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Nr. 40. 26. Jahrgang.

Reichstag  .

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt.

208. Sigung vom Dienstag, den 16. februar,

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nachmittags 2 Uhr.

Abg. Stolle( S03.):

Mittwoch, 17. februar 1909.

Eisenbahnverwaltung als ein großer sozialpolitischer Fortschritt. Preußen sucht in Bahn wie in Finanz- und Aber eine Dienstdauer von 14 bis 15 Stunden scheint ihr nichts sonstigen Fragen bas Reich förmlich tv eg Bedenkliches zu haben, während doch zweifellos solche Arbeitszeiten zu estamotieren.( 3uftimmung links.) Unter diesen Umständen viel zu lang find.( Sehr wahr! bei den Sozialdemokrateu.) muß man das Reichseisenbahnamt, troß seiner jetzigen Machtlosigkeit, Nicht nur die lange Dienstzeit ist gefährlich für die Verkehrs- als Handhabe beibehalten, un im geeigneten Moment die auf dent ficherheit, sondern auch Papier stehende Bahnhoheit des Reiches in die Wirklichkeit zu über­das schroffe Verhältnis, fegen.( Lebhafter Beifall links.)

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Am Bundesratstische: Dr. Schulz. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Be- das zwischen Vorgesezten und untergebenen herrscht. Präsident des Reichseisenbahnamtes Schulz bestreitet, daß das ratung des Sehr häufig werden den Leuten Vorwürfe wegen mangelnden Dienst- Reichseisenbahnamt sich in Abhängigkeit von dem preußischen Etats für das Reichseisenbahnamt. interesses gemacht. Ein Lokomotivführer, der einen Zug eine Steigung Ministerium der öffentlichen Arbeiten befindet. Dagegen stehen beide hinaufbringen wollte und dazu die Sandstreuer in Bewegung fepte, Behörden in ganz ausgezeichneten Beziehungen. hatte infolgedessen einige Minuten Verspätung. Die Folge war ein Abg. Edler Gans zu Putlit( f.) wendet sich gegen die Zentrums­Nach der Verfassung hat das Reichseisenbahnamt die Verkehrs- Protokoll und ein Verweis wegen Mangels an Dienstinteresse". resolution auf anderweitige Organisation des Reichseisenbahamts. ficherheit auf den deutschen   Bahnen zu überwachen. Daß unserem Ein anderer Lokomotivführer, der, durch diese Erfahrung gewißigt, Die diesem Amt durch das Reichsgesetz von 1873 zugewiesenen Auf­Eisenbahnwesen Mängel anhaften, kann nicht bestritten werden. Das einige Zeit später einen Zug dieselbe Strecke hinaufzubringen hatte, gaben sind von ihm in durchaus befriedigender Weise erfüllt worden. beweist z. B. die Verfügung der Kölnischen Eisenbahndirektion: wollte ohne Sandstreuer auskommen. Er blieb stecken und ver- Die Klagen der der preußisch- hessischen Eisenbahngemeinschaft " Bei den gerichtlichen Untersuchungen von Betriebsunfällen find spätete sich daher ebenfalls; auch hier war die Folge ein Protokoll nicht angeschlossenen Bahnverwaltungen find begreiflich; aber gerade wiederholt bon den als Zeugen geladenen Eisenbahnbediensteten und Verweis Ivegen Mangels an Dienstinteresse". Der an diesen Staaten ist die Uebernahme der Eisenbahnen durch das Unregelmäßigkeiten zur Sprache gebracht worden, die von ihnen artige Vorkommnisse müssen ja den Beamten jede Freudigkeit Reich gescheitert.( Hört! hört! rechts.)- Der Reichstag   ist nicht weder vorher der vorgefeßten Dienststelle gemeldet, noch bei der an ihrem Dienste nehmen.( Sehr wahr! bei den Sozial- berechtigt und nicht imstande, Einzelheiten wie Bureauzeit der eisenbahnamtlichen Untersuchung angegeben worden waren. Auf die demokraten.) Noch eine andere Sache muß hier zur Sprache Beamten usw. schematisch zu regeln.( Beifall rechts.) Frage des Richters, weshalb fie jene Unregelmäßigkeiten nicht der gebracht werden. Wie steht es mit den Eisenbahnarbeitern Abg. Carstens( frf. Bp.) betont die Existenznotwendigkeit des Eisenbahnbehörde gemeldet hätten, erwiderten die Zeugen, der in den Werkstätten? Es handelt sich hier um mehr als Reichseife. hnamts und bittet um Auskunft darüber, ob, soweit artige Anzeigen wären ihren Vorgesezten nicht 300 000 Arbeiter, die den Bestimmungen der Gewerbeordnung die Lohnverhältnisse Einfluß auf die Betriebssicherheit haben, das Reichs­erwünscht."( Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Ich nicht unterworfen sind. Bis zum Jahre 1905 wurden die Be- eisenbahnamt auf die Lohnverhältnisse Einfluß üben könne. Redner frage den Vertreter des Reichseisenbahnamtes, ob dieser Erlaß ſtimmungen der Gewerbeordnung allgemein und auch von den tabelt die Verwendung von Viehwagen als Wagen 3. und 4. Klasse der königl. Eisenbahndirektion in Köln   ihm bekannt ist, ob Eisenbahnverwaltungen, für die in den Werkstätten und Kraft im Direktionsbezirk Altona  . Die Direktion hat auf erhobene Be­er nach den Ursachen gefragt hat, die die Beamten veranlassen stellen der Eisenbahnunternehmungen beschäftigten Arbeiter als schwerde diese Verwendung ausdrücklich gebilligt.( Hört! hört! rechts.) fönnen, selbst dem Richter gegenüber die Wahrheit zu verschweigen. rechtsverbindlich anerkannt. Aber durch Ministerialerlaß vomit es recht und billig, die kleinen Leute, die des Sonntags ihre Ausflüge In den Kreifen der Eisenbahner wird gesagt, daß die Leute, welche 18. Februar 1905 ist für die Arbeiter im Dienste der machen, in solche Wagen hineinzupferchen? Redner verbreitet sich die Wahrheit bekennen und derartige Meldungen machen, eine preußisch- hessischen Eisenbahnverwaltungen bestimmt, daß sie sodann sehr ausführlich über den miserablen Bahnhof von Elmshorn  fchroffe Behandlung durch ihre Vorgesetzten erfahren. Wenn nicht als gewerbliche Arbeiter im Sinne der Ge­( Holstein). das in der Tat der Fall sein sollte, so wäre es eine Aufgabe des werbeordnung anzusehen seien, und somit ihre Be- Präsident Schulz betont erneut, daß das Reichseifenbahnamt Reichseisenbahnamtes, mit aller Straft einzugreifen und für Abhilfe ſtimmungen auf sie teine Anwendung finden. Dem nur bei vorliegender Gefährdung der Betriebssicherheit sich in Ver­zu sorgen. Ein Kommandoton, wie er in der Kaserne üblich ist, preußischen Beispiel folgte dann auch Sachsen  . Damit ist den mehr waltungsmaßnahmen der einzelstaatlichen Bahnverwaltungen ein­ist jedenfalls auf der Eisenbahn nicht angebracht.( Lebhafte Bus als 300 000 Eisenbahnarbeitern das Koalitionsrecht genommen. Und mischen könne, und beteuert feine völlige Machtlosigkeit gegenüber stimmung bei den Sozialdemokraten.) ebenso ist ihnen vollständig die Möglichkeit genommen, dem beklagenswerten Bahnhof von Elmshorn  , dessen sich jedoch wohl Eine ziveite Frage, die ich zur Sprache bringen will, betrifft sich an die Gewerbegerichte zu wenden. Eine einzige die preußische Eisenbahnverwaltung erbarmen werde. die Bremshäuschen der Güterwagen. Für die Bugschaffner und Eisenbahnverwaltung in Deutschland   macht eine rühmliche Ausnahme, Abg. Storz( füdd. Vp.) meint, das Reichseisenbahnamt sei gar Hilfszugschaffner ersetzt das Bremserhäuschen den Ofen, und wo es die des Königreichs Württemberg. Dort ist ausdrücklich an- nicht so machtlos, wenn der Reichstag   ihm nur den Rücken stärken fehlt, treten die Folgen auf, unter denen die Menschen zu leiden erkannt worden, daß die Eisenbahnwerkstätten, Gasanstalten usw. würde. Redner spricht fich für die Kommissionsresolution auf ver­haben, die den Unbilden der Witterung und Zugluft schußlos aus unter der Gewerbeordnung stehen. Wenn das in Württemberg mög- mehrte Sparsamfeit aus und bedauert, daß Konservative und gesetzt sind. Deshalb waren die ersten Klagen der Eisenbahner auch lich ist, warum soll das nicht auch in den anderen deutschen   Staaten Nationalliberale sie ablehnen. Manches, tvas Herr Erzberger  , nicht gegen zu lange Arbeitszeit und geringen Lohn, sondern gegen gehen.( Sehr richtig! b. d. Soz.) Der Präsident des Reichseisen- über Zeitverschwendung in den Bureaus sagte, war berechtigt. Wan die unbedeckten Bremsen gerichtet. Nun ist am 25. November bahnamts hat alle Veranlassung, hier einzugreifen. Solange das darf aber nicht unbillig verallgemeinern. Gewiß überspannen die vorigen Jahres eine Verfügung erlassen, wonach Ber  - nicht geschieht. tönnen Sie nicht darauf rechnen, daß unter den Beamten manchmal ihre Forderungen über das berechtigte Maß besserungen an den Bremshäusern anzubringen sind, sofern Mehr- Arbeitern und Angestellten der Eisenbahnen Arbeitsfreudigkeit vor- hinaus; man soll aber gerecht sein und nicht vergessen, daß oftmals fosten dadurch nicht entstehen". Das ist ein sehr merkwürdiger Er- handen ist. Das liegt aber im Jutereffe aller Streise der Bevölkerung. gerade Abgeordnete in Beamtenversammlungen agitatorisch auftreten laz. Alle möglichen Einrichtungen, um die Gefundheit der Menschen Der Reichstag   sollte endlich einmal den Präsidenten des Reichseifen und für sich oder ihre Partei Stimmung machen.- Redner zu schützen, sollen getroffen werden, sofern es keine Kosten ber- bahnamts dazu drängen, energisch Wandel zu schaffen.( Bravo  ! tlagt sehr ausführlich und unter Aufzählung zahlreicher Einzelfälle ursacht. Eine solche Spartheorie ist verwerflich, solche b. d. Soz.) über die Benachteiligung Württembergs durch die preußisch- hessischen Zustände sind himmelschreiend und bedürfen der Ab­Präsident des Reichseisenbahnamtes Schulz: Jch erinnere mich und die bayrischen Staatsbahnen und wirft Bayern   rücksichtslosen hilfe.( Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Weiter muß ich be- dunkel, von einer Verfügung der Kgl. Eisenbahnverwaltung gelesen Bartikularismus vor. tonen, daß zu haben, wonach Anzeigen über Mängel feitens von Beamten nicht Abg. Dr. Pichler( 3tr.): In der Budgetkommission ist die Neso­die Betriebssicherheit auf den deutschen   Bahnen erwünscht seien. Bald darauf las ich ein Dementi: Ich habe lution, welche eine Verbilligung der Verwaltungskosten des nicht größer, die Zahl der Unfälle nicht geringer mich um die Sache nicht weiter gefümmert; ich Reichseisenbahnamts verlangt, einstimmig angenommen( zurufe bei geworden ist. In den Jahren von 1901 bis 1907 ist halte eine solche Verfügung einfach für unmöglich. den Nationalliberalen und im Zentrum: Nein!); doch in der Kom die Zahl der Unfälle sowohl auf den Stationen als Die offenen Bremserfize sollen allmählich ganz beseitigt werden, mission haben alle Mitglieder dafür gestimmt; um so bedauerlicher außerhalb derselben erheblich gestiegen. Man behauptet freilich, das neue Wagen mit solchen offenen Bremserfigen werden nicht gebaut. ist es, daß die Konservativen und Nationalliberalen jezt nicht dafür sei eine Folge der Vergrößerung des Betriebes. Aber auch, wenn Weiter behauptete Herr Stolle, die Betriebssicherheit auf den deutschen stimmen wollen. Eine Vereinfachung des Reichseisenbahnamtes wvir die Unfallzahlen auf die Betriebsfilometer berechnen, ergibt sich Bahnen sei nicht gestiegen. Das ist aber nicht richtig. Man darf ist sehr wohl möglich, da das Amt seit der Berstaatlichung von 1901 bis 1907 eine regelmäßige und andauernde nicht, wie er getan, die absoluten Zahlen zugrunde legen, sondern der Eisenbahnen nicht entfernt mehr die Bedeutung hat wie früher Steigerung von Jahr zu Jahr. Im Jahre 1901 entfielen muß auch die Betriebsleistung betrachten. Im Jahre 1881 hatten gegenüber den Privatbahnen. Die turze Dienstzeit der Beamten auf 100 Kilometer durchschnittliche Betriebslänge 5,42 Unfälle, im wir auf 10 Millionen Betriebskilometer 33 Zuſammenstöße und im Reichseisenbahnamt inuß erbitternd auf alle anderen Kategorien Jahre 1907 7,42.( Sört! hört! bei den Soz.) Das Reichseisenbahn- Entgleisungen, im Jahre 1907 nur 10,8, und entsprechend haben wir von Beamten wirken. Wenn so wenig Arbeit notwendig ist, soll die amt muß nachforschen, aus welchen Gründen die Zahl der Unfälle auch ein Sinten aller auderen Unfälle zu verzeichnen. Sie können Zahl der Beamten vermindert werden.( Zustimmung im Zentrum.)- steigt, anstatt daß eine Verminderung eintritt, wie wir gehofft überzeugt sein, daß wir alles tun, um die Betriebssicherheit zu Herr Wetzel hat gestern und Herr Storz hat heute über den haben. Vor allem ist da nach der Dauer der Arbeitszeit steigern. Bartitularismus geflagt. Ich will Ihnen verraten, daß der der Arbeiter und Angestellten zu fragen. Im Herbst 1898 hatten eine Abg. Schrader( frf. Vg.)( zunächst sehr schwer verständlich) regt Anstoß zur Güterwagengemeinschaft von Bayern   ausgegangen Arbeitszeit bis zu acht Stunden 34 732 Personent, im Herbst 1908 an, das Bureaupersonal des Reichseisenbahnamts zu verringern, ist. Für sie ist auch ein wirtschaftliches Bedürfnis vor­44 983 Personen, eine Arbeitszeit von acht bis neun Stunden hatten mindestens aber in eine Prüfung diefer Frage einzutreten. Die Be- handen, für eine Reichseisenbahngemeinschaft dagegen nicht. 38 550 resp. 78 166. Aber auch Arbeitszeit zwischen elf und zwölf fugnisse des Reichseisenbahnamtes sind sehr beschränkt. Es ist Den Idealismus der Württemberger brauchte Herr Storz nicht so Stunden hatten noch 63 340 Arbeiter, bis zu 13 noch 12 377, bis zu gegenüber den preußischen und anderen einzelstaatlichen Bahn hervorzuheben, bei dem Abkommen über die Einführung der Reichs­14 Stunden noch 7052 und bis zu 15 Stunden 3745 Arbeiter. Eine verwaltungen so gut wie machtlos. Das ist um so bedauerlicher, postmarken hat sich der Idealismus sehr wohl bezahlt gemacht, Arbeitsdauer über 16 Stunden, die im Herbst 1898 noch 2295 Arbeiter als bei den Staatsbahnen nicht verkehrspolitische, sondern fistalische Württemberg hat ein sehr gutes Geschäft gemacht.( Entrüftete Zu­hatten, gab es im Herbst 1908 nicht mehr. Und das erscheint der Gesichtspunkte im Vordergrunde stehen.( Sehr richtig! links.) rufe des Abg. Storz.) Ueber die Dresdener   Uraufführung und über die Zusammensetzung des Gewappelten bestehenden sehr zahlungsfähigen Bublifums( 20 Mart Orchesters ist hier bereits berichtet worden; bleibt noch ein Wort zu sagen Parkettsiz) war sicherlich von den gehäuften Dissonanzen, Greueln, über die Berliner   Erstaufführung, die am Montag im fgl. Opernden harmonischen Brutalitäten, die Strauß zur Illustrierung des hause stattfand. durch Hofmannsthal   ins Hysterische verzerrten Atriden Dramas

Kleines feuilleton.

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Bleibt das Aufgebot der 111 Orchesterspieler; und um dieses ist es ja dem Komponisten am meisten zu tun. Daß er auch noch das moderne Orchester erweitert; daß er die Streicher nicht in fünf, sondern in neun Stimmen teilt; daß er mit acht Klarinett­instrumenten tommt, wo andere schon mit drei solchen viel zuwege bringen und dergleichen, das ist an sich eine ganz berechtigte, gut fachtüchtige Leistung. Fragt sich nur, wie sie verwendet wird!

Man denke an die naturschildernde, onomatopoetische" Straft der Wortsprache, an ihre Fähigkeit, ein Knarren und Glitschen und Quitschen und all solche Naturlaute anschaulich zu bezeichnen. Dann dente man sich diese Kunst ins Musikalische übertragen und hat nun eine Ahnung davon, wie hier fieben Viertel Stunden tang nieder­faufende und ausgegrabene Beile sich auswirken.

Humor und Satire. Konzession.

m.

Das Polizeipräsidium hat einem jungen Berliner   offiziell die Erlaubnis erteilt, fortan Frauenkleider zu tragen. Der junge Mann hatte so ausgesprochen weibliche Gesichtszüge und weibliche Bewegungen, daß er wiederholt von Schußleuten sistiert wurde, weil fie in ihm ein verkleidetes Mädchen vermuteten.

Der Magistrat von Köpenick   hat einem jungen Berliner  offiziell die Erlaubnis erteilt, fortan Offiziersuniform zu tragen. Der junge Mann hatte so ausgesprochen aristokratische Ge­fichtszüge und Manieren, daß er wiederholt von Schußleuten sistiert wurde, weil sie in ihm einen verkleideten Hauptmann" vermuteten.

Ein italienischer Hans Sachs  . In Chieti  , der schönen So ungünstig der große und nicht besonders akustische Raum gebraucht hat, start abgestoßen. Man machte aber nur privatim Abruzzenstadt, wurde jüngst eine neue Provinzialbibliothek der Deffentlichkeit übergeben. In einem besonderen Raume dieser unseres Opernhauses ist, so leistungsfähig sind doch selbst für ihn von seiner Meinung Gebrauch, denn die herrschende Münchener  Bibliothek befinden sich ein Schusterschemel, Stiefelleisten, Ahlen   unsere Gesangskräfte. Aber auch fie müssen unterliegen, wenn Strauß- Clique ist mächtig und gefährlich. Das eine Gefühl batte und geistig übertönt. Damit wohl jeder: bis hierher und nicht weiter, oder die Anarchie und und andere Gegenstände, die die Ausstattung einer Schusterwerf. fie das Orchester materiell möge jeder rechnen, der eine folche Aufführung hören Zuchtlosigkeit in der deutschen   Oper blamiert uns in der Kunst­statt bilden. Fragt man, was diese merkwürdige Sammlung in will. Wer den Tert und wohl auch den Musikführer nicht geschichte. Aber zum Glück kann dem Alleingeher Strauß niemand einer Bibliothet zu tun hat, so erfährt man, daß die Gegenstände nahezu auswendig kann, versteht das Gesungene nur bruchstückweis. nachfolgen. Und troß aller Greuel stellenweise welche Größe, dem Abruzzendichter Domenico Stromei gehörten, der aus Tocco Wenn eine Stimme wie die unserer hochdramatischen" Frau welcher Schwung, welche wuchtige Gewalt in der Elektra"-Musik! da Casauria stammte und in seiner elender Schuhflickerstube den laichinger in der Titelrolle schließlich nur mehr mit den hohen Namentlich in der mänadischen Tanzfzene, die Zdenka Faßbender  Besuch der Muse empfing. Literarhistoriker haben Domenico Stromei einen der größten Lyrifer Italiens   genannt. Und dieser Trompeten um die Bette schreien und mit den verschiedenen tieferen überwältigend darstellte, während sie den ungeheuren stimmlichen Instrumenten der Oboen- und der Klarinetten- Familie um die Wette Anforderungen der Partie nicht genügen konnte. Mann, der die herrlichsten Gedichte schuf, mußte so lesen wir in gröhlen kann, wird eine gartere Stimme wie die von Frl. Rose der Rivista di Roma" bis an sein Lebensende in geradezu menschenunwürdiger Weise um färglichen Tagelohn bis spät in die( Chrysothemis) erst recht vergeblich ringen und wird auch die sonore Stimme von Frau Goetze( Slytämnestra) nur bei ruhigerem Nacht hinein fronen, weil ständig die graujame Not lauernd vor Orchester sich behaupten. seiner Tür stand. Stromei war einst als Schusterjunge nach Rom  gekommen; er hatte eigentlich Maler werden wollen, mußte aber, da er weder Geldmittel noch Protektion besaß, diesen Gedanken bald aufgeben und weiter mit Ahle, Pechdraht und Pfriem han tieren. Er hatte in der Heimat notdürftig buchstabieren gelernt; in Rom   lernte er autodidaktisch lesen, schreiben und Verse machen. Beim Schuhfliden verschlang er mit einer wahren Gier die Dichtungen Homers  , Tassos, Alfieris und Manzonis. Dantes " Göttliche Komödie  " warf er, da er sie zuerst nicht verstehen konnte, wütend auf die Erde, nahm sie aber bald reuevoll wieder auf und crgözte sich daran, indem er sie vom ersten bis zum letzten Bers auswendig lernte. Er nahm ein Weib, hatte Kinder und fah sich racch die Sorge für die Familie immer mehr an den Schuster schemel gefesselt. Seine Verse schrieb er auf Schuhsohlen, auf Aber Strauß scheint es auch billiger zu tun. Die noch junge Bapierstüdchen, auf Tische und Wände. Er wurde froß seiner Instrumentalerfindung einer Art Metallklavier, der Celesta", Niedrigkeit bald so berühmt, daß der Dichter Regaldi aus weiter kommt in seinem Orchester ebenfalls vor aber ad libitum bei Ferne nach Rom   eilte, um den poetischen Schuster zu besuchen. Raummangel". Bisher hatten wir geglaubt, das Wesen eines Die Polizei aber war der Ansicht, daß ein Schuster bei seinem Kunstschaffenden sei Unterordnung unter eine fünstlerische Not Leiften bleiben und nicht Verse, sondern Stiefel machen müsse: wendigkeit wenigstens feit Richard Wagner  . Richard II." fcheint fie ließ Stromei wegen einiger Gedichte, die ihr etwas zu stark eher die Kunst sich selbst unterzuordnen. Es sollte uns nicht politisch vorfamen, vor den Kadi zitieren, um ihm das Dichten wundern, wenn wir etwa hörten, daß er seine Elektra" behördlich untersagen zu lassen; der Hans Sachs   von Rom   er fleineren Theatern zu fleineren Orchesterbedingungen überließe oder widerte jedoch dem Polizeiminister: Und wenn Sie einen Galgen vielleicht seine Sinfonia domestica" mit emem Militärorchester aufstellen laffen- ich pfeife darauf und dichte doch!" Der Dichter aufführte. Wahres Künstlertum aber ist die Hingabe, mit der unsere starb am 3. Mai 1883." Hunger und Kälte haben ihn ge- Sänger und Spieler ihre Kräfte an ein Werk gesetzt haben, das wird auf einem Play von Montmartre   in diesem Jahre ein - Ein Denkmal für 2ouise Michel. In Paris  tötet," schreibt sein Biograph. Und wie das immer so geht: der seinen Platz in der Reihe der gekünfteltsten unter den Kuriositäten Monument von Louise Michel   errichtet werden. Es ist eine Schöpfung Mann, den man ruhig hatte verhungern lassen, wurde nach seinem findet, von denen die Musikgeschichte schon seit langem, je nach Mode, des Bildhauers Derré, die schon in der Herbstausstellung von 1905 Tode gefeiert wie ein Fürst, und sein Begräbnis gestaltete sich au zu erzählen weiß. zu ciner impofanten Volistundgebung; und jetzt hat man seinen durch ihre schlichte, ergreifende Schönheit Aufsehen erregt hat. Louise Schusterschemel sozusagen zum Range eines Altars erhoben. Elettra" in München  . In Abwesenheit des Komponisten, Michel, in ärmlicher Tracht, schlingt den linken Arm um ein der nur wenige Stunden von München   in seiner Villa in Garmisch   Proletariermädchen, das vertrauensvoll und zärtlich aufblickt. Aus weilte, ging am Sonntag die neue Sensationsoper Gleftra" in dem Greifengesicht Louisens spricht die unendliche Güte, die das Elektra in Berlin  . Richard Straußens, Elektra" wird Richard Straußens Baterstadt in Szene. Es war ein starter, un- Wesenszeichen der so viel geschmähten und verfolgten Revolutionärin wohl lange weiterleben als Beispiel zur Lehre von der mufifa- widersprochener Erfolg, der indes mehr dem suggestiv wirkenden war. Das Denkmal wird ein sinnvoller Schmuck des Proletarier­lischen Komposition und von der Orchesterkunft sowie als Zeugnis Ramen Strauß II. und der Darstellung zu gelten fchien als dem viertels werden, mit dessen Bewohnern Louise Michel   mit. Safür, wohin die virtuose Ausbildung von Geschicklichkeiten führt. Werke felbft. Die Mehrzahl des aus Musikfreunden, Snobs und gelitten, aber auch mitgefämpft hat.

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Musik.

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Das Provinzialschulkollegium hat dem Schlächtermeister Quietschte offiziell die Erlaubnis erteilt, fortan Kinder­fleider zu tragen. Der Mann hatte so ausgesprochen findliche Gefichtszüge und Manieren, daß er wiederholt von Schußleuten fistiert wurde, weil sie in ihm einen verkleideten Gymnasiasten" bermuteten.

Das Marineministerium hat einem jungen Berliner   offiziell die Erlaubnis erteilt, fortan Marine- uniform zu tragen. Der Senabe hatte einen Wasserkopf und wurde wiederholt von Schußleuten fiftiert, weil sie in ihm einen verkleideten Matrosen vermuteten. ( Lustige Blätter.")

Notizen.