Einzelbild herunterladen
 

ülld unbeirrt ist Wilhelm H. geblieben. Die Ansprache an die Generale übertrifft durch die Geschicklichkeit und den Takt in der Behandlung der auswärtigen Politik womöglich noch die Veröffentlichung deS berüchtigten JntervielvS und ergänzt die kaiser- liche Politik gegenüber dem Ausland noch auf das wirkungsvollste durch ihre Bedeutung für die innere Politik Deutschlands . Es ist eiu Borgang, wie man ihn seit den Tagen Friedrich Wilhelms IV. in Deutschland nicht mehr erlebt hatte. Wilhelm II. appelliert im ftreise seiner Generale an deren Vertrauen und der rangälteste General erteilt dem Kaiser das gewünschte Vertrauens. Votum. Und diese Szene spielt sich ab nach Verlesung eineS Artikels, mit dem sich der Kaiser identifiziert hat und der, nachdem er die Schuld an der Kauzler- und Kaiserkrise einem kurzen ZeitungZ- artikel mit hinterlistig zusammengestellten verjährten Anklagen zu- geschrieben hat, mit den Worten schließt: Und doch ist für den ferneren Kampf, er mag mit den Waffen in der Hand oder mit anderen Mitteln geführt werden, wenigstens nach außen hin eineinig Volk von Brüdern" nötig, sowie eine g r o ß e, st a r k e. mächtige Armee, die von einer festen Hand geführt wird und von un- bedingtem Vertrauen erfüllt ist. Der Kaiser im Kreise feiner Generale, die plötzlich in dem Ver- fäjfuugSkampf um das persönliche Regiment als aktive Politiker erscheinen, im Besitz deS BertraucnS dergroßen, starken, mächtigen Armee" er ist fürwahr ein ganz anderes Bild als das des deprimierten, in» Gebet ver- sunkenen, Einkehr mit sich haltenden Herrschers, das uns in de» früheren Wochen vorgeführt worden ist. Der Kaiser hat die Generale aufgerufen und diese haben geantwortet. Was will es dagegen besagen, daß Bülow seine Presse, seine Block- Majorität, sein Staatsministerium, den Bundesrat als getreue Ge- folgschaft hinter sich hat? Der Kaiser verfügt über das Vertrauen der Generale, und käme cS zum Konflikt, um Bülow wäre es geschehen. Aus der Versenkung ist das persönliche Regiment so un- erschüttert, so ungebrochen als je wieder aufgetaucht; die Feigheit des Reichstages, der sich mit Reden begnügte und vor Taten zurück- schreckte, hat sich so rasch als bitter gerächt. Bliebe noch ein Zweifel übrig an dem Sinn der Kundgebung, die sicher nicht durch Indiskretion, sondern mit klug berechneter Absicht an die Oeffentlichkeit gekommen ist, so wird dieser Zweifel durch den Kommentar des hochkonservativenReichsbotcn" in dankens- werter Weise behoben. Das Blatt, das mit dem Hofe die besten Beziehungen unterhält, knüpft an den Vorgang folgende Bemer- kungen: Die militärische Lage Deutschlands erscheint hiernach eine sehr ernste, und gegenüber der Leitung unserer aus- wältigen Politik erhebt sich die Frage: was sie getan hat, um diese Lage zu verhütenl Wir haben oft den Vorwurf erheben müssen, daß man die Dinge gewähren, die deutschfeindlichen Ententen zustande kommen ließ und sich dann damit begnügte, sie als ungefährlich für Deutschland hinzustellen. ES stimmt mit einer in derArmee weitverbreiteten Auffassung zusammen, die uns schon vor einiger Zeit aus dem Munde einer hohen militärischen Persönlichkeit bekannt wurde, daß nämlich die Armee auf die Dauer nicht mehr im st an de sei, die von der Diplomatie gemachten Fehler und erzeugten ungünstigen Momente der inter - nationalen Lage durch ihre Macht allein wieder gut zu machen. Was das heißen will, mache man sich einmal vollständig klar; und glaubt man, daß diese Gefahr etwa durch innere Ver- sasiungSkämpfe und Zwistigkeiten zwischen Krone und Volk ge- bcsserl oder beseitig! wird? Der Schlieffensche Artikel ist die denkbar schärfste Kritik von militärischer Seite an den völlig negativen Ergebnissen unserer auswärtigen Staatskunst. Von diesem Artikel sagte der Kaiser, daß-er seinen Ansichten entsprechend sei, und hielt ihn für so wichtig, daß er ihn an dieser Stelle verlas. Die Frage, ob denn die Fehler unserer auswärtigen Politik immer von Bülow allein begangen werden oder ob W i l h e l m H. nicht einen großen Anteil an der Leitung der auswärtigen Politik beansprucht und genommen habe, existiert natürlich für das konser- vative Blatt nicht. Sein Vorstoß richtet sich allein gegen den Kanzler und es ist der denkbar schärfste Angriff, der gemacht werden konnte. Die Armee, das heißt die Generalität und das OffizierlorpS wer denkt in jenen Kreisen an die Stimmung der Mannschaft? werden in stärksten Gegensatz gestellt zu der Diplomatie und ihrem Chef, dem Kanzler. Und das Vertrauen der Generale besitzt Wilhelm II. und nicht Bülow... Der Appell Wilhelms II. an seine Generale kennzeichnet den Gegensatz zwischen dem persönlichen Regiment und den VerfassungS- forderungen des Volkes, den Zwiespalt zwischen Kaiser und Kanzler schärfer und deutlicher als selbst die unaufhörlichen Preß- treibereien und Parteiintrigen, als alle gegenseitigen Be- schuldigungen der Kamarillen. Mit einigen Reden im Reichs- tag. mit einer mehr oder minder scharfen Preßkampagne haben die bürgerlichen Parteien Wilhelm II. nach soviel Jahren der Mißerfolge verhindern wollen, sein eigener Kanzler zu sein. Die Toren, die meinten, Machtkämpfe mit dem Maule ausfechten zu können l Jetzt haben sie die Antwort, die wir ihnen vorausgesagt haben: Vor den Zitternden, die ihn verhindern wollten, Kanzler zu sein, erscheint jetzt Wilhelm II. drohend als oberster Kriegs- Herr. Dem Geschivätz der bürgerlichen Parlamentarier antwortet der Appell an die Macht. Die Antwort trifft die bürgerlichen Parteien in boller DeS- organisation. Die famose Blockpolitik hat ihnen allen jede Ruhe, jede Klarheit geraubt. Das Zentrum strebt mit allen Mitteln zur Macht zurück. In allen Fragen der inneren Politik, in der Finanz- wie in der Verfassungsstage übt es größte Zurückhaltung, bereit. jede Opposition fahren zu lassen, wenn es wieder zur Majorität zu- gelassen wird. Seine hinterhältige Politik treibt den Liberalismus von Vorrat zu Verrat, um den Block zu erhalten und den schmäh- lichen Bankerott der so hoffnungsfroh begonnenen Politik nicht selbst eingestehen zu müssen. Sogar die Konservativen sind durch den Konflikt zwischen Kaiser und Kanzler in Mitleidenschaft gezogen. Ist's da ein Wunder, daß die Block- presse die neue Phase in der Krise unserer gesamten Politik am liebsten totschweigen möchte und da dies nicht möglich, init kindischer Wut über die Zeitungen herfällt, die zuerst die Kundgebung der Generale veröffentlichten? Von derFranks. Ztg", dem Organ des liberalesi Verrats, bis zurDeutsch . Tagesztg.". jammern sie alle, denen sich heute, nachdem die Veröffentlichung ihre Wirkung getan, in possierlicher Heuchelei derReichsbote" anschließt, daß der Vorgang nicht geheim geblieben. Ms ob der Vorgang und seine Bedeutung geringer würde, wenn das deutsche Volk nichts von ihm erfahren härte I MS ob die Wirkung auf unsere politischen Verhältnisse nicht noch verhäng- uiövoller würde, wenn die Akte des persönlichen Regiments nicht ans Licht kämen! Und als ob nicht vielmehr die Flucht in die Oeffentlichkeit das einzige Mittel wäre, um im Kampfe gegen das persönliche Regiment siegreich zu bleiben. Aber eben darum ist das erbärmliche Gewinsel so bezeichnend: Sie wollen nicht kämpfen. Der Appell an die Macht läßt sie feig verzagen. Denn Macht kann nur durch Macht besiegt werden und sie fürchten, den Ruf an die ergehen zu lassen, die allein die Kraft haben, in ausdauerndem Kampfe den Absolutismus zu schlagen. den Ruf an die breiten Massen des deutschen Volkes. Dienationalen" Parteien fürchten den Appell an die Nation! Aber diese Politik ist so schlecht als feig. Wilhelm II. ist un- beirrt. Aber unbeirrt ist auch der Wille des deutschen Volkes, die Herrschast des persönlichen Regiments nicht fortdauern zu lassen. Bald tritt der Reichstag zusammen und wenn die ilteaktionäre schon hofften, die Verfassungsstage versumpfen lassen zu können, Wilhelm II. selbst hat ihnen einen Strich durch die Rechnung ge- macht. Die Steden deS Reichstags haben nichts genützt, jetzt müssen Taten folgen, und das deutsche Volk, das endlich sich daS Recht auf sein politisches Leben erobern muß, wird sie von dem Reichstag zu erzwingen haben. Gegenüber der großen innerpolitischen Bedeutung der Kund- gebung des Kaisers und der Generale tritt selbst die verheerende Wirkung, die wieder in unserer auswärtigen Politik angerichtet worden, etwas in den Hintergrund. Daß alle Mächte, gerade noch Oesterreich ausgenommen, als Feinde Deutschlands apostrophiert wurden, daß, nachdem der Kaiser im Interview so heiß um die englische Freundschaft geworben, jetzt England als Haupt- feind angesprochen wird, daß dasverbündete Italien " nicht? weniger denn als Bundesgenosse betrachtet wird baß all dieS mit den optimistischen Kanzlerreden in schreiendstem Widerspruch steht und daher eine echt wilhelminische Illustration zu der Stetigkeit und Einheitlichkeit unterer Politik darstellt, hat uns natürlich im Aus- lande neuen Spott, neuen Hohn und neue Verachtung eingetragen. Freilich, viel konnten wir ja nicht mehr verlieren. Aber daß sich Fehler auf Fehler häufen, daß selbst die kritische Spannung der internationalen Beziehungen nicht die einfachsten Gebote der Vor- ficht durchsetzen kann, zeigt eine stets sich steigernde Gefahr. Eine wahrhaft nationale Gefahr, denn die Sicherheit des Friedens, die ungestörte Entwicklung des deutschen Volkes steht auf dem Spiele. Wie lange soll, wie lange darf dieser Zustand währen? Seit 20 Jahren wird es in Deutschland schlimmer und schlimmer. Von Krise treiben wir zu Krise. Aus Furcht, unsere chronische Krise, die aus der Rückständigkeit unserer Verfassung. aus der Herrschaft der vcrjunkerten Bureaukratie. auS der Aufrechterhaltung eines unerträglichen und unfähigen Ab- solutismuS entspringt, endlich durchzukämpfen, endlich durch Er- ringung demokratischer Selbstrcgierung die Bahn fortschreitender Entwickelung freizumachen, treiben wir einer äußeren Krise ge- fährlichster Art entgegen. Aus Furcht vor der Demokratie, vor der Macht- erweiterung der Arbeiterklasse gibt das deutsche Bürgertum immer aufS neue die Interessen deS deutschen Volkes preis. An dem deutschen Proletariat ist es, die deutsche Nation vor den Folgen der politischen Verbrechen, die die Herrschenden begehen, zu bewahren.>_ Die Bedeutung der Sensttumhlen.. 'Paris , 4. Januar. (Eig. Bcr.) Clemcncecm hat gestern gesiegt. Die Senatswahlen haben fast überall den Sieg der Regicrungsiandidaten über ihre Gegner von rechts und links ergeben. Was hat dieses Resultat politisch zu be- deuten? In jedem Fall nicht viel. Bei dem Wahlshstem für den Senat kann man unmöglich darin eine Spiegelung der Volks- stimmung erblicken. Von vornherein ist die Regierung im Vorteil, die ihren ganzen Beeinflussungsapparat auf die Stadt- und Dorf- notabeln wirken lassen kann, die in ihrer Abstimmung das Mittel haben, Vorteile für ihre Person und für ihre Gemeinde zu er- langen. Auch die früheren Regierungen haben sich nicht gescheut, die Senatswähler durch die Präfekten präparieren zu lassen, aller- dings sind diese Methoden selten mit einer solchen Skrupellosigkeit angewendet worden wie diesmal. DieHumanste" hat aus der Feder eines Spezialberichterstatters, den sie in das Departement Var , wo Clemenceau selbsttriumphieren" mußte, entsandt hatte, Detailbilder der offiziellen Wahlkünste gebracht, die schon an Ost- elbien und andere wilde Gegenden Europas gemahnen. ES ist natürlich ganz ausgeschloffen, daß die Generalräte und Gemeinde- delegierten von irgend einer prinzipiellen Propaganda berührt werden und für eine andere Partei stimmen könnten, als für die sie gewählt worden sind. Das ganze Interesse der Senatswahlen dreht sich wirklich nur darum, wie weit es der Regierung gelingt, die Wähler kleinzukriegen. Das ist nun gestern in der Tat Herrn Clemenceau in hohem Maße gelungen. Wenn aber die RegierungSpresse und ihr frei- williger Anhang jetzt in Fanfarentönen einen Sieg der von den herrschenden Männern vertretenenGrundsätze" ausruft, so ist das eitel Schwindel. Am frechsten ist die Behauptung, in der sich dieAurore" mit demTemps" vereinigt, daß nämlich der eigent- liche Besiegte von gestern die gccinigte sozialistische Partei sei. Daß unsere Genossen bei den Senatswahlen nur auf die Stimmen der sozialistischen Wahlmänner zu zählen hatten, stand von vornherein fest, und sie dürfen vergnügt lächeln, wenn sich die Offiziösen, nach den neulichen Siegen der geeinigten Partei unter dem allgemeinen Stimmrecht, mit den freundlicheren Ergcb- nissen trösten, die ein undemokratisches, aller Korruption Tor und Tür öffnendes System ihren regierenden Protektoren und Schützlingen gewährt hat. Auch die von der ministeriellen Statistik verzeichnete Niederlage der offen antirepublikanis chcn Reaktion hat unter den gegebenen Umständen nicht viel zu sagen. Auch ihren Kandidaten strebten die Lokalinteressen entgegen, und überdies darf nicht übersehen werden, daß der Präfektensegen bis zu Herrn Ribot hinüberwirkte, der alsLinksrepublikaner" eingekleidet wurde. Wenn gleichwohl der gestrigen Wahl ein gewisser politischer Sinn innewohnt, so liegt er in dem traurigen Versagen deL combistischcn Doktrinarismus. Wie der städtische Radikalsozialismus in der Person Buissons im Seinedeparte- mcnt der Kleinbürgerdcmagogie M a u j a n s kläglich erlag, so schmolz der kleinbäuerliche Demokratentrotz in Var, wo Clemen- ceau seine zwei combistischen Kollegen hinauswerfen und durch einen jämmerlichen Paradearbeiter und einen zweideutigen Er- folgspolitiker ersetzen konnte. Wer jetzt noch hofft, daß Clemenceau Respekt vor der Blockpolitik bekommen und zum gewissenhaften Vollstrecker ihres Reformprogramms werden wird, muß wirklich einen demokratischen Köhlerglauben haben. DerTempS" spricht nur das aus.was ist", wenn er in dem gestrigen Regierungssieg eine Stärkung der Politik derGewissen- hastigkeit", d. h. des sozialen Konservatismus erblickt. Diese Freude der großen Kapitalistenpresse ist für den sieghaften Radikalismus nicht minder bezeichnend als seine eigene Genügsamkeit, womit er sich in dem einst so befehdeten Senat gegen den Volkswillen ver- schanzte._ poUtffebe GebcrHcht. Berlin , den 7. Januar 1909. Tie Geldgeber des Reichsverbandes. Jahrzehntelang hat die rheinisch-tvestsälische Großindustrie hohe Unterstützungen an die nationalliberale Partei gezahlt natürlich nicht aus platonischer Vorliebe für den National- liberalismus, sondern damit die nationallibcralen Fraktionen des Reichstages und der verschiedenen Landtage die Interessen der Großindustriellen, speziell der Eisen- und Stahlindustriellen, wahrnehmen; das heißt, für den von den Industriellen geforderten Zollschutz eintraten, für die Flottenvermehrung und Heeresrüstungen stinimten, auf dem Gebiete der Arbeitcr- schutzgesetzgebung bremsten usw. Noch bei den Hottentotten- Wahlen forderte der Zentralverband deutscher Industrieller von jedem seiner Mitglieder je 1 M. für jeden beschäftigten Arbeiter ein und verivandte den größten Teil der auf diese Art eingekonimenen Summe zur Unterstützung nationalliberaler Kandidaturen. Die Gegenleistungen der nationalliberalcn Partei cnt- sprechen nach Ansicht der Großindustriellen aber nicht den von ihnen gezahlten Subsidien. Besonders sind die Stahl- Magnaten und Syndikatsgrößen mit dem Verhalten der nationalliberalen Reichstagsfraktion unzufrieden, weil diese nicht genügend dieHerrenrechtc" der Unternehmer gegenüber ihren Arbeitern zu wahren verstanden hat, während die Schlotniagnaten an dem Verhalten der nationalliberalcn Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauses weniger auszusetzen finden. Die Großindustriellen drohten, wenn die national- liberalen Führer in ihrer Renitenz beharren, mit Entzug der bisher von ihnen an die nationalliberalen Fonds gezahlten Subsidien, und tatsächlich scheinen sie in letzter Zeit ihre Drohung ausgeführt und zum Leidwesen der nationalliberalcn Parteiführer einen größeren Teil ihrer Unterstützungen dem Rcichsverband gegen die Sozialdemokratie zugeführt zu haben. Indirekt haben allerdings die Rationalliberalen auch jetzt noch von diesen Beträgen den Hauptvortcil, denn der Reichs- verband leistet einen recht ansehnlichen Teil der national- liberalen Wahlarbeit; aber dennoch ist es natürlich den nationalliberalen Herren recht schmerzhaft, daß ihnen das Geld nicht mehr direkt zufließt. Eine Bestätigung dieser niedlichen Subventionsverhältnissc lieferte jüngst(am 5. Januar) in einer Wählerversammlung, die in Klafeld im Siegener Reichstagswahlkreisc stattfand, der Generalsekretär der nationallibcralcn Partei, Herr Breithaupt aus Berlin . Er sagte, wie uns mehrere An­wesende bezeugen, die sich sofort den Wortlaut aufschrieben: Ich kann aus genauer Kenntnis der Dinge sagen, daß die hohen Beträge, die die Schwerindustrie, ich meine die Industrie des Westens, zahlt, in die Kasse des Reichs- Verbandes zur Bekämpfung der Sozialdemokratie fließen." Weiter erklärte Herr Breithaupt, daß seine Partei keine Zuwendungen aus den Werkskassen erhalte, wohl aber gäbe es Mitglieder der Partei, welche freiwillig Jahres- betröge von mehreren hundert Mark und höher zahlten. Herr Breithaupt bestreitet also nicht, daß auch jetzt noch die nationalliberale Partei recht ansehnlicheJahresbeiträge" von den Großindustriellen bezieht, wenn auch nicht direkt auL den Werkskassen. Die größten Beträge aber der Eisen- und Stahlindustrie erhält jetzt der ehrsame Rcichsverband gegen die Sozial- demokratie. Das ist ebenso kennzeichnend für den Charakter der Eisenkönigc wie für den Charakter des Reichs- Verbandes, der tatsächlich mehr und mehr zu einem Agitations- und Wahlkampfverband der Kraut- und Schlotjunker ge- worden ist. Wir werden uns daL Geständnis des Herrn Brcithauvt merken._ Ueber die kommende Reichstagstagung wird berichtet: Von seinem Wiederzusammentritt am Dienstag, den 12. Januar. bis zur Ostervertagung, die vorausfichllich am 31. März erfolgen dürfte, werden dem Reichstage rund 12 Sitzungswochen zur Ver- fügung stehen. In dieser Zeit will der Präsident, nach Zustimmung des Seniorenkonvents, viermal eine Pause von mehreren Tagen eintreten lassen, mindestens die Sonnabend- und Montagfitzungen nach etwa je zwei Wochen ausfallen lassen. Es kann somit im ganzen mit etwa ö6 Plenarsitzungen und deshalb auch mit der glatten Erledigung des Reichshaushaltes bis zum Beginn des neuen fiskalischen JahreS gerechnet werden. Für die Osterferien sind nur knappe 3 Wochen in Aussicht genommen. Schon am 20. April wird sich das Haus wieder versammeln, um bei der Reichhaltigkeit des sicher dann noch unerledigten Materials(Reichsfinanzreform, Be- soldungSvorlage, Große Gewcrbenovelle) wohl bestimmt bis kurz vor Pfingsten, das auf den 30. Mai fällt, zusammenzubleiben. Zur Wahlrechtsreform in Sachsen . Zwischen der Wahlrechtsdeputation der ersten Kammer und den Parteiführern der zweiten Kammer ist heute ein Wahlrrchtskompromiß zustande gekommen, dem die Regierung bereits die Zu- stimmung erteilt hat und für die in beiden Kam»lern eine Zweidrittelmehrheit gesickert ist! Der Wahl- rechtsreform soll, einer offiziellen Mitteilung der ersten Kammer zufolge. ein Pluralwahlrccht zugrunde gelegt werden, und zwar unter Vermeidung schroffer Gegensätze in der Zuerteilung der Zusatzstimmen, dementsprechend in einer mäßigen Abstufung der Einkommen und einer Berücksichtigung der Lebens- stellung der Wähler. Maßgebend für die Zusatzstimmcn ist: 1. Die Selbständigkeit(Wahlrecht zur Geworbekammer und zum Landeskulturrat). 2. Die Ansässigkeit. 3. Die Vorbildung. 4. Die feste Stellung. 5. DaS Einkommen und 3. Das Alter. Die H ö ch st z a h l der Zusatzstimmen wird auf d r e i f e st» gesetzt. Eine Vermehrung der Wahlkreise soll dadurch erfolgen. daß den drei großen Städten je zwei neue Wahlkreise zugeteilt werden, und daß aus sechs besonders großen und stark bevölkerten ländlichen Wahlkreisen nenn gebildet werden. Von Einführung der Verhältniswahl in den großen Städten soll ab- gesehen werden. Dagegen wurde die regelmäßige Jntegralerneuerung der Kammet nach Einführung des neuen Wahlgesetzes beschlösse«. Die Wirkung der kommende» Tabaksteuer. In der Haynauer Filiale der Greifenberger Zigarrenfabrik von Kalmus u. Co. wurden alle Zigarrcnmacher entlassen, und der Be- trieb eingestellt. Den Arbeitern wurde dabei gesagt, ob und wann eine Wiedereröffnung des Betriebes stattfinde, könne man nicht sagen, das hänge davon ab, wie sich die politische Situation i v Bezug aufdieTabalsteuer gestalten würde. Zentrumsschwindel. In Esch Weiler bei Aachen fand am Sonntag cinc Zentrumsversammlung statt, in der der Generalsekretär der rheinischen Zentrumspartei . Dr. Jörg, und Reichstags- abgeordneter GicSbcrts redeten. Beide kamen bei dieser