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Steuer auflehnen und. falls sie im Reichstage angenommen werden sollte, sich durch Preiserhöhungen und Lohnherabsetzungen schadlos zu halten suchen. Dem Kohlenbergbau bleibt', so erNSrt das Zechenblatt, »gar nichts anderes übrig, als entweder die Selbst- kosten, also in er st er Linie die Löhne, im ent- sprechenden Betrage herabzusetzen oder den Preis entsprechend zu erhöhen, mit anderen Worten, die Steuer auf die Verbraucher abzuwälzen. DaS eine wird den Mitgliedern auf der linken Seite des HauscS nicht erwünscht, das andere denen von der Rechten ebenso unangenehm sein. Für den Bergbau selbst bedeutet die Steuer außerdem eine wesentliche Be- Hinderung seines Absatzes, namentlich auf dem Auslandsmarkt, wo die neuerlichen Tarifmaßnahmen schon die Konkurrenz mit den leistungsfähigen englischen Wettbewerbern erschweren. Wenn die Steuer nichtsdestoweniger zum Gesetz werden sollte und bei der Abneigung, die gegen jede groß- industrielle Betätigung unter den Volksvertretern besteht, wird bekanntlich jede Maßnahme gutgeheißen, die sich gegen die Rentabilität und die Ausdehnung dieser Industrie richtet so wird aus der einen Seite die unausbleibliche Folge die sein, daß die Kohlenverbraucher für absehbare Zeit mit bil- ligerem Brenn st off nicht zu rechnen haben werden, und auf der anderen die, daß die Löhne mit größerem Nachdruck als bisher zurückgeschraubt werden. Auf andere Weise wird der Bergbau die Steuer nicht kompensieren können.' Die Drohung zeigt, welche Lasten den Kohlenkonsumenten und Bergarbeitern aus einer Kohlensteuer erwachsen würden. Sicherlich könnte bei ihren großen Profiten die Kohlenindultrie die Belastung tragen; aber es wird ihr kaum einfallen, einen Teil ihres Profits auf dem bekanntenAltar des Vaterlandes" zu opfern, und da sie von allen Großindustrien am besten und strammsten syndiziert und organisiert ist, wird es ihr nicht schwer fallen, die Belastung auf Konsumenten und Bergarbeiter abzuschieben. Nicht die Zechenbesitzer würden die Steuer zu zahlen haben, sondern Konsumenten und Arbeiter- schaft. Wir glauben deshalb auch kaum, daß sich für diesen agrarischen Steuervorschlag eine Mehrheit im Reichstage findet trotz der reichen Einnahmen, die diese Steuer verspricht; denn da im letzten Jahre an 149 Millionen Steinkohlen und 63 Millionen Tonnen Braunkohlen in Deutschland gefördert worden sind, würde die Kohlensteuer ungefähr 100 Millionen Mark bringen._ Das große mecklenburger Verfassungstverk. Die mecklenburgischen Liberalen greifen in ihrem Kampf für «ine sogenannte»freiheitliche" Verfassung zu den sonderbarsten Faschingsstreichen. So erschien heute, wie der Telegraph meldet, unter Führung des SanitätSrateS FabriciuS-GreveSmühlen im groß- herzoglichen Schlosse zu Schwerin eine Abordnung von zwölf Herren au« Mecklenburg-Schwerin und zwei Herren au» Mecklenburg- Slrelitz zur Audienz beim Großherzog, um demselben eine Petition mit etwa 40000 Unterschriften zu überreichen. Der Großherzog nahm, wie berichtet wird, die Petitioi» entgegen, dankte den Mitgliedern der Deputation für ihr Erscheinen und erwiderte auf die Ansprache de» Führers, die zahlreichen Unterschriften, welche die ihm überreichte Petition ge- fnnden habe, bestätigten ihm, daß die von ihm für richtig erkannte und in Angriff genommene Umgestaltung der st ä n d i s ch e n Verfassung in weiten Kreisen des mecklenburgischen' Volkes freudige Auf­nahme gesunden habe. Er sei entschloficn, das begonnene Werk fortzuführen. Manche Schwierigkeiten würden noch zu überwinden sein, doch vertraue er, daß sich die Einsicht von der Notwendigkeit der Einführung einer Re- präsentatidverfassung immer mehr Bahn brechen werde, und hoffe, daß er diese mit Gottes Hilfe zu einem dien- lichen Ende bringen werde. Der Schweriner Großherzog scheint in seltsamen Auffaffungen befangen zu sein. Was hat denn die kuriose mittelalterlicheVer- fassungSreform", welche die mecklenburgische Regierung vorgeschlagen hat, mit einer Repräsentativversassung und mit Gott zu schaffen? Der Zweck deS großenWerke«" besteht doch in nichts anderem, als die Einkünfte des Grohherzogs zu mehren und den Grundbesitz seines HanseS zu vergrößern._ Die Neutralität der evangelischen Arbeitervereine. DerEvangelische Arbeiterbote", Lentralorgan des Gesamiverbandes evangelischer Arbeitervereine Deutschlands . spricht sich in seiner Str. S über die Haltung der evan- gelischen Arbeitervereine zUr Polttrk aus. Dabei vernehmen wir. daß die evangelischen Arbeitervereine nach Wesen und Praxi» parteipolitisch neutrale Organisa» t i o n e n sind; sie konnten nichts anders sein, weil die Verschieden» heit der politischen Parleistellung ihrer Mitglieder eine andere Stellungnahme nicht zulasse. Dann heißt es: Nun sind die historischen Parteiverhältnisse in den verschiedenen Wahlkreisen Ursache, daß die überwiegende Mehrheit der Mitglieder einmal zur Gefolgschaft dieser, ein andermal zur Gefolgschaft jener politischen Partei sich bekennt. Dennoch wird die neutrale Stellung der Vereine an sich nicht davon berührt, selbst wenn je nach Umständen eine Stellungnahme des Vereins er- folgt. Allerdings ist eine Vcrbmdung mit politischen Parteien zum Kampf gegen andere bürgerliche Parteien unbedingt verwerf- lich, im Kampfe aller bürgerlichen Volkskreise gegen die Sozialdemokratie dagegen tonnen und müssen die evangelischen Arbeitervereine dem Vordertreffen augehören. Man sieht daran», was e« mit der parteipolitischenNeutralität" der evangelischen Arbeitervereine auf sich hat.Neutral" den bürger- lichen Parteien gegenüber, um dafür desto eifriger gegen die Sozialdemokratie kämpfen zu können. Genau wie die K'riegervereine, die bekanntlich auch politischneutral" sind, aber den Kampf gegen die Sozialdemokratie al» ihre heiligste Pflicht betrachten._ Gorki ausgewiesen? Sin Telegramm aus Rom meldet, daß die italienische Re- gierung Maxim Gorki , Rußlands großen Schriftsteller, auf- gefordert hätte, im März Italien zu verlassen. Gorki hat seit längerer Zeit wegen seines� schlechten Gesundheitszustandes Aufenthalt auf der Insel C a p r i genommen, wo er ganz seiner Kunst lebt. Wir können vorläufig nicht annehmen, daß die Meldung richtig ist. Denn ivenn schon der Verfolgungssucht der russischen Regierung jede Brutalität zuzutrauen ist, so könnte eS die iialienische Regierung nicht wagen, der unterwürfige Knecht despotischen Ber- folgnngswahnsinnS zu werden. Tie heilige Disziplin. Der Matrose Fritz Lobmann vom KriegsschiffHah" hatte sich vor dem Marine-Kriegsgericht zu Dauzia wegen AchtungSverletzung, Beleidigung und tätlichen Angriff» auf einen Vorgesetzten zu ver- ontivorten. Belastungszeuge war derbeleidigte und tätlich an« gegriffene Vorgesetzte", der SanitälSmaat Buchholz. Nach seiner Aussage hätten Lobmamr und seine Kameraden den letzten Silvester- abend mit solchem Lärm gefeiert, daß er sich genötigt sah, Lobmann zurechtzuweisen. Dabei soll der Matrose aufsässig geworden sein, beleidigende Worte gegen ihn gebraucht und ihm schließlich mit der Faust einen Stoß vor die Brust versetzt haben. Nach anderen Zeugen hat sich der Vorfall wesentlich anders ab­gespielt. Buchholz soll Lobmann befohlen haben, ihm auf einer Harmonika etwas vorzuspielen. Das habe Lobmann abgelehnt. Nach einem Wortwechsel wäre Lobmann darauf zu seinen Kanieraden gegangen. Der Maat folgte und schimpfte:Sie Schuft! Sie sind ein Lump in»»einen Augen!" Der direkte Vor- gesetzte des Buchholz, der Oberleutnant Moll, über die Glaub- Würdigkeit des Maaten vernommen, erklärte, daß er den Buch- h olz nicht für unbedingt glaubwürdig halte; er sei der Meinung, daß Buchholz die Leute nicht richtig anfasse. Buchholz ist bereits wegen Beleidigung eines Mannes disziplinarisch vorbestraft. Auf die Aussage des Buchholz hin verurteilte trotz der wider- sprechenden eidlichen Aussagen mehrerer anderer Zeugen das Gericht de» Matrosen Lobmann zu drei Jahre» Gc- fängnis!_ franhmeb. Die Amuestiedebatteu. PariS » 13. Februar.(Eig. Ber.) Die Majorität ist wieder einmal zu Kreuze gekrochen. Sie hat, wie Clemenceau es ihr bc- fahl, ein Amnesticgesetz beschlossen, das kaum mehr als ein Gaukel- spiel ist. Nur die wegen des Streiks von D r a v e i l und der damit zusammenhabenden Ereignisse Verfolgten sollen daran teilhaben, aber nicht dieAntiPatrioten" und nicht die gemäß- regelten Beamten. Die Amnestierung der Verfolgten von Draveil ist aber kein Zugeständnis der Regierung, sondern die Flucht vor einer Blamage. Nachdem das eifrigste Bemühen des gefügsamstcn Staatsanwalts gegen die monatelang in widerrechtlicher Haft ge- haltenen Leiter der Arbeitskonföderation nicht das bescheidenste An­klagematerial zusammengeracht und nicht ihre schließliche Entlassung verhindert hatte, war der Frcispruch für den Rest der Verfolgten zweifellos geworden. Der Prozeß drohte aber obendrein zu einer persönlichen Verlegenheit für Briand zu werden, der sich hier seinen alten Freunden und Mitkonspiratoren gegen- über gesehen hätte und ihren Indiskretionen preisgegeben gewesen wäre. Briand hat unter diesen Umständen die bequemere Tribüne der Kammer vorgezogen und seine Verteidigungsrede mit dem günstigeren Effekt einer scheinbaren leidenschaftlichen Improvisation an den Mann gebracht. Die Gelegenheit dazu bot ihm der Monarchist Delahaye, der Zitate auS der berühmten Rede BriandS auf dem Kongreß in der Salle Japy vorlas. Briand hatte die ungeheuerliche Kühnheit zu behaupten, daß die Broschüre, worin sie verbreitet wird, ihre Tendenz entstelle, die durchaus friedlich sei. Er habe immer die Propaganda der Gesetzlichkeit be- trieben und Anwendung von Gewalt nur zur Abwehr eineS Staatsstreichs zugelassen. Nun aber handelte BriandS Rede. die zur Bekämpfung der von den GueSdisten vertretenen Taktik der Eroberung der politischen Macht gehalten wurde, vom revolutionären Generalstreik und der durch diesen geschaffenen Situation mit ihrem voraussichtlichen Zusammenstoß der Armee mit den Streikenden. Wie die syndikalistischeRe- volution" erklärt, hat Briand obendrein die Broschüre, die er jetzt als entstellend bezeichnet, seinerzeit selb st für den Druck revidiert! Auch ist eS bekannt, daß Briand , weit entfernt vonfriedlichen" Tendenzen, mit anarchistischen Revoluzzern dem Geheimbund derRitter der Arbeit" angehört hat. der eine freilich höchst ungefährliche Putschspielerei betrieb. Seine jetzige Bc- hauptung, er habe immer der friedlichen Beilegung der sozialen Konflikte dienen wollen, veranlaßt dieRevolution", ihm den Titel einesfranzösischen Azew" zu verleihen. Natürlich verdient er ihn nicht, denn er hat weder ehedem noch jetzt irgendeiner Sache oder einer Institution gedient, sondern immer, allerdings mit vollendeter Unbedenklichkeit, seiner Person. Dieses mit einem unleugbaren, außerordentlichen Talent. Um so sonderbarer mußte es berühren, daß er diesmal in der Kammer durchaus als unbeugsamer Charakter anerkannt werden wollte und zur Be- krästigung dieser waghalsigen Behauptung einmal überS andere ausrief:Ich bin ein ehrlicher Man»», ich war ein ehrlicher Mann, ich werde ein ehrlicher Mann bleiben." Die Sozialisten forderten die Ausdehnung ber Amnestie auf dieAntipatriotcir" und weiter die Wiedereinsetzung der gemäß- regelten Beamte». Man erinnert sich der ungeheuerlichen Strafen, die die Bourgeoisgerichte in den letzten Monaten wegen anti-« militaristischer Artikel verhängt haben: fünf Jahre Ge- fängnis für den verantwortlichen Redakteur derGuerre Sociale", der eine aufgeregte Phantasie über die Insurrektion im Kriegsfall hatte passieren laffen, drei Jahre für einen sech- zehnjährigen Knaben usw. Die Radikalsozialistcn hatten nur zum kleinen Teil den Mut, für das von Scmbat aus- gezeichnet begründete Amendement zu stimmen. Schwerer fiel ihnen die Verweigerung der Amnesticrung der Beamten. Hier handelte es sich um eine zahlreiche Wählerschicht, deren Mißvergnügen man zu fürchten hat. Die neulichen zwei Wahl- siege der geeinigten Sozialisten haben ihnen Angst eingejagt. Aber Clcmenccqu gab in diesem Punkt nicht nach und die Radikalen waren zu feige, um die Forderung durch die Delegation der Linken zum Beschluß erheben zu lassei». Nachträglich jammert die radikal- sozialistische Presse über diese Lauheit. Sie Übersicht aber in ihrer Verständnislosigkeit für alle über das Couloirgetriebc hinaus­gehende Politik, daß die Ohnmacht der Delegation und die Feigheit der Deputierten keineswegs ein bloßer moralischer Defekt ish, sondern die Wirkung der sozialreaktionärcn Umstimmung der vor dem Sozialismus zitternden und die Sozialreform hassenden Klein- bürgerschaft.___ Eine Nachwahl. Paris . IS. Februar. Im Departement Haute-Marne wurde an Stelle des zum Senator gewählten Radikalen Mougeot der Soziali st»sch-Radikale Ron et mit 10 002 Stimmen gegen den Katholisch-Liberalei» Dcssein zum Deputierten ge- wählt, der 0324 Stimmen erhielt. Cnglancl. Das Marineprogramm. London , IS. Februar. WieDaily News" erfährt, ist in bezug auf daS S ch i ffb a u p r o gr amm noch nichts Endgültiges beschlossen, da die Entscheidung bis nach dem Besuche König Eduards in Berlin zurückgestellt worden war. DaS Blatt glaubt, daß daS Kabinett in gewisser Weise seinci, bisherigen Standpunkt aufgegeben habe und aus SparsamkeitLrücksichten für nächstes Jahr zunächst nur den Bau von vier DreadnoughtS statt der von der Admiralität geforderten sechs befürworten werde. PerNen. Die Känipfe in Rescht. Teheran , 14. Februar. Aus Rescht werde» folgende Einzel- Helten»ibcr die daselbst ausgebrochenen Unruhe>» mitgeteilt. Iln- gesähr 200 Verschlvörcr, hauptsächlich Kaukasier, drangen in einen Garte»», in welchem sich der Gouverneur aufhielt, und �hlcnderten eine Bombe, durch die der Gouverneur und seine Gefährten getötet wurden. BlSdmm kehrten die Verschwörer in die Stadt zurück, zerstörten mittel« Handgranaten da» GouvernemcntSgebäude, die Post, da» Telegraphen- und das Justizaebäude und be»nächtigten sich des Arsenals und der Geschütze. Die Revolutionäre haben dem russischen Konsul versprochen, Leben und Eigentum der russischer Untertanen und der friedlichen Ortsbewohner nicht zu gefährden. Soziales. Gewerbegericht. AuS der Sitzung der Kammer I unter Borsitz deS MaglstratSassessorS Dr. Maguhn vom 15. Februar 1909. I. Unberechtigte Lohuembchaltung»vcgcn vermeintlichen Schadenersatz- anspnichcs. Es klagt die Blusennäherin Else N. gegen den Inhaber einer Blusenfabrik Max Psick. Sie»vnr als Heimarbeiterin für P. tätig. Für acht von ihr gefertigte Blusen hat sie den vereinbarten Lohn von t,3ö M. pro Stück nicht erhalte»», weil, wie der Beklagte angibt, die Blusen derart verdorben seien, daß der volle Lohn zur Deckung des Schadens benötigt»vird. Das Gericht nahm die Blusen in Augenschein, konnte sich aber' nicht davon überzeugen, daß dieselben derart»vertlos seien, wie der Beklagte behauptet, eS schätzte den Minderwert der Arbeit aus SS Pf. und verurteilte die Beklagte, der Klägerin 1 M. für das Stück, iiiS- «esamt 8 M. zu Zzahlen. Die Blusennäherin Frau Sch. atte für Frau Liesegang mehrere Dutzend Blusen ge- liefert. Bei der letzten Lieferung wurden ihr 7,20 Mark für unbrauchbar gelieferte Arbeit einbehalten. Im Laufe der Ver- Handlung»verden 3,90 M. Lohn anerkannt. Streitig Ivaren noch 3,30 M. für 3 Dutzend a 1,10 M. Davon hatte Klägerin 1 Dutzend fertig abgeliefert. Da aber die Beklagte von der Arbeit nicht befriedigt»vor, ließ sie die noch verbliebenen 2 Dutzend von der Klägerin abholen. Diese liegen dem Gericht vor. Das Gericht hält die Arbeit durchaus nicht für verdorben. Die Beklagte bezieht sich auf das bereits gelieferte Dutzend, daS sie habe ändern lassen müssen. Da es aber der K l ä g e r i n a b g e n o>n m e n worden ist, empfiehlt das Gericht auch den vereinbarten Lohn dafür zu zahlen. Für die weiteren beiden halbfertigen Dutzend soll die Klägerin je 7S Pf. er­halten. Somit soll die Klägerin abzüglich des KrankenkafsenbeitragS S,S2 M. erhalten. Die Parteien akzeptieren diesen Vorschlag. 2. Ein Beispiel von der Ausbeutung weiblicher Arbeitskraft in ber Konfcktionsbranchc. Die Näherin Frl. Dürkopf hat vom 17. bis 26. Dezember 1903 und vont 4. bis 12. Januar 1909 bei Frau Natalie OlterS« darf, Jahn st r. 7 auf Kostüme gearbeitet. Sie sollte pro Tag 1,20 L o h n und Beköstigung erhalten. Ihre Tätigkeit erstreckte sich nicht nur auf die Woche»itage. Sie mußte auch an den Sonn- und Feiertagen bis 5 Uhr nachmittags tütig sein. Ihre Arbeitszeit war eine ungeregelte. Sie war»munter- brochen tätig, niehrmalS die ganze Nacht hindurch. Für diese Tätigkeit erhielt sie von Frau O. als Gegenleistung neben einer unzureichenden Beköstigung an Lohn gezahlt: in vier Raten ins- gesamt 12,50 M. Erst als die Klage eingereicht war. erkannte wohl Frau O.. daß dies, denn doch wohl zu ivenig sei; sie zahlte darauf »och 7,50 M. DaS befriedigte aber Frl. D. nicht. Sie forderte noch 22, SO M., darunter für sieben Nächte a 2 M. 14 M. Die Beklagte wendet ein, daß ihr die Klägerin freiwillig ohne Ent- schädigu>»g zu verlangen des Nachts geholfen habe. Die Klägerin behauptete dagegen, daß sie nur auf ausdrückliches Verlangen des Nachts gearbeitet hat. Nach langen Beinühungen gelang es den» Gericht, die Beklagte davon zu überzeugen, daß sie die des Nachts geleistete Arbeit doch nicht umsonst verlangen kann. Die Parteien verglichen sich auf 15, SO M. 8. Wiederholtes Zuspätkommen ist an sich allein kein Eutlassuilgsgrund. Eine Lohnentschädigung für 14 Tage wegen unberechtigter Ent« lassung fordert die Plätterin B. Sie Ivar bei den Larzschen Ehe- leuten, die in der Krausnickstr. 4 eine Plättairftalt innehaben, im Alkordlohn beschäftigt und erzielte eine», DurchschnittSverdienft von 18 M. Die Arbeitszeit ivar, wie der Beklagte hervorhebt, wie in anderen Plätlbetricben keine geregelte. In der Regel wird b i s ungefähr 10 Uhr abend« gearbeitet. Doch häufig»vird noch bis 1 Uhr nachts, ja sogar brS 4 Uhr morgens gearbeitet. Am 2. Februar kam Herr L. um 1'/, Uhr nachmittags in au- getrunkenem Zustande nach Hause. ES gab einen scharfen Auftritt, ei dem die Klägerin gestoßen worden sein will. Klägerin ivurde sofort entlassen. Beklagte machen geltend, daß die Klägerin ivegen Zuspätkommens entlassen worden sei. Alis Befragen geben die Beklagten zu, daß Klägerin nach der am 24. Dezember erfolgten Verwarnung bis zum Tage vor ihrer Entlassung nicht zu spät gekommen sei. Klägerin behauptet, daß die von L. ausgesprochene Verwarnung durch dessen Ehefrau wieder aufgehoben »voroen sei; dem» sie habe ihrem Ehemann gegenüber erklärt, das Zuspätkmnmen sei nicht so schliimn, da Klägerin ja oft genug b r S » n d t e N a ch t h i n e t n arbeite. Die Ehefrau gibt die Mög- lichkeit einer solchen Bemerkung zu. Das Gericht verurteilte noch wiederholten vergeblichen Vergleichsversuchei» die Beklagten zur Zahlung der ge- forderten Entschädigung von 36 Mark mit der Be- grundung, das wiederholte Zuspätkonime» sei bei solcher auS- gedehnten Arbeitszeit durchaus zu entschuldigen und stelle an sich keinen EiitlasiunaSgrund dar. Dafür, daß die Klägerin verwarnt sei, seien die Beklagten bewelspflichtig geblieben. Zum Kölner Aerzteftreik. Die Versuche, den frivolen Aerzteftreik in Köln durch unwahre Behauptungen zu entschuldigen, machen sich in einigen Preßorganen breit. Zum Echo der unwahren Ausstreuungen haben sich ja bekannt- lich auch einige bürgerliche Abgeordnete hergegeben. Demgegenüber stellen wir wiederholt folgendes fest: DaS Ober- verwaltungSgericht hat Maßnahmen, die zugunsten der Aerzte in dem früheren Aerzteftreik von Behörden leider getroffen waren, als ge- setzwidrige gekennzeichnet. Die Aerzte suchen offensichtlich jetzt aber- mals ein gesetzwidriges Einschreiten der Behörden zu veranlassen. Der Kölner Krcuikenkassenverband hat schon vor Beginn deS Aerzte- streikes genügend Aerzte vertraglich auf Jahre hinaus verpflichtet und zwar in einer Zahl, die auch von der Regierung als durchaus genügend er« a ch t e t w u r d e. ES ist unwahr, daß die Kölner Kassen nicht auS- reichend Aerzte hätte». In einer Versammlung der Kassenvorstände und leitenden Beamten wurde festgestellt, das; nach der eigenen Angabe der neuen Aerzte zwei Drittel von ihnen durch die Bchanv- lung der Kasiemnitglieder allein nicht voll beschäftigt werden, und daß kein Fall bekannt geworden ist, in dem von den neuen Aerzten nicht in kurzer Zeit Hilfe geleistet wurde. Eine Befragung der sämtlichen erwerbsunfähigen Kassen Mitglieder hat ergeben, daß berechtigte Klagen über die neue ärztliche Behaud- lung nicht vorgebracht wurden; im Gegenteil haben die Befragten sich durchaus lobend über die gründliche Untersuchimg und die sonstige Bchandlung ausgesprochen. In einer vom nationallibcralen Verein einberufenen Versamm- lung in Köln hat einer der leitenden Geister des AerztvereiuS, Dr. Katzenstein, erklärt,»»icht ausschließlich die materielle Seite sei eS, die die Aerzte auf freie Arztivahl dringen lasse; durch die freie Arzt ivahl werde der Arzt gezwungen, einer Organisation anzugehören,»rnd dies spreche in ber Hauptsache bei dem Vorgehen des Aerzievereinsbundes in Köln »nit. Also die Krankenkassen sollen die Rolle deS Prügel- knaben spielen, damit die Organisation der Aerzte star! und mächtig werde, und darum boykottiert man Kranke und Sterbende. In der Diskussion erklärte der Arzt Dr. Schütze, an dem Kölner Konstikt sei allein die Art des Vorgehens des AerzteverbandcS