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ÄaSaSernachunssrerNnsichtnurveweist, daß das Lustragen und Abholen von Formularen. welche der Arbeitslose selb st aliSzu füllen hat, wie es die Berliner organisierte Arbeiterschaft Anfang dieses Jahres unter- stützen wollte, daS beste durchführbare Verfahren ist. Prof. Silbergleit bescheidct fich vorläufig damit, daß das Zähl- urnen-Verfahren durchgeführt werden möge. Ferner macht er Vorschläge zur Benutzung von T e i l st a t i st i k e n, die bereits vorhanden, wenn auch nicht das Gesamtbild der Arbeitslosigkeit er- gebend sind. Erstens kommt hier in Betracht die S a t i st i k der Fach- verbände, welche Arbeitslosenunterstützung zahlen. Von ihnen bezieht schon seit längerer Zeit da? Kaiserliche Statistische Amt Auskünfte. Von unserem Deputations- Mitglied wurde darauf hingewiesen, daß auch daS st ä d t i s ch e Statistische Amt diese Auskunft einziehen könne und erhalten würde. Eine daraufhin abgehaltene Besprechung der Vertreter der größten Arbeiter-Fach verbände Berlins mit demDirektor des Statt st ischen Amtes ergab die Bereit- Willigkeit der Organisationen, welch« nicht nur vierteljährlich, wie an daS Reichsamt, sondern alle 4 6 Wochen die Formulare ansgefüllt dem städtischen Statistischen Amt üüerweisen wollen. Auf Borschlag Silbergleits sollen die Nachweisungen noch erweitert werden hinsichtlich deren Dauer der Arbeitslosigkeit. Wie Prof. Silbergleit mitteilt,.haben auch nach dieser Richtung Vorbesprechungen zunächst mit dem größten Berliner Fachverbande, dem der Metallarbeiter bereits stattgefunden. Die bei diesem bestehende, zweckmäßig ein- gerichtete Registerführung dürfte bei Ausstellung auch dieser, die Jntensitätsmessung nicht bloß nach der durchschnittlichen UnterstiitznngSdauer gestattenden Nachweise für die Zukunft er- möglicheir." Da aber nur etwas mehr als ein Drittel der Arbeiter Groß- Berlins den Verbänden der Gewerkschaften angehört, ist dieser Statistik»nur eine symptomatische Bedeutung beizulegen. Aber schon eine solche rechtfertigt die Berücksichtigung." Gänzlich unbrauchbar ist die Statistik der Arbeits- nachweise, weil es nicht einen Arbeitsnachweis mit Benutzungs- zwang gibt, sondern vielerlei: der Zentralverein für Arbeits- Nachweis,als Ersatz für eine städtische VermittclungSstelle", wie ihn Silbergleit nennt, er hätte hinzufügen können: ein recht unzu- reichender ferner die Umschau, die gewerbliche Stellenvermittelimg und die durch Zeitungen. Die Arbeitsnachweisstatistik erfaßt nach Silbergleits Berechnungen höchstens ein S e ch st e l der wirtlich stattfindenden Vermittelung:Diese Statistik kann also auf ge- nügende Beweiskraft Anspruch schlechterdings nicht erheben." Am M a g i st r a t s t i s ch hat man bei den Arbeitslosendebatten des vorigen Winters dieser Arbeitsnachweisstatik größere Bedeutung beigelegt, trotzdem unsererseits schon damals auf ihre Wert- losi gleit hingewiesen wurde. Professor Silbergleit will die Statistik der Arbeitsnachweise dennoch nicht übergangen wissen,weil sie ungeachtet ihrer Mängel doch wiederholt ein Bild der Gesamtlage wenigstens in Umrissen dargeboten hat." Er will dazu das Material des Zentralvereins im Berliner S t a ti stis che n Amt bearb eiten. Zusage zur Bereitstellung des Materials hat der Vorstand des Zentralvereins, Dr. Freund bereits gegeben. Zum Schluß entwickelt Prof. Silbergleit einen weitausschauenden Plan über eine Statistik der An- und Abmeldung bei den Krankenkassen. Er verhehlt sich die Schwierigkeit der Durchführung nicht, ist aber mit Recht überzeugt, daß hierdurch eine st ä n d i g e und zuverlässige Uebersicht sowohl über den Beschäftigungsgrad als über den Stand des Arbeitsmarktes gegeben würde. Erforderlich dazu wäre eine einheitliche Anmeldung aller Bersicherungs- Pflichtigen Groß-BerlinS, die sehr inhaltreich gestaltet werden könnte durch Einführung eines JndividualblatteS für jedes Mitglied. Auf Anregung Silbergleits ist dies in Magdeburg schon vor Jahren geschehen; diesem Vorgange folgte die Schöneberger Allgemeine Ortskrankenkasse und die größte Berliner Ortskrankenkasse, die der Kaufleute. In seinem Autachten gibt Silbergleit Abbildungen jener Karten. Zur Ergänzung der Meldungen der Krankenlaflen wäre aber doch erforderlich, daß das Berliner Statistische Amt auch die polizeilichen Meldungen über Ab- und Zuzüge wie die standesamtlichen Meldungen der Sterbefälle erhielte. Dann freilich würde ein Material an einer Stelle zusammen- kommen, daS für eine Sozialstatistik eine unerschöpfliche Fundgrube wäre.Das Jndividualblatt wird zum Nachweis des WohnungS- und des Arbeitswechsels, sowie der Bedingungen deS letzteren, und einem kombinationsfrohen Gemüt eröffnet sich die Aussicht auf ein schier unabsehbares Gebiet höchst bedeutsamer Bcvölkerungs- und sozialistischer Feststellungen, die schließlich d a S Material abgeben zu einer Lehre vom beruf- lichen Schicksal de« Arbeitnehmers, zu einer Morphologie des Arbeitsverhältnisses." Wir fürchten, daß gerade deshalb die maßgebenden Kreise. Magistrat wie Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung, sich für Silbergleits Plan nicht gerade begeistern werden, denn dasberuf- liche Schicksal des Arbeiterstandes" würde sich als ein grauen- erregendes Menetekel des Kapitalismus erioeisen. Aber um so mehr wird die Arbeiterschaft darauf drängen, daß diese statistische Feststellung durchgeführt wird. Und z u n ä ch st muß in k ü r z e st e r Frist an eine zuverlässige Zählung der Arbeitslosen gegangen werden. Sobald der Winter herein- brechen wird, wird sich auch die Arbeitslosigkeit und Not noch ge- waltig steigern. Da gilt es einmal ihren Umfang festzustellen und gleichzeitig für ihre Abhilfe sorgen. Die Stadt Berlin lvird sich in diesem Winter ihrer Pflicht nicht entziehen können und dürfen. Der ttsiizoMche GewrlifchaMongreO. 5. Verhandlungstag. Marseille , 9. Oktober. (Gig. Ber.) Die heutigen Verhandlungen stellen den Höhepunkt des Kongresses dar. Sind doch die beiden Gegenstände, die in der Presse und auf den Fachkongressen die eingehendste und leidenschaft- lichste Diskussion gefunden haHn, auf die Tagesordnung gestellt: die Proportionalvertrrtung und der Antipatrio- tiSniuS. Wohl weiß ein jeder, wie die Entscheidung fallen wird. aber dennoch ist die Spannung groß. Wie wird das Kräfte­verhältnis der Parteien sein? Und welche« Bild geistiger Lebendig- keit wird die Debatte liefern?... Das erhöhte Interesse findet auch einen äußeren Ausdruck. Die Delegierten sind frühzeitiger als sonst zur Stelle und harren länger aus, das Publikum ist zahlreicher als an den früheren Tagen und gibt manchmal seine Meinung lebhast kund. Die Verhandlung wird gleich am Morgen ziemlich stürmisch. Die Reformisten und die Guesdisten sind übereingekommen, dre Frage der Proportionalvertretung nicht dem Kongreß selbst, sondern den Organisationen vorzulegen. Sie beantragen ein Referendum. Den Shndikalisten im Komitee kommt diese Wendung anscheinend nicht gelegen und fie fordern die Vertagung dieses Antrages bis zum nächsten Kongreß. Zur allgemeinen Ueber- raschung stimmt jedoch eine kleine Mehrheit für die sofortige Ver- Handlung. Es erhebt sich ein heftiger Tumult. Schließlich kann sich der erste Redner für daS Referendum, der Buchdrucker Gusserand Gehör verschaffen. Er erklärt, die Frage sei gründlich diskutiert und spruchreif, aber zu entscheiden seien die organisierten Arbeiter selbst berufen. Das Referendum solle allerdings nur über das Prinzip entscheiden, nicht über die spezielle Form des Proportional- systemS. Der Bauarbeiter Victor, als erster Kontrarcdner, spielt gegen die Anhänger der Proportionalvertretung hauptsächlich die gestrige Rede Clemenceaus im Departement Var aus und behauptet, die Antragsteller stünden unter derPatronageVivianis und B r i a n d s. Gegen das Referendum hat er einzuwenden, daß es die kleinen Organisationen erdrücke. Niel spricht für das Referendum. Er selbst ist Gegner der Proportionalvertretung, die seiner Meinung nach an dem heutigen Stärkeverhältnis der Parteien in der Konföderation nichts ändern würde. Wenn man schon den Proporz wolle, solle man mit ihm auf den unteren Stufen, in den Gewerk- schaften selbst, beginnen. Doch meine er. der Gedanke der Solidarität widerspreche der Majorisierung der kleinen Organisationen. Indes sei die Urabstimmung empfehlenswert, schon um diese Frage, die sonst immer wieder auf den Kongressen auftauchen werde, zu er- ledigen. Roche (gemaßregelter Staatsarbeiter) erklärt: Wenn man uns Schützlinge der Regierung nennt, könnten wir ebenso gut Sie(die Syndikalisten), die immerzu das Lob desGauloiS", derAutoritö" und derLibre Parole" emheimsen, Schützlinge der Reaktion nennen. (Lärm.) Die Situation scheint den revolutionären Syndikalisten nicht erwünscht. Da der Gedanke des Referendums auf die demokratische Gesinnung der Kongressisten Eindruck zu machen droht, springt L a t a p i e mit einem Antrag auf Aufrechterhaltung des status quo ein. Die Abstimmung wird nun so vorgenommen, daß die gegen Latapies Antrag abgegebenen Stimmen als für das Referendum abgegeben angesehen werden. So ist die ganze Bedeutung der Abstimmung verschoben und viele Anhänger des jetzigen Abstim- MUilgSsystemS gegen den Nielschen Antrag gewonnen. Das Resultat ist: 741 Stimmen für den Status guo, 883 für daS Referendum, 19 Stimmenthaltungen. Auf dem Kongreß in Bourges vor 4 Jahren war das Verhältnis 822 gegen 388. Es hat sich also unbedeutend zugunsten deS Proporzes verschoben. Von einem Sieg dieses Prinzips ist man, wie das Ergebnis zeigt, noch weit entfernt. Antimilitarismus und AntiPatriotismus. Am Nachmittag beginnt die mit Spannung erwartete Diskussion über diesen sensationellen, seit Monaten von Ministern, Polittkern, Zeitungsschreibern ausgeschlachteten Gegenstand. Man kann nicht sagen, daß sie das Niveau des Kongresses gehoben hat. Sollte sie zeigen, daßder Syndikalismus sich selbst genüge", so hat sie kaum etwas anderes als die Selbstgenügsamkeit der Anti- vatriotisten bewiesen, die die abgestandensten Sentimentalismen deklamieren und applaudieren. Haben die vorhergehenden Debatten, namentlich die über Berufs- und Jndustrieverbände, einen Fortschritt in der sachlichen Behandlung der korporativen Fragen gezeigt, so tritt jetzt der fortdauernde Hauptfehler der Organisation der Ge- Werkschaftskongresse deutlich hervor: die Vorherrschast, den die schwachen Organisationen vor den starken, mit der rein gewerkschast- lichen Aktion vollauf beschäftigten Verbänden haben. Der Kongreß nimmt den Charakter einer temperamentvollen Volks« Versammlung an, in der die Gefühlsmomente den Sieg davontragen. Den stärksten Beifall unter den zahllosen Rednern erhält Broutchoux, der den AntiPatriotismus mit der Hilfe- leistung der deutschen Bergleute in Courriöres und dergleichen zu- sammenbringt. Die Gewerkschaften dürften keine harmlosen Selbst- hilfevereine sein. Man müsse AntiPatriot sein, weil der Proletarier überall dieselben Feinde habe. Wer das Vaterland schütze, schütze das kapitalistische Eigentum. Ein Delegierter von der Ostgrenze meint, in seinem Departement müsse man AntiPatriot sein, weil dort Italiener und Deutsche neben den Franzosen arbeiten. Ein Delegierter aus Marseille untersucht mit Pedanterie, was man im Kriegsfall unternehmen solle: Desertion, Generalstreik oder Insurrektion und empfiehlt die Insurrektion. Amwissen- schaftlichsten" behandelt noch der Anarchist I a u r i o n das Thema. Er polemisiert gegen die Geschlechtslosigkeit der Resolution von Amiens . Da seien ihm die Guesdisten lieber, die immerhin eine Aktion, wenn auch die politische wollten. Er warnt vor dem Versinken in gewerkschaftlichen BureaukratiSmus. Das Vater- land sei nichts als der ideologische Ausdruck für so und so viel Milliarden Grundeigentum und bewegliches Eigentum. Die Hauptredner der Opposition sind Niel, Renard und A u s r a r d. Die beiden ersten beschränken sich darauf, zu zeigen, daß der. AntipatriotismuS" eine Politik sei und darum mcht in die Gewerkschaft gehöre. Ueber den Antimilitarismus, über die Verwendung der Armee bei Streiks herrsche Einmütigkeit. Dieser Antimilitarismus sei eine Frage von zweifellosem gewerk- schaftlichem Interesse. Das Problem des Vaterlandes, das Verhalten im Kriegs- falle usw. seien ja sicher für das Proletariat auch von Wichtigkeit, aber es gehöre ebensowenig wie daS doch auch bedeutungsvolle religiöse Problem in den AufgabenkreiS der Gewerkschaften und der Konföderation, deren Achse die wirtschaftliche Aktion sei.Würden Sie", stagt Niel,einem Arbeiter den Eintritt in die Gewerkschaft versagen, der den Vorbehalt macht, sein angegriffenes Baterland ver- leidigen zu wollen?" Wenn Sie sich für den Generalstreik im Kriegs- falle aussprechen, müßten Sie in Zukunft alle Ihre patriotisch fühlenden Mitglieder ausschließen, um nicht von ihnen verraten zu werden I Sie ivürden fich dagegen wehren, den General- streik zur Verteidigung des allgenr einen Wahl- rechts zu beschließen.(Rufe: DaS ist ja eine polittsche Frage I) Nun. ist der Krieg keine? Allerdings hat er wirtschaftltche Folgen, ja aber was hat denn keine wirtschaftlichen Folgen? Doch nicht die Religion, die den Geist der Entsagung predigt? Und doch würden sie nicht den Generalstreik zu ihrer Be- kämpfung unternehmen! Der soziale Kampf tst ein komplexes Ding. Verwirren wir nicht die Gebiete, die gettennt bleiben sollen! Beobachten wir das Gesetz der Arbeitsteilung. Organisieren wir uns alS Gewerkschaftler international, knüpfen wir unsere inter - nationalen Beziehungen fester, auf Konferenzen und Kongressen, in internationalen Verbänden! So dienen wir am besten der GeWerk- schaft, dem Proletariat, wie dem Weltfrieden! G u örard, der wegen der Formulierung seines bei den Eisen- bahnen: vorgenommenen Referendums angegriffen worden ist, macht über das Ergebnis der Umfrage interefiante Mitteilungen. Trotz der Kürze der Zeit haben 130 Ortsgruppen geantwortet und unter denen, die nicht geantwortet haben, sind, wie zahlreiche Briefe be- weisen, keineswegs die in der Mehrheit, die durch Enthaltung pro- testieren wollten. Im ganzen zeigt das Resultat eine einmütige Gegnerschaft gegen die Intervention der Armee bei Ausständen. Eine große Mehrheit ist auch für den internattonalen Zusammen- schluß, aber für den Dusschluß der Politik aus den Gewerkschaften. Gegen JaurionS Defiuitton des Vaterlandes macht der Redner das schon von G u e S d e in LimogeS gegen Hervs vorgebrachte Argument geltend, daß das Privateigentum von, Kriege nicht berührt werde. Nach der Annexion von Elsaß und Lothringen habe die Ost- bahn eine Ablösung erhalten. Der Beschluß von AmienS sollte uns nicht hindern, diesnial einen besseren zu fassen. Man hat dort über diese bedeutungsvolle Frage genau zwei Stunden im Tumult bis- kutiert. Ein einziger Redner hat gesprochen und nur über die Intervention der Armee bei Streiks. Den AntiPatriotismus hat man überhaupt nicht behandelt. Wir brauchen aber den Anti- pattiotismus nicht, um den Krieg zu verhindern. Der Besuch der englischen Gewerkschaftler habe seinerzeit den Frieden zwischen Frank- reich und England bewahrt. Die Autipatriotcn selbst sind über die Anwendbarkeit der ver- schiedenen empfohleneu Mittel, wie Desertion und Insurrektion, nicht einig. Und wenn man um der wirtschaftlichen Wirkungen des Krieges den Anlipatriotismus für ein wirtschaftliches Interesse erklärt, so verweise ich darauf, daß man ebenso den Patriotismus mit dem wirtschaftlichen Interesse der Arbeiter begründen könnte, denn die Arbeiter wären es doch, die für die Kriegsentschädigung nach einem verlorenen Kriege aufkommen müßten. Bleiben wir auf dem gewerk- »chaftlichen Boden, wo wir alle einig sind. Suchen wir die Massen ver Arbeiter für unsere Organisationen zu gewinnen. Dann werden wir auch an den Generalstreik für unsere wirtschaftlichen Ziele denken können, an dem uns dann keine Armee hindern kann. Sechster Verhandlungstag. Marseille , 19. Oktober. (Eig. Ber.) Der Kongreß soll heute schließen. Aber eine ganze Reihe von Punkten, wie der Achtstundentag, Unfallversicherung. Aussperrung. sind noch unerledigt. Und zur Diskussion überAntimilitarismus und Haltung in, Kriegsfall" sind noch 21 Redner vorgemerkt! Der Kongreß erkennt die Unmöglichkeit, so zu einem beftiedigenden Ende zu kommen. Es wird Schluß der Debatte angenommen. Es liegen zwei Resolutionen vor. Die von Renard, Cleuet, Niel, Guörard u. a. unterzeichnete sagt: Der Kongreß erllärt, daß die Frage des Patriotismus oder des AntiPatriotismus einzig das Gewissen oes einzelnen angeht, er ist überzeugt, daß die Vereinigung der GewerkschaftSorgani- sationen über die Grenzen aller Länder hinweg eine mächttge Friedens- bürgschaft bedeutet. In dieser Erwägung erklärt der Kongreß, daß der gewerkschast- liche Internationalismus ohne Unterlaß entwickelt und gestärkt werden muß, un, beim Auslreteu einer Kriegsgefahr sofort in allen Ländern und vor allein in den interessierten eine intensive Agitation zur Ver- Hinderung der Kriegserklärung zu organisieren. Kann diese Kriegserklärung trotz der Bemühungen deS inter - nationalen Proletariats nicht verhütet werden, so fällt die ein- zunehmende Haltung nicht mehr in die Kompetenz der Gelverkschaften. In bezug auf den Antimilitarismus betont der Kongreß von neuem die Notwendigkeit, in, Lande und besonders bei der jungen Arbeiterschaft die Propaganda fortzusetzen, die das Ziel hat, die Intervention der Armee bei Konflikten zwischen Unternehmern und Arbeitern zu bekämpfen. Die andere Resolution, von DeSplanqueS, Luquet und Merxheim unterzeichnet, lautet: Der Konföderationskongreß von Marseille bestätigt und präzisiert die Entscheidung von Amiens . In Erwägung, daß die Armee immer mehr die Tendenz hat. die streikenden Arbeiter in der Werkstatt und auf dem Acker zu er- setzen, wo sie nicht gar die Aufgabe hat, sie zu füsilieren, wie in Narbonne , Raon-l'Eiape und Villeneuve- St. George. In Erwägung, daß die Ausübung des Streikrechts so lange eine Düpierung bleibt, als die Soldaten bereit sind, sich an die Stelle der arbeitenden Bürger stellen zu lassen und die Arbeiter zu massakrieren: fordert der Kongreß, durchaus auf dem Boden der Wirtschaft- lichen Interessen bleibend, die Aufklärung der Jugend, damit sie. nachdem sie die militärische Uniform angelegt hat, daS Bewußtsein bewahre, der Arbeiterklaffe anzugehören, und bei Konflikten zwischen Kapital und Arbeit ihre Pflicht erkenne, ihre Waffen nicht gegen ihre Brüder, die Arbeiter zu richten. In weiterer Erwägung, daß die geographischen Grenzen nach dem Gutdünken der Herrschenden geändert werden, erkennen die Arbeiter nur die wirtschaftlichen Grenzen an, die die zwei feindlichen Klassen: die Arbeiterklasse und die Kapitaliften Kennen. Der Kongreß erinnert an die Formel der Internationale: D i e Arbeiter haben kein Vaterland. Jeder Krieg ist also ein Attentat gegen die Arbeiterklaffe, ein blutiges, schreckliches Mittel, sie bei ihren Bestrebungen zu spalten. Der Kongreß erklärt, daß auf internattonalem Gebiete die Arbeiter aufgeklärt werden, um im Kriegsfalle auf die Kriegs- erklärung mit der Erklärung des revolutionären Ge- neralstreikS zu antworten." Der Abstimmung gehen einige bemerkenswerte Er- klärungen voran. M e r r h e i m verweist darauf, daß die von ihm unterbreitete Resolution nicht vom AntiPatriotismus spricht. Diese Frage fei gar nicht gestellt worden, sondern nur die der Haltung im Kriegsfall. Der Zweck dieser Erklärung ist, die Besorgnisse vor drohenden Verfolgungen zu zerstreuen. Roche (Staatsarbeiter), ein Unterzeichner der neutralistischen Resolutton fordert den Kongreß auf, sich die Abstimmung zu über- legen. Wenn man für den revolutionären Generalstreik stimme, müsse man ihn auch ausführen können. In Frankreich aber seien von 8 Millionen Arbeitern 390 999 in der Konfoderatton organisiert. Und die Insurrektion würden keine 29099 unternehmen.(Beifall bei der Minderheit.) In der Abstimmung wird die Resolution Merxheim- Luquet mit 981 gegen 421 Stimmen, die auf die Minderheits- resolution entfallen, angenommen. ES gibt 43 Enthaltungen. Es sind die Bergarbeiter, die nicht gestimmt haben. Ihr Sprecher C o r d i e r erklärt die Gründe: Er und feine Kameraden konnte» nicht für die ihnen sonst sympathische Resolution Niel stimmen, weil diese nichts vom Generalitreik enthält, für den einzutrete» sie das Mandat erhalten haben. Für die andere Resolution hätten sie auch nicht stimmen können, weil dort gesagt sei, daß der Arbeiter kein Vaterland habe. Besser wäre gewesen, zu sagen, daß die Arbeiter keine Grenzen kennen. Ferner hätten sie wohl das Mandat, für den Generalstreik, aber keines, für den revolutionären Generalstreik zu stimmen. Die Verkundung des AbsttmmungSresultatS wird mit ziemlicher Kühje aufgenommen. Der Kongreß fetzt seine Arbeiten fort. Nach der Zuweisung der Frage deS täglich erscheinenden Konföderation s- o r g a n S an das Komitee, das die Angelegenheit studieren soll. wird die Ablürznug der Arbeitszeit, mit besonderer Berücksichtigung des Bergbaues diskutiert. Der Bauarbeiterverbaud hat zu diesen, Punkte eine Resolution eingebracht, die das KonföderationS- komitee auffordert. eine Erhebung über die Arbeitszeit an den verschiedenen Orten zu organisieren und dann. unter Berücksichtigung der vorhandenen Widerstände eine Kampagne mit dem Ziel deS Maximalarbeitstages von 8 Stunden zu führen. Diese Resolution wird, mit der in AmienS beschlossenen, die daS- selbe Prinzip ausspricht, vereinigt, einstimmig angenommen. DerKongreß debattiert über die Unfallversicherung. Merxheim stellt daS Versicherungsmonopol des Staates als gefährlich hin. Ouillent stellt fest, daß bisher die Arbeiter beim Kampf um ihre Rente vom Staate nicht so übervorteilt worden sind, wie von den Gesellschaften. Für Broutchoux ist die ganze Debatte nur ein Beweis, daß die parlamentarischen Balancierkünste und die GesetzeSmacherci nichts wert ist. Helsen kann nur diedirekte Altion", auch auf diesem Gebiet. Ouillent beantragt die Errichtung eines AuSknnftSbureauS für Unfallversicherung durch das Konföderationskomitee, zur In­formation der Gewerkschaftssekretäre und der Sekretäre der Arbeits- börsen. Der Antrag wird angenommen, ebenso eine Resolution für die Einbeziehung der Holzfäller in die Unfallversicherung. Es ist noch der PunktAussperrung" zu erledigen. Der Kongreß beschließt nach einer mit wenig Aufmerksamkeit angehörten Debatte. in der man zumeist die Schlagworte: direkte Aktion, Sabotage usw. wiederholen, aber von einem Redner auch die Notwendigkeit von Widerstandsfonds hervorheben hört, eine Resolution, die die von einem Lock-ont betroffenen Organisationen auffordert. Extrabeiträge zu erheben, für die Verhinderung der Ausführung der Arbeit durch die nicht Ausgesperrten zu sorgen, den Exodus der Mnder uns kommunistische Suppen" zu organisieren und an die nicht un- mittelbar von der Aussperrung betroffenen Branchen die Auf- forderung richtet, eine allgemeine Beivegung revolutionären Cha­rakters zu propagieren. Zum nächsten Kongreßort wird Toulouse bestimmt.