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Nr. 62. 26. Jahrgang.

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5. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt

Unter falicher Flagge.

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Sonntag, 14. März 1909.

Familienangehörigen, also die Söhne und Töchter der Bauern, Kleinbauern, sondern selbst den Arbeitern, die jährlich ein Stalb, ausgeschieden sind; also standen 430 000 Selbständigen 622 000 Lohn- ein paar Ferkel, ein paar Hühner usw. verkaufen, das Uebergewicht arbeiter gegenüber. Vor allem aber ist es ein Märchen, was uns über den Großgrundbesit verschaffen. Er hat nichts davon gehört, Artur Schulz von dem sieghaften Bordringen der typischen land- daß die hohen Schweinepreise ein schwerer Schlag für die Klein­wirtschaftlichen Unternehmungsform in Süddeutschland , des" Fa- bauern und Bandarbeiter geworden sind, er weiß nicht, daß diese milienbetriebes" in die Großgüterdistrikte des Nordens und Ostens" Leute in der Regel Fleisch, Speck, selbst Brot taufen, und auf erzählt. diese Weise, wenn sie wirklich in der Lage sind, als Verkäufer von den hohen Lebensmittelpreisfen zu profitieren, als Konsumenten diesen Nußen wieder einbüßen.

So sieht es mit unserer Erkenntnis von Wirtschaft und Ar­beiterbewegung" bei Artur Schulz aus. Und dann kommt seine Erkenntnis vom Staat, aus der sich ergibt, Bahern sei kein reiner Klassenstaat", weil die bayerische Bureaukratie, die zum großen Teile aus dem Bauerntum hervorgehe( was eine funstdicke Auf­schneiderei ist), zweifellos befähigter ist, ihrer ideellen Aufgabe, die reinen Staatszwede wahrzunehmen und sie nötigenfalls auch gegen die Sonderinteressen der herrschenden Klasse zu verteidigen, nachzukommen". Wozu sich dann der Leser an Hand des neuesten Beispieles, der Maßregelung des Lehrers, Genossen Hofmann, einen Vers machen mag.

Dr. Artur Schulz meint an einer Stelle seiner Broschüre, die füddeutschen Sozialdemokraten feien heute noch nicht reif für eine Politit der Lebensmittelverteuerung. Das ist erfreulich, und wir nehmen an, daß fie niemals dafür reif werden. Daß aber die revisionistischen Tendenzen solche Früchte wie diese Broschüre zur Reife bringen, sollte die Anhänger dieser Richtung zum Nachdenken zwingen.

Preußische Rechnungsergebnisse.

Im Parteiverlage in München ist eine Broschüre von Artur Schulz*) erschienen, deren Zweck der Verfasser so bezeichnet: In den nachfolgenden Darlegungen soll der Verfuch ge­nacht werden, die von den süddeutschen Landesorganisationen Hier sind seine Ausführungen von schier unglaublicher Leicht uf und nach dem Nürnberger Parteitage erhobene Autonomie- fertigkeit und mir müssen mit einigen Worten darauf näher ein­prderung theoretisch zu begründen, d. h. es soll untersucht gehen. Er behauptet schlechtweg, das Schicksal des Großgutes als nerden, ob und wie sich diese Forderung in den Zusammenhang der herrschenden landwirtschaftlichen Unternehmungsform im Often inferer Erkenntnis von Wirtschaft, Staat und Arbeiterbewegung ist besiegelt". Und wieder trifft es sich sehr hübsch, daß soeben die in Deutschland und unserer aus dieser Erkenntnis sich er- Resultate der Betriebszählung veröffentlicht werden, die ergeben, gbenden politischen und tattischen Maßnahmen einordnen läßt. daß in Preußen die Zahl der Güter über 100 hektar nahezu stabil Das ist von vornherein eine Verdrehung. In Nürnberg geblieben ist: 18 773 gegen 19 199 im Jahre 1895; das ist eine hanelte es sich einfach um die Frage, ob die Beschlüsse der Partei- Abnahme um nur 426. Dabei ist die Zahl der Güter von 200 bis tage für die Gesamtpartei bindend sind, ob es mit der Partei- 500 Hettar, also der Güter, deren Größe als die angemessenste für diszplin vereinbar ist, wenn die parlamentarischen Vertretungen einen rationellen intensiven Betrieb betrachtet wird, um 185( bon der Partei im bayerischen und badischen Landtage entgegen dem 7588 auf 7773) gestiegen; vermindert hat sich die Zahl der allzu flara Beschlusse des Parteitages von Lübed ohne ausnahmsweise großen Güter( über 500 Hektar) und der Güter von 100 bis 200 zivingende, in besonderen Verhältnissen liegende Gründe" für das Settar. Das zeugt jedenfalls nicht vom Verschwinden des Groß­Budjet gestimmt haben. Autonomie jetzt voraus, daß die auto- betriebes. Doch weiter: der eigentliche bäuerliche Betrieb geht noma Teile ein Ganzes bilden, und die Einheit ist in der sozial zurück; die Zahl der Betriebe zwischen 20 und 100 Settar ist um demdratischen Partei gegeben durch das Programm und die 10 200 zurüdgegangen, um 8,09 Proz. der Gesamtzahl! Das ge­gemäß dem Parteistatut erfolgten Beschlüsse der Parteitage. Wird schah zu der Zeit, wo die preußische Regierung aufs Teufelholen dieses gemeinsame Band gesprengt, dann haben wir keine ein folonisierte und mit dem Gelde der Steuerzahler künstlich Bauern heitliche Partei mit autonomen Gruppen mehr, sondern höchstens folonien in Bosen und Westpreußen geschaffen hat, zu der Zeit, eine Föderation fozialdemokratischer Parteien in Preußen, Bayern , wo alle Sozialreformer" über das herrliche Werk der Parzellie Sachsen usw., die in ganz losem Zusammenhange stehen. Die rung und Kolonisierung falbaderten. Diese Salbadereien der Autonomieforderung" theoretisch begründen" hieße also beweisen, Brentano, Sering und tutti quanti haben es dem Dr. Artur daß die Budgetbewilligung im gegebenen Falle mit dem Programm Schulz angetan, das ist der ganze Wiz. Es wird eben viel Auf­und den Parteitagsbeschlüssen vereinbar war. Nun wird in dem hebens gemacht von der Parzellierung, einmal, weil die preußische zitierten Gate offenbar geflissentlich das Wort Parteiprogramm Bureaukratie ihre Blamage mit der Kolonisation nicht eingestehen durch die vagen Redensarten von unserer Erkenntnis von Wirt- mag, zweitens, weil durch den Kampf zwischen der Ansiedlungs­schaft, Staat und Arbeiterbewegung" ersetzt. Wessen Erkenntnis? fommission und den Polen die Güterschlächterei zu einer natio­Der Partei? Diese ist im Programm formuliert. Die Erkenntnis nalen Sache" hüben und brüben geworden ist, drittens, weil die aber, die uns in der Broschüre aufgetischt wird, läuft auf eine bürgerlichen Sozialreformer ihre schönen Wünsche für Tatsachen glatte Regierung dieses Programms hinaus. Das wäre nicht hinstellen. Uebersehen aber wird, daß die geringe Zahl von Gütern, weiter schlimm. Niemand kann dem Dr. Artur Schulz das die aufgeteilt wird, bei weitem nicht genügt, um den Bedarf an Recht verweigern, auf Grund seiner Erkenntnis auf die Grund- Land zu decken, den die Bauerschaft hat, wenn sie ihre Sohne mit lage des sozialdemokratischen Programms zu pfeifen. Land versehen will, daß infolge der Teilung der Bauernhöfe im Die Grundforderung lautet: Berwandlung des kapitalistischen Erbgang die Zahl der existenzfähigen selbständigen Bauernwirt­Privateigentums an Produktionsmitteln Grund und Boden, schaften zurückgeht. Uebersehen wird ferner, daß neben dem Par­Gruben und Bergwerke, Rohstoffe, Werkzeuge, Maschinen, Ber - sellierungsprozeß ein Konzentrationsprozeß vor sich geht. Und tehrsmittel in gesellschaftliches Eigentum". Artur Schulz be die Hauptfache ist: die Agrartrise ist vorläufig überwunden, die zeichnet nun die sozialistische Wirtschaftsorganisation, so weit die Parzellierung der Güter hat in den letzten Jahren abgenommen; Landwirtschaft in Betracht kommt, als Utopie. Der selbstwirt sowohl die Ansiedlungskommission findet nicht mehr genügend schaftende Bauer, der sein Land ohne Lohnarbeiter bestellt, soll Güter im freihändigen Berkauf, als die polnischen Genossenschaften auf eigener Scholle sein eigener Herr sein und niemand mehr und die privaten Güterschlächter. Es find Märchen, was uns foll ihm dreinreden dürfen". Nur für die gewerbliche Produktion Artur Schulz von dem besiegelten Schicksal des Großgutes erzählt, soll die sozialistische Wirtschaft gelten. Es ist klar, daß eine sozia- und die Zahlen der Betriebsstatistik entheben uns der Pflicht, näher listische Wirtschaft ein Unding ist, solange Grund und Boden und auf diese Märchen einzugehen. Dies um so mehr, als auch seine damit auch die Lebensmittel und die Rohstoffe, die die Landwirt- theoretischen" Ausführungen für die Kah find. Er behauptet 3. B., schaft erzeugt, Privateigentum bleiben. Somit ist die Konsequenz einer der Gründe, warum sich der Großbetrieb noch halte, sei die dieses Standpunktes die Preisgabe des Sozialismus. Zuwanderung von 300 000 slavischen Landarbeitern; ohne diese Aber nicht nur auf die Grundforderung des Sozialismus tönnte das Großgut nicht bestehen; diese Zuwanderung aber nehme pfeift Dr. Artur Schulz, auch unser Gegenwartsprogramm er- ab und werde weiterhin abnehmen. Wer auch nur das geringste fcheint ihm dringend verbesserungsbedürftig. Er fordert nämlich von der Wanderarbeit weiß, wird über diese Prophezeiungen nicht mehr und nicht weniger, als daß die deutsche Sozialdemo- lachen. Der Strom der Wanderarbeiter schwilt immer mehr an tratie die Forderung Abschaffung aller indirekten Steuern und und erfaßt immer treitere Gebiete. Noch vor kurzem waren es Zölle" streiche und für möglichst hohe Zölle auf Vich, Fleisch, ausschließlich Polen , die als Wanderarbeiter nach Deutschland Molkereiprodutte, kurz alle Erzeugnisse der Landwirtschaft, außer famen, seit etwa zehn Jahren kommen auch Ruthenen und Ungarn vielleicht der Getreidezölle, über die sich Dr. Schulz noch nicht und in allerletzter Zeit Russen. Jezt hat die russische Regierung in flar geworden ist**), eintrete.- Die Sozialdemokratie als Ver- der Duma das Gesetz durchgedrückt, das den Kommunalbefiß der teurer der Lebensmittel, das ist das Resultat der Erkenntnis von Bauerngemeinden auflöst; das bedeutet eine gewaltsame Proletari­Wirtschaft und Arbeiterbewegung" des Dr. Schulz. fierung der Bauernschaft, und dieses ländliche Proletariat wird notgedrungen zur Wanderarbeit greifen. Uebrigens ist es auch ganz Jm preußischen Abgeordnetenhaus erklärte am 17. Februar falsch, daß nur die Großgrundbefizer Wanderarbeiter beschäftigen; d. J. der preußische Handelsminister Dr. Delbrück:" Der Rüd­auch die bäuerlichen Betriebe können, wenn sie Hadfrüchte bauen, gang der Arbeitsleistungen trop gestiegener ohne diese Wanderarbeiter nicht mehr wirtschaften. Ja, der Groß-& öhne ist eine allgemein beobachtete Tatsache." grundbefizer fann leichter einen ständigen Arbeiter entlohnen als Amtliche Angaben im statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich der Bauer, der die Kosten des Unterhaltes im Winter scheuf. 1908 zeigen, daß die ministeriellen Behauptungen objektiv unwahr, Ein weiterer Grund, warum die Großbetriebe sich noch halten, soll mithin sehr leichtfertig aufgestellt sind. Im Jahre 1887 beteiligten der Getreidezoll sein, der angeblich nur den Großgrundbesizern zu sich nach den amtlichen Ermittelungen an der Förderung aller da­gute kommt. In Wirklichkeit können die Großbauern im Nordosten mals im deutschen Zollgebiet zutage geschafften Bergwerkserzeug­ohne Getreidebau ebensowenig bestehen wie die Großbetriebe; richtig niffe 387 643 Berfonen. Sie förderten insgesamt 88 873 000 allein ist, daß die Kornzölle natürlich den Großgrundbesitzern Tonnen. Der Verkaufswert dieses Quantums am Ursprungsort größeren Nuzen schaffen als den Großbauern. Falsch aber ist, daß nur betrug rund 449 Millionen Mart. Für das Jahr 1906 betrugen im Getreidebau der Großbetrieb dem Kleinbetrieb überlegen sei. die entsprechenden Zahlen 668 853 Personen und 229 146 100 Die Zeiten, wo der Getreidebau der einzige Rückhalt der Groß- Tonnen im Werte von 1637 Millionen Mark. Im Jahre 1887 betriebe war, find in Deutschland längst vorüber; diese Betriebe entfielen von der Produktionsmenge auf einen gehen systematisch dazu über, die Bodenprodukte als Bichfutter zu Bergarbeiter jährlich 263 Tonnen im Werte von verwerten und haben die Viehhaltung ganz bedeutend ausgedehnt. 1 329,27 M., im Jahre 1906 hingegen 332,6 Tonnen im Man fann behaupten, daß diese heute bereits zum entscheidenden erte von 2376,60 m. Danach ergibt sich eine erhebliche Faktor der Wirtschaft auf den großen Gütern geworden ist. Be­Leistungssteigerung. fonders wo auf diesen Gütern gewerbliche Betriebe- Zucker. Es wird in den letzten Jahren auch über eine immer ge­fabriken, Brennereien, Stärkefabriken, Molkereien errichtet ringer werdende Rentabilität der fiskalischen Werke gejammert. werden und die Nebenprodukte als Futter Verwendung finden, wie liegen da die Dinge? Eine ordentliche Bilanz veröffentlicht ist die Ueberlegenheit der Großbetriebe außer aller Frage. Hand der Staat über seine Werte nicht. Daß vom Gewinn ein Teil in Hand mit dieser Verschiebung der Produktion geht die technische zu Vergrößerungen und Neuanlagen verwendet wird, kann man Vervollkommnung, die Anwendung der Maschine und der quali aus den Rechnungsübersichten ohne weiteres gar nicht erkennen. fizierten Arbeit mit allen ihren Borzügen. Bei den Neu- und Erweiterungsbauten, die aus Betriebsergeb­

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Das ist erheiternd. Aber bedenklich ist, daß Dr. Schulz sich anmaßt, im Namen der süddeutschen Sozialdemokraten zu sprechen, iaß dieser Anmaßung Borschub geleistet wird, indem ein Partei­erlag die Broschüre ohne jeden Vorbehalt veröffentlicht, und daß hon seiten der süddeutschen Genossen, mit deren Namen so standalös Nißbrauch getrieben wird, bisher ein Protest nicht erfolgt ist.***) Das allein veranlaßt uns, uns mit dieser Broschüre zu befassen. Würde sich der Verfasser als das geben, was er ist, als ein liberaler Ver­fichter fleinbäuerlicher Interessen, so würde fein Hahn danach frähen, denn sein wissenschaftlicher Ballast ist so gering, wie feine Anmaßung groß. Nur weil das Machwert unter falscher Flagge fegelt, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach von den Gegnern der Sozialdemokratie ausgenügt werden.

Der Ausgangspunkt der Ausführungen schon ist zwar nicht originell, aber furios genug. Der Verfasser prophezeit nämlich, daß die deutsche Sozialdemokratie die Theorie der naturgejet lichen Verschärfung der Klassengegensäße und des Klassencharakters der Staaten" aufgeben muß und meint, daß die südmainische Budgetbewilligung den preußischen Genossen allen Anlaß geben sollte, über ihre eigene von fehlerhaften Voraussetzungen aus­gehende Taktit nachzudenken". Diese Prophezeiung stüßt sich auf die andere, daß die Agrarverfassung Norddeutschlands sich nach dem Vorbilde Süddeutschlands entwickeln wird. Vor allem ist es nun furios, die Entwidelung der Agrarberhältnisse ist das Entscheidende für die Entwickelung der sozialen und politischen Zustände in Deutschland hinstellen zu wollen. Es trifft sich hübsch, daß die Broschüre gleichzeitig mit der Bekanntgabe der Ergebnisse der lezten Berufszählung erscheint. Hiernach ist nämlich die landwirt­schaftliche Bevölkerung absolut und relativ zurückgegangen, sie bildete 1907 nur noch 28,65 Proz. der Bevölkerung, gegen 42,51 im Jahre 1882. Diese Zahlen bieten nichts Neues, fie illustrieren mur die Erscheinung, die zurzeit im Leben der europäischen Staaten dominiert, die rapide Industriealisierung.

Wenn nun aber schon Herr Schulz das Schwergewicht auf die agrarischen Dinge legt, dann soll er seinen Lesern wenigstens teine Märchen über diese Dinge erzählen. Ein Märchen ist es, in Süddeutschland sei der Familienbetrieb" die typische landwirt schaftliche Unternehmungsform, denn in Wirklichkeit ist es nicht der Kleinbetrieb, bei dem der Inhaber mit seiner Familie das Land bestellt, die typische Form, sondern der bäuerliche, auf Lohn­arbeit begründete Betrieb. Ein Märchen ist es, daß es in Süd deutschland auf dem flachen Lande unausgleichbare Klassengegen fäße nicht gibt, denn in Wirklichkeit weist auch Süddeutschland ein startes landwirtschaftliches Proletariat auf, was folgende Zahlen illustrieren mögen:

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Wenn im preußischen Landtag über Bergarbeiterangelegenheiten gesprochen wird, stimmen die Herren von der Mitte bis zur Rechten in trauter Gemeinschaft mit den Vertretern der Regierung dieselbe Klage an: die Begehrlichkeit der Arbeiter wird immer größer! Die Löhne auf den preußischen Staatswerken steigen fortwährend, dagegen fällt das Förderquantum pro Kopf be= rechnet, von Jahr zu Jahr! Die fiskalischen Werke ver­zinsen sich daher immer schlechter! Solche Melodien sucht man durch einige Zahlen aus den Rechnungsergebnissen der fiskalischen Berg, Hütten- und Salinenwerfe wirksam zu illustrieren. Den Wert der Zahlen können wir nicht hoch anschlagen. Bei den Stein­fohlenbergwerken fiel rechnungsmäßig die Jahresleistung pro Kopf der Belegschaft von 243,5 Tonnen im Jahre 1906 auf 234,0 Zonnen im Jahre 1907. Bei den Braunkohlenbergwerken fehlen die entsprechenden direkten Angaben. Warum? Hier ergeben sich folgende Zahlen: Förderung pro Stopf 1906: 759 Tonnen, 1907: 775,9 Tonnen. Also eine Steigerung der Durchschnittsleistung. Bei den Eisenerzbergwerken fehlen die Zahlen ebenfalls, eine Nach prüfung ergibt eine Leistungssteigerung! Und überall stößt man auf Verschleierung. Dort, wo der Förderdurchschnitt sich verringert hat, find die Ziffern angegeben, wo er gestiegen ist, fehlen sie regelmäßig!! Nur für zwei Bezirke werden die Steigerungen mitgeteilt. Jedoch nicht in der Jahresleistung, sondern in der Schichtleistung. Die Steigerung beträgt dann natürlich nur hundertstel und tausendstel Tonnen! In einigen Fällen dient die mittlere Belegschaft als Unterlage der Berechnung, in anderen Fällen sind geringere Zahlen angenommen. Dabei vergißt man, darauf hinzuweisen, daß das Förderquantum abhängig ist von der Qualität und dem Grad des Abbaues, dem Umfang der Vor­richtungsarbeiten und der Nebenproduktion. Und das ist von aller­größter Bedeutung. Den präsentierten Durchschnittsberechnungen ist gar kein Wert beizulegen. Charakteristischer Weise folgen die Förderzahlen der preußischen Staatsbergwerke der letzten Jahr­zehnte genau den Schwankungen der wirtschaftlichen Konjunktur. Doch folgen wir den fiskalischen Rechnungsfünstlern weiter auf ihren Spuren.

1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 9 S 12 13 12 17

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Artur Schulz allerdings glaubt an das Dogma von der Ueber- nissen gedeckt werden, handelt es sich nicht um geringe Summen. legenheit des Kleinbetriebes, und gegen Dogmen ist mit Vernunft- Wir machen aus den Etats folgende Aufstellung: Was aber allem die Krone auffeßt, gründen nichts auszurichten. Die Ausgaben für Neu- und Erweiterungsbauten betrugen ist die Behauptung von dem Emporsteigen der landwirtschaftlichen in Millionen Mart: 1900 1901 1902 Arbeiter in den Bauernstand. Da wird uns erzählt, wie der Land­1903 1904 1905 1906 1907 1908 4,9 6,9 5,8 arbeiter in Süddeutschland sich mit Leichtigkeit ein Stückchen Land 7,1 9,9 8,0 10,8 16,8 16,0 erwirbt, um es durch gelegentlichen Zulauf zu vergrößern und Diese fortwährend gestiegenen Ausgaben, für welche ordnungs­womöglich, wenn das Glück dem Fleiße und der Sparsamkeit zu Hilfe tommt, in den Stand der fleineren oder gar der mittleren gemäß neues Kapital investiert werden müßte, machen es allein Bauern aufzufteigen", und dann wird uns prophezeit, daß das schon verständlich, daß der jährlich verbleibende Rein" gewinn auch in Norddeutschland so fommen wird. Man dente: bayerische immer mehr zusammenschrumpft. Im Statvoranschlag macht man Arbeiter, deren Jahreseinkommen feine 900 m. beträgt, werden weiter das Kunststückchen, die einmaligen und außerordentlichen Aus­durch Sparsamkeit zu Bauern, und das gleiche Los verheißt Artur gaben, die oft auch nur Neu- und Erweiterungsbauten darstellen, Schulz den Kossäten, Insten und Deputanten in Ostelbien, die im schon von den Einnahmen zu verrechnen. Dadurch wird der Jahre 200-300 m. Bargeld in die Hand bekommen, wenn es gut rechnungsmäßige Reingewinn natürlich vorweg um einige Millionen geht, und von diesem Gelde Kleidung, Werkzeug für ihre Wirt- geringer. Insgesamt ergibt das also Neu- und Erweiterungs­schaft, und was sie außer Getreide und Kartoffeln an Nahrung bauten und einmalige und außerordentliche Ausgaben, soweit sie folgende Summen in für sich und ihre Familie brauchen, kaufen müssen. Wahrlich, selbst für denselben Zweck Verwendung fanden Millionen Mark: die unverschämtesten Junker haben bisher der Landarbeiter nicht grausamer gespottet! Dr. Schulz kommt zu diesen grotesken Be Hauptungen. weil er ein paar Lücher falsch verstanden hat. Es ist borgekommen, daß bei der Parzellierung im Osten hier und da besiklofe Arbeiter mit Hilfe des ihnen gewährten Kredites Para zellen erworben haben; nur sind sie weder in den Stand der Klein­Sodann ist zu berüdsichtigen, daß neben gut rentierenden bauern noch der mittleren Bauern dadurch aufgestiegen, sondern sind nach wie vor Arbeiter geblieben, die von ihrem Lohn die Zinsen Werken solche vorhanden sind, die Jahr für Jahr Zuschüsse ers für diese Barzellen zahlen und an dieser Last zugrunde gehen. fordern. Und gerade bei der Vorberechnung solcher Zuschüsse im Die Konsequenz, die Herr Schulz aus diesen Phantasien über Etat und den dann tatsächlich gemachten Aufwendungen zeigt sich die in den Stand der Bauern aufsteigenden" Arbeiter zieht, ist regelmäßig ein erheblich großer Unterschied. Für das im Ausbau dann, daß er erstens der Sozialdemokratie empfiehlt, an Stelle der befindliche Steinkohlenbergwerk Ver. Gladbeck war ein Zus Bergesellschaftlichung des Bodens die Forderung aufzustellen: schuß von 1,7 Millionen in den Etat für 1907 eingestellt. Der jedem Landarbeiter Land zu gesichertem Besitzrecht". Das soll aber in diesem Jahre wirklich gebrauchte Zuschuß beträgt 3,7 Millionen. nicht etwa gefchehen durch Expropriierung der Junker, nein es soll Seit seinem Erwerb hat dieses Bergwerf rund 8 Millionen Zu geschehen, ohne die gegenträrtigen Großgrundeigentümer im geschüsse erfordert. Die 1902 erworbenen Steinfohlenbergwerke Berg­das letztere hat jetzt 1000 Mann ent­***) Die Münchener Bost" hat zwei Besprechungen gebracht, ringften in ihrem Vermögen und ihren erworbenen Rechten zu mannsglück und Waltrop worin das Buch zunächst sehr gelobt und der Begründung" der schädigen". Es hieße die Leser beleidigen, wenn wir diese Aus- lassen, weil der Betrieb infolge Wasserzuflüsse eingestellt wurde süddeutschen Autonomie forderung nicht widersprochen wird. Da- geburt toller Demagogie einer Kritik unterziehen wollten. Zweitens haben bis jetzt rund 19,5 Millionen, also mit Ver. Gladbeck 27,5 gegen wird die Anschauung Schulz' über die Bedeutung der inneren soll die Sozialdemokratie im Interesse der Lanvarbeiter und Klein Millionen an Zuschüssen gebraucht. Kolonisation in Ostelbien sowie feine Befürwortung der Vieh bauern für Zölle auf Vieh, Fleisch, Molfereiprodukte, Geflügel, und Fleischzölle wie überhaupt einer Bauernpolitik auf Kosten der Obst, Gemüse usw. eintreten. Dr. Schulz ftelli fich nämlich allen Arbeiter abgelehnt. Ernstes vor, daß hohe Preise auf diese Produkte nicht nur den

Nach der Berufszählung von 1895 gab es in Bahern 429 882 Selbständige in der Landwirtschaft, dagegen 491 703 Knechte und Mägde, 33 538 Tagelöhner mit Land und 96 853 Tage­löhner ohne Land, wobei wohlgemerkt die im Betriebe tätigen

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*) Artur Schulz: Dekonomische und politische Entwidelungs­tendenzen in Deutschland . Ein Versuch, die Autonomieforderung der süddeutschen sozialdemokratischen Landesorganisationen theo­retisch zu begründen. Verlag von G. Birk u. Co. m. b. S. in München .

**) Dr. Schulz hat nämlich im Jahre 1902 ein Buch ge­schrieben, Kornzoll, Kornpreis und Arbeitslohn", in dem er nach­weist, daß hohe Kornzölle ein Unglüd für die Arbeiter sind. Es scheint ihm daher wohl zu früh, seine damaligen Ausführungen ins Gegenteil umzuschreiben.

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Wie hoch die tatsächlichen Ausgaben aus Betriebsmitteln für die erwähnten Zwecke sind, lassen die dem Landtage vorgelegten Rechnungsergebnisse nicht erkennen.

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Weiter ergibt eine Zusammenstellung der Attiva von 1902 bis 1907 für die genannten brei Werke an Grubenberechtsame und Grundbesitz in Tausenden von Mart :