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fein, inwieweit das Gefek rüdwirkende Kraft für bestehende Ge­sellschaften haben solle.

Abg. v. Wohna( frk.): Wir hätten gewünscht, daß der Gesetz­entwurf schon einige Jahre früher gekommen wäre. Am liebsten würden wir die Vorlage en bloc annehmen, werden uns aber der Kommissionsberatung nicht widersehen.

Damit schließt die Besprechung. Die Vorlage geht an eine Kommission bon 14 Mitgliedern.

Es folgt die Fortfehung der ersten Beratung des Antrages b. Böhlendorff- Stöipin( f.) auf Annahme eines Gefeßentwurfs betreffend Abänderung der Kreisordnung für Ost- und Westpreußen  , Brandenburg  , Pommern  , Schlesien   und Sachsen  , wo­nach für einzelne Kreise bestimmt werden kann, daß von den für die Wahlberechtigung im Wahlverbande der größeren ländlichen Grundbesizer maßgebenden Mindestbeträgen an Grund- und Ge­bäudesteuer wenigstens die Hälfte auf die Grundsteuer entfallen muß.

In Verbindung hiermit wird beraten, ein Antrag Aronsohn ( frf. Bp.), die Regierung zu ersuchen, baldmöglichst einen Gesez entwurf borzulegen, det eine Abänderung der Kreisordnung insbesondere dahin herbeiführt, daß das Wahlrecht zum Kreistage entsprechend der vermehrten Bedeutung der Stadt- und Landgemeinden, sowie von Industrie und Gewerbe abgeändert wird; sowie endlich ein Antrag Dr. Porsch( 8.), der denselben Bwed verfolgt.

Abg. Gykling( frf. Bp.) beantragt die Ueberweisung aller brei Anträge an die Gemeindefommission. An Hand einer Statistik des deutschen Handelstages beleuchtet Nedner das Uebergewicht des Großgrundbesizes in den Kreistagen und Bezirksausschüssen gegen über den Städten. Dieses Uebergewicht sei um so ungerechtfertigter, da die Städte wesentlich mehr Steuern aufbrächten. Abg. Hager( 8.) begründet den Antrag Borsch. Heute siben in den Provinziallandtagen meist Bandräte. Das widerspricht dem Prinzip der Selbstverwaltung. Ridert hat das einmal eine Ver­unreinigung der Provinziallandtage genannt.

Abg. Lujensky( natl.) stimmt der Kommissionsberatung zu. In der Kommiffion fönne das umfangreiche Material zu dieser Materie näher geprüft werden.

Abg. v. Woyna( frt.) betont, daß große Vorsicht bei Regelung dieser Frage geboten sei und bezweifelt die Richtigkeit der Statistit des Handelstages. Abg. Thurm( frs. Vp.) bringt einzelne Fälle zur Sprache, die das Uebergewicht der Landräte in den Kreistagen beweisen. So habe der Sorauer Kreistag für den Landrat eine sehr tostspielige neue Wohnung und einen Pferdestall betvilligt.

Abg. Dr. Beumer( natl.) weist die Angriffe des Abg. b. Wohna gegen die Statistik des deutschen Handelstages entschieden zurüd. Wie wenig Herr v. Wohna über die Materie orientiert sei, gehe daraus hervor, daß er den deutschen Handelstag mit dem deutschen Handelsvertragsverein verwechselt habe.( Hört! hört! links.)

Gemeindefommission verwiesen.

Damit schließt die Diskussion; die Anträge werden an die Es folgt die Beratung eines Antrages des Abg. Graf Praschma( 3.), die Regierung zu ersuchen, angesichts der gegen wärtig in weiten Gegenden der Provinz Schleften bestehenden Not­lage durch zeitweise und baldige Herabfebung der Eisenbahn tarife   die Zufuhr von Streus und Futterstroh zu ermöglichen. Abg. Graf Praschma( 3.) befürwortet fura den Antrag. Eine Ausdehnung des Antrages auf andere Gebiete, wo ähnliche Not­Ausdehnung des Antrages auf andere Gebiete, wo ähnliche Not­stände aufgetreten wären, würde er mit Freuden begrüßen. Abg. Graf Carmer( f.) erweitert den Antrag dahin, daß die Ermäßigung der Tarife auch für die übrigen Gebiete der Monarchie in Kraft treten solle, wo Strohmangel besteht.

Notstandstarife auf Grund der damals gemachten Erfahrungen Ein Regierungskommissar betont, daß die Regierung gegen große Bedenken habe, Die gewöhnliche Folge sei eine sofortige Preiserhöhung, so daß der Nuhen mehr den Produzenten und Händlern, als den Konsumenten zugute fomme. Ferner sei es schwierig, den Geltungsbereich des Notstandsgebietes abzugrengen. Auch fämen Notstandstarife nicht nur den wirklich Bedürftigen zugute, sondern auch denjenigen, die im selben Kreise wohnen, aber feine Not leiden. Nur bei Mißständen infolge von elementaren Naturereignissen feien bisher Notstandstarife gewährt worden. Im vorliegenden Falle habe die Untersuchung noch nicht völlige Klar­heit über die Sachlage ergeben; sie würde am Montag abgeschlossen werden. Der Antrag Carmer tönne die Untersuchungen nur in die Länge ziehen. Der Antrag Graf Praschma wird zurüdgezogen, der Antrag Carmer angenommen. Es folgen Petitionen. Eine große Anzahl von Betitionen werden debattelos erledigt.

Eine Petition bon Handwerksmeistern verlangt Einführung der geheimen Stimmabgabe bei Landtags- und Kommunalwahlen.

Die Kommission beantragt ueberweisung der Betition als

Material.

Die Abgg. Aronsohn( frs. Vp.) und Gen. beantragen Ueber­weisung der Betition zur Berüdsichtigung. Abg. Hoff( frs. Vg.): Es handelt sich hier um einen Rotschrei follte. Für große Streife des Mittelstandes ist das Wahlrecht bei ber öffentlichen Stimmenabgabe illusorisch geworden. Die Ar­beiter haben sich durch ihre Organisationen die Freiheit der Wahl erkämpft; die wirtschaftlich abhängigen Handwerksmeister und Kaufleute sind viel schlimmer daran. Ein Berliner   Schlächter­meister soll sich vor den Schleppern bis in den Gisteller gerettet haben.( Seiterteit.) Ein anderer Schlächtermeister erklärte mir, er habe aus Furcht vor der öffentlichen Abstimmung drei Nächte nicht geschlafen; er habe sich entschlossen, mich zu wählen, aber wenn möglich sollten wir ihn zuhause lassen. Da ich auch ohne ihn die Mehrheit bekam, war uns das zu unserer Freude möglich. Ich bitte Sie, unserem Antrage stattzugeben.

aus den Kreisen der Handwerksmeister, der nicht überhört werden

Abg. Dr. Lohmann( nail.): Meine politischen Freunde werden den Antrag der Freifinnigen unterstüßen. Es ist außerordentlich bedauerlich, daß immer mehr ein wirtschaftlicher Druck bei poli­tischen Wahlen ausgeübt wird. Wir werden uns heute nicht dar­über streiten, ob die Modifikationen des heutigen Wahlrechts, wie wir sie wollen, angebracht sind, oder die Einführung des Reichs­tagswahlrechtes für Preußen, aber das Ziel jedes Wahlrechts muß doch sein, die wirkliche Stimmung der Wähler festzustellen.( Sehr zichtig! links.)

Abg. Dr. Hager( 3): Wir haben stets betont, daß wir die ge­heime Wahl bor der öffentlichen vorziehen und werden daher dem Antrag Aronsohn zustimmen. Es bricht sich immer mehr die Ueber­zeugung Bahn, daß nicht nur aus politischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen das geheime Wahlrecht zweckmäßiger ist. Abg. Borgmann( Soz.): Meine Freunde werden für den An­trag Aronsohn stimmen. Wir betonen aber ausdrücklich, daß es uns nicht nur auf die Beseitigung der öffentlichen Wahl, sondern auf die Beseitigung der ganzen Misere, die in dem jebigen Wahlrecht liegt und auf ihre Ersetzung durch das Reichs­tagswahlrecht ankommt. Die Behauptung des Herrn Hoff, daß die Arbeiter heute auch bei der öffentlichen Wahl ihre Stimme nach ihrer Ueberzeugung abgeben tönnten, mag für die groß städtischen Arbeiter vielleicht in vielen Fällen zutreffen, aber bei den ländlichen Arbeitern tann dabon teine Rede sein. ( Gehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Diese befinden sich alle unter einem so schweren Druck, daß von einer freien Abstimmung feine Rede sein fann. Ebenso müssen auch die Angehörigen der sogenannten besseren Gesellschaft Rücksicht auf ihre Umgebung und auf die Einflüsse von oben bei der Wahl nehmen. Daß auch auf die Handwerksmeister ein Drud ausgeübt wird, ist richtig, aber nicht etwa von den Arbeitern, sondern dieser Drud wurde aus­geübt viel früher, als die Arbeiter je baran gedacht haben, sich an den Landtagswahlen be teiligen. Welcher Handwerksmeister einer fleinen Stadt tann es wagen, feine Stimme anders abzugeben, als es den Kreisen, die feine Kundschaft bilden, angenehm ist. Selbst bei der geheimen

Wahl hat man ja Mittel und Wege gefunden, die Stimmabgabe zu beeinflussen.( Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Abg. v. Hehdweiller( natl.) erklärt, daß er für seine Person gegen den Antrag Aronsohn stimmen werde.( Bravo  ! rechts.)

Abg. v. Pappenheim  ( f.): Daß eine Abstimmung über diesen hier so plöblich auftauchenden Antrag feine politische Bedeutung haben kann, ist flar. Es ist eine reine Zufallsabstimmung. Es hat auch keinen Zivec, etwa auf all die leicht zu widerlegenden Gründe der Vorredner einzugehen.( Lachen links.) Wir werden für den Stommissionsantrag stimmen.

wegen des restierenden Gehalts ein Zurückbehaltungsrecht in Form unterlassener Dienstleistung ausüben. Die fofortige Entlassung war darum unbegründet.

Zwangslegitimationskarten und Kontraktbruch.

Der Domänenpächter aus Adl. Liebenau, Kreis Marienwerder  ( Westpreußen  ), hatte sich dieser Tage 27 galizische Arbeiter mit einem Kostenaufwand von rund 400. tommen lassen. Bässe und Lgitimationskarten waren in Ordnung. Kaum hatten die Aus­Abg. v. Woyna( ft.) schließt sich dem Vorredner an. länder aber nach den Verhältnissen auf dem Gut Umschau gehalten, Abg. Switalla( Bole) erklärt sich für den Antrag Aronsohn. als sie insgesamt die Flucht ergriffen. Vom Gutsinspektor und Abg. Fischbeck( frs. p.): Die Betenten fönnen wohl verlangen, einem Gendarm verfolgt, wurden sie auf dem Bahnhof Pelplin  daß über den Inhalt der Betition ernstlich debattiert wird. Eine eingeholt und gestellt. Bis aber die zum Rücktransport der Auz­Bufallsmehrheit gegen die geheime Wahl kam gerade bei Beratung reißer nötigen Fuhrwerke zur Stelle waren, hatten sich die Galizier unseres Wahlrechtsantrages in Frage.  ( Sehr wahr! links.)

In dem eine Meile ent­

Die Petition wird hierauf gegen die Stimmen der Konser  - schon wieder alle nacheinander aus dem Staube gemacht. Nun vativen der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen.begann die Menschenjagd aufs neue. Nach debatteloser Erledigung einer Reihe weiterer Petitionen ist fernten Dorfe Neukirch tam es zwischen den Flüchtlingen und den die Tagesordnung erledigt. Nächste Sihung Montag 12 Uhr. fie verfolgenden Polizeibeamten zu einem regelrechten Kampf. ( Sultusetat.) Schluß 2% Uhr. Derselbe endete, da die Dorfbewohner für die ausländischen Ar­beiter Partei ergriffen, mit einem glänzenden Siege der letteren.

Soziales.

Terrorismus eines Metgerringes.

Vierundachtzig Metzgermeister und Bichhändler aus Mannheim  , die durch ihren Bevollmächtigten, den Metzger meister Daniel G. in Mannheim   vertreten wurden, hatten gegen den Schweinehändler Heinrich Heinsen in Mannheim  lage auf Zahlung von 10 000 m. nebst 4 Broz. Zinsen an fie, eventuell auf Bahlung von 5000 m. an die Sterbe. tasse der Fleischerinnung und von je 2500 m. an das Diakonissenhaus und das Niederbronner Schwesternhaus erhoben. Die Klage gründet sich auf ein Vertragsverhältnis, das der Beklagte mit den Klägern eingegangen war. Es war von den Klägern am 21. Sep­tember 1906 eine Vereinbarung getroffen worden, wonach sich die Schweinehändler verpflichteten, diejenigen Metzger mit ihren Lieferungen zu boyfottieren, die den Arbeitstarif der Fleischer genehmigen sollten. Für jeden Zuwiderhandlungsfall sollte eine Ver­tragsstrafe von 1000 m. gezahlt werden.

1907 beigetreten. Schon drei Tage darauf hatte er durch ein Dieser Vereinbarung war der Beklagte am 9. Januar Schreiben seines Rechtsanwalts an den Vorstand der eines Beitritts erklärt. Seitdem hatte er mindestens in Fleischerinnung Mannheim   den Widerruf 10 Fällen Schweine an Megger verkauft, die den Tarif ge­nehmigt hatten. Auf die Klage wandte Heinsen   ein, daß die Vereinbarung vom September 1906 gegen§ 153 der Ge werbeordnung und gegen die guten Sitten verstoße, wie sie auch nach§ 152 der Gewerbeordnung keine flagbare Ver­bindlichkeit bilde. Im ferneren focht er feine Beitritts­erklärung noch deshalb an, weil er zu derselben durch seine Notlage veranlaßt worden sei, und weil er auch rechtzeitig widerrufen habe.

er

In den amtlichen Kreisblättern, besonders in Ostpreußen  , be= finden sich fortgesezt Stedbriefe, die gegen kontraktbrüchige aus­ländische Landarbeiter erlassen werden. Gelingt es, sie zu erwischen, dann werden sie auf Kosten der Besizer, denen sie entlaufen sind, per Schub über die Grenze gebracht. Haben diese Flüchtlinge noch, was sehr oft vorkommt, fremdes Eigentum mitgenommen, dann werden sie noch vorher ins Gefängnis gesperrt. Ein schlimmerer Bustand wie vor Einführung der Zwangs- Legitimationskarten, die die Kontraktbrüche verhindern sollten.

130 Schulkinder zu unterrichten!

Der Schulverweser Baur in Thüngerheim( Unterfranken  ) hatte sich vor dem Landgericht Würzburg wegen Ueberschreitung des weil er eine Schülerin mit dem Stod derartig gezüchtigt hatte, Züchtigungsrechts zu verantworten und erhielt 20 m. Geldstrafe, daß Striemen zurüdblieben. In der Verhandlung wurde kon statiert, daß der Lehrer nicht weniger als 130 Schulkinder zu unterrichten hat. Wenn er dabei aufgeregt wird und glaubt, mit dem Prügel nachhelfen zu müssen, so ist dies allerdings menschlich begreiflich, wenn auch nicht zu entschuldigen. Die Prügelei ist stets ein Beweis von Unfähigkeit zur Erziehung, selbst wenn sie gegen die baherischen Reaktionäre angewendet würde, deren politische und soziale Rückständigkeit schuld an einer Ueberlastung des Lehrers ist.

Umgehung der Gewerbeordnung.

die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen nur denjenigen Ber­In Handwerksbetrieben steht nach§ 129 der Gewerbeordnung fonen zu, welche das vierundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben und in dem Gewerbe oder in dem Zweige des Gewerbes, in welchem die Anleitung der Lehrlinge erfolgen soll, entweder die von der wertstammer eine Vorschrift über die Dauer der Lehrzeit nicht Handwerkskammer vorgeschriebene Lehrzeit, oder solange die Hand­erlassen hat, mindestens eine dreijährige Behrzeit zurüdgelegt und Die Gefellenprüfung bestanden haben oder fünf Jahre hindurch persönlich das Handwerk selbständig ausgeübt haben oder als Werf meister oder in ähnlicher Stellung tätig gewefen find.- Herr Swierzy, der Geschäftsführer der Reproduktionsgesellschaft Swierzh Während das Landgericht Mannheim den Beklagten war wegen Nebertretung dieser Vorschriften über die Lehrlings­Sterbekasse 500 M., an das Diakonissenhaus und das nicht den gestellten Anforderungen mit Bezug auf das Photographen­unter Ermäßigung der Vertragsstrafe berurteilte, an die ausbildung angeklagt worden. Die Anklage ging davon aus, daß er und der Vorsteher der photographischen Abteilung des Betriebes Schwesternhaus je 250 M. zu zahlen, erkannte das Oberhandwert entsprächen und das Halten dreier Lehrlinge deshalb Landesgericht Karlsruhe auf die Berufung des Be- unstatthaft gewesen sei. flagten dahin, daß es die lage gänzlich abwies. Die Kläger   hatten daraufhin Stevision beim Reichs­gericht eingelegt. Der 1. Zivilsenat erkannte jedoch auf 3urückweisung der Revision, indem dazu begründet:" Die von der Revision gegen das ober­landesgerichtliche Urteil erhobenen Angriffe sind sämtlich un begründet. Die von den Klägern beschlossenen Kampfregeln fallen unter den§ 152 der Gewerbeordnung, auch wenn sie, wie Kläger   behaupten, nur in Notwehr gegen einen un­berechtigten Bontott beschlossen wurden und nur den Zweck hatten, die früher geltenden Lohnbedingungen aufrecht zu er­halten. Das Gefeß will bei dem Widerstreit wirtschaftlicher Interessen beiden einander genüberstehenden Teilen gleiche Rechte gewähren. Es bestimmt aber zugleich die zivilrecht liche Unverbindlichkeit der Verabredung für die Teilnehmer. Der sozialpolitische Zweck dieser Bestimmungen würde völlig bereitelt und illusorisch gemacht werden können, wollte man fie für diejenigen Fälle ausschalten, in welchen außer den am andere in Berfolg ihrer nur indirekten Interessen sich an Lohnkampfe unmittelbar beteiligten Gewerbegenossen noch den Kampfregeln auf der einen oder anderen Seite be­teiligen. Mit Recht hat das Oberlandesgericht die entgegen gefeßte Auffassung des ersten Richters mißbilligt. Es findet sich dabei durchaus im Einklang mit dem Standpunkt der bisherigen Rechtsprechung und der Literatur( vergl. Entsch. des Reichsgerichts in Zivils. Bd. 54 S. 259, in Straff  . Bd. 39, ferner von Landmann, Gewerbeordnung Bd. 1 S. 544, Gibel im Archiv für Staatswissenschaften und Sozialpolitik Bd. 23 S. 64)."

Wären die Metzger Arbeiter, wären fie längst auf Grund solchen Vorgehens wegen Erperssungsversuchs angeklagt. wird die Anklage nunmehr erfolgen, nachdem das Reichs­gericht das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale eines Er pressungsversuches festgestellt hat?

Das Landgericht Berlin I sprach jedoch den Angeklagten frei und führte unter anderem aus: In dem Betriebe beständen zwei Abteilungen. In der photographischen Abteilung würden die Wer­größerungen hergestellt. Die andere Abteilung diene der großen Retouche" und der Delmalerei. Die Retouche bestehe darin, daß reide oder Tusche ausgezeichnet würden. Es sei nun als fest­Flecke usto. in den photographischen Vergrößerungen durch schwarze gestellt anzunehmen, daß die Lehrlinge nicht im Photographen bandwer? ausgebildet werden sollten. Sie feien hauptsächlich in der großen Retouche" und auch in der Proträtmalerei ausge bildet worden. Diese Ausbildung sei der Zwed ihres Lehrverhält nisjes gewesen. Wenn sie daneben auch mit der Vergrößerungs­technit vertraut werden sollten, so handelte es sich dabei nur um Die große Retouche sei zu einer hohen, abgeschlossenen Entwickelung die Erwerbung zwar nüßlicher, aber nicht notwendiger Kenntnisse. gelangt, so daß sie als ein selbständiges Gebiet anzusehen sei. Sie erfordere ein großes Maß von zeichnerischem und malerischem Talent. Die jungen Leute seien hier nicht als Photographenlehr­linge anzusehen, sondern als Personen, die im fünstlerischen Beruf der großen Retouche und Proträtmalerei ausgebildet werden sollten. die Retouche von photographischen Vergrößerungen sei auch ein Der Angeklagte sei daher freizusprechen. Teil des Photographenhandwerks.- Das Kammergericht verwarf biefer Lage die Revision mit folgender Begründung: Die Straf­kammer stellte fest, daß die Lehrlinge nicht bazu bestimmt gewesen seien, das Photographiehandwerkt zu erlernen, sondern um sich bei einem Photographen zu einer höheren tünstlerischen Gestaltungs­fraft auszubilden. Inwieweit die Feststellungen tatsächlich richtig feien, könne das Revisionsgericht nicht nachprüfen. Die auf einent Sachverständigengutachten beruhende Annahme, daß zurzeit die so­genannte große Retouche losgelöst sei bom photographischen Beruf und einen selbständigen höheren künstlerischen Beruf darstelle, laffe einen Rechtsirrtum nicht erkennen. Die Revision müsse somit zurüdgewiesen werden.

Die Staatsanwaltschaft legte Revision ein und machte geltend,

Wiederholt haben wir an der Hand bestimmter Urteile dar­gelegt, daß die Loslösung von Betrieben, in denen eine fünft. Terische Fertigkeit erforderlich ist, aus dem Rahmen der Gewerbe­ordnung die in diefer getroffenen Schußbestimmungen illusorisch mache. Eine Vorschrift in der Gewerbeordnung ist erforderlich, die klarlegt, daß Gewerbebetriebe folche bleiben, auch wenn fünft­lerische Fähigkeiten zur Ausübung des Gewerbes erforderlich sind.

Gerichts- Zeitung.

Der Verrat im Schlaf.

Das Zurückbehaltungsrecht an der Dienstleistung. Ein bemerkenswertes Urteil fällte gestern die fünfte Kammer des Berliner   Kaufmannsgerichte. Als Kläger   trat der Handlungs­gehilfe M. gegen die Druckerei von K. Sommer auf. M. war im September bv. J. mit einem Monatsgehalt von 90 M. als Buch­halter engagiert worden, mußte aber bald die trübe Erfahrung machen, daß er diese für einen perfekten Buchhalter gewiß nicht verschwenderisch hohe Summe nur ratenweise und auf ständiges Drängen ausbezahlt erhielt. Der Kläger   erklärte, daß er durch die Daß es mitunter recht unangenehm werden kann, wenn man schleppende Entlohnung mit seinen Verpflichtungen selbst in Rüd- im Schlafe spricht, mußte ein gewerbsmäßiger Einbrecher erfahren, stand und bei seiner Wirtin und den Lieferanten in Mißkredit welcher gestern vor der dritten Straffammer des Landgerichts I  geriet. Durch die läpperweise Zahlung war ihm eine geregelte zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe verurteilt wurde. Aus der Wirtschaftsführung unterbunden, und er mußte, wie er behauptete, Untersuchungshaft wurde der Händler Leopold Noje vorgeführt, oft mit leerem Magen zu Bette gehen. Im Februar d. J., als er wieder aller Subsistenzmittel entblößt war, fehlte er zwei Tage aus dem Gefäft. Er will vor Hunger und Entkräftung nicht haben aufstehen können und außerdem feine reine Blättwäsche ge­habt haben. Dies Fernbleiben des Klägers benußte der Prinzipal zur sofortigen Entlassung. Wenn M. auch, so führte der Beklagte aus, das Gehalt nicht immer auf den Tag bekommen habe, so durfte er nicht zwei Tage unbefugt fortbleiben. Es gäbe hier wohl Hunderte von Chefs, die mit der Gehaltszahlung so wie er verfahren.

Das Kaufmannsgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung des Restgehaltes von 135 M. mit folgender interessanter Be­gründung: Der Handlungsgehilfe, der seinen Verdienst schon an und für sich erst nach einmonatiger Dienstleistung erhält, hat dann aber auch Anspruch auf pünktliche Zahlung. Der Kläger   hätte selbst das Recht gehabt, das Dienstverhältnis zu lösen, und nur aus Unerfahrenheit schlug er nicht den korrekten Rechtsweg ein. Sein Fehlen ist aber dessenungeachtet kein unbefugtes. Er konnte

um sich wegen schweren und einfachen Diebstahls im strafver­schärfenden Rüdfalle zu verantworten. In der Nacht zum 26. Februar d. J. statteten Einbrecher der Firma Lademann und Söhne in der Wallstraße 85 einen Besuch ab. Die ganze Art der Ausführung des Diebstahls ließ darauf schließen, daß es sich nur um eine Arbeit" eines routinierten, gewerbsmäßigen Einbrechers handelte. Dieser hatte vom Hof aus eine Fensterscheibe, um jedes Geräusch der niederfallenden Glasstücke zu vermeiden, mit einem sogenannten Seifenpflaster", einem mit Schmierseife bestrichenen Lappen, eingedrückt und war dann durch die Oeffnung eingestiegen. In dem Kontor wurden dann sämtliche Bulte erbrochen. Die Beute betrug nur 2860 M., da der Geldschrank glücklicherweise den Angriffen der Einbrecher standhielt. Die Ermittelungen der Kriminalpolizei blieben längere Zeit ohne jeden Erfolg. Schließ­lich gelang es festzustellen, daß der jeßige Angeklagte mit seiner Braut" ein fehr üppiges Leben führte, Weinrestaurants besuchte, stets Automobil fuhr und sich und seine Geliebte vom Kopf bis zum Fuß neu eingefluftet"( eingekleidet) hatte. Die Geliebte