ttef bedenklich, wenn i'ctzt das eine der beiden großen KomPensationZ-objelte beseitigt wurde.(Lebhafte Zustimmung links.)Hiermit schlieft die Beratung.Eine lange persönliche Bemerkung de? Abg. Gothel»(stf. Vg.)geht im tobenden Lärm der Rechten und des Zentrums unter.Abg. Wölzl(natl.), der nunmehr daö Wort zu einer persönlichenBemerkung erhält, verzichtet unter stürmischer Heiterkeit aufs Wort.Vizepräsident Kaempf: Die Abstimmungen über die Anträgewerden persönliche< Stürmische Heiterkeit.), ich meine natürlichnamentliche sein. Zuerst wird abgestimmt werden über denAntrag Wölzl, dann über den Antrag der Kommission auf lieber-gang zur Tagesordnung.Abg. Basscnnaan lnatl.) zur Geschäftsordnung: ES dürfte ge-nilgcn. wenn nur über den Kommissionsantrag namentlich abgestimmt wiro.Abg. Singer sSoz.) zur Geschäftsordnung: Der Vorschlag deSHerrn Kollegen Bassermann erscheint nicht akzeptabel. Für denFall der Ablehnung des Kommissionsantrages müssen wir darausbestehen, dag auch über den Antrag Wölzl namentlich abgestimmtwird.(Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)Abg. Basseruian»(natl.) schlägt nunmehr vor, zunächst über denKommissionsantrag namentlich abzustimmen. Das Haus pflichtetdem Borschlage bei.In derAbstimmungwird der Kommissionsantrag auf Uebergang zur Tagesordnung mit233 gegen 61 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen angenommen.Es folgt die dritte Lesung des Antrag« Brandys(Pole) aufFreiheit des Grunderwerbs. Der Antrag wird debatte-los in einfacher Abstimmung mit den Stimmen der Pole», Sozial-demokraten. Freisinnigen, des Zentrums und einzelner Mitgliederder übrigen Parteien angenommen.ES folgt die Beratung des Antrages Lattmann und Genossen(wirtsch. Vg). der den Reichskanzler um eine Abänderung deSPatentgesetzeS ersucht, durch welche die Erfindungender technischen Angestellten und Arbeiter diesen ingeistiger und materieller Hinsicht mehr als bisher geschützt werden.Äbg. Lattmann(wirtsch. Vg.): DaS Patentgesetz schützt nicht denErfinder, sondern die Erfindung. Ein Angestellter� hat daher nurdann ei»en Schutz, wenn feststeht, dast sein Dienstherr überhauptkeinen Anspruch ans die Erfindung besitzt. Dies einwandfrei fest-zustellen, ist aber fast niemals möglich. Die Erfindungen der An-gestellten für die Unternehmer reklamieren, bedeutet, die Angestelltenzu Leibeigenen degradieren. Die amerikanische Patentgesetzgebungist den Angestellten weit günstiger. Es liegt auch in wohl-verstandenem Interesse der Industrie, durch Gewinnbeteiligungden ErfindungSgeist der Angestellten zu fördern. Arbeitgeber undArbeitnehmer müssen zu der ersprießliche» Lösung dieser Fragein gleichem Maße herangezogen werden, und die Regierung soll un-parteiisch Stimmen aus beiden Lagern hören.Abg. Dorn(frs. Vg.): Es hätte kaum des Antrages bedurft, umdie Regierung zu veranlassen, die Initiative zur Regelung der be-rührten Frage zu ergreife». Sie ist aber außerordentlich schwierig.Denn wie will man feststellen, ob der Anmelder einer Erfindung auchder Erfinder ist, waS unser Patentgesctz voraussetzt I Wir könnendoch nicht bestimme», daß ein Angestellter seine Erfindung nichteinem anderen überlassen darf. Das würde dem Fortkommeneines Angestellten und der Verwertung seiner Erfindung unterUmständen in höchstein Maße hinderlich sein. Der Chef ist keines-lvegs innner der„Ausbeuter", sondern vielfach bedarf eine Er-findung eingehender Durcharbeitung, und cS läßt sich nachher garnicht sagen, wieviel der einzelne an der Erfindung getan hat. Allediele Schwierigkeiten würden geprüft werden, auch wenn wir denAntrag nicht gestellt hätten. Da er aber gestellt ist, werden wirihm zustimmen.(Bravo I bei den Freisinnigen.)Abg. Dr. Jimck(natl.): Die Frage, um die eS sich handelt, wirderst bei einer Reform des ganzen Patentgesetzes geregelt werden.Trotzdem werden wir auch heute schon dem Antrage zustimmen.Getan ist damit freilich sehr wenig, wenn nicht zugleich gesagt wird.wie die Frage geregelt werden soll, und da hat ja der Vorrednerauf die große» Schwierigkeiten hingewiesen. Einen gangbaren Wegscheint die österreichische Gesetzgebung zu gehen, nach welcher solcheKulivcrträge, in denen die Angestellten auf jeden Nutzen an ihrerErfindung verzichten, rechtliche Bedeutung nicht haben.Abg. Racken(Z.): Auch meine politischen Freunde werden demAntrage zustimmen, da auch wir die Zustände auf dein Gebiete»An-gestellten- Erfindungen" für überaus reformbedürftig halten.Abg. Dr. Frank-Mannheim(Soz.):Auch meine Freunde werden dem Antrage zustimmen. Aber dieeinheitliche Zustimmung, die der Antrag hier findet, ist nicht einBorzug, sondern eine Schwäche des Antrages. In der Dis-lussion ist festgestellt, daß sich bei diesem Antrag die aller-verschiedensten Meinungen zusammenfinden, baß aber durch dieAnnahme des Antrages für die Arbeiter und Angestellten nichtviel gelvonnen wird. ES wird eine allgemein gehaltene Sympathie-kundgebung für eine soziale Ausgestaltung deS Patentrechts verlangt,und wir haben gehört, daß unter Weiterausgestaltung jeder sichetwas anderes denkt. Meine Freunde halten es für notwendig, diePersönlichkeit des Angestellten und Arbeiters gegenüber der Ueber-macht des Kapitals, namentlich deS großen Unternehmers, zuschützen. Dieselben Großbetriebe, welche eS verstehen, durchKonventionalstrafe und Konkurrenzklauseln jeden Verrat auch deskleinsten GesckästSgehennnisses zu verhindern, scheuen sich nicht, indie geistige EigentumSsphäre des Arbeiters einzugreifen. WaS da-gegen geschehen soll, ist von allen Rednern in erschöpfender Deutlich-keit behandelt.Einig ist daS Haus darin, daß das Namcnsrecht dem Erfinderunbedingt sichergestellt werden soll. Anders steht eS mit der Frageder Entschädigungspflicht; da sind die Herren vorsichtig inweitem Bogen herumgegangen. Wir meinen, daß die Eni-schädigung gesichert werden muß, und schrecken auch nichtdavor zurück, es zu zwingenden, Recht zu gestalten, damitsie nicht durch Verträge wieder wegeSkamotiert wirb. Jnter-essant war mir, von Herrn Lattmann das Eingeständnis zu hören,daß durch die EntWickelung, die� die Dinge genommen haben, derKapitalismus sich als ein Hemmnis für die Erfindungen erwiesenhat. Der Grund ist. wie Herr Lattmann sagte, daß derAnreiz für den Erfinder fehle. Sonst macht nian es demSozialismus zum Vorwurf, daß bei Verwirklichungseiner Ideen der Anreiz zu Erfindungen fehlen würde. Dadarf ich wohl erwähnen, daß schon Weitling in seinen„Garantien"besondere Anreize für die Erfindung gegeben hat. So hat er per-langt, daß diejenigen, die etwas erfinden, in die Regierung auf-genommen werden. Allerdings weiß ich nicht, ob das zu allenZeiten als Anreiz empfunden wird.(Heiterkeit.) Jedenfalls werdenmeine Freunde jedem Antrage zustimmen, der geeignet ist, das Rechteines Angestellten an seine Erfindung zu sichern.(Bravo I bei denSozialdemokraten.)Damit schließt die Beratung. Der Antrag wird einstimmigangenommen.Die Tagesordnung ist erschöpft. Nächste Sitzung:Donnerstag 2 Uhr.(Resolution Ablaß und Genossen(frs. Bp.)betr. Getreideeinfuhrscheine nebst den zu dieser Materiegehörenden Petitionen.)Schluß T-U Uhr.Hbgeordmtcnbaiid*68. Sitzung, Mittwoch, den 21. April,nachmittags 2 Uhr.' Am Ministertische: v. Arnim.Die zweite EtatSberatung wird fortgesetzt beim Etat derA n s i e d e l u n g S k o nr m i s s i o n f ü r W e st p r e u ß e n undPose n. Mit zur Beratung steht die Anweisung des Ministeriumszur Ordnung deS Geschäftsganges der SnsiedelnngSkommifsion unddie Denkschrift über die Ausführung deS Ansiedelungsgesetzesseit 1963.Die Bndgetkommission beantragt, den Etat unverändert zu ge-nehmigen und die Denlsidrift für erledigt zu erklären.Abg. Dr. S e y d a(Pole): Die ganze AnsiedelnngSpolitik hatnur den Zweck, die Polen von der Scholle zu verdrängen»ndlandlos zu machen, und zwar nur aus dem Grunde, weil diePolen ihre Nationalität nicht aufgeben wollen. Die Statistik inder Denkschrift steht in Widerspruch mit der Statistik des H. K. T.-Vereins, sie ist tendenziös gefärbt, denn sie spricht voneinem Vordringen des PolentumS, während der Ostmarkenverein,der uns doch gewiß nicht wohlgesinnt ist, nichts davon weißund im Gegenteil ein Vordringen des Deutschtums konstatiert. Dieletzte Ansiedelungsnovelle widerspricht der Verfassung und außerdemnoch dem ReichSgcsetz über die Freizügigkeit. Man geht gegen diePolen in der rigorosesten Weise vor; selbst einer Dame, die für sichund ihre Kinder zum Sommeraufenthalt eine Villa bauenlvollte, hat man die Ansiedelungsgenehmigung verweigertauf Grund des Z 13 b des Ansiedelungsgeictzes. Ich frageSie nun: Wie kann das Deutschtum dadurch geschädigt werden,daß eine Frau für sich und ihre Kinder eine Villa baut?(Beifallbei den Polen.)Eingegangen ist ein Antrag des Abg. v. Wcntzcl(k.), durchden die Regierung ersucht wird, die Besitzsestigung größerer Gürerin der Ostmark nach Maßgabe des Gesetzes vom 20. Marz 1903nicht durch die Deutsche Bauernbank in Danzig und die DeutscheMittclstandsknsse in Posen(Gesellschaften mit beschränkter Haftung),sondern durch die AnsicdeluugSIoinmission für Westpreußen und Posenausführen zu lassen.Abg. Glatzcl(natl.): Auf die verfassungsmäßigen Bedenken desVorredners will ich nicht eingehen. DaS HauS hat selbst entschieden,daß das Ansiedelungsgesctz der Verfassung nicht widerspricht. Ichhätte übrigens von dem Borredner eine ganz andere Rede erwartet.Ich hatte gedacht, daß er seine Freude darüber ausgesprochenhätte, daß das Enteignungsgesetz noch nicht angewandt worden sei.(Lachen bei den Polen.) Das Enteignungsgesetz hat übrigensjetzt schon seine gute Wirkung ausgeübt, da der Preisder Güter um 291 M. pro Hektar heruntergegangen ist.Meine Freunde werden die Ansiedelungspolitik der Regierung auchweiter unterstützen. Daß im vergangenen Jahre weniger Güter an«gekaust worden sind, beklage ich nicht. Der Zweck des Ansiedelungs-gesetzeS ist nicht, die Polen auszukaufen, sondern dafür zu sorgen,daß der deutsche Charakter der Ostmark deutlich offenbar wird. Wirsind mit der bisherigen Handhabung deS Ansiedclnngsgesetzcs ein-verstände» und lverden die Regierung nicht drängen, ein be-schleunig teres Tempo einzuschlagen. Wir werden gern die Mittelzur Fortführung dieser Politik bewilligen. Wir wollen die Polennicht reizen, müsse» aber auf der Hut lein.Abg. Wolff-Lissa(frs. Bg.): Die Unterstützung, die die An-siedelungskommisston den Raiffeisenschen Genossenschaften gewährt,hat unerträgliche Zustände in der Ostmark geschaffen. Besondersrichtet sich die staatliche Aktion gegen den jüdischen Handelsstand. DiePolen machen es anders. Infolgedessen geht der deutsche Mittelstandzurück, während der polnische zunimmt. Die Regierung muß deshalbschleunigst umkehren und mit der Ueberspannung deS Genossenschasls-Wesens aufhören. Geklagt wird darüber, daß die Verpachtung derJagden auf den AnstedelungSgütern meistens freihändig erfolgt zusehr niedrigen Preisen, und zwar meistens an RegiernngSbeamte.Abg. Wolff- Gorki(k.): Auf die Klagen der Polen will ich nichteingehen, das Gesetz besteht einmal zu Recht und die Polen iniissensich damit abfinden. Auch nieine Freunde sind nicht damit ein-verstanden, daß das Genossenschastswesen überspannt wird. Doch istnicht ein Beweis dafür erbracht worden, daß dieS wirklich in großemUmfange geschehen ist. Meine Fraktion ist im wesentlichen mit demEtat und mit den Grundzügen der Ansiedelungspolitik einverstanden.Wir bitten jedoch darum, daß die einzelnen Titel des Etats etwasmehr spezialisiert werden; eS sind Posten von 22 und 25 Millionendarin, da müssen uns doch genauere Angaben gemacht werden.Auch wir erkennen eS als eine gute Wirkung des Gesetzes von 1908an, daß die Güterpreise etwas heruntergegangen sind; doch meinenwir, daß es nicht gut ist, wenn die Preise allzusehr herunter-gehen. Man sollte mehr als bisher die deutschen Banernsöhne berück-sichtigen. Bedauerlich ist eS, daß eS noch nicht gelungen ist, vieleKatholiken anzusiedeln. DaS Zentrum sollte uns unterstützen, derPolonisierung der deutschen Katholiken entgegen zu arbeilcn.ZAbg. StrSbel(Soz.):Daß die Erfolge der Ansiedelungspolitik äußerst minimale sind,kann kein Mensch bestreite». Seit 1386, also seit über 20 Jahren,sind im ganzen 15 000 Ansiedler angesiedelt worden.(Hört I hört lbei den Sozialdemokraten.) Das ist eine außerordentlich geringeZahl, die gar nicht ins Gewicht fällt gegenüber der starken Ver-mehrung der polnischen Bevölkerung. Also der wahre Elseck derAllsiedelnngspolitik. recht viele Deutsche im Osten ansässig zumachen, um einen Ausgleich für die Vermehrung der polnischen Be-völkernng zu habe», ist bisher nicht erreicht worden, und dürfte inZukunft ebensowenig erreicht werden. Man vergegenwärtigesich doch, daß von den 113 000 angesiedelten Personen nicht wenigerals der dritte Teil anS de» ÄnsiedelungSdistriktcn selbststammen, daß das zweite Drittel an« anderen TeilenDeutschlands sich zusammensetzt, während nur daS restlicheDrittel aus deutschen Einwanderern besteht.(Hört! hörtl bei denSozialdemokraten.) DaS ist das glorreiche Resultat einer22jährigcn Gerniainsierungsarbeit. die mit ungeheuerenKoste n verknüpft war. Die Gesamtausgaben belaufen sich auf551 Millionen Mark, die Einnahmen auf 156 Millionen Mark, sodaß ein Defizit von 393 Millionen Marl vorhanden ist.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) ES ist ja bekannt, daß die Ansiedelungskommission außerordentlich teuer arbeitetund daß sie für den Erwerb von Grundbesitz horrende Preise be-zahlen muß. 1890 wurden für ein Hektar Land 571 Mark bezahlt,1906 1419 Mark.(Hörtl hörtl bei den Sozialdemokraten.) Ichbegreife das Interesse der Großgrundbesitzer, daß diese Preise nichtwieder heruntergehen, denn sie haben bei dieser Germanisierungs-Politik ein glänzendes Geschäft gemacht.(Unruhe rechts,Sehr richtig! links.) Von 350 000 Hektar, die im Jahre 1908von der AnsiedelungSkommission erworben wurden, find 242 000Hektar, also annähernd 70 Proz. ans deutscher Hand erworben,und zwar befinden sich darunter 4ö1 Grohgiiter und nur 267 Bauern-wirtschaften.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wenn sogewaltige Flächen au« deutscher Hand angekauft worden sind, dannversteht sich ganz von selbst, daß die 451 Großgrundbesitzer, die ihreGüter verkaust haben, geradezuglänzende Geschäfte auf Kosten der Steuerzahlergemacht haben, verursacht durch die kolossalen künstlichen Preis-steigcriingen des Grund und Bodens im Osten.(Sehr richtig! beiden Sozialdemokraten.) Bei Lichte besehen ist also die ganzeGermanisicrungSarbeit nichts weiter als eine StaarSsubvcntivn fürdie notleidenden Agrarier.(Unruhe rechts. Sehr gut I links.)Interessant ist mir in diesem Zusammenhang die Bemerkung desVorredners, die Konservativen wünschten nicht, daß dieGüterpreise allzusehr herabgedrückt würden. Im Grundedenken die Großgrundbesitzer Par nicht daran, möglichst viel deutscheBauern in den Ostmarken anzufiedeln und dadurch das Deutschtumzu stärken. Das Vorgehen des Bundes der Landwirte,der den konservativen Herren doch nahesteht, hat denn auch bei denAnsiedlern den schärfsten W i d c r st a n d hervorgerufen.Der Bund der Landwirte hatte nämlich auf einer Versammlung inPosen eine Resolution angenommen, die für den mittleren und vorallem den Großgrundbesitz eintrat, der eine Voraussetzung fürdieFörderung des Deutschtums sei. DieResolution forderte Maßnahmerr,die geeignet seien, der fehlerhaften Entwickelmrg der An-fiedlungspolitik künftighin entgegenzuwirken.(Hört!hörtl bei den Sozialdemokraten.) Es solgte hierauf die große Ver-sammlung der Ansiedler in Gnesen, die den schärfsten Protest gegenjene Resolution de« Bundes der Landivirte erhob. Von diese» Än-siedlern wurde ganz richtig ausgeführt, daß die mit Unter-stützung der Führer des Bundes der Landwirte in Posen angenommeneResolution nicht im Interesse der Ostmarkenpolitik liege, die daraufhinausliefe, die Zahl der deutschen Bauern möglichst zu ver-mehren. Es wurde ausgeführt, daß fünfzehn kleine deutscheBauern für das Deutschtum unendlich wichtiger seien als ein Groß-grundbesitzer. Dos sind die wunderbaren Zustände, die in der Ost-mark bestehen! Ueberall wird nach Möglichkeit dasInteresse deS Großgrundbesitzesvertreten. Hunderte und Aberhunderte don Millionensind zu seinen Gunsten aufgewendet worden! Und das geschieht, trotzdemPreußen seinen Verpflichtungen gegen das Reich nicht gerecht werdenkann. Die gestundeten Matriknlarbeiträge haben bereits dieHöhe von einer Bicrtelmilliarde erreicht. Sie sollen überhaupt nichtmehr bezahlt werden. Als das Verhältnis zum Reich PreußenUeberschstffe einbrachte, da steckte es alles freudig ein. Aberjetzt, wo gezahlt werden soll, da drückt es sich, nur um dennotleidenden Agrariern entgegenzukommen.(Lachen rechts.) DasLachen wird Ihnen schon vergehen, sogar die Bauern wollenvon Ihnen nichts mehr wissen. Dr. Roesicke, der Direktordes Bundes der Landwirte, hat auf der Ansiedlerversammlung inGnesen böse Erfahrungen machen müssen, und Herr Dr. Hahn hatauf dem Mittelstandstag in Berlin nicht viel besser abgeschnitten.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten. Unruhe rechts.; DieMitlelständler haben eben auch eingesehen, daß st: sich vonden Konservativen zu lange haben mißbrauchen lassen.Jedenfalls steht fest. daß Sie mit Ihrer Germanisierungs-Politik so gut wie nichts erreicht haben, daß keineVerschiebung der Bevölkerung zugunsten deSDeutschtums eingetreten ist und daß dies auch in Zukunft nichtder Fall sein wird. Sie haben ja auch schon bereits ein Haar inder ganzen Polenpolitik gefunden,' Sie werden in Zukunft mitdieser Politik wie bisher nur eklatante Mißerfolge haben.(Sehrrichtig I b. d. Soz.) Mit der starken Vermehrung des Polen müssenSie als mit einer Tatsache rechnen, denn trotz aller künstlichen Maß-nahmen haben sich die Polen nicht nur im Osten vermehrt, sondernhaben auch andere weite Gebiete Preußens überflutet. In Berlingibt es bereits Hunderttausende von Polen, und in manchenGemeinden des Rheinlandes machen sie 20 Proz. der Bevölkerungans.(Hört! hört I bei den Sozialdemokraten.) Aber etwas habenSie doch erreicht: Sie haben den nationalen Geist unter denpolnischen Massen aufgewühlt. Von 337 000 polnischen Stimmen iinJahre 1903 stieg diese Zahl auf 454 000 im Jahre 1907.(Hört!hört! bei den Sozialdemokraten.) Von 1887 bis heute sind diepolnischen Stimmen sogar um daS Doppelte gewachsen.Zurückzuführen ist das auf diese Zwangspolitik gegenüber denPolen. Eine solch; Politik kann nicht anders bezeichnet werdenals einschmachvoller Akt der Gewalt.Diese Politik verstößt nicht nur gegen die einfachsten Grundsätzeder Gerechtigkeit, sondern gegen ein ganzes Bündel von Lerfassungs-und Gesetzesbestimmungen. Sie verstößt gegen den verfassungs-mäßigen Grundsatz der Rechtsgleichheit, gegen den§ 1 desFreizügigkeitsgesetzes, gegen das Bürgerliche Gesetzbuch. Manbekennt sich asto zu Grundsätzen einer rücksichtslosen Vergewaltigung!lind weshalb? Fürst B ü l o w hat gesagt, die Ostmarkenfrage isteine der wichtigsten Fragen der inneren Politik, von deren Lösungdie Zukunft unieres deutschen Baterlandes abhängt., Wenn mauetwas Derartiges hört, dann muß man doch den Eindruck bekomme»,als ob Fürst Bülow der Neberzeugung ist, jeden Tag sei eine pol-nische Revolution zu erwarten. Eine solche Auffassung aber beruhtauf einergeradezu beschämenden politischen Unkenntnis.(Unruhe recht«.) Die Zeit der politischen Insurrektionen für Polenist vorbei. Die polnische Bourgeoisie ist nicht mehr revolutionär.Beim Ausbruch der russischen Revolution ist eS zu keinerlei nationalen Erhebungen in Russisch-Polen gekommen. Die Klassenkämpfehaben überall, und so auch in Polen, die nationalen Erhebungenbeseitigt. Auch in Deutschland ist die Gefahr einer national-polnischen Erhebung geschwunden. Eine Absplitterung Polens istganz ausgeschlossen, es sei denn, daß Ereignisse einträten, so g e-w a l t i g und so grundstürzender Natur, daß Sic mitIhrem bißchen Ostmarkenpolitik dann auch nichts ausrichtenkönnen. Wenn einmal der Sozialismus ans Ruder kommt, dannwird auch den Polen das Maß von nationaler Autonomiegewährt werden, das jeder Volksgruppe anstands-halber z u st e-h t.(Unruhe rechts.) Statt dessen häufen Sic Ber-fassungsbruch auf Berfaffnngsbnich und haben selbst zur Zwangs-enteiiznung gegriffen. Uns kann es ja recht sein, denn Siegeben uns damit ein, schönes Borbild,wie wir es einmal machen können.(Abg. Kreth ruft: Dann wirdder Staatsanwalt schon einschreiten I) Selbst Dr. Porsch hat gesagt,daß nach dem Enteignungsgesetz der Staat über das Privateiaeniumverfügen könne, wie er wolle. Nun, wir werden auch einst überdas Privateigentum verfügen, aber dann nicht im Interesse der not-leidenden Agrarier, sondern im Interesse des gesamtenVolkes. Wir müßten ja eigentlich Schadenfreude empfinden überdiese Gesetzesmacherei. Hinzu kommen noch die Schikanen gegen diePolen auf anderen Gebieten, die Drangsalierung der polnischenVereine und Gewerkschaften und die Unterdrückung der Mutter-spräche. Hat man doch sogar einen Lehrer gemaßregelt, weil er imEhebett polnisch gesprochen hat.(Große Herlerkeit.) Prof. Delbrück(Aha l-Nufe rechts) hat von den nationalen Machtphrasen gegenüberden Polen gesprochen, und er hat damit recht gehabt. Wir lehnenden Ansiedelungsetat ab, wir protestieren gegen diese GernumsierrrngZ-Politik. Für die Unterbeamten, die ja je�t auch ihre Meinungausgesprochen haben, in ähnlicher Tonart wie wir hier(Zuruf rechts:Leiderl), war kein Geld da, für die Staatsarbeiter war kein Geldda und für die Bezahlung der SichrrhritSmänner im Bergbau eben-falls nicht. Aber hier sollenHunderte von Millionen verpulvertwerden. Wenn es in Preußen wirklich nichts mehr zu tun gäbe,dann sollte eS seine Ueberschnsse an das Reich abgeben, damit nichtimmer wieder die besitzlose Klasse um Hunderte vonMillionen an neuen Steuern ausgeplündert wird. Wir ver-langen eine vernünftige Politik, wir lehnen deshalb alle Ausgabenfür diese GermanisierungSpolitik ab. Wir tun das aus sozialenGründen, aus Gründen deS sozialen Fortschritts und auch aus demGefühl der nationalen Ehre heraus, die Ihre Gewaltpolitikbesudelt!(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)Präsident v. Kröcher: Der Ausdruck war wohl doch ein bißchenzu scharf!(Heiterkeit.)Abg. Dr. Rcwoldt(ff.): Herr Ströbel hat die ganze An-sicdelungspolitik durch eine schwarze Brille angesehen. Es ist keineRede davon, daß die Ansiedelungspolitik den Großgrundbesitzern zu-gute kommt. Die Steigerung der Güterpreise ist eine ganz natürliche:überall, wo eine größere Nachfrage ist, steigen die Preise. Wir sindim großen und ganzen mit der Ansiedelungspolitik der Negierungeinverstanden, wir wünschten nur, daß in größerem Maße landwirt-schaftliche Sachverständige gehört würden.Hierauf vertagt das Haus die Weitcrberatung auf Donnerstag11 Uhr. Außerdem stehen Initiativanträge betreffend Abänderungder KreiZordnung usw. auf der Tagesordnung.Schluß 6'/« Uhr.parlamentarifcbes.Im Senrorenkonvent des Reichstags hat man sich dahin ver»standigt. daß von nächster Woche an am DicnStag und Donnerstagkeine Plenarsitzung stattfindet, dainit die Kommissionen zwei volleSitznngötage in der Woche zur Förderung ihrer Arbeitenfrei haben.Zur Verhandlung im Plenum sind vorläufig in Aussicht ge-nommen die Beratung des Antrages wegen der Beschränkungder Einfuhrscheine auf die gleiche Art des ausgeführten