Zum Schluß kommt dann das Blatt der rheinischen Zentrums-dauern mit der Versicherung, daß mehr noch als die Industrie-arbeiter die kleinen selbständigen Existenzen inHandwerk und Gewerbe des Schutzes bedürftigseien, und erst wenn man für diese gesorgt habe, werde man unsererSozialpolitik wahrhaft froh werden können.Und dabei.schützen' unsere Agrarier diese„kleinen selbständigenExistenzen' auf die Weise, daß sie ihnen in unverantwortlicher Weisedas Brot und die gesamten Lebensmittel verteuern, daß sie ihnenvermittels des indirekten Steuersl>stems die Lasten des ReiäisS auf-halsen, während sie sich, wie sich das jetzt wieder bei der Erbschafts-steuer zeigt, selber davor drücken, wenn eZ sich darum handelt, die-jenigen stenem zu lassen, die dazu in der Lage sind.—Die Fremdenlegionäre.Der Führer der Deserteure hat sich jetzt selbst in derNähe von Saida gestellt. Es ist ein früherer deutscherArtillerieoffizier, Graf Rhode, der schon früher einmalin der Legion gedient hat und sich vor drei Monaten aufs neue an-werben ließ. ES heißt, daß er vom Prinzen Eitel Friedrichzuweilen materielle Unterstützungen erhalten haben soll. Tie Unter-suchung will der Oberbefehlshaber General L i a n t e y selbst führen.Dabei soll auch festgestellt werden, ob die Desertion wirklich vonaußen veranlaßt wurde und namentlich, ob sie in Zusammen-hang steht mit der Kölner Desertionsagentur.Die deutsche Regierung läßt halboffiziös erklären, daßauch sie auf die Ermittelung Wert legt, ob ein solcher Zusammen-hang existiere. Wir finden aber, daß damit nicht genug geschieht.Die deutsche Regierung hat die Pflicht, deutlich festzuftellen,daß amiliche Organe mit den Treibereien der Agenturnichts zu tun haben und daß sie selbst sich in diese An-gelegcnheit in keiner Weise einmischen werde. ES istdies um so notwendiger, als die chauviniftilche Presse hüben unddrüben nicht übel Lust zu haben scheint, das Frevelspiel von Cosa-blanca zu wiederholen. Die Bekämpfung des Instituts derFremdenlegion ist eine Sache der französischen Demokratieund vor allem der Sozialdemokratie. I aurbS erklärt in der»Humanits':Die Frcmdenlegionäre werden nnS gewiß andauernd Schwierig-ketten verschaffen. Die Idee, eine französische Streitkraft ausFremden, zumeist aus fremden Deserteuren zu bilden, ist jeden-falls seliam. Ganz sicher aber ist. daß weder auf deutscher»ochaus französischer Seite eine ZeitungSsehde wachgerufen werdendarf, wie seinerzeit durch die Angelegenheit von Easablanca.Das ist ganz unsere Meinung. Aber deshalb darf den französt-fchen Bekäntpfern der Fremdenlegion keine Schwierigkeiten in denWeg gelegt werden durch eine deplacierte chauvinistische Hetze u,Deutschland.—_Gegen die geplante Besteuerung von GaSund Elektrizitätsprach sich die Lübecker Bürgerschaft in ihrer letzten Sitzungaus. Von einer Beschlußfassung über den sozialdemokratischen An-trag, nach welchem der Vertreter Lübeck- im Bundesrat mit Eni-schiedenhcit gegen die erwähnten Stenervorlagen wirken solle, wnrdeso lange Abstand genommen, bis die Vorlagen aus der KommissiondeS Reichstages, der sie überwiesen worden sind, herauskommen.—Blühenden Unsinnproduziert Herr Nob. M i ch e l s in einem Artikel der neuestenNummer der„S o z i a l i st i s ch e n M o n a t s h e f t e". Erbat entdeckt, daß die deutsche Sozialdemokratie in punetoDemokratie in ihrer Organisation sehr viel zu wünschen übrigläßt. Da? belegt er u. a. mit der schauderhaften Tatsache,daß auf den Parteitagen bei der Neuwahl deS Vorstandes denGenossen vom Parteivorstande eine Liste mit gedrucktenNamen vorgelegt werde. Entrüstet bemerkt er dazu:„Unter demokratischen Wahlen— und die Wahl deS sozial-demokratischen ParteivorstandeZ will doch wohl eine solche sein—versteht man Wahlen, die sich unter größter Freiheit der Wählerund ohne den mindesten Druck der im Amte befindlichen Be-Hörden vollziehen. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ist dieWahl des Parteivorstande» auf deutschen Parteitagen die N e»gation der Demokratie. WaS würde Bernstein dazusagen, wenn die deutsche Regierung bei den ReichStagSwahlen diegleiche väterliche Fürsorge an den Tag legte und den Wählerngedruckte Listen in die Hand drückte, auf der die Namender ihr genehmen Kandidaten verzeichnet ständen? Würde manein solches Verfahren als demokratisch bezeichnen können, nurweil die Wähler die Erlaubnis hätten, die offiziellen, gedrucktenNamen auszustreichen und andere an deren Stelle zu setzen?"Herr Nob. MiichclS ist auf einigen sozialdemokratischenParteitagen als Delegierter gewesen, er hat aber von derGeschäftsführung dieser Parteiparlamente entweder nichts be-griffen oder er hat seit seiner Uebersiedelung nach Italienseine Kenntnisse der deutschen Sozialdemokratie gründlich ver-schwitzt. Denn sonst müßte er wissen, daß die gedruckten Listennicht vom Parteivorstand, sondern vom Bureaudes Parteita gs den Delegierten unterbreitet werden unddaß diese Listen Zustandekommen auf Grund— der V o r-fchläge der Delegierten. Jeder Delegierte hat dasNecht, bis zu einem bestimmten Termin Vorschläge für dieListe zu machen. Natürlich tut das nicht jeder einzelne, son-dern die Vorschläge sind das Resultat vorheriger Beratungeinzelner zwangloser Gruppen von Delegierten, die sich aufden Parteitagen auf Grund gemeinsamer Richtung oder ört-lickzer Zusammengehörigkeit zusammenfinden. Solches Per-fahren ist notwendig, um eine zu weitgehende Zersplitterungder Stimmen zu verhindern. Daß es gegen die Gebote derDemokratie verstoße, ist eine ganz unsinnige Anschauung.Ebenso unsinnig ist es, dieses Verfahren irgendwie inParallele zu setzen mit dem hypotljetischen Fall, daß diedeutsche Regierung bei Reichs tagswahlenden Wählern geknickte Listen mit den Namen der ge«nehmenKandidatenindie Hand drücken würde. Dennerstens drückt nicht der Parteivorstand den Delegierten Kandi-datenlisten in'die Hand, und zweitens stehen auf den Listennicht die Namen der dem Parteivorstand ge n e h m e n Kandi-daten. Wenn die Regicning nach dem Beispiel der Sozial-demokratie verfahren wollte, so müßte sie amtliche Stimm-zettel ausgeben, die die Namen der Kandidaten sämtlicherParteien enthielten! Beim Proportionalwahlsystem wirdja in manckstin Staaten heute schon so verfahren. Und daß esin Deutschland geschehe, dagegen hat sicherlich die oeutscheSozialdemokratie nichts einzuwenden. Weil sie eine berno-Erotische Partei ist!_Die Lübecker Aussührungsbestimmungellzum Neichsvcreinögcsetzenthielten entgegen dem Willen der Gesetzgeber die Vorschrift, daßdie Bekanntinachnngen von politischen Versammlungen nur im rcichS-verbändlerischen Amtsblatt erfolgen dürfen. wenn die Veranstaltervon der Anmcldcpflickit entbunden sein wollten. Dagegen haben sichunsere Genossen mit Entschiedenheit gewandt, und auch die LübeckerBürgerschaft hat sich in dem Sinne ihrer sozialdcinokratisckien Mit-glieder geäußert. Nunmehr ist der Senat von seinem reaklionärenStandpunkt abgekommen und hat angeordnet, daß für die Publikationderartiger Versammlungen irgend eines der in Lübeck erscheinendenBlätter, also auch das sozialdemokratische Organ genügt. Sovernünftig hätte man allerdlngs gleich sein können.—Ter hessische Landtagist mit einer Thronrede eröffnet worden. In der Rede wurde der-sprachen das direkte Wahlrecht, ein Gemeindeumlagengesetz,die Revision der Verwaltungsgesetze. Bauarbeiterschutz und Revisionder Bauordnung. Weiter wurde die schlechte Finanzlage konstatiert,die.eine Vermehrung der direkten Steuern erforderlich mache. Eswird gehofft, daß die Reichsfinanzresorm zustande kommt.— UnsereParteigenossen sind in allen vier Ausschüssen vertreten.Die schlafende Schieszstandlvache.AuS Halle a. S. berichtet man mis unterm 17. Dezember: Inder Nacht vom Ib. zum 16. November befanden sich der GefreiteLasse und zwei Füsiliere vom Infanterie- Regiment Nr. 36 ausSchießstandwache. Da es in betreffender Nacht sehr kalt war, machtees sich der Gefreite bequem, legte sich auf die Prirschc und schlief.Der eine Füsilier tat das gleiche und handelte nach dem Grundsatz:„Wer schläft, der sündigt nicht". Als er von dem Gefreiten auf-gefordert wurde, Posteu zu stehen, entgegnete er, das habe keinenZweck, denn draußen sei eS kalt. Beide schliefen ruhig weiter.Schließlich kani auch der zweite Füsilier, der draußen Posten ge-standen hatte, hinzu, setzte sich»eben seine Kameraden und wärmtesich am Ofen die Finger. In dieser unglücklichen Situation wurdedas„Wachtkommando" von einem revidierenden Feldwebel über-rascht. Das Schläfchen hatte zur Folge, daß der Gefreite vomhiesigen Kriegsgericht zn sechs Monaten und der eine Füsilier zufünf Monate» Gefängnis verurteilt wurden. Der Füsilier, der sichnur gewärmt halte, wurde freigesprochen.Die Balkankrise.Erklärung deS österreichischen Ministerprasidenteu.Wien, 17. Dezember. Im Abgeorduetenhause erklärte derMinisterpräsident in Beantwortung der Interpellation über dieauswärtige Lage folgendes: Die Regierung hat keinen Grund,die europäische Lage als besorgniserregend zu be-trachten. Die bestehenden Differenzen sind nicht derart, daßsie nicht aus dem Wege diplomatischer Verhandlungen ausgeglichenwerden könnten. Von einer Kriegsgefahr auf dem Balkankann nur insofern gesprochen werden, als feiten« Serbiensund Montenegros gewisse auf den Krieg gerichtete Maßnahmengetroffen worden sind, die uns bisher indessen nicht veranlaßt haben,unsere ruhige und abwartende Haltung zu ändern. Unseremilitärischen Verfügungen verfolgen lediglich den Zweck, die sehrschwachen Truppenbestände Bosniens und der Herzegowina zu er-höhen. Ihnen liegt ein aggressiver Charakter gänzlich fern. WaSden Boykott betrifft, so muh leider konstatiert werden, daß dieseBewegung trotz uuscrcr Vorstellungen und trotz der daraufhinmehrfach erfolgten Zusicherungen der Pforte noch keine Abs ch w ä ch u n g erfahren hat. ES darf wohl mit Zuversicht angenommeniverden. daß die H e r st e l l u n g einer Verständigung mit derTürkei auf politischem Gebiete, welche den Gegenstand der fortgesetzten Austncrksamkeit und der konstanten Bemühungen deS Au§ivärtigen Amtes bildet, auch das Ende dieses anormalen, dieVerkchrSbcziehungen der betroffenen Länder schädigenden ZustandeSmit sich bringen wird, um so mehr, als das wohlverstandene Juter-esse der Türkei eine derartige Lösung der wirtschaftlichen Schwierigleiten nicht minder wünschenswert erscheinen läßt.Oesterreich.Lerstaatlichung des EiscnhandclS.Wien, 17. Dezember. Wie die„Arbeit«rzeitunmeldet, wird der sozialdemokratische Verband heute lmgeordnetenhause einen Antrag ans Verstaatlichung deS öfterreichischen Eilengroßhandels einbringen.tzchnveiL.Der Bundespräsident.Bern, 17. Dezember. Die Vereinigte Bundesversammlunghat heute die bisherigen siebe» Bundesräte auf eine neuedreijährige Amtsdauer sowie den Bundeskanzler wiedergewählt,zum Bundespräsidenten für 1606 wurde mit 147 von 161Stimmen Dr. Adolf D e u ch e r gewählt. Zum Vizepräsidentendes Bundesrates wnrde C o m t e s s e gewählt, als neues MitglieddeS Bundesgerichts Dr. Th. Weiß.Frankreich.Block-Vorspiel.Paris, 16. Dezember.(Gig. Ber.)Die bürgerlichen Linksparteien haben offiziell ihre Bereitwilligkelt zur Wiederherstellung der Delegation der Linken erklärt und dercomblstische„Rappel' stößt darum Jubelrnfe aus. Aber gerade siemachen es deutlich, daß der neue Block eine Totgeburt ist. DieDelegation der Linken müßte, um ernst genommen zu werden, zumMinisterium in Opposition treten, dem System der politischen Verfolgungen ein Ende machen und über die reaktionären Tendenzender radikalen Kleinbürger hinweg die planvolle Durchsetzung derunter Clemenceau schuldhaft verschleppten finanzpolitischen undsozialen Reformen einleiten. Der neue Block könntealso nur nach Beseitigung der gegenwärtigenRegierung wirksam werden. Aber eben diese wollen die sozial-reaktionären Radikalen und die Leute von der demokratischenUnion nicht, wenigsten« so lange als sie nicht eines ebensoreaklionären Ersatzes sicher sind. Bietet sich doch gerade jetzt dasgroteske Schauspiel, daß dieselben Leute, die mit Biederkeit ihreBlockwilligkeit kundgeben, offen mit den Progressisten undNationalisten paktieren. In Pari« hat gestern eine Ver-sammlung der Senatswahlmänner der Bann«meile stattgefunden. Offiziell handelte es sich um eine Frage vonlokalem Interesse. Bon dm zehn Senatoren deS Seine-Departe-mentS war bisher ein einziger Pariser. Die Vertreter der beidenLandkreise Seeaux und Saint-DeniS, die infolge der widersinnigenWahlordnung über 7Ü5 Stimmen gegenüber 156 Pariser Stimmenverfügen, waren nun übereingekommen, vier Mandate für sich zu re-klamieren und die für sie bestimmten Kandidaten ohne Unterschied derParteirichtung zu unterstützen. Auf Betreiben deS UllterstaatssekretärSaujan, deL Vertrauensmannes der reaktionären Mittelständler,beschlossen die Radikalen, zuvor die geeinigten Sozialisten von derKandidatur auszuschließen— natürlich als„Feinde der Armee unddes Vaterlandes'. Kein einziger der anwesenden Radikalsozialisten hatteden Mut, gegen diese Ausschließung der Sozialisten in demselbenAugenblick, Ivo man mit den Monarchisten und Nationalisten einenVertrag schloß, zu protestieren.— Noch skandalöser istda? Verhalten der Radikalen im Departement PaS-de-Calais, die beschlossen haben, die Kandidatur de«Führers der Progressisten Ribot zu unter«stützen. Ribot ist unter allen demokratischen Regierungender Vater aller Hindernisse gewesen. Er hat den Widerstand gegendie Trennung von Kirche und Staat kommandiert und all« wirt-schaftlichen Reformgesetze aufs wütendste bekämpft. Er ist derRepräsentant der konservativen, unverfroren kapitalistischen Politik,zu der Clemenceau immer mehr hinneigt. 8n seine Hilfe appelliertClemenceau immer, wenn die äußerste Linke versagt. Und nun sollman an die demokratische Konsequenz der Herren Radikalen glauben.die sich beeifern, einen Ribot in den Senat zu bringen!—Italien.Ein Sozialist in Stichwahl.Rom, den 14. Dezember.(Eig. Ber.)In dem durch den Tod seines bisherigen Vertreters, einesMinisteriellen, frei gewordenen Wahlkreise Biandrate(Piemont) hatam 14. d. M. eine Ersatzwahl stattgefunden, bei der der Partei-kandidat Campänozzi mit 2284 Stimmen in die Stichwahlkam. Von den gegnerischen Kandidaten erhielt der Klerikale 1673Stimmen, der Radikale 1631 und der Christlichsoziale 666. DerParteikandldat ist der jüngst gemaßregelte Postbeamte, der auf demKongreß seiner Organisation in Florenz die Mißwirtschaft des Post«Ministers gebrandmarkt hatte. Jin Jahre 41664 erhielt in Biandrateder Parteikandidat im ersten Wahlgange 1666, bei der Stichwahl2670 Stimmen.Lelgien.Eine Kolonialdebatte.Brüssel, 17. Dezember. D e p u t i e r t e n k am m er. In derheutigen Sitzung wurde bei der Generaldebatte über den Etat daserste Kolonialbudget beraten. Bei dieser Gelegenheit kritisierte derSozialist V a» d e r v e l d e das System der Regierung undwies gleichzeitig auf den beträchtlichen Rückgang des Kautschuk-gewinnes hm. Die monatliche Produktion sei von 3666 auf 466Kilogramm gesunken. Vandervelde besprach die Greueltatendeö Leutnants Arnold, dem 27 Mordtaten zur Last gelegtwerden und dem die Regierung trotzdem noch eine Pension be-willigt habe. Tic Zwangsarbeiten müßten abgeschafft, den Enr-geborenen Land bewilligt, Handels- und Gewerbesreiheit gewährtund das brache Land bebaut werden. Auch der Geldverkehr sei zuregeln. Vandervelde erklärte, daß die sozialistische ParteiauS prinzipiellen Gründen der klerikalen Re-gierung das Budget verweigere und verlangte ernsteReformen.Der Kolonialminister erwiderte, daß er bemüht sei, zureformieren. Vandervelde habe aber übertrieben. Wenn Greuel-taten begangen würden, so würden sie aufs strengste bestrast, aberin eine schwebende Untersuchung könne und wolle er nicht ein,streifen. DaS Budget wurde schließlich, da Zeit zu eingehendenBeratungen nicht vorhanden ist und das Gesetz die Annahmevor Neujahr vorschreibt, angenommen.—Rußland.Der Präsident der Reaktion.Petersburg, 16. Dezember. In der heutigen Duma-sitzung richtete der Abg. Rosanow von der Arbeiter-Partei bei der Beratung des Gesetzentwurfs über die Gefängnis-Verwaltung heftige Angriffe gegen die Regierung. Der Präsidentder Duma, C h o m j a k o w, griff nach der Ansicht der beiden Par-teien der Rechten nicht energisch genug gegen Rosanow ein, daherverließen die Rechte und die gemäßigte Rechte demonstrativ denDumasaal. Präsident Chomjakow erklärte darauf, schriftlich seineDemission einreichen zu wollen. Die Dumakanzlei teilt jedochmit, daß das Demissionsgesuch ChomjakowS bisher nicht ein-gegangen sei.In der Abendsitzung erklärte Staatssekretär Baron Nolde, daßdie Nevolutionsbewegung im Kaukasus im Nach-lassen begriffen sei und zu»hrer endgültigen Bekämpfung alleMaßregeln getroffen würden. Auch würden zurzeit für den Kau-kasus Reformen ausgearbeitet, um die Lebensbedingungen unddie Verwaltungseinrichtungen dort mit denen im Innern Ruß-lands in Einklang zu bringen. So sei eine Gesetzcsvorlage demAbschluß nahe, durch welche die Sieste der auf Leibeigenschaftfußenden Pflichten der Bauernbevölkerung gegenüber den Guts-besitzern abgeschafft werden sollen. Ferner werde die Bewässerungder Steppenslächen und die Anlage von Straßen geplant.OirKek.Die ParlamentSeröffnullg.Konstantinopel, 17. Dezember. Die Eröffnung deS o t t o-manischen Parlaments verlief ohne Zwischenfall.Eine tausendköpfige Menge füllte alle Zufahrtsstraßen. Um12 Uhr versammelten sich die Abgeordneten im Sitzungssaale.Vor der Präsidententribüne nahmen die Minister, die staat-lichen und geistlichen Würdenträger, zur Rechten das diplo-matische Korps, zur Linken die Senatoren Platz. Die Uni-formen und bunten Talare boten ein farbiges, eindrucksvollesBild, aus dem sich die in ein wcißeS Gewand gekleideteGestalt des Scheich ul Islam abhob. Das diplomatischeKorps hatte sich in der englischen Botschaft versammelt undfuhr in corpore vor, den Botschafter Freiherrn v. Marschallals Doyen an der Spitze. Kurz nach 1 Uhr erschien derSultan, geleitet von mehreren kaiserlichen Prinzen undvon der Versammlung stehend in lautloser Stilleempfangen. Der erste Sekretär des Sultans verlas dieThronrede, die ihm der Großwestr überreichte. Nachder Verlesung wurde ein Gebet gesprochen, während dieKriegsschiffe im Hafen Salut schössen, Musik einsetzte unddie Menge in Jubelrufe ausbrach. Nach Beendigung desGebets sprach der Sultan mit kaum hörbarer Stimme einigeWerte, worauf er den Saal verließ. Die ganze Zeremoniehatte kaum eine Viertelstunde gedauert. Der Sultan, derden Weg zu Wagen zurücklegte, wurde auf der Hin- und Rück-fahrt von der Bevölkerung stürmisch begrüßt.Nach der Thronrede erneuerte der Sultan den E i d a u fdieVcrfassung. Nachdem er den Saal verlassen, nahmder Großwesir den Abgeordneten den Eid ab, der folgendencharakteristischen Wortlaut hat:„Ich s ch w ö r e bei Gott, daß ich dem Sultan, solange er diebeschworene Verfassung aufrechterhalten wird, treu bleibe, unddaß ich die Verfassung und dqs mir anvertraute Amt fürs Vater-land achten und treu erfüllen werde."In dem Eid der Abgeordneten liegt so zugleich einewirkungsvolle Warnung vor Staatsstreichgelüsten.Die Thronrede.Konstantinopel, 17. Dezember.(W. T. B.) Die Thronredelautet: Senatoren und Deputiertet Infolge der Schwierigkeiten,denen die Anwendung der Verfassung begegnet ist, die wir beiunserer Thronbesteigung in Kraft gesetzt haben, und da hohe Staats-Würdenträger es als eine Notwendigkeit bezeichneten.ist die Dcpu-tiertenkammer damals provisorisch geschlossen und die Anwendungder Verfassung suspendiert worden, bis die Bevölkerung zu demGrade des Fortschrittes gelangt war, den man von der Forderungdes öffentlichen Unterrichts erhoffte, und die Zufammenberufungder Kammer ist bis zu dieser erwünschten Zeit hinausge-choben worden. Wir haben unsere Bemühungen der Schaffungvon Schulen in ollen Teilen unseres Reiches gewidmet. Danrder Gnade Gottes ist dieses Ziel erreicht worden. Infolge Ford.'»runa des öffentlichen Unterrichtes hat sich die kulturelle Höhe allerKlap'en der Bevölkerung gehoben, aber infolge deS in der Oeffent-lichkeit hervorgetretenen Wunsches und im Hinblick därauf, daßdieser Wunsch gegenwärtig und zukünftig daS Wohlergehen unseresLandes zu sichern geeignet ist, haben wir nicht gezögert, trotz der«jcnigen, welche gegenteiliger Ansicht waren. Wir haben neueWahlen angeordnet und von neuem eine Deputiertenkammer zu»sammenberufen. Infolge der Veränderung im Verwaltungswesen.....-jkds de» m'""haben wir bis WuGroßivestrratS Kia mil Pascha ander-