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nach eingehender Diskussion der Wahltaktik die nachstehende Tages- ordnung angenommen: In Erwägung, daß in den meisten Wahlkreisen, wo dies die lokalen Verhältnisse erlauben, ein Wahlbündms der Volksparteien schon zustande gekommen ist, in Erwägung ferner, daß trotz der bom Kongreß von Florenz bestätigten Autonomie der Wahlkreise der Parteivorstand als dauernder Ausdruck des Parteibewußtseins berufen ist, auf die Stellungnahme hinzuweisen, die in einem ge- gebenen politischen Moment im Interesse der Partei liegt, betont der Vorstand der italienischen Partei die Verpflichtung der Sektionen, Parteikandidaten in all den Wahlkreisen aufzustellen, wo eine sozial! st ische Stimmenmehrheit vorauszusehen ist; der Parteivorstand hält weiter dafür, daß in den Wahlkreisen, wo sich die Sozialisten zweifellos in der Minderheit wisien und die Wahl radikaler und republikanischer Kandidaten, deren politische Aktion im Einklang steht mit dem Wahlprogramm des Florentiner Parteitages, möglich erscheint, die Parteigenossen für diese Kandidaten stimmen können; schließlich fordert der Parteivorstand die Sektionen auf, in allen anderen Fällen Zähl- kandidaten aufzustellen, und ruft ihnen ihre Pflicht ins Ge- dächtnis, unter allen Umständen das Maximal- und Minimal- progranim der Partei klar und deutlich zuni Ausdruck zu bringen. Dieses Votum des Parteivorstandes bestätigt somit im großen ganzen die Wahltaktik, die unsere Partei bei den letzten Wahlen im Jahre 1S0-1 eingehalten hat. Während bei den Wahlen vom Jahre 1900 ein allgemeines Bündnis der Volksparleien zustande gekommen war, bei dem sich diese drei Parteien in alle zu er- obernden Wahlkreise geteilt hatten, so daß sie nirgends gegen- einander Kandidaten aufstellten, wird diesmal jeder Wahlkreis selbst über die Opportunität eines Bündnisses entscheiden. Der Parteivorstand empfiehlt unter gegebenen Umständen das Votum für den Radikalen oder den Republikaner , anordnen kann er es nicht. So haben die Wahlkreise der Romagna nach einem Zerwürfnis mit den Republikanern sogar beschlossen, auf alle Fälle gegen den Republikaner zu stimmen und sogar angedroht, lieber dem Klerikalen ihre Stimme zu geben, was allerdings einem ausdrücklichen Parteitvgsbeschlusse widerspräche. In seiner Nummer vom 14. wird derAvanti" den Wahl- aufruf des Parteivorstandes veröffentlichen, der durch Mauer» anschlag im ganzen Lande verbreitet wird. Die Uebersetzung des Aufrufes sei hier wiedergegeben: Italiener I Die aus der antisozialistischen Konzentration de» Jahres 1904 geborene Legislatur ist zu Ende, nachdem sie gezeigt hat, wie unfruchtbar die gesetzgeberische Tätigkeit und wie reaktionär das öffentliche Leben werden, sobald die herrschenden Klassen und der Staat auf den kirchlichcii Beistand vertrauen, um den proletarischen Forderungen die Stirn zu bieten. Die von der Kirche gebotene Hilfe wird zur Vormundschaft und zum Heber» gewichte. Die herrschenden Klassen Italiens fangen an, dies zu ihrem Schaden zu erfahren. Sie haben den geschichtlichen Grund ihrer nationalen Wiedergeburt verraten, und so sind sie heute ohnmächtig vor den Bundesgenossen, die der Vatikan jenseits der Grenze zu finden weih. Sie haben auf jede großzügige demo- tratische Erneuerung des Landes Verzicht geleistet wie auf ihre Pflicht der konfessionslosen Vollöerziehung, und so zeigt das Erd. beben neben der moralischen Misere der von den Priestern er- zogenen Bevölkerung die materielle Misere und Unzulänglichkeit der lebenswichtigsten Organe des Staates. Um über diesen doppelten Bankerott nicht Rechenschaft abzu- legen, versucht die Regierung jetzt, von dem unvorbereiteten natio- nalen Bewußtsein die Billigung des Getanen zu erlangen und die Autorisation, noch Schlechteres zu tun. Arbeiter I In den politischen Wechsclfällen der letzten Jahre wäret Ihr es, die die schwerste Last trugen. Bon der Abschaffung des Kornzolles ist nicht einmal die Rede gewesen; die Lasten des Militärdienstes wurden vergrößert, die Anwendung der von Euch erzwungenen Schutzgesetze verschleppt und vernachlässigt, die Ver- sichcrung gegen Betriebsunfälle vom Unternehmertum bedroht, die Altersversicherung nicht einmal einer Prüfung wert befunden, die Gegenwart des Priesters in der Schule neu gebilligt, gegen jede Volksbewegung das Gesetz aufs brutalste gehandhabt! Die Ver- suche, die Freiheit einiger Arbeiterkategorien zu knebeln, sind tag» lich ficcher gclvorden, die Verteidiger des StreikbrechertumS sehet Ihr gehätschelt und gepflegt; Ihr habt daS Recht zu fragen, ob in Eurem Interesse überhaupt ein Schritt vorwärts gemacht wurde, ob nicht sogar ein tatsächlicher Rückschritt stattfand. Aber schon hat eine gesunde Gegenagitatton eingesetzt, die in zwei Kongressen ihre Krönung fand. In Modena und in Florenz habt Ihr auf wirtschaftlichem und politischem Gebiete die Haltung anzunehmen verstanden, die am besten der Gefahr die Stirn bietet uird den Aufstieg ermöglicht. Parteigenossen! Jetzt ist eS an uns, unsere Pflicht zu tun! In unsere Reihen ist die Eintracht wiedergekehrt, das große prole- tarische Heer hat sich nicht vom Wege abbringen lassen, und die Erfahrung der letzten Zeit führt es unter unsere Fahne zurück zur schrittweisen Eroberung der sozialen Gerechtigkeit die jede Wirt- schaftliche und politische Ausbeutung aufhebt. Zeigen wix uns unserer Parteitraditionen und des neu erwachten proletarischen Vertrauens würdig. Wir müssen eS verstehen, den jetzigen Kampf durch den Hauch des großen sozialistischen Ideals zu beleben, ihn im Geiste des sozialistischen Gedankens zu führen, der keine hohen Worte hat, sondern kritisch und aufbauend uns auf dem langen Wege zur Seite stsht, der zum Ende der kapitalistischen Aus- bcutung führt. Was heute not tut. ist die Eroberung des allge- meinen Wahlrechtes, die Durchsetzung der von der Konföderation der Arbeit geforderten Schutzgesetze, die Wiederherstellung der Bürgerrechte, die man zum Schaden der Staatsangestellten ange- tastet hat. Die Selbständigkeit der demokratischen Stadtverwal- tungen muß gewahrt, die proletarische Auswanderung Italiens geschützt werden. Die Kultur- und Friedensmission Italiens muß unter Mithilfe der internationalen Solidarität der Arbeiterschaft sichergestellt werden gegen die Raubinstinkte der feudalen und reaktionären Klassen jenseits der Alpen. Die Vergangenheit mutz tot sein, tot. ohne Auferstehung. Heute hat nur die Zukunft Rechte geltend zu machen, und dits« Zukunft liegt in dem demokratischen Sozialismus. Die«nulische Sozialdemekratie»um KinigSbefuch. Der Vorstand der deutschen Sozialdemokratie empfing in den Tagen des Besuchs Eduards VII. in Berlin folgende» Telegramm aus London : Die sozialdemokratische Partei Englands sendet den deutschen Kameraden brüderliche Grüße und erklärt, daß die internationale Solidarität auf die Völker selbst gegründet sein muß und nicht das Ergebnis von Monarchenbesuchen sein kann. Möge Euer Wahlrechtskampf Euch Sieg bringen. Lee, Sekretär." Die elsaß -lothringische Regierung auf dem Weg« der Besserung. Der alte Gemeinderat der Stadt Strasburg , dessen Mandat im Juni 1003 abgelaufen war, hatte einige Monate vor seinem Ende der Regierung noch Vorschlage für den Ort» schul- vorstand zu unterbreiten. Unter den Vorgeschlagenen be- fanden sich auch die Genossen Peirote» und Wolfe», die damals noch dem Gemeinderat angehörten. Inzwischen ist beinahe ein Jahr verslossen. Die beiden Genossen waren mit den übrigen sozialistischen Gemeindevertrctern der bürgerlichen Koalition unter- ltgen. Nichtsdestoweniger hat sich nunmehr der BezirtSpräsident vom Unterelsaß veranlaßt gesehen, die Vorschläge zu bestätigen, so daß nunmehr unsere beiden Genossen dem Ortsschulvorstand von Straßburg angehören. Die MannheimerBolksstimme"(Nr. 42) ist bemüht, dem Vorwärts" einen zuverlässigen Berichterstatter für badische An- gelegenheiteg zu empfebleu. Dia Splitterrichter«, unseres Mann- heimer Parteiorgans über etwaige nebensächliche Unrichtigkeiten in.,Vor!varts"-Korrcspondenzcn aus Pforzheim hat nun einen gründlichen Hereinfall erlebt. DieVolksstimme" bestritt, daß der Ausspruch K o I b s über die Kandidatur Gecks in der Pforzhcimer Parteiversammlung bestätigt wurde; sie sei aus der Luft ge-, griffen, wie Kolb nochmals imVolksfreund" ausdrücklich wieder- holt habe. Nun enthält die Nummer desVolksfreund" und der Pforz- heimerFr. Presse" am Donnerstag eine Erklärung des Psorz- heimer Genossen Gustav Herb, der mit mehreren dortigen Ge- nassen in der Parteikonferenz zu Klcinsteinbach anwesend war und die in der Generalversammlung zu Pforzheim wiedergegebene Aeußerung Kolbs bestätigt. Infolge dieser authentischen Feststellung gibt nun Genosse Kolb seinen ausweichenden Standpunkt auf und erklärt: Daß außer dem Genossen Müller noch andere Pforz- heimer Genossen auf der Konserenz in Kleinsteinbach waren, wußte ich nicht. Auch der Vorsitzende hatte, wie er mir be- stätigt, davon keine Kenntnis. Daß ich privatim geäußert habe, ich werde es mir überlegen, ob ich mit Geck noch einmal kandidiere, ist nach Lage der Verhältnisse möglich. Es ist aber allgemein übliche Sitte, Privat gespräche als solche zu be- trachten und zu behandeln. Wohin sollte es auch führen, wenn jedes Privatgcspräch zu öffentlichen Aktionen mißbraucht würde? Es muß nicht am besten um eine Sache destellt sein, wenn man zu solchen Mitteln greifen muß, um Stimmung damit zu machen." Dieses Eingeständnis KolbS und die Art. wie er sich aus der Verlegenheit zu ziehen sucht, sind so charakteristisch, daß wir nichts hinzusetzen brauchen und unseren Pforzhcimcr Korrespondenten Unrecht täten, ihm wegen einiger kleiner Irrtümer, die ihm viel- leicht unterlaufen sein könnten, zu zürnen. Es ist uns auch be- greiflich, weshalb die beiden badischen Parteiblätter in Karlsruhe und Mannheim mit einer Berscrkerwut und mit einem Aufwand von Lärm und komischer Entrüstung auf die Enthüllungen aus Pforzheim stürzten. Jetzt, wo den Genossen Badens eine Auf- klärung mit Hilfe desVorwärts" zuteil werden konnte, entsteht bei derVolksstimine", die unseren Korrespondenten Waschweib schimpfte, Ruhebedürfnis. Uebrigens irrt sie, wenn sie meint, der Vorwärts" habe die Ruhe in der badischen Partei gestört. Sie war schon gestört, ehe wir die Dinge beim richtigen Namen nannten. Der Wahlverein Vorwärts in Offenburg wählte am Sonntag die Delegierten zum badischen Parteitage und stimmte dem An- trage Kehl zu, welcher fordert, daß zum LandtagSreferat des Ge­nossen Kolb ein Korreferent aus dem nichtrevisionistischen Lager bestellt wird._ Hu9 Induftne und Handel Die Lage am deutschen Arbeitsmarkt hat sich wieder verschlechtert. Der Andrang von Dezember auf Januar ist weniger zurückgegangen als in der ent- sprechenden Zeit des Vorjahres. Nach den vorläufigen Angaben der öffantlichen Arbeitsnachweise kamen auf je 100 offene Stellen im Januar 133.64 Arbeitsuchende gegen 195,20 im Dezember. während im Vorjahr der Andrang von 162,63 im Dezember 1907 auf 148,44 im Januar 1908 zurückgegangen war. Damals betrug die Abnahme des Andranges 14,19, in diesem Jahre beträgt sie 11,56. Die Verschlechterung gegenüber dem Borjahre stellt sich im Januar noch auf 85,20; sie hatte im Dezember 32,57 betragen. Die Zunahme der Spannung ist sowohl durch die Bewegung am Arbeitsmarkt für männliche als an dem für weibliche veranlaßt. Trugen zu der Ver- stärkung des Andranges männlicher Arbeiter in erster Linie viel die Verhältnisse im Bergbau bei, so sind an der Steige- rung des Andranges von Arbeiterinnen zum Teil die umfangreichen Entlassungen schuld, die da? schlechte Weihnachtsgeschäft vor allem im Handelsgewerbe zur Folge hatte. Die Lage im Bergbau erfuhr eine ganz offensichtliche Verschlechterung. Arbeitercntlassungen und Feierschichten nahmen immer größeren Umfang an, außerdem verschlechterten sich auch die Arbeitsbedingungen durch Lohnreduktioncn wesentlich. Durch den Ueberfluß an Arbeitern, eigentlichen Bergarbeitern sowie Hilfsarbeitern, der sich im Bergbau herausbildete, kam die leichte Belebung der Nachfrage in der Roh- eisenindustrie nicht zur Geltung. Die Besserung der BeschSstigungs- gelegenheit in der R o h e i s e n i n d u st r i e, die im Januar eintrat, beschränkte sich in der Hauptsache auch nur darauf, daß die starken ProduktionSeinschränkungen, die im Dezember bestanden, etwas ver- mindert wurden. Auch in der Halbzeugindustrie machte sich die gleiche Erscheinung bemerkbar. In einer noch recht unbefriedigenden Situation befanden sich die verschiedcnenZwcige der weitervcrarbeitenden Industrie; speziell in der Maschineninduswie und in den vom Bau- gewerbe abhängigen Zweigen ging die Beschäftigungsgelegenheit im Januar fast noch weiter zurück. Ein großer Teil der immer noch bestehenden Ungunst am Arbeitsmarkte ist überhaupt darauf zurück- zuführen, daß die Bautätigkeit wie seit langen Jahren nicht mehr stockt. Das intensive Frostwetter trug erst recht dazu bei, die Arbeitsgelegenheit im Baugewerbe bis auf ein Minimum zu be- schränken. Unter den Bauarbeitern bestand daher eine empfindliche Arbeitslosigkeit. Auch die Arbeitsgelegenheit im Holzgewerbe sowie in der Industrie der Steine und Erden, vornehmlich im Zementgewerbe, war äußerst unzureichend. Die leichte Erholung, die sich Ende des letzten Jahres im Holzgewerbe anzubahnen schien, ist durch das vollständige Daniederliegen der Bautätigkeit in diesem Winter wieder unterbrochen worden. Weitere Fortschritte machte im Januar die Belebung, die sich bereits im Dezember in der T e x t i l- i n d u st r i e gezeigt hatte. Die Börse hat eine kurze Zeit in Hoffnungen geschwelgt. Man sah bessere Zeiten kommen. Die Kurse der Papiere stiege». Aber es handelte sich nur um erzeugte Stimmung. Die Hausse war nicht in den inneren Marktvcrhältnissen begründet. Und es ist mit ziem- lich plumpen Mitteln gearbeitet worden. Obioohl schon tn der Vor- Woche im Kohlengebiet Feierschichten und Kündigungen an der Tages» ordnung waren, vcräffentlickt« derBörsen-Eonrier" noch in den letzten Tagen der vergangenen Woche eine Reihe Zuschriften von Grubenverwaltmigen. die durchweg erklärten, daß Entlassungen nicht vorgenommen seien und voraussichtlich sich auch nicht als notivendig erweisen würden. Die Redaktion hat da wohl ein merkwürdiges Glück gebabt, indem sie mit ihrer Anfrage zufällig nur an solche Verwaltungen geriet, die wegen besonderer Umstände jene Maßnahmen Feierschichten, Kündigungen noch nicht getroffen hatten. Die Publikationen konnten ober die Reaktion an der Börse nicht verhindern. Und flugS hatten auch die Redakteure desB-C." den richtigen Blick für die Marktlage gefunden. Schon am Sonnabend ließ sich da» Blatt aus Essen eine Information zugehen, in der eS heißt: Zu den verschiedenen Meldungen über umfangreiche Berg- arbeiterentlaflinigen bei de» Ruhrzeckien wird uns von niaßgebender Seite mitgeteilt, daß in Anbetracht der ungünstigen Marktlage die Belegschaften den«bsatzverhältnissen angepaßt werden mußten. Die bisher allwöchentlich eingelegten Feierschichten haben Un- znträglichkeiten gebracht und außerdem lassen sich weitere Vorräte ohne erhebliche Nachteile nicht ansammeln. S»S diesen Gründe» werden die Zechen»ach und nach die überzähligen Arbeiter ab« legen; und es ist dem ersten Teile in diesen Tagen nahegelegt worden, am 15. d. M. zum MonatSschluß zu kündigen. Nach derKöln . Ztg." ist für das Frühjahr(!) mit einer noch umfangreicheren Verminderung der Belegschaften zu rechnen. Das Blatt sagt, die Reduzierung mjiffe.bedeutend� sein. Die Zeche Friedrich der Große m Herne gab bereits»00 Arbeitem den Rat, sich nach anderer Arbeit untzuiehen, da ihnen sonst gekündigt werde» müsse. Auch auf anderen Zechen wird die Arbeiterzahl verringert. Teilweise scheint es sich bei den letzten Meldungen um bewußte Schwarzmalereien zu handeln, mit dem Zweck, die Regierung zu veranlassen, dem Kohlensyndikat durch Tarifreform" die englische Konkurrenz vom Halse zu halten. Das wird verlangt, damit die Kohlenbarone nicht gezwungen werden, die Preise herabzusetzen. Zu den alten Rücksichtslosigkeiten eine neue: Arbeiter werden aufs Pflaster geworfen, damit die Regierung die Preispolitik des Syndikats zu unterstützen sich veranlassen sehen soll. Große Berliner Straßenbahn. Nach dem Geschäftsbericht pro 1908 betrugen die Gesamt« einnahmen aus dem Betriebe 38 496 352 M. gegen 36 592 440 M., denen 21 569 950 M. gegen 20 255 066 M. Ausgaben gegenüber­standen. Mit 23 204 M.<22 730) Vortrag und 547 018 M.<558 440) Ztnseneinnahine ergibt sich ein Gesamtbrultogewinn von 16 926 402 Mark gegen 16 337 374 M. Der Reingewinn stellt sich mit 9 946 673 M. gegen 9 890 009 M. etwas höher als im Vor- jähre. Die Abschreibungen auf den Gesaintbahnkörpcr. die Grundstücke. Gebäude und Wagen belaufen sich auf 1400 009 M. gegen 1350 000 M. Die Gemeinden erhalten an vertragsmäßigen Abgaben 2 650 747 M.<2561 207). Die Dividende von 8V4 Proz. <3 Proz.) erfordert 8 256 798 M.<3 006 592). Dem Aufsichtsrate werden 271 200 M.<243 802) gewährt, auf neue Rechnung werden vorgetragen 33 t76 M.<23 204). die Stadt Berlin erhält als Anteil 889 325 M.(629 622). Dem Reservefonds(i. V. 493 393) wird dies- mal, da er die Höhe von 10 Proz. des Aktienkapitals erreicht hat, nichts mehr überwiesen._ Hus der Frauenbewegung. Die Arbeiterinnen«nd daS Parlament. Zur Frage des Parlamentskonflikts nehmen unsere österreichische» Genossinnen Stellung. In einem Aufruf, den das österreichische Reichssrauenkomitee erläßt, heißt es unter anderem: In jenen großen Tagen de? siegreichen KanipfeS der öster- reichifchcn Arbeiterschaft um das allgemeine geheime mid gleiche Wahlrecht, da haben auch die Arbeiterinnen milgekänipft und mit- gearbeitet. Auch sie haben ihr Blut dafür geopfert, auch sie mit bangender Hoffnung und ernster Sorge an dem Werke gebaut. Die Arbeiteriimen wußten, daß sie kein Wahlrecht erhalten werden, und sie erklärten selbst gern zu verzichten, um nicht da§ Wahlrecht der Männer zu verzögern. Noch niemals haben die Arbeiterinnen so heiß und leidenschaftlich mitgekämpft, wie damals. Mit ernstester Entschloffenheit haben sie den Generalstreik vorbereitet. Nicht nur unsere tapferen, erprobten Genossinnen haben damals den Männern die Hände gereicht, viele Frauen und Mädchen wurden in diesem Kampfe gewonnen. Alle haben tapfer und selbstlos mitgekämpft. Wie ein FrühlingZfturm brauste es durch die Lande, jeder wollte seine ganze Kraft einsetzen, um den Sieg zu erringen. Und nun hat feige, verräterische Tücke, die jeder Verantwortung baren Parteien des nationalen Chauvinismus und die Unfähigkeit der Negierung das Parlament geschändet. Die Frauen wissen, ein starke?, arbeitsfähiges Parlament kann ihre Wünsche erfüllen. Ohne demokratisches Parlament werden nicht jene Paragraphen fallen, die die Frauen von der Teilnahme an den politischen Vereinen ausschließen. Noch schwerere Sorgen drücken die Frauen! Wie oll der Lebensmittelteuerung gesteuert werden, die daS Leben 0 schwer machen, wo soll Brot und Arbeit erkämpft werden, wenn die einzige Tribüne, von der die Unterdrückten reden und die Regierung beeinflussen können, versperrt ist? Noch weiterhin sollen die Mütter sehen, wie ihre Kinder sterben müssen, weil ihnen und den Kleinen jeder Schutz fehlt. In vielen Staaten sehen wir, wie den Frauen durch die Erweiterung des Mutterschutzes geholfen wird, hier geschieht nichts, weil man sich über die nationalen Fragen nicht einigen kann. Nicht einmal die bescheidenen Vorteile der Witwen- und Waisenversorgung sollen geboten werden, die daS Gesetz über die Sozialversicherung enthält. Darauf müsse» auch die Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen antworten! Nicht nur in den Versammlungen, nicht nur bei den Demonstrationen sondern auch durch Agitation. Der neue Kampf um das Parlament der Demokratie,'den das Pro- letariat Oesterreichs führen muß. soll die Frauen zu neuer Pro- paganda bereit finden. Die Zahl der zielklaren, politisch aufgeklärten Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen soll sich vergrößern. Das der Frauen Antwort I Die Frauen werden mit ganzer Kraft für das Parlament eintreten. 6encbt9-Zeltung. DaS Ende des Sivcrs-ProzcsscS. Bekanntlich schwebt seit nunmehr drei Jahren ein Beleidiguitgs» Prozeß des L a n d r a t s v. S i v e r s auf Römershof in Livland gegen unseren Verantwortlichen Redakteur Hans Weber. Die Beleidigungsklage des Herrn v. Sivers stützt sich auf einen Artikel desVorwärts" vom 11. Februar 1906. Der Artikel schilderte die Greueltaten, welche von baltischen Junkern gegen russische Revolutionäre verübt worden sind. Unter anderem hieß es in dem Artikel, daß verschiedene der baltischen Junker Brandstiftungen auf ihren Gütern ver- anlaßten, um die Versicherungssumme zu erhalten und außerdem noch die Revolutionäre als Brandstifter hinstellen zu können. Ver- schiedene Gutsbesitzer, die in solcher Weise Brandstiftungen veranlaßt haben, wurden genannt, darunter auch der Name v. Sievers(mit e geschrieben). Der Landrat v. SiverS auf Römershof bei Riga schreibt zwar seinen Namen ohne e, er bezog aber trotzdem die Angabe des Vorwärts" auf sich und ließ durch Justizrat Wagner eine Be- leidigungskloge gegen Weber erheben. So oft diese Klage vor Gericht verhandelt wurde, erklärte Weber, daß der Kläger mit den Angaben desVorwärts" gar nicht gemeint sei. Diese bezögen sich vielmehr ans einen anderen. mite" geschriebenen Herin V. Sievers, dessen Persönlichkeit auch näher bezeichnet wurde. Es ist auch durch das Zeugnis des Ver- sasserS des fraglichen Artikel», eines in Amerika lebenden russischen Flüchtlings festgestellt worden, daß nicht der klagende Herr v. SiverS < ohne e). sondern ein bestimmt bezeichneter anderer v. Gievers'<mit e) gemeint war. Trotzdem hat daS Schöffengericht den Ge- nossen Weber zu einer Geldstrafe von 100 Mark verurteilt und das L a n d g e r i ch t I hat die dagegen eingelegte Berufung verworfen. Beide Instanzen stellten sich auf den Standpunkt. daß sich jeder Herr v. SiverS in Livlond. sowohl mite" wie ohnee" geschrieben, durch den Artikel beleidigt fühlen könne. Mit dieser Möglichkeit habe der Beklagte rechnen müssen, obgleich anzu­nehmen sei, daß er den Kläger nicht gemeint habe. Die Revision, welche Weber gegen das Urteil deS Land- gerichtS einlegte, hatte Erfolg. DaS K a m m e r g e r i ch t hob das Urteil der Vorinstanz auf mit der Begründung: Nach den Feststellungen deS Berufungsgerichts sei der Kläger nicht gemeint, aber deshalb könne der Beklagte noch nicht freigesprochen werden. Es müsse vielmehr festgestellt werden, ob er sich bewußt war, daß durch de» Artikel jeder Gutsbesitzer v. SiverS, ob nnte" oder ohnee" geschrieben, dessen Gutsgebände abbrannten, geiroffei» werde» konnte. Da« Kammergericht hatte die Sache zur nochmaligen Verhandlung dem Landgericht lll zugewiesen. Jnfvlgedessen hatte sich gestern die vierte Strafkammer des Landgerichts III mit der Angelegenheit zu befassen. Auf Anregung des Vorsitzenden erklärte sich Justizrat Wagner als Vertreter de» Kläger ? zu einem Vergleiche bereit, weiin der Beklagte die Ecklämug abgebe, daß der Kläger mit dem Artikel nicht gemeint sei. Weber und sein Verteidiger, Rechts� an w alt Theodor Liebknecht , bemerkten dazu, daß sie in jedem Termin ihre Bereitwilligkeit zur Abgabe einer solchen Er- klärung bekundet hätten und auch heute noch bereit seien, die gewünschte Erklärung abzugeben. In den früheren Terminen scheiterte der Vergleich aber daran, daß der Vertreter des Klägers sich nicht mit der Erkiäruna begnügt�