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Ar. 237. 25. ZahrMg. 1. KtilW ilrs LMrls" KMer WisdIM kttiK&O.HMerlM. Der nürnberger Parteitag in den Organisationen. v Am Mittwochabend erstatteten tn einer Versammlung des Sozialdemokratischen Vereins Nürnberg-Altdorf die Dele- gierten ihren Bericht über den Parteitag. Die Versammlung war von etwa 300 bis 400 Personen besucht. Genosse Bohl gab einen Ueberblick über den Verlaus des Parteitages und verweilte hauptsächlich bei der Budgctsrage. Er verteidigte die Haltung der Süddeutschen und die Erklärung der 00. Die Budgetbewilligung sei kein Verstoß gegen Parteigrundsäde, sie sei diesmal notwendig gewesen im Hinblick auf die große Masse der Indifferenten, die wir noch gewinnen wollen und die eine Ablehnung des Etats nicht verstanden hätten. Ter zweite Referent, Genosse E i s n e r, ergänzte den Bericht und sprach hauptsächlich zu den Partcidiskussionen und den gegen ihn erhobenen Angriffen. Tie vergiftende Polemik, die seit 1902 eingerissen sei, müsse verschwinden. Die Bewegung würde ver° steinern, mumifizieren, wenn nicht verschiedene Meinungen in ihr zur Geltung kommen könnten. Alle Diskussionen würden aber dadurch vergiftet, daß man nicht gegen Gründe kämpft, die ein anderer vorträgt, sondern gegen Gründe, von denen man wünscht, daß der andere sie habe. Ein weiterer vergiftender Zusatz sei der, daß man gegen Parteigenossen, mit denen man sich in einer fach- lichen Meinungsverschiedenheit befindet, als erstes Wort in der Polemi! erklärt: du gehörst nicht mehr zu uns, du bist kein Partei- genösse mehr, du lieferst uns an die bürgerliche Gesellschaft aus. Er betrachte es als einen der schloersten Verluste, daß die große Masse der Parteigenossen, die an solchen gehässigen Kämpfen Ekel empfindet, auch nicht mehr die Neigung hat, sachliche Diskussionen anzuhören. Ich habe in einer Versammlung die flüchtige Bcmer- kung gemacht, ob es nicht viel richtiger wäre, die Mittel, die für die Parteischule ausgegeben werden, zu einer Organisation der Bildungsbestrebungen zu verwenden, die sich unmittelbar an die große Masse wendet. Darauf hat man erwidert, ich hätte die Parteischule bekämpft, weil ich sie nicht will, weil ich den Marxis- mus nicht will. Davon, was mir am Herzen lag, hat man auf dem Parteitag nicht geredet, man hat lediglich ein Duell Eisner-Luxem- bürg, Eisner-Schulz oder Eisner-Grunwald daraus gemacht." So ist auch die Bildungsfrage unfruchtbar geblieben, höchstens, daß das Material durch das Austreten einiger Parteischüler Werwoll bereichert wurde. Wir werben keine Mitglieder, wenn junge Leute, die eben von der Parteischule kommen, von alten verdienten Genossen, wie Robert Schmidt, mit Verachtung sprechen. Als Redner auf seinen angenommenen Antrag bezüg- lich der Agrarkom Mission zu sprechen kommt und dazu bemerkt, wenn seine Berliner   Freunde besser aufgepaßt hätten, wäre er wohl nicht ckngenommen worden, er habe sich nun einmal deren Haß zugezogen, wird aus der Versammlung der Zuruf ge- macht:Erzählen Sie doch etwas von Ihrem Min ister essen!" Er erwidert darauf, der Zwischenrufer scheine dieTagespost" nicht zu lesen, denn in ihr habe er, Redner, feinMinisteressen" selbst beschrieben und die Leser hätten ihre Freude daran gehabt. Als Reoakteur ergreife er gerne jede Ge- legenheit, Leute, gegen die er täglich polemisieren soll, persönlich kennen zu lernen. Er habe keinen Sinn dafür, daß man einen Minister für etwas Besonderes hält. Dieser sei nichts weiter als ein Beamter, ein Beauftragter des Parlaments. Man möge ihm eine Zeile nachweisen, die darauf hindeute, daß durch ein Minister- essen seine Auffassung beeinflußt worden sei. Tie Ursachen unserer Parteidiskussionen sucht Redner in den preußischen'poli- tischen Verhältnissen, die der mächtigen, opferfähigcn preußischen Sozialdemokratie noch nicht den kleinsten Erfolg gegönnt baben; die gebändigte Kraft, die sich nicht nach außen entfalten könne, suche sich nun nach innen zu entfalten und gegen die eigenen Ge- nassen Erfolge zu erzielen. Es sei nicht daran zu denken, daß Preußen auf friedlichem Wege in den Zukunftsstaat hineinwächst, deshalb ist jede Politik mit allen Mitteln in Preußen recht. Das nenne ich Radikalismus, aber die große preußische Partei hat diese Politik nicht zu treiben vermocht. Ich bestreite, daß der Süden revisionistisch und der Norden radikal ist. Es herrscht in Preußen eine tiefe Kluft zwischen der Politik der Tat und des Wortes. Ich mache den preußischen Genossen daraus keinen Vorwurf, daß jeder Versuch. Ernst zu machen, in den Massen nicht den erforder- lichen Widerhall findet, und deshalb begreife ich auch, daß ihre kleines feuilleton. Die Zukunft beS Berliner Opernhauses. Wilhelm II.   will ein neues Opernhaus. Fühler werden ausgestreckt, Versuchsballons auf- gelassen. Kecke Vorschläge wagen sich an die Oeffentlichkeit, die die Rechte und Pflichten des Staates kaiserlichen Privatwünschen unter- ordnen. Die Stadt Berlin   wird dabei als die untertänigste Residenz« stadt behandelt, die noch von Gnade sprechen darf, wenn sie zur Ausführung dieser Pläne Geld, Fügsamkeit und Maulbalten beizusteuern hat. Daß die Stadt, die nach nicht dementterten Nachrichten sieben von den erforderlichen 15 Millionen für den Neubau der Oper am Königsplatz tragen soll, dafür irgend welche Rechte der Mit- bestiinmung bekäme daran denkt von den StimmungSmachern des Absolutismus natürlich niemand. Die gute Stadt Berlin   so rechnen sie wird sich schon fügen. Wie die Dinge sich ungefähr gestalten können, davon gibt Paul Schlesinger   in der Schaubühne  " eine bei aller notgedrungenen Satire durch- aus wahrscheinliche Darstellung. Der Verfasser stellt sich die Zu- kunft des Berliner   Opernhauses so vor: Ihne oder Genzmer macht einen Plan, der lediglich dem königlichen Bauherrn zur Korrektur vorliegt. Stadt und Staat be- kommen die Erlaubnis, zu bewilligen. Berlin   stellte man als Gegenwert das alte Opernhaus und Konzessionen in der Straßen- babnangelegenheit in Aussicht. Möglich, daß wir Berliner   ein neues städtisches Repräsentationshaus brauchen: in anderen Städten er- ivarten bürgerliche Behörden ihre fürstlichen Gäste im Rathaus. Die finanzielle Lage Berlins   ist sehr prekär, und Herr Steiniger, der sparsame Stadtkämmerer, wird sich kaunr darum reißen, �die sieben Millionen für repräsentative Zwecke bereit zu stellen Schlimmer noch ist es mit denKonzessionen" in der Straßenbahnangelegenheit. Die Leser werden fragen, loas denn das Berliner   Verkehrswesen mit dem Opernhaus zu tun habe. Nun das frage ich mich auch. Ginge bei uns alles mit rechten Dingen zu, so stünde dem Herzen der Regierung die Stadt Berlin   näher als eine private Gesellschaft. Sind ihr diese beiden Faktoren gleich lieb, so mag das Recht entscheiden. Aber kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Als es Mode war. den Tiergarten durch Bildwerke zu ruinieren, stiftete die Straßenbahn die Jagdgrnppen am Großen Stern, und die Regierung zögerte nicht, diese gute Gesinnung zu honorieren, als es sich um die Verlängerung der Konzession handelte. Die Straßenbahn würde sicher auch beute jedes Opfer bringen und keinen Augenblick zögern, das alte Opernhaus in einen Straßen« babnhof oder ein Fundbureau umzugestalten. Aber diesmal hat Berlin   die Vorhand Politische Rücksichten werden eS sein, die Berlin  veranlassen, zum erstenmal etwas für ein Theater zu tun. Dieselben politischen Rücksichten werden Berlin   verhindern, an daS Geschenk irgendwelche Bedingungen zu knüpfen. Und es ist zweifelhaft, ob die Herren vom Magistrat den Mut finden werden, wenigsienö eine an- sündige Behandlung deS Publikums seitens der Generalintendantm herauszudrücken." Wie die Untertanen, die daS kgl. Opernhaus als gut zahlende Besucher belästigen, behandelt werden, davon gibt Schlesinger, der Politik sich in Worten erschöpft. Wir müssen entschlossen sein, je nach den Umständen auch das äußerste zu wagen, wenn wir uns aber zu schtvach fühlen, dürfen wir nichts anderes tun, als arbeiten, arbeiten und immer wieder arbeiten, und in dieser Arbeit wollen wir nicht durch überflüssige Partcidiskussionen gestört und bccin- trächtigt werden. In der Diskussion wiederholt Genosse Löwenstcin seine schon früher kundgegebene Meinung, daß für die Zustimmung zum Budget nicht der gering st e Grund vorlag. Es sei nicht wahr, daß durch die Ablehnung die Partei in ihrer Agitation be- hindert worden wäre. Gerade in der Zeit, wo regelmäßig das Budget verweigert wurde, habe die Partei die größten Erfolge er- zielt. Wenn man annehme, daß die Fraktion im guten Glauben gehandelt, so müßten die Budgetbcwilligungsfreunde doch, nachdem der Parteitag mit überwiegender Mehrheit eine andere Ansicht kundgegeben, jetzt diesen Parteibeschluß respektie- r c n. Durch ihre Erklärung hätten sich die 00 in Wider- spruch mit ihrem ganzen Verhalten vor dem Parteitage gesetzt, wo sie die Lübecker   Resolution für sich reklamierten. Jetzt könnten sie sich nicht mehr dahinter verstecken, daß sie der Meinung waren, die Budgetabstimmung unterliege dem Urteil der Landesorganisation. Es tväre korrekt gewesen, wenn sie dies vorher erklärt hätten, dann wäre aber die Abstimmung noch ganz anders ausge- fallen. War die Erklärung der 6 6 schon bcdauer- lich, so war die Erklärung des bayerischen   Landes- Vorstandes geradezu verwerflich, da hierdurch die Fraktion in ihrem Widerstand gegen die Beschlüsse der Gesamt- Partei noch mehr bestärkt worden sei. Das war um so verwerf- sicher, als der Landesvorstand wußte, daß die Fraktion bei der Budgetzustimmung keineswegs einig war. Abgesehen davon, daß zwei Mitglieder der Fraktion dem Finanz- gesetz nicht zustimmten, scheinen auch sonstige Bedenken gegen die Zustimmung geherrscht zu haben, sonst hätte Voll- mar doch unmöglich mit der Nicdcrlegung seiner Acmter drohen können. Genosse Müller bedauert den Zwist und erhebt den Vor- Wurf, man habe gewußt daß sich ein großer Skandal ent- wickesn werde, aber trotzdem für das Budget gestimmt. Eine Ablehnung hätte uns nicht den Schaden zufügen können. als es durch den durch die Zustimmung hervorgerufenen Zwist geschieht. Als er auf dem Parteitage Bebels Ausführungen ge- hört, habe er geglaubt, daß es noch zu einer Einigung kommen werde, aber baid habe er das Gefühl bekommen, daß führende Ge- nosscn auf dem Parteitage den Krakeel noch geschürt haben. Seit Eisner in derTagespost  " sei, sei der Krakeel zwischen Nord und Süd. Er unterschreibe nicht, was dieLeipziger Volksztg." und der Vorwärts" geschrieben haben, aber er müsse sagen, daß auch bei derTagespost  " große Fehler gemacht worden seien. Auch der An- griff aus den Genossen Süßheim scheine persönlicher Gehässigkeit zu entspringen. Genosse ASberger spricht ebenfalls gegen ldie Budget- bewilligung und erklärt, auch bei der Ablehnung hätte man genau so erfolgreich agitieren können, wie vorher. Aber durch den Gegen- satz, der jetzt zwischen Nord und Süd konstruiert werde, würden den Gewerkschaften, deren Sitze zumeist in Norddeutsch- land seien, Schwierigkeiten bereitet. Nachoem auch noch ein weiterer Redner den Falk Süß- heim angeschnitten, wird beschlossen, die Debatte hierüber zuzu- lassen. S ü ß h e i m ist in einer Notiz derTagespost  " angegriffen worden, weil er als Vertreter im Gerichtssaale die Vorstrafen eines Zeugen verlesen hat. Die«Tagespost  " hatte be- merkt, wenn er nicht so viel sozialpolitisches Verständnis besitze, daß dies ungehörig sei, so sollte er doch wenigstens die Ministerial- entschließung kennen, die die Verlesung der Vorstrafen eingeschränkt wissen will. Mit diesem Fall hat sich die Preßkommission bcsckchf- tigt, Wobei fe st gestellt wurde, daß die politischen Re- dakteure Eisner und Dr. Weill von dem Angriff keine Kenntnis hatten und daß die Notiz durch den Ge­nossen Schlegel in die Zeitung gebracht wurde, auf dessen Vcran- lassung jene Ministerialentschließung erlassen wurde. Im dritten Wahlkreise, den Süßheim vertritt, hat sich auch eine Vertrauens- männcrsitzung mit dein Fall befaßt und eine Tadclsresolu- tion gegen die Redaktion angenommen. Die Redaktion beschwert sich, daß sie zu dieser Sitzung nicht eingeladen worden sei. Die weitere Diskussion erstreckt sich lediglich auf diesen Fall. Nachdem E i s n e r, S ü ß h e i m und andere das Wort ergriffen und es inzwischen'chl Uhr geworden ist, wird die Versammlung offenbar durch nichtpreußische Beispiele zu ganz vorschriftswidrigen Auffassungen gelangt ist, eine sehr hübsche Schilderung: In unserer Zeit, schreibt er da jedes geschäftliche Unter- nehmen bemüht ist, seinen Kunden den Einkauf nach Möglichkeit zu erleichtern, steht die höfische Behörde noch immer auf dem Standpunkt, daß die Erlaubnis zum Eintritt in das Opernhaus eine Art Gnaden- bezeugung sei, die der erlangt, der die kräftigsten Beine oder das meiste Geld hat. Schnftliche Vorausbestellungen, wie sie früher möglich waren, hat Herr von Hülsen abgeschafft. Also ist man ge- zwungen, in Wind und Wetter stundenlang vor der Opernhaustür zu warten. Natürlich unter so starker polizeilicher Bedeckung, daß durch- reisende Westeuropäer glauben können, in Rußland   zu sein und einem Transport von Sträflingen zu begegnen. Endlich öffnen sich die Pforten. Die Hoheit und Würde der Beamten läßt den Wunsch nach einem Billett mit Zittern über die Lippen kommen. Dabei kann selbst der. der als erster an den Schalter tritt, nicht sicher sein, den Platz zu bekommen, den er haben will. Rätselhafte»Ver- fügungen" walten da, unkontrollierbar, unanfechtbar. Gerade jetzt wieder sind die Opernhauspreise plötzlich, ohne jede Ankündigung, um fünfundzwanzig Prozent erhöht worden. Mit dem Preis von zehn Mark für den Parkettplatz, für drei und eine halbe Mark für den Galeriefitz ist die letzte Volkstümlichkeit abgestreift worden. Daß die musikalische Erziehung der Jugend einfach un- möglich wird, ist den Herren offenbar völlig gleichgültig, ES wird ein Rutsch nach oben stattfinden, basta. Vielleicht wird durch diese Erhöhung wirklich erreicht, daß der Zuschuß sich um Hunderttausende vermindert, indem nämlich der Opernfrcund mit seinem Billett für Tristan" oderCarmen"Sardanapal" bezahlt." Wird trotz dieser Mißstände, trotz dieser gänzlichen Unfruchtbar- keii des königlichen Opernbetriebes in riiiistlerischer Hinsicht, trotz der völligen Ausschließung aller Minderbemittelten die Stadt Berlin   den Mut haben, ihr gutes Geld hinzugeben, ohne fundamentale Ab- änderungen zu verlangen? Wir fürchten, der Verfasser des Alarm- artikels hat nur zu sehr recht, wenn er schließt: EL wird alles so kommen, wie man es oben will. Die ge- piesackten Berliner   werden ihre Millionen hingeben, der preußische Staat ebenfalls. Niemand wird hieraus ein Recht für sich ableiten wollen... Und es ist fast unerträglich zuzuschauen, wie eine Summe von fünfzehn Millionen ausgegeben wird, die Berlin   um ein bauliches Monstrum vom Geiste der Herren Ihne und Genzmer bereichern sollen.... Es ist unerträglich aber man wird ruhig zuschauen." Nur einer wird nicht ruhig zuschauen: die Sozialdemo- kratie. Im Interesse des Volkes, das auf alle Fälle die Zeche zu zahlen hat. im Interesse der Kunst, die zu bombastischen Luxus- zwecken degradiert, im Interesse der Kultur, die verraten werden soll, wird sie ihre Stimme erheben. Sie wird daS Bürg e r t u m zwingen, sich offen als Schleppe nträgerin des AbsolutiSmis zu d e m a S k i e r e n oder zu beweisen, daß eS ihr ernst ist mit den großen Worten: Volk, Kunst, Kultur. Humor und Satire. D i e Probe aufs Exempel. In einer englischen   Stadt hielt jüngst ein Anhänger derChristlichen Wissenschaft", ein abgebrochen. Sie wird am nächsten Freitag fortgesetzt. Auf der Reducrliste stehen 22 Redner, Die Frankfurter   Parteigenossen setzten am Dienstagabend die Diskussion fort. Genosse Diehl, Zentralvorsitzender des Dachdeckerverbandes, sagte u. a.: In der Budgetfrage habe auf dem Parteitag die Majorität sachlich, die Minorität unsachlich debattiert. Die Süd- deutschen hätten nach der Lübecker   Resolution handeln, also gegen das Budget stimmen und dann an den Parteitag bezüglich einer Abänderung des Lübecker   Beschlusses herantreten müssen. Die Resolution Frohme bedeute eine Verschleierung, eine Berkleisternng, es sei deshalb das beste, daß die Resolution de? PartcivorstandcS an- genommen wurde. Die Beschlüsse deS Parteitags müßten auch von den Parlamentariern eingehalten werden. Es sei unbegreiflich, daß einzelne Gewerkschaftsführer in dieser Frage eine andere Meinung einnehmen. Die Auslegung der Erklärung der 66 durch die Süd- deutschen sei ein Unding, diese Erklärung sei doch kein Beschluß. Gegen die Vorstandsresoluiion und für die Erklärung der 66 sprachen die Genossen Gewerkschaftsbeamter Pleite und Arbeiter- fekretär Heiden, gegen die Budgetbewilligung in scharfer Weise Genosse Redakteur Wendel. Genosse Diener er- klärte, auf beiden Seiten sei über daS Ziel hinausgeschossen worden. Den Beschlüssen deS Parteitages müßten sich alle Genossen fügen, andernfalls müßte mit denen, die gegen die Be- fchlüsse handeln, tabula rasa gemacht werden. Genosse Reinhard sprach gegen Budgetbcwilligung, aber auch gegen Parlamentarismus. Im Schlußwort sagte Genosse Quarck  , daß die Diskussion volle Einigkeit in einer Beziehung gegeben habe: in der Regel haben wir dem Klassenstaat das Budget zu verweigern. Die Gesamtpartei habe sich zur Erkenntnis ent- wickelt, daß sich revolutionäre 5tlassenbewcgung und Reformpolitik gegenseitig nicht ausschließen, sondern sich ergänzen. Dann wird gegen wenige Stimmen die Resolution Dittmann, wonach sich die Parteiversammlung mit den Be- schlüssen des Parteitages einverstanden erklärt, angenommen. «.' Der Parteiverein für H a m b u r g II hat in zwei zahlreich besuchten Versammlungen verhandelt. Gegen acht Stimmen wurde die schon mitgeteilte Resolution angenommen, die sich mit den Beschlüssen, insbesondere mit der Resolution in der Budgetfrage einverstanden erklärt und die Cr- Wartung ausspricht, daß a l l e Parteigenossen der obersten Instanz Rechnung tragen werden. Im dritten Hamburger Wahlkreise haben in den letzten Tagen abermals mehrere Distrrltsversammlungen stattgefunden, die abgesehen von einem Landorte, wo nur eine Aussprache erfolgte ihr Einverständnis mit den Parteitagsbesch lnssen ausdrückende Resolutionen annahmen. * In DreSden-Neustadt wurde am Mittwoch die am Sonn- abend vertagte Parteiversammlung sortgesetzt. In der Diskussion traten abermals zwei Redner auf. die gegen die Vorstands« refolu tion sprachen. Es zeigte sich jedoch, daß sie und ihre. Vorgänger in der ersten Versammlung nicht die Meinung der großen Mehrheit der Genossen des Kreises zum Ausdruck brachten. Denn schließlich wurde gegen sechs Stimmen folgende Resolution angenommen: Die Parteiversammlung des sozialdemokratischen Vereins für den vierten sächsischen NeichstagSwahlkreiS erklärt sich mit allen Beschlüssen des Nürnberger Parteitages ein- ver st an den und erwartet von den Parteigenossen so viel d e in o« kratisches Gefühl, daß die gefaßten Beschlüsse st r i k t e b e f o l g t werden." »» » Zwei starkbesuchte Parteivcrsannnlungen in G o t h a beschäftigten sich eingehend mit den Beschlüssen des Parteitages. In beiden Ver- sammlungen fand die nachstehende Resolution des Genossen Bock e i n st i m m i g e Annahme: Die heutige starkbesuchte Parteiversammlung stimmt den Partei« tagSbeschlüssen in Nürnberg   rückhaltlos zu. Dieselbe erblickt in dem Parteitag die höchste Instanz der Partei, welche nicht nur das Programm, sondern auch die Richtlinien der Taktik fe st zulegen hat. Jeder Genosse hat sich der freiwillig gewählte» Amerikaner, einen Vortrag, in dem er die Lehren seiner Sekte mil glühender Begeisterung predigte und von der Heilung alles Leids, auch des körperlichen, durch den Glauben, durch das Gebet und die Ueberredung sprach. Alle Anhänger dieses Glaubens fühlten sich gegen jede Krankheit und jede Schwäche gefeit. Da steht plötzlich mitten im Publikum eine Dame auf und sagt:Ich möchte gern wissen, ob eS hier im Saale eine Frau gibt, die Anhängerin der christlichen Wissenschast ist und an das glaubt, was Sie sagen I" AllcS blickt erstaunt zu ihr hin und würdevoll erhebt sich eine ander» Dame und antwortet ihr:Ich, meine Dame, bin Gläubige der christlichen Wissenschaft, und ich habe allen Segen diese« Glaubens an mir selbst erfahren." Damit setzt sie sich wieder, sichtlich stolz auf den Erfolg. Aber die Dame, die zuerst gesprochen, steht noch einmal auf und sagt mit liebenswürdigem Lächeln zu ihr:Das ist mir lieb, verehrte Dame, denn hier, wo ich sitze, herrscht ein schrecklicher Zug, bei dem ich mir den Schnupfen holen werde, und da Sie ja gegen jede Erkältung gefeit sind, so möchte ich Sie bitten, Ihren Platz mit mir zu tauschen." Es dauerte lange, ehe das Publikum sich von den Lachkrämpfen, in die es verfiel, einigermaßen erholt hatte...,_ Notizen. Theatcrchronik. Im Schiller-Theater O. wird Shaws KomödieEin Teufelskerl" am Freitag zum ersten Male in Szene gehen. Sizilien in Berlin  . Neben Grasso, der imGastspiel- theater" echt italienische Stücke, wie EudermannSStein unter Steinen", aufführt, wird Berlin   demnächst noch eine zweite sizilianische Truppe bewundern können. Sie sieht unter seiner früheren Primadonna und jetzigen Konkurrentin Mimi Aguglia und will am 15. Oktober ihr Gastspiel innur sizilianischen Dramen" im Reuen Theater eröffnen. DicAusstellnng belgischerKunstim SezessionZ« gebäude wird von Freitag, den 9., an wegen der zeitig eintretenden Dunkelheit bereits um 6 Uhr abends geschlossen. Der TitelZar". Man hat sich so daran gewöhnt, den Titel Zar als ein besonderes Attribut für den Herrscher aller Reußen anzusehen, daß seine Annahme durch Ferdinand von. Bulgarien eine gewisse Verwunderung erregt. Dennoch hat der Fürst aus diese Bezeichnung ein mindestens ebenso gutesAnrecht" wie der russische   Herrscher, denn eS ist der bulgarische Fürst Symeon gewesen, der im Anfang des zehnten Jahrhunderts sich den Titel Zar beilegte, der dann mit der bulgarischen Krone verbunden blieb. Im übrigen tritt die Bezeichnung früh in allen slawischen Sprachen auf. Zuerst gaben die Slawen den Namen den byzantinischen Kaisern und nannten deren Hauptstadt Konstantinopel Zarigrad. In der slawischen Bibel ist das griechische Wort für König immer mit Zar übersetzt. während das Wort für KaiserKesar" lautet. Die Bezeichnung Zar. die ursprünglich ebenfalls aus dem lateinischen Caesar abgeleitet ist, ist also in ihrem Wert bereits ein wenig herabgedrückt.