise befriedigend. Geflügel: Zufuhr reichlich, Geschäft etwa? lebhafter, Preise anziehend. Fische: Zufuhr qc- nügend, Geschäft matt, Preise wenig verändert. Butter und Käse: Geschäft ruhig. Preise unverändert. Gemüse, Obst und Süd- fruchte: Zusuhr genügend, in Aepseln sehe stark, Geschäft etwas leb- haster, Preise behauptet.__ iWarenhaust 'Wilhelm Siein Berlin N>, ChauiSStätGSie 70:72; Heute Sonnabend, den 3. Oktober er., Schluß der Verausgabung doppelter Sparmarken. Wir geben sonst bei einem Einkauf von 1 Mark 4 Sparmarken, heute jedoch So lange Vorrat Ein Waggon Porzellan So lange Vorrat Speiseteller flach...... stück 10, 15 Pf Speiseteller tief....... stück 12, 18 h. Dessertteller........ stück 8, 12 � Kompotteller........ stück 6, 10 pt Kaffeetöpfe dekoriert....... Stück 8 Pf- Milchtöpfe dekoriert..... Satz 6 Stück 98 Pf- XaSSen dekoriert...... Paar 12, 20, 23 Pf- T aSSen mit Goldrand.,>.. Paar 20 Pf- Hveiß: Terrinen;;......... stück 98 pt Kartoffelschüssel mit Deckel.. stück 75 pt Saucieren............ stück 48 h. SalatS rund and eckig..... Stück 15 die 48 Pf. bunt: Dessertteller dekoriert... i i. stück 20 pf- Speiseteller tief u. flach mit Goldrand Stück 28 Pf Dessertteller mit Goldrand..., Stück 20 Pf- Kompptteller mit Goldrand.... Stück 13 Pf- Bratenplatten...... stück 18 bis 98 pf. Kaffeekannen sort. Formen, staok 23 bis 60 pf. Milchtöpfe........ stück 18 bis 40 pf. Obertassen..... stück 7 vi. KtlChenkÖrbe durchbrochen, dekoriert, Stück 48 Pf. Kaffeeservice für s Personen, dekoriert.. 1 95 Tafelservice fein bemalt, für s Personen., 14� Tafelservice fein bemalt, für 12 Personen.. 33®® So lange Vorrat; Von Sonnabend, den 3. bis Dienstag, den 6. Oktober er, So lange Vorrat; Rotwurst........... pid 50 pf Zwiebel-Leberwurst..... pfd 50 pi Fleischwurst.......... pfa. 85 pf Eisbein(Spitzbein).......... Pfd. 25 Pf. Lebensmittel Pa. Cervelatwurst........ pfa 1 10 Pa. Salamiwurst......... pfa. 1 10 Pa. Qöttinger Salamiwurst. pfa. 1 60 Pa. Göttinger Cervelatwurst pfa. 1 60 Prima junge Hühner Prima Suppenhühner Prima Rehblätter... Kasseler Rippespeer. 80 pf- bis 1'® . 1" bis 2 20 . 1 75 bis 2" . Pfd. 80 Pf-
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