Neil tftcijku Fällen ihren wirtschaftlichen Ruin zu danken Häven, so schiebt es eine Instanz auf die andere, bis schließlich heraus- kommt, daß die Polizeibehörde den ersten Anstoß gegeben hat. Für die Kleinlichkeit, mit Der man den Reserveoffizieren nach- spürt, ist bezeichnend, daß ein Buchdruckercibesitzer, Verleger eines völlig parteilosen Blattes, einmal vorgeladen wurde, weil gänzlich ohne sein Zutun in seinem Blatte ein sozialdemokratisches Wahl- tnserat erschien.(Hört! hört!) Eine Quelle unfreiwilligen Humors ist der im„Vorwärts" veröffentlichte Schriftwechsel zwischen dem Berliner Sportklub „Arminia " und dem Generalkommando des Gardekorps. Dem ganz harmlosen Klub wurde Das Spielen auf dem Tcmpelhofer Felde untersagt, weil sich ausgerechnet ein Sozialdemokrat in dem Klub befand. Das ist gleichzeitig ein hübsches Beispiel für das Spitzel- system der Militärbehörden.(Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Nächstens wird wohl auch das Betreten des Tempelhofer Feldes allen Sozialdemokraten untersagt werden.(Schallende Heiterkeit und Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)' Ucber die wilitaramtliche Propaganda für die notorisch politische» Krieger- vereine hat der Kriegsminister vorgezogen, sich nicht auszusprechen. Daß die Kriegervereine völlig politische Organisationen sind, die außer der Sozialdemokratie auch mal das Zentrum bekämpfen, hat Kollege Erzberger zutreffend ausgeführt. Bei der Kontrollversammlung wird offene Agitation für die Kriegervereine getrieben. Das geradezu schmachvolle Schnüffelwesen, das im Heere betrieben wird, hat ebenfalls Kollege Erzberger schon gebührend gegeißelt. Achtgroschenjungen werden in sozialdemokratische Vereine geschickt, damit man sich über die politische Gesinnung der nachmaligen Rekruten unterrichten kann. Bisher wurden zu diesem Zwecke die bei der Polizei eingereichten Mitgliederlisten mißbraucht. Jetzt gibt es solche nicht mehr, und da wird das schmachvolle Spitzelshstem zum Ersatz wohl noch weiter ausgebaut werden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Das Rekrutenschleifen, die Mißhandlungen und Brutalisierung der Neucingetretenen durch die Leute älterer Jahrgänge floriert unter sträflicher Duldung der Vorgesetzten weiter, und es finden sich hier Abgeordnete, wie der Herr von Zieserwitz—(Zuruf: Heißt ja Carmer!) nun, meinetwegen Carmer, ah Pardon; Graf Earmer(Große Heiterkeit.)— die Entschuldigungen dafür hoben. Geradezu albern ist es, wenn die Herren Graf Carmer und Lieber- mann von Sonnenberg die Behauptung aussprechen, wir Sozial- demokraten freuten uns über die Mißhandlung. Nichts kann falscher sein. Wenn Bebel durch unablässigen Kampf gegen die Soldatenmißhandlungen, einen Kampf, in welchem er lange Zeit allein stand, eine gewisse Einschränkung der Mißhandlungen herbeigeführt hat, so hat er damit das Soldatenleben weniger un- angenehm gemacht und also nicht die Unzufriedenheit, sondern die Zufriedenheit vermehrt.(Sehr gut! bei den Sozialoe-mo- traten.) Graf Carmer stellte wieder einmal die derben Ausdrücke auf unserem Parteitage mit den Schimpfereien auf dem Kasernen- hose in Parallele. Das ist mehr als töricht. Bei uns fallen derbe Ausdrücke, gewiß, sehr derbe sogar, aber es steht jedem frei, im gleichen Tone zu antworten und auf einen Schelm anderthalbe zu fetzen. Auf dem Kasernenhof Dagegen muß der Soldat nicht bloß die gröbsten Schimpfworte, sondern auch körperliche Mißhandlungen über sich ergehen lassen, ohne sich mucksen zu dürfen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es fehlt immer noch an dem nötigen Ernst beim Vorgehen gegen die Mißhandlungen. Wenn ein Unteroffizier seine schcuß- lichen Mißhandlungen soweit treibt, daß das in solchen Fällen sicher nicht überdrakonische Kriegsgericht ihn zu einem Jahr vier Monaten Zuchthaus verurteilt und wenn dann der Hauptmann der betreffenden Kompagnie wegen mangelnder Aufsicht ganze drei Tage Stubenarrest erhält(Lebhaftes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten), so ist das gewiß nicht geeignet, die Offiziere zu schärferer Beaufsichtigung anzuspornen.(Laute Zustimmung links.) Aber wir erleben es ja oft genug, daß brutalen Bor - gesetzten von ihren Kompagniechefs in den Gerichtsverhandlungen die beste Not als„famose Vorgesetzte" gegeben wird und daß man in geradezu lächerlicher Weise die ärgsten Schindereien der Unter- gegebenen mit dem noch dazu falschen Sprichwort rechtfertigt:„Wer sein Kind lieb hat. der züchtigt es!"— als ob die Prugelpädagogik sich nicht längst überlebt hätte und als ob Soldaten Kinder wären.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wenn aber einmal solche Buben, die wehrlose Untergebene mist- handeln, als „Schinderknechte" bezeichnet werden, dann springt derselbe Kriegsminister, der starke Ausdrücke auch im Reichstage durchaus nicht scheut, mit Straf- antrügen gegen die betreffenden Journalisten zugunsten jener Buben ein.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Ein hoher Offizier, der Generalleutnant v. Litzmann , hat in der„Täglichen Rundschau" ausdrücklich hervorgehoben, daß wirk- liche Leuteschindereien den Offizieren nicht verborgen bleiben dürfen.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) In Sachsen sind die Tage längst vorbei, da Prinz Georg, der nachmalige König, den bekannten Erlaß gegen die Mißhandlungen erließ. Des jetzigen Königs Gnadensonne leuchtet den Soldatenschindern. Der- selbe König, der Grete Beicr nicht begnadigt hat, hat den Unter- Offizier Berthold begnadigt, durch dessen Schuld der Schütze Bauer fein Leben einbüßte! Das Gericht hatte Berthold zu einem Jahr Gefängnis und Degratation verurteilt, der König schränkte die Gefängnisstrafe auf sechs Monate ein und beseitigte die Degra- dation. Der Schinder also kann weiter schinden.(Stürmisches Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Ich muß noch einmal auf den Fall in der Senne zurü»- kommen, den im vorigen Jahre mein Freund Scheidemann be- handelt hat. Dort in der Senne wurden Reservisten, meistens Familienväter, von dem Regimentskommandeur Freiherrn v. Bo- düngen als „Schweineblase",„Hammelherbe" usw. betitelt.(Abg. Kreth schreit: Parteitag! Partei- tag!) Lassen Sie doch die dummen Vergleiche! Bei uns kann jeder antworten, wie er will!(Bravo ! und Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Natürlich wurde wieder nicht gegen die schimpfenden Offiziere, sondern gegen die R e d a k t e u r e, die dies zur Sprache brachten, vorgegangen. Erst nachher fand— natürlich bei verschlossenen Türen— Verhandlung gegen die Offiziere statt. Die Redakteure wanderten auf Monate ins Gefängnis(Hort! hört!), die Offiziere aber erhielten fünf bis sechs Tage Stuben- arrestl(Stürmische Entrüstung auf der Linken.) Man bereitet zurzeit eine Novelle zum Strafgesetzbuch zum höheren Schutz der persönlichen Ehre vor. Wie denkt der Kriegsminister über die Frage, ob es sich nicht empfiehlt, die persönliche Ehre der Soldaten besser zu schüven?(Stürmische Zustimmung links.) Uebrigens hat unsere Kritik doch geholfen. Einer der Redakteure, der wegen Aufdeckung der Vorgänge in der Senne brummen muß, teilt mir mit, daß in Düsseldorf die Reservisten höchst anständig und tadellos behandelt werden I(HörtI hört! bei den Sozial- demokraten.) Man sieht, es geht auch ohne Schimpfen. Die japanische Armee ist doch wahrhaftig kriegstüchtig. In Japan aber erheben sich Offiziere dankend, wenn Soldaten ihnen Essen bringen. Ich entnehme das einem Vortrage des Herrn Bronfart v. Schellen- darf im Kolonialamt. dem ich beiwohnte.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Der Kollege HänSker sprach in dankenswerter Weise über den Unfug der Schmiergelder. Herr v. Einem wußte natürlich wieder von nichts und bestritt einfach die Tatsache. Aber neulich erst sind von dem Oberkriegs- gericht Hannover in der Verhandlung gegen den Bezirksfeldwcbel Rink. der zu sechs Monaten und Degradation verurteilt wurde. umfangreiche Mißstände in schwerer Menge aufgedeckt worden. Es ist offenes Geheimnis, das) zahlungsfähige Leute sich von Nebungen drücken können, und Kriegsgerichtsverhandlungen beweisen auch, was es mit der Behauptung des Kriegsministers auf sich hat, daß Offiziere, die schwarze Fonds bilden, und Regimentsgelder zu Unrecht verwenden, nicht in der Armee geduldet werden. Es wird wirklich nicht so genau genommen. Wie steht es mit der Resolution des Reichstags um Durch- führung der gesetzlich garantierten Oeffcntlichkeit der Kriegs- gerichtsverhandlung? Im Gesetz steht nichts von der Ausnahme- stcllung der Offiziere. Tatsächlich aber genießen sie eine solche, und alle KricgSgrrichtöverhaiidlungcn gegen Offiziere finden hinter verschlossenen Türen statt.(Lautes Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Das Volk glaubt nicht und kann nicht glauben, daß schuldige Offiziere gebührend bestraft werden, solange der Ausschluß der Oeffentlichkeit bei den Verhandlungen gegen Offiziere besteht. In erschreckender Weise ist die Zahl der Bestrafung von Soldaten gestiegen. Gewisse Leute führen das darauf zurück, daß durch den Einfluß der Sozialdemokratie die Unbotmäßigkeit steigt. (Sehr wahr! rechts.) Ach, meine Herren, es ist gerade um- gekehrt. In Gegenden, wo die Sozialdemokratie am stärksten ist, kommen am wenigsten Fälle von Unbotmäßigkeit vor. Der bayerische Kriegsminister hat das ausdrücklich anerkannt.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wenn in ö Jahren von den Kriegsgerichten über 100 000 Soldaten abgeurteilt und 2300 Jahre Zuchthaus und über 10000 Jahre Gefängnis verhängt werden, so ist das ein schauerlicher Zustand, der ge- bicterisch nach einer Reform des veraltete« Milltärstrafgesetzbuches ruft.(Stürmische Zustimmung links.) Auffällig niedrig ist die Zahl der Freisprechungen in Bayern , verglichen namentlich mit Württemberg . In der Zahl der Soldatenselbstmorde marschiert Deutschland gleich hinter Oesterreich.(Lebhaftes HörtI hört!) Die Bevorzugung des Adels in gewissen Regimentern hat der Kriegsminister(cyließlich doch zugestehen müssen, wenn er auch Abhilfe versprach. Man spricht davon, daß der Adel Gut und Blut fürs Vaterland geopfert habe. Ihr Blut fürs Vaterland zu lassen, ist schließlich doch die Aufgabe der Offiziere, und dafür werden sie bezahlt.(Sehr wahr I bei den Sozialdemo- kraten.) Aber Gut und Blut opfern auch die armen Teufel, und sie werden dafür nicht belohnt.(Stürmische Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Der Resolution über Einschränkung der Militärmusik stimmen wir durchaus zu. Man merkt nicht allzuviel davon, daß die Militärmusiker noch Soldaten sind. Dagegen bereiten sie den Zivilmusikern unlauteren Wettbewerb.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) In Oesterreich ist den Militärmusikern das Spielen gegen Entree oder Honorar unter allen Umständen verboten! Wir haben in der Kommission der Resolution auf vermehrte Verwendung der Feldwebelleutnants zugestimmt, wollen aber nicht verhehlen, daß wir diese neue Zwitterstellung nicht lieben. Wir bekämpfen auf das schärfite die kastenmäßige Abschlietzung des Offizierkorps. Die Offizierslaufbahn muß auch dem tüchtigen Mann aus dem Volke offenstehen.(Zuruf rechts: Steht es ja auch! Lachen links.) O ja, ich weiß, jeder Soldat hat den Marschallstab im Tornister. Er bekommt ihn leider nur nicht in die Hand.(Stürmische Heiterkeit und Zustimmung links.) Wir verlangen eine Demokratisierung des Heeres. In Japan , dessen Heer doch wahrhaftig Proben von seiner Tüchtigkeit abgelegt hat. ist wenigstens bei Infanterie und Kavallerie das Verhältnis zwischen den Offizieren, die aus höheren Kreisen stammen, und denen, die von der Pike auf gedient haben, vorzüglich.(HörtI hört!) Herr Dr. Müller-Meiningen erklärte, keine bürgerliche Partei wolle die Schlagfertigkeit des Heeres vermindern. Ich protestiere dagegen, wenn er damit sagen wollte, daß die Sozialdemo» kratie die Herabminderung der Schlagfertigkeit wünsche. In unserem Programm steht: Erziehung des Volkes zur Wehrhaftigkcit. Das sollten wirklich auch unsere Gegner wissen. Herr v. Lieber- mann meinte, wir wollten wohl 20 Volksversammlungen in Berlin einrufen, um über Krieg und Frieden abstimmen zu lassen. Wenn er einen Blick in unser Programm werfen wollte, würde er sehen, daß wir der Volksvertretung die Entscheidung über Krieg oder Frieden geben wollen. Da der Reichstag die Hand auf dem Geld- beutet hat. so kann er, wenn er Sinn und Achtung für seine Würde und für sein Ansehen hat, schon heute die Entscheidung über Krieg oder Frieden in seine Hand oringen.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Wir freuen uns, daß vieles, was früher nur von uns vertreten wurde, jetzt auch von anderer Seite verlangt wird. So haben die Herren Häusler und Müller-Meiningen sich für bessere körperliche Ausbildung in den Schulen ausgesprochen. Wir sind auf dem Wege zum Volksheere.(Zuruf: Es geht aber langsam!) Gewiß geht es sehr langsam, aber es geht doch vorwärts. Wie im Kolonial- Wesen brechen sich auch im Militärwesen unsere Ideen allmählich Bahn. Auch über unsere Kreise heraus sieht man ein, daß das teer unter dem Schuljammer zu leiden hat(Sehr wahr! bei den ozialdemokraten) und daß schlechte Schulen keine guten Unter- offlziere liefern können. Zur Herabsetzung der Vräsenzziffer wird die wirtschaftliche EntWickelung mit Notwendigkeit drangen, und Betrachtungen über die Möglichkeit, Soldaten in kürzerer Zeit aus- zubilden, finden sich jetzt auch schon in der„Krcuzzeitung".(Leb- Haftes Hört! hört) Das Burschenunwesen zeigt ja. wieviel über- flüssige Zeit beim Militär vorhanden ist.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Nun noch ein paar Worte zu der gestrigen Rede des Kriegsministers Der Kriegsminister scheint noch in den Anschauungen der sozio- listcngesetzlichen Zeit befangen zu sein. Im flagranten Widerspruch zur Reichsregierung und zur preußischen Verfassung proklamiert der Kriegsminister ein Ausnahmerecht gegen die Sozialdemokratie. Er nimmt sich heraus, Sozialdemokraten mit Verbrechern zu» sammen zu nennen und sie als Meineidige zu schmähen.(Leb- hafte Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Dabei wird der Kriegs- minister, ob er will oder nicht, sich mit der Tatsache abfinden müssen, bei einem kommenden Kriege tausende sozialdemokratische Unteroffiziere verwenden zu müssen.(Widerspruch rechts, stür- mische Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Nicht genug damit, daß er die Sozialdemokraten ächtet, streitet der Kriegsminister allen den Namen des Gentelmans ab, die auch nur zur Wahl von Sozial- demokraten auffordern, wie wir das bestn Falle Brabant jehen. Zur Wahl von Sozialdemokraten ist schon von Leuten der burger- lichen Linken, des Zentrums und der Rechten aufgefordert worden. (Zurufe: Bismarck !) Ja. Bismarck hat zur Wahl des Sozial- demokraten Sabor aufgefordert.(Lebhafte Zustimmung links.) Also war Bismarck nach Herrn v. Einem kein Gentleman. (Schallende Heiterkeit im ganzen Hause und auf den Tribünen.) Wir protestieren dagegen, daß der Kriegsministcr die Ehrenhaftig. feit 3% Millionen deutscher Staatsbürger antastet.(Lebhafte Zu» stimmung bei den Sozialdemokraten.) Der Kriegsminister sprach von dem Eide unserer_ Parteigenossen im Abgeordnetcnhause. Eide sind Formeln, die ihre Be- deutung andern.(Ahal rechts. Sehr richtig! bei den Sozialdemo- traten.) Der Kriegsministcr selbst hat gesagt, daß das Heer dem Interesse der Nation, also des Volkes, zu dienen hat. Früher aber. im absoluten Staate, diente das Heer allein dem Könige. Wie will man es unseren Parteigenossen verargen, wenn sie. um d,e Wähler zu vertreten, die sie ins Abgeordnetenhaus gesandt haben, den Formeln genügen, die nicht sie eingeführt haben.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wir kennen das Emp- finden des sozialdemokratischen Teils des Volkes besser als der Kriegsminister. Er sagt, wir wollen Zwiespalt zwischen Heer und Volt säen. Was versteht er denn unter Volk? Volt sind ihm er selbst, die Offiziere, die besitzenden Klassen! Po»«nd Heer werden sich durch Zunahme der Sozialdemokratie nicht entfremdet, vielmehr kommen sie sich immer näher, je mehr die sozialdemo- kratische Agitation zunimmt und je mehr Sozialdemokraten ins Heer eintreten.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das Offizierskorps hält vielfach an veralteten politischen Anschauungen fest, während im Volke ein neuer Geist herrscht, ein Streben nach politischer und wirtschaftlicher Freiheit. Ter Kriegsminister sagt, wir wollen Abscheu vor dem Dienst im Heere erwecken. Das ist nicht wahr. Wir fordern allgemeine Wehrpflicht, und Abscheu er- wecken wollen wir vor Mißhandlungen, vor Beschimp- fungen der Soldaten, vor den Schreckensurteilen, vor dem über- flüssigen Drill, vor der Klassenscheidung im Heere. Für all diese Dinge, die wir beseitigen wollen, sind auch wir nicht verantwort- lich.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wir ver- langen eine vernünftige Wehrpflicht und etwas anderes fit auch nie auf unseren Parteitagen gesprochen. Der Abgeordnete Bebel hat mich ausdrücklich beauftragt, zu erklären, daß er nichts Der- artiges gesagt hat, was der Kriegsminister ihm in den Mund gelegt hat.(Hröt! hört! bei den Sozialdemokraten.) Ich finde keinen parlamentarischen Ausdruck, um ein so unerhörtes Verfahren des Kriegsministers gebührend zu charakterisieren.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Bebels Erklärung lautete: „Die deutsche Sozialdemokratie ist ein entschiedener Gegner des bestehenden Heeressystems, aber sie erachtet eine militärische Organisation in den heute bestehenden Staaten— noch so lange für nötig, wie nicht in den verschiedenen Kulturstaaten Verein- barungen und Einrichtungen getroffen sind, die Kriege ein für allemal unmöglich zu machen. So lange also noch die Gefahr besteht, daß Kriege möglich sind, muß jeder Staat wenigstens soweit militärisch organisiert sein, daß er einem Angriffskrieg begegnen kann und das eigene Land vor Eroberungen durch den Feind zu schützen vermag.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wenn also die deutsche Sozialdemokratie alle ehrlichen Bestie- Hungen unterstützt, die daraus gerichtet sind, Kriege zu vermeiden und den Frieden zu sichern, wie z. B. die Errichtung von inter - nationalen Schiedsgerichten zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Staaten, so hält sie doch eine mili- tärische Organisation so lange für nötig, wie die Gefahr eines Krieges vorhanden ist." (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Zehnmal hat die Sozial- demokratie dasselbe gesagt. Gegner des bestehenden Heerrcssystems sind wir, Reformen auf gesetzlichem Wege streben wir an. Man braucht unsere Absichten nicht zu billigen, aber niemand hat das Recht, uns deshalb zu schmähen, wie es gestern der Kriegs- minister getan.(Lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Der Kriegsminister sagt, das Heer ist für das Volk da. Das ist nicht wahr. Der Kriegsminister nannte das Heer einen starken Baum, unter dessen Schatten das Volk in Frieden leben kann. So kann man von einem Volks Heer sprechen. Das st e h e n d e Heer hat von jeher den Zweck gehabt, das Volk von der Sonnen- seite des Lebens fern zu halten, es im Schatten niederzu- halten.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Fürsten und Machthaber stützen sich noch immer auf das Heer, das auch gegen die eigenen Volksgenossen marschiert, nur in der Türkei ist es neuerdings anders geworden. Gestern vor 01 Jahren haben preußische Offiziere, Söhne des Volkes auf die Straßen von Berlin geführt, um die Väter des Bürgertums, das heute Regierungspartei ist, zusammenzuschießen, weil sie für Dinge stritten, die heute selbstverständlich sind.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozial- demokraten.) Insofern ist eine Aendcrung eingetreten, als heute das Heer ein Bollwerk zum Schutze nicht mehr des Absolutismus, sondern zum Schutze der bürgerlichen kapitalistischen Ordnung ist. Als die Arbeiter gegen die gegenwärtige politische Ordnung demon- strierten, wurde das Militär in den Kasernen bereitgehalten. Wie kann angesichts dieser Dinge erwartet werden, daß wir irgendwelche Sympathie für diese Art des Heerwesens übrig haben? Wenn wir dem Minister sein Gehalt und den Heeresctat bewilligen wollten, so müßten wir keine Spur von Selbstgefühl und Würde im Leibe haben.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) So lange solche Anschauungen vertreten werden, wie sie gestern der KricgSminister vertreten hat, so lange die Heeresorganisation ist, wie sie jetzt ist, werden wir Sozialdemokraten ihr entgegen- treten. Es ist ein Kampf um Kultur und Menschlichkeit, wenn wir, wie bisher, so auch in Zukunft rufen: Nieder mit dem Militarismus!(Lebhafter anhaltender Beifall bei den Sozial- demokraten.) Bayerischer General v. Gelbsattel sucht die geringe Zahl der Freisprechungen vor den bayerischen Kriegsgerichten zu erklären, gibt aber zu, selbst keine ausreichende Erklärung liefern zu können. Erstens seien in der Statistik Uebertretungen nicht mitgezählt; zweitens stehen bei Trunkenheit usw. den Regimentskommandantcn Die Wahl zwischen disziplinarische Bestrafung und Gerichtsver- Handlung frei und drittens sei das bayerische Temperament etwas sehr stürmisch.(Schallende Heiterkeit im ganzen Hause.) Sächsischer General v. Salzach verbreitet sich über den Fall Berthold-Bauer. Unteroffizier Berthold habe nicht gewußt, daß der Schütze Bauer ein schweres Herzleiden gehabt habe. Daher sei das Begnadigungsgesuch von allen Instanzen unterstützt worden. Gegen die Aerzte, die die Einstellung des herzkranken Mannes bewirkt bezw. nicht verhindert haben, ist ein Ermittlungs- verfahren im Gange. Abg. Hagemann(natl.); Herr Noske wird doch nicht erwarten, daß der Kriegsminister die Angriffe der Sozialdemokraten anhört und nichts dagegen sagt. Zum Volk gehören nicht nur die Arbeiter, sondern auch unsere Wähler. iSehr richtig beim Block.) Die Sol- daten haben mit Todesmut Rettungsversuche in eiskaltem Wasser verübt. Junge Burschen standen lachend dabei. Das ist Ihr Volk (zu den Soz.), das Volk, daß Ihre Versammlungen füllt."(Leb- hafte Zustimmung beim Block, Unruhe bei den Soz.) Herr Stücklen sagte ja selbst, Sie haben kein Vaterland, sondern ein Sti«�- Vaterland, und das ist richtig, denn die Sozialdemokraten find ja international.(Lachen bei den Soz.) Politik in den Krieger- vereinen wünschen auch wir nicht, aber die Sozialdemokratie müssen sie selbstverständlich bekämpfen.(Zustimmung beim Block.) Die Resolution des Zentrums wünscht, daß Kontrollversamm- lungen jährlich nur einmal stattfinden sollen. Hierzu werden meine Freunde erst Stellung nehmen, wenn die Heeresverwaltung sich geäußert hat.(Lachen bei den Soz) Eine Resolution der Freisinnnigen wünscht eine Reform des Militärstrafrechts, die auch wir für erforderlich erachten.(Bravo l bei den Natl.) Abg. Kopsch(freis. Vp): Die freisinnige Partei hat immer auf Sparsamkeit gedrängt, aber die Hilfe des Zentrums, als es herrschende Partei war, nicht gefunden.(Sehr richtig! bei den Liberalen.) Die Vorwürfe des Herrn Erzberger gegen uns waren deshalb ungerecht. Die von der Kommission gemachten Abstriche schlägt Herr Erzberger nicht hoch an. Dann frage ich ihn, woran wir denn sparen sollen? Bei der Präsenzstärke und den Gehältern können wir doch nicht sparen, denn sie beruhen auf Gesetz. Auch die Sozialdemokraten, in deren Namen Herr NoSke hier unsere Tätigkeit so scharf kritisiert hat, haben in der Kommission keinen einzigen Antrag auf Herabsetzung irgend einer Position gestellt. (HörtI hörtl bei den Freis.) Die Resolution ans Verringerung der Musikkapellen hat hier mehrfache Angriffe erfahren, aber zu Unrecht; denn die Verringerung kann sehr wohl erfolgen; manche Kapellen haben z. B. 43 Mann, andere, nicht minder schlechte, nur 2b Mann. Viele Millionen könnte die Militärverwaltung er- zielen, wenn sie in großen Städten Gebäude und Grundstückkom- plexe in verkchröreichen Gegenden veräußerte und ihre Gebäude nach anderen Stadtgegenden verlegte. Geklagt ist über den Mangel an Aerzten und Offizieren. Bei den Aerzten liegt die Ursache sicherlich daran, daß Juden nicht zu aktiven Militärärzten ernannt werden. Der Mangel an Ossi- zieren beruht sicherlich in erster Linie in der Unsicherheit des Be- rufes. Aber Schuld haben auch die erheblichen finanziellen An- forderungen, die an den Offizier gestellt werden und die mit dem Dienst gar nichts zu tun haben. Das Institut der Einjäbrig-Freiwilligen sollte ausgedehnt werden, aber es muß dafür gesorgt werden, daß die Einjährigen nicht genötigt sind, ihren unmittelbaren Vorgesetzten Geschenke au
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