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- Mit England ttt Frieden zn leben, wünschen wir alle, und der Reichskanzler hat uns ja auch auf die engen Beziehungen Deutschlands und Englands hingewiesen. Wenn dabei eine Er- lcichterung der Rüstungen möglich wäre, so wäre das sehr zu bc- grüßen. Ich erinnere daran, daß vor wenigen Jahren die große Mehrheit dieses Hauses die Frage einer allgemeinen Abrüstung für undiskutierbar erklärte. Gegenwärtig liegt die Frage so: Ist es möglich, mit England zu einem Abkommen zu gelangen, das die Herabmindcrung der Flottenrüstung ermöglicht? Ein solches Ab- kommen kann aber nicht der Anfang, sondern nur das Ende einer vorangegangenen Verständigung sein. Deshalb war zur Zeit die Antwort unserer Regierung, wir bauen die Flotte nach Maßgabe unserer eigenen Bedürfnisse, durchaus korrekt.(Sehr richtig! im Zentrum.) Unsere Haltung ist nicht von parteipoliti- scheu Gesichtspunkten eingegeben, sondern von vaterlän- dischen, und wenn man uns in Zukunft auch wieder anti- national nennen wird, so ivird Las an der Macht der Tatsachen zerschellen.(Lebhafter Beifall im Zentrum.) Abg. Graf v. Könitz (K.): Durch die feste, zielbewußte Haltung unserer Regierung, die zur rechten Zeit das rechte Wort sprach, ist der Friede gesichert, ein Wcltbrand verhindert.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Oesterreich vertritt eine gerechte Sache!(Redner sucht diese Be- hauptung zu beweisen, indem er sich in breitester Ausführlichkeit und unter größter Unaufmerksamkeit fast des ganzen sehr zu- sammengeschinolzenen Hauses über die diplomatische Geschichte und Vorgeschichte des Vertrages von San Stefano und des Berliner Friedens ergeht.) Ich frage, mit welchem Recht verlangt Serbien Kompensationen? Serbien ist undankbar. Es vergißt, daß Oesterreich es 1886 vor den siegreichen Bulgare» gerettet hat. Gewiß hat Rußland berechtigte Interessen auf dem Balkan , aber die russischen Interessen lassen sich mit den österreichischen sehr wohl in Einklang setzen. Wir haben mit Rußland gewichtige gemeinsame Interessen: sie umfassen nicht nur unsere monarchischen Institutionen(Aha! bei den Sozialdemokraten), sondern das ganze politische Gebiet. Es ist bedauerlich, daß gewisse politische Strö- mungen Rußlands an der Störung des harmonischen Verhältnisses zwischen Rußland und Deutschland arbeiten. Mit Unrecht schreibt man uns in England aggressive Absichten zu. Ich bin aber über- zeugt, daß man durch die ewigen Friedensbeteuerungen nur das in gewissen englischen Kreisen herrschende Mißtrauen verstärkt. (Sehr wahr! rechts.) Ich verzichte daher darauf, den Eindruck der Erklärung des Herrn v. Schorn in der Budgetkommission durch weitere Ausführungen abzuschwächen und erneut in die Friedens- trompete zu blasen. Ich begnüge mich mit dem Ausdruck der Ge- nugtuung über die Aeußerungen hochangesehener englischer Staats- uiänner, die das Mißtrauen ihrer Landsleute gegen Deutschland als unberechtigt bezeichnet haben. Die außerordentlich herzliche Aufnahme des englischen Königspaarcs in Berlin müßte doch alle Engländer vom Wohlwollen Deutschlands überzeugen. Redner feiert zum Schluß das Verdienst des Reichskanzlers um die Er- Haltung des Weltsriedens. Dadurch hat Fürst Bülow der Welt Milliarden Gut und Ströme Blut erspart. Hätte er nichts tveiter getan, dies allein würde seinem Namen Fortdauer in der Geschichte sichern. Der schönste Lorbeer ist der Dank des Vaterlandes.(Leb- hafter Beifall rechts.) Abg. Basserma»,,(natl.): Die Ereignisse der letzten Zeit haben die Wichtigkeit des Dreibundes und den Wert unserer Freundschaft für Oesterreich llärlich bewiesen, sie haben aber auch bewiesen, daß unser starkes Reichsheer die beste Gewähr des Weltfriedens ist.(Lebhafte Zu- stimmung rechts und bei den Nationalliberalen.) Ohne dieses wären wir vielleicht einem russisch -deutschen Kriege nicht entgangen. Man soll nicht so unbedingt über Serbien de» Stab brechen. Der Wunsch eines Zusammenschlusses der serbische» Nation ist berechtigt, mindestens begreiflich. Die heftige Erregung macht Uebertreibungen erklärlich. Die förmlich hypnotische Hoffnung Serbiens auf Ruß- land tat ein Ucbriges. Wir freuen uns, daß durch dasEingreifen" des Kronprinzen von Serbien die Lage geklärt ist!!(Schallende Heiterkeit.) Von einer Konferenz versprechen wir uns nicht allzuviel.(Vielfache Zustimmung.) Hoffentlich ist die Zeit internationaler Erregung über die Balkan - wirren vorüber. Am besten werden die Differenzen durch die Beteiligten selbst geregelt. Jedenfalls freuen wir uns über die Erhaltung des Weltfriedens und über die Verdienste, die sich die deutsche Diplomatie dabei erworben hat.(Lebhafte Zustimmung.) Wir freuen uns auch über das Marokkoabkommen und wün- schen, daß es Deutschland und Frankreich näher bringen möge. (Vielfache Zustimmung.) Ich will nicht untersuchen, ob das lieber- einkommen nicht früher hätte erreicht werden können(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten), auch nicht, ob die Vorteile für Deutschland wirklich so gering sind, wie sie von gewissen Seiten dargestellt werden. Man muß Einfluß auf die ausländische Presse zu nehmen suchen selbstredend denke ich dabei nicht an Be- stechung.(Heiterkeit.) In dieser Hinsicht könnten unsere Diplo- maten viel von den französischen lernen.(Sehr wahr!) Falschen, deutschfeindlichen Ausstreuungen muß prompt und auf der Stelle entgegengetreten werden. Was England betrifft, so ist es falsch, dortige deutsch - feindliche Stimmungen von der Verstärkung der deutschen Flotte abzuleiten. Wir wünschen ein möglichst inniges Verhältnis zu England und freuen uns auf das herzlichste über den Besuch des englischen Königs. Wir haben wiederholt unserem Wunsche Aus- druck gegeben, daß es möglich sein möge, auch über 1912 hinaus das Bautempo unserer Flotte nicht zu beschleunigen. Wir wün- schen eine achtunggebietende Flotte zum Schutze der beut- schen Interessen, nicht aus Feindschaft gegen England. Das ist der Sinn unserer nationalen, wohlerwogenen Flotten- Politik.(Lebhaftes Bravo? bei den bürgerlichen Parteien.). Die sehr im Gegensatz zu früheren Jahren fast debattelos erfolgte Annahme des diesjährigen Marineetats war ein schönes, wohlvcr- dientes Vertrauensvotum für den Staatssekretär der Marine.(Leb- hafte Zustimmung bei den bürgerlichen Parteien.) Die Sozialdemokraten haben eine Resolution eingebracht, welche Schritte zu einer internationalen Verständigung der Mächte zur gegenseitigen Beschränkung der Scerüstungen und zum Ver- zicht auf das Prisenrecht fordert. Wir können nur dem zweiten Teil zustimmen. Dagegen müssen wir bezweifeln, ob die gewiß wünschenswerte Beschränkung der Rüstungen sich erreichen läßt. Eine Konferenz über diesen Gegenstand müßte sich mit einem ganzen Komplex von Fragen beschäftigen. Redner endet mit einer leise gesprochene«, daher auf der Tribüne kaum verständlichen Lob» Hymne auf Deutschlands Macht und Herrlichkeit, Stärke und Würde, Friedensliebe und Kriegsbereitschaft.(Lebhafter Beifall bei den Nationalliberalen.) Abg. Schräder(freis. Bg.): Ob unser Marokkoabkommen mit Frankreich wirklich so bedeu- tcnd ist, wie hier mehrfach behauptet wurde, muß erst die Zukunft lehren.(Sehr richtig! bei den Freis.) Jedenfalls wäre es besser gewesen, von Anfang an Frankreich gegenüber d-ie Bahn zu be- schreiten, die jetzt betreten ist. Daß unsere Regierung sich anläßlich der Balkanfragcn von vornherein auf die Seite Oesterreichs gestellt hat, billigen wir, wenngleich ich es nicht für klug halten kann, daß Oesterreich gerade jetzt durch Vorrvahme der Annexion der besetzten Provinzen die Frage aufgerollt hat. Im übrigen wäre zu wünschen, daß man den Balkan sich selbst überläßt, dann wird am ehesten Ruhe und Frieden dort einkehren. Bezüglich der Frage, die im englischen Parlament in der letzten Zeit so viel Aufregung hervorgerufen hat, kann ich nur sagen, daß unser Flottenbauplan im Etat und durchGesetzfo st gelegt ist: deshalb kann ich die Aufregung in England nicht recht begreifen. Ein Interesse an der Verminderung der Rüstungen haben alle Nationen, sie könnten dadurch Mittel für Kulturausgaben gewinnen. iSehr richtig! links.) Aber gerade letzt können wir die von den Sozialdemokraten eingebrachte Reso- lution nicht für angebracht halten.(Bravo I bei den Freis.) Abg. Ledebonr(Soz.): Ich muß zunächst entschiedene Verlvahrung einlegen gegen die Luslegung, die Herr Bassermann heute hier der Tatsache gegeben hat, daß bor einigen Tagen bei der Beratung des Marinebudgets zu dem Titel Staatssekretär keine Wortmeldungen erfolgt sind. Er legte das so aus, wie es auch fälschlich bereits in der Presse ge- schehen ist, als sei ein allseitiges Einverständnis darüber erzielt worden, daß dadurch eine Art Vertraucnslundgebung für den Ma- rineminister gegeben werden sollte.(Sehr richtig! rechts.) Das mag von Verschiedenen von Ihnen beabsichtigt worden sein, das hat man uns aber nicht gesagt.(Lachen rechts.) Gewiß, wir verlangen nicht, daß Sie uns in Ihr Vertrauen ziehen; wenn Sie aber eine Handlung beabsichtigen, von der Sie wollen, daß Sie nachher als gemeinsame Kundgebung des Reichstages ausgegeben wird, dann sind Sie aller dings verpflichtet, uns davon Mitteilung zu machen, und wenn Sie das nicht tun, so ist es«ine Täuschung. (Sehr wahr! bei den Soz.) Uns ist nur gesagt worden, es bestände der Wunsch, die Erörterung unseres Verhältnisses zu England zu vertagen auf wenige Tage, bis wir endlich einmal das Vergnügen haben würden, den langentbehrten Herrn Reichskanzler hier zu sehen(Heiterkeit), der uns als allein verantwortlicher Minister auch allein die notwendige Auskunft über diese zweifellos sehr wichtige Frage geben könnte und würde. Nur unter dieser Voraussetzung, daß die Frage heute gründlicher und besser durchgesprochen werden könnte, ist von unserer Seite die Zustimmung damals erteilt worden. Wir verwahren uns also entschieden gegen die falsche Aus- lcgung, als sei eine gemeinsame Kundgebung des Reichstages ge- plant.(Zurufe rechts: Der bürgerlichen Parteien!) In der Presse und auch in den AuSfübrungen des Herrn Bassermann war von einer Kundgebung des Reichstages in der Flottcnfrage die Rede.(Sehr wahr! bei den Soz.) Was nun> die gründliche Auskunft des Herrn Reichskanzlers" anbetrifft, so muß ich sagen, ich habe bei reichskanzlerischen Aus. künften noch nie so das Gegenteil von Gründlichkeit erlebt wie diesmal.(Heiterkeit.) Gründlich mutz die Frage hier jedenfalls er- Lrtert werden. Sie geben sich einer merkwürdigen Illusion hin, wenn Sie glauben, die Sache bei uns so nebenbei behandeln zu können. In England hat die Angelegenheit das größte Aufsehen erregt und Mißstimmung gegen Deutschland hervorgerufen. Herr Schräder hat in wohlwollender Weise, wie er alles behandelt (Heiterkeit), auch zu unserer Resolution gesprochen, meinte aber, sie sei nicht zeitgemäß, das müßte bei anderer Gelegenheit er- Lrtert werden. Ich möchte wirklich wissen, wann wohl ein gecig- neterer Zeitpunkt kommen soll als jetzt: durch eine Kundgebung des Reichstags in diesem Sinne die Mißstimmung in England gegen- über Deutschland und die englischen Befürchtungen vor den deutschen Plänen zu beruhigen. Die ganzen Verhandlungen über die aus- wältige Politik sind immer wieder hinausgeschoben worden. Der Reichskanzler wird zweifellos seine Gründe dazu haben. Ich nehme an, er wird sie uns noch mitteilen.(Heiterkeit.) Um so mehr muß nun jetzt diese wichtige Frage der auswärtigeu Politik erledigt werden. Ich möchte hier ein Wort von Goethe zitieren: Wa's n ütz t e s v i el v o n S t i in in u ng r? d e n. de m Za u- dernden erscheint sie nie!" Worin liegt die Bedeutung des Vorganges? Der englische Marineministcr gab zur Motivie­rung der neuen Forderung von vier Dreadnoughts und vier E v e n t u a l- Dreadnoughts für das nächste Jahr Tatsachen an über den Stand der deutschen Rüstungen: Die englische Regierung sei jetzt dahinter gekommen, daß Deutschland im Herbst 1912 17 Dreadnoughts zur Verfügung haben würde, wobei er die großen Kreuzer mitrechnete. Und England stände daher vor der Gefahr. überholt zu werden. Noch einen viel bedeutsameren Eindruck auf das englische Unterhaus machte d i e Mitteilung, daß in der letzten Zeit auf den privaten und staatlichen Werken in Deutschland sowohl der Bau großer Schiffe wie auch die Herstellung von Aus- rüstungsmaterial außerordentlich gesteigert sei. Der Minister sprach zwar als Fachmann seine große Anerkennung für diese außerordent- liche schnelle Produktion in Deutschland aus, betonte aber zugleich, daß es den englischen Werften schwer fallen würde, nachzukommen. Ader auch diese Mitteilung brachte die Erregung noch nicht auf den Höhepunkt. Dies geschah erst bei den Mitteilungen des Minister- Präsidenten Asquith über Verhandlungen zwischen Deutschland und England wegen der Abrüstung. Der Minister erklärte, die englische Regierung sei wiederholt an die deutsche Regierung mit Anregungen für ein«. Abrüstung herangetreten. Es ist damals irrtümlich in der deutschen Presse berichtet worden, daß von England aus formale Vorschläge dieser Art ausgegangen seien. Ich vermute, daß sich darauf die ver- neinende Antwort des Staatssekretärs v. Tirpitz bezogen hat. Der Widerspruch dieser Erklärung mit den Ausführungen des Ministers Asquith hat sich dann später aufgelöst, als in einer Sitzung der Budgetkommiission Herr v. Schorn eine schriftliche Erklärung des Reichskanzlers vorlas, in'der zugegeben wurde, daß von England aus allerdings formlose Anregungen wegen der Abrüstung zur See an Deutschland ergangen seien. Ich niuß mein Bedauern darüber aussprechen, daß der Reichskanzler, als im vorigen Jahre Herr Hausmann die Frage an ihn stellte, eine Antwort gab, die, um mit Herrn Schräder zu sprechen, diplomatisch, aber nicht staatsmännisch war, insofern als die Oeffentlichkeit davon einen ganz anderen Eindruck über die Sachlage gewann als es den Tatsachen entsprach. Ich berufe mich auf ein Wort des Herrn Reichs- kanzlers: Mit Finesierien kommt man nicht weit in internationalen Angelegenheiten.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die Erklärung des Herrn v. Schoen deckt sich vollkommen mit den Be- merkungen des Ministers Asquith . Nur in einem Punkte nicht. Minister Asquith teilte außerdem noch mit: Bon der deutschen Regierung sei wiederholt und in der formellsten Weise der englischen Regierung erklärt worden, daß sie aus eine solche Anregung nicht eingehen könne!(Hört! hört! bei den Sozialdemo- kraten.) Mehr als einmal und in der formellsten Weise ist von der deutschen Regierung versichert worden, daß ihre Marineausgaben allein durch die Rücksicht auf ihre eigenen Be- dürfnisse bestimmt werden, und daß ihr Flottenprogramm von dem englischen nicht abhängig sei.(Hört! hörtl bei den Sozialdemokraten.) Und diese Tatsache der formellsten Ab- lehnung, der unter der Hand in formloser Weise vorgebrachten An- regungen ist es, die zunächst im englischen Parlament und in ganz England diese Panik geradezu hervorgerufen hat. Die Regierung, da» Parlament und die Mehrheit der herrschenden Klassen haben daraus den Schluß gezogen, daß Deutschland sich mit bösen Absichten gegen England trage. Der irländische Abgeordnete John Will hat den Eindruck, den die Ausführungen Asquiths im Unterhause machten, mit folgenden Worten geschildert: 'Als der Premierminister nach seiner Rede sich niedersetzte, blickte der Präsident in das Haus hinein, und das Haus blickte aüf den Präsidenten, und drei bis vier Minuten lang erhob sich niemand, um sich zum Wort zu melden. Das bedeutete, daß die Rede des Premierministers eine Panik im Unterhause hervor- rief, wie sie eine Panik im ganzen Lande hervorgerufen hat." (Hört! hörtl bei den Sozialdemokraten.) Sie(nach rechts) amüsieren sich ausgezeichnet, Sie betrachten das als guten Scherz. Es ist sehr bezeichnend für Ihr Verständnis für internationale Be- Ziehungen, daß Sie es als Anlaß zum Amüsement auffassen, wenn eine Aktion der deutschen Regierung bei der englischen Regierung, im Unterhause und in den herrschenden Kreisen Englands die Be- fürchtung erweckt, daß Deutschland mit dem Plan umgeht, England mit Krieg zu überziehen.(Zuruf rechts: Wir denken nicht daran!) Aber in England ist der Eindruck erweckt worden, und das amüsiert Siel(Llbg. Dr. Arendt, Rp.: Wir lachen nicht über die Engländer, wir lachen nur über Siel) Durch die Verhandlungen des eng- lischen Unterhauses zieht sich diese Befürchtung wie ein roter Faden. Es entspricht nicht der Würde des deutschen Reichstages, daß man Wer cm solche bedenkliche Tatsache, daß eine tiefgehende Verstim- mung gegen Deutschland in England durch die Aktion der deutschen Regierung hervorgerufen ist, nach der Methode des Dr. Arendt mit faulen Witzen hinweggeht.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozial- Demokraten. Vizepräsident Kacmpsf: toie dürfen einem Mitgliedc des Hauses nicht vorwerfen, daß es faule Witze macht.(Schallende Heiterkeit.) Abg. Ledebour(Soz.): Ein Mitglied des englischen Unter- Hauses führte aus, daß die Präparation aus einen Seekrieg des- halb so gefährlich sei, weil bei dem Ausbruch eines Seekrieges die kriegführenden Mächte sich gegenseitig zu überfallen pflegen, und daß das Wettrüsten zwischen England und Deutschland zu einer Situation führen könnte, daß eine der Mächte sagt:Jetzt müssen wir losschlagen, womöglich durch einen Nachtangriff, wenn wir die Oberhand noch bc- halten wollen!" Die Minister drücken sich natürlich viel höflicher aus, aber hinter dieser Höflichkeit verbirgt sich die Befürch- tung, daß man in Deutschland die Rüstungen so weit treiben will, um einen siegreichen Krieg gegen England führen zu können. Welche Konsequenzen hat das? Im englischen Unterhaus wird heute ein Mißtrauensvotum der Konservativen gegen die Regierung beraten, durch welches die Regierung gestürzt werden soll, weil sie nicht ge- nügcnd für die Verteidigung des Landes gegenüber Teutschland Sorge getragen!(Zuruf rechts: Wird ja abgelehnt!) Der Meinung bin ich auch, aber die Tatsache, daß die kouscrvative Opposition bei dieser Gelegenheit ein Mißtrauensvotum wegen un- genügender Rüstungen zur See einbringt, ist ein Beweis für die Stimmung in England. Damit wollen die Konscr- vativen ihren Sieg für die nächste Wahl vorbereiten. Wenn jetzt Neuwahlen stattfänden, so würde da» gegenwärtig liberale Ministerium mit überwältigender Majoriät weggeblasen werden, weil nach der Auffassung der herrschenden Bourgeoisie die englische Regierung mit den Rüstungen gegen Teutschland ins Hintertreffen gekommen ist und weil auf die englische Anregung zum Ein- halten im Wettrüsten seitens der deutschen Ncichsregicrung eine ablehnende Antwort erfolgt ist. Das ist eine sehr bedenkliche Situation; geben Sie sich darüber keiner Täuschung hin! Es kann dem Deutschen Reiche nicht gleichgültig sein, wenn in einer großen Kulturnation wie der englischen eine Stimmung.gegen Deutschland Platz greift, die dem Ministerium nahelegt, die erste Gelegenheit zu benutzen, um das Prävenirc zu spielen und Deutschland zu über- fallen.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Bon den beut- schen Chauvinisten wird genau in demselben Sinne wie von den englischen Jingos gehetzt. Erst jetzt ist wieder ein Artikel dcS in» timslen Freundes von Herrn Arendt, des Dr. Peters, erschienen, worin ein Krieg zwischen England und Deutsch - land für unvermeidlich erklärt wird! Herr Arendt glaubt, hier über diese Gefahr lachen �u. dürfen, aber sein Intimus Peters, zwar nicht Fleisch von seinem Fleische, aber Geist von seinem Geiste,(schallende Heiterkeit) hält den Krieg für unvermeid- lich. Das zeigt, wie die chauvinistischen Hetzer an der Arbeit sind ,um die beiden Völker aneinander zu hetzen. Glücklicherweise sind im englischen Unterhause auch andere Stimmen laut ge- worden, die sich in aller entschiedenster Weise gegen die Kriegs- Hetzereien gewendet haben, das sind die Mitglieder der Isdour pari;, die englischen Sozialisten. Während man bei den Konservativen und Liberalen der Ab- Neigung gegen Deutschland auf das schärfste Ausdruck gab, erklärte ein Mitglied der laboiw party: Wir auf diesen Bänken sind der Ansicht, daß kein Streit zwischen den deutschen und britischen Arbeitern besteht. Ter Feind des britischen und des deutschen Arbeiters ist nicht Deutsch- land und nicht England, den Feind haben sie in ihrem eigenen Lande, das sind die kapitalistischen Klassen, gegen welche sie sich organisieren müssen.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenn das nicht der Fall wäre, so würde ich nicht hier stehen. Wir wollen den deutschen Arbeitern von unseren Plätzen in diesem Hause zurufen: Wir kämpfen für die Aufrechterhaltung des Friedens in unserem Lande, wie ihr im Reichstage es tatet; auch wir bekämpfen alle diese Rüstungen, und die sozialistischen Vertreter, die Arbeitervertretcr, müssen sie auch in diesem Hause belämpfen." Das unterschreiben wir vollständig.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Wir fühlen uns eins mit den Sozialisten im Unterhause, mit den Vorkämpfern des englischen Proletariats, mit der Bekämpfung aller dieser Bestrebungen, die darauf hinaus- gehen, im Interesse der Kapitalistenklasse zwei große Völker anein- ander zu hetzen. Es liegt im Interesse beider Länder, daß endlich dem Wettrüsten ein Ende gemacht wird. Das ist eine Schraube ohne Ende, die schließlich zu einem Kriege führen muß und dem Staate die Mittel raubt, eine wertvolle Sozialpolitik im eigenen Lande zu betreiben.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) In England ist schon erklärt worden:wenn wir unsere Rüstungen verstärken müssen, so ist es unvermeidlich, daß wir die Ausgaben für Sozialreform einschränken", und auch hier haben wir kürzlich die Erfahrung gemacht, daß die Reichsregierung Maßregeln, die schon gesetzlich verbürgt waren, inhibiert hat, weil sie die Gelder, die dafür zur Verfügung standen, zu Rüstungen brauchte.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Bei dee sogenannten großen Zollreform wurde die Witwen- und Waisenversicherung versprochen, um den deutschen Arbeiter für die Zollgesetzgebung zu gewinnen, Auf Anregung des Zentrums, des Abgeordneten Trimborn, ist sogar eine gesetzliche Bestimmung hierüber in das Zollgesetz hinein- gebracht. Bor wenigen Wochen aber hat Herr v. Bethmann-Holl- weg ausdrücklich erklärt, an die Witwen- und Waisenversichernng sei nicht zu denken, weil wir das Geld dazu nicht haben!(Große Unruhe rechts. Zuruf: Das ist nicht wahr! Staatssekretär v. Bcthmann-Hollweg schüttelt mit dem Kopf.) Ausdrücklich wurde die Zurückstellung der Witwen- und Waisenversicherung mit der schlechten finanziellen Lage begründet.(Rufe rechts: Rein! nein! Bei den Sozialdemokraten lebhafte Zustimmung.) Eine Abhilfe der Kalamität, in welche die englische und deutsche Regierung durch das Wettrüsten hineingetrieben ist, liegt in der Anregung der englischen Regierung zur gegenseitigen Verstän» digung. Es ist auch unrichtig, wenn die deutsche Regierung erklärt hat, daß sie sich in ihren Rüstungen nur leiten lasse von ihrem eigenen Bedürfnisse. Woher hat sie denn die Anregung zum Bau von Dreadnoughts genommen? Etwa aus den Ticfeii des deutschen Gemütes?(Heiterkeit und Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Oder hat sie diese Anregung nicht durch den Bau von Dreadnoughts in England bclommen?(Sehr richtig! Verden Sozialdemokraten.) Noch ein anderes Beispiel dafür, wie die Anregung für den deutschen Schiffsbau aus anderen Ländern geholt wurde: Jahre» lang sahen wir in der Wandelhalle des Reichstags eingerahmte Bildwerke prangen mit graphischen Darstellungen der Flottenstärke der verschiedenen Nationen. Daß diese Gemälde(Heiterkeit£ei den Sozialdemokraten), bei denen man unwillkürlich an Kompagnien von Raupen dachte, die den Paradeschritt einüben(schallende Heiter. kcit), der ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts dienen' sollten, hat nicht einmal der Autor dieser Gemälde behauptet(er- neute schallende Heiterkeit); sie sollten Stimmung machen für Flottenvermehrung. Also immer war es die Rücksicht auf andere Länder, die bei den deutschen Flottcnfrage» in den Vordergrund geschoben wurde.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.). Es war der schwerste Fehler, den die deutsche Regierung auf ihr Konto gelade« hat, daß sie der Anregung der englischen Regierung auf Einschränkung der Flottenrüstungen mit Ablehnung begegnet ist. Wir halten es daher für sehr zeitgemäß, wenn der Reichstag gerade in dem gegen- wältigen Augenblick seine Bereitwilligkeit zur Einschränkung der Rüstungen unzweideutig zu erkennen geben wollte. Die psychologische Wirkung in England würde nicht ausbleiben. Um dem Reichstag zu dieser Kundgebung Gelegenheit zu geben, haben wir unsere Resolution eingebracht, welche