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RclchSbankpräsidcnt Havenstel» dertridigt nochmals die von ihm vorgetragenen Argumente. Wenn man das Börsenspiel fassen lönntc, die Regierung würde kcin-n Moment zaudern. «bg. Dr. Wiemer sfrs. BP.) polemisiert gegen den Abg. Müller-Fulda. Der konservative An- trag habe die ohnehin bereits verfahrene Situation noch vcr- worrener gemacht. Die Ausarbeitung des von den Konservativen verlangten Gesetzentwurfes würde lange Zeit in Anspruch nehmen, und darin liege eine Verschleppung der Finanzreform. Redner hofft, das) sich im Plenum doch noch eine Mehrheit für die Erb- schaftssteuer findet. Er tritt nochmals für die Vermögenssteuer ein, die im Entwurf leichter festgestellt werden könne als wie die Reichseinkommensteuer. Es sei zweifelhaft, ob es überhaupt einen Sinn habe, noch weiter in der Kommission zu verhandeln. Schlietzlich gelangt ein Antrag auf Vertagung zur Annahme, da noch ö Redner eingezeichnet sind. Die Verhandlungen werden heute, Sonnabend vormittag g Uhr, fortgesetzt. Ein so widerliches Schachergeschäft, wie eS gegenwärtig in der Finanzkommission des Reichstages getrieben wird, dürfte so ziem- lich ohne Beispiel in der parlamentarischen Geschichte dastehen. Gerade die konservative Presse hat der Finanzkommission Ver- schleppung der Steuervorlagen vorgeworfen, und nun wird bereits seit 2 Tagen über einen konservativen Verschleppungsantrag ver- handelt. Des Mai-Feiertages wegen erscheint die nächste Nummer desVorwärts" Montag früh zu gewohnter Shmde. poUtifcbc GeberHebt Berlin  , den 30. April 1909. Abgeordnetenhaus. Am Freitag verlor sich die Beratung des Kultusetats mehr und mehr in Einzelheiten. Das Haus war ungewöhn- lich schwach, das Interesse an den Verhandlungen blaßt von Tag zu Tag ab. Nur einmal wäre es beinahe zu prinzipiellen Auseinandersetzungen zwischen Zentrum und Nationalliberalen gekommen, zu Auseinandersetzungen, die leicht einen Kultur kämpf herbeigeführt hätten. Eigentlich wäre das nur in Ordnung gewesen, denn alljährlich gab es sonst bei der Generaldebatte zum Kultusetat kulturkämpferische Zänkereien. Das preußische Volk hat ein wohl erworbenes Recht, daß das Programm strikte innegehalten wird, und da dieser Pro grammpunkt in diesem Jahre ausgefallen ist, so kann man verlangen, daß er nachgeholt wird. Diesmal waren es die Nationalliberalen, die anfingen. Ihr Redner. Abgeordneter Dr. v. Campe, beschwerte sich darüber, daß mit der Prüfung der Schülerinnen der Hildes heimer höheren Mädchenschule und des Lehrerinnenseminars in Deutsch  , Pädagogik und Geschichte drei katholische Exami natoren betraut sind. Natürlich ließen sich die Herren vom Zentrum die Gelegenheit nicht entgehen, dieser national liberalen Provokation ihrerseits die Forderung entgegen zustellen, daß nicht nur der gesamte Schulunterricht, sondern auch die Prüfungen konfessionell gestaltet werden müßten. So sehr wir sachlich �ie Forderung des Zentrums bekämpfen, so müssen wir doch eingestehen, daß sie nur die Antwort auf die nationalliberale Rede gewesen ist. In vorgerückter Stunde begann dann noch die Be ratung des Kapitels:Universitäten", die durch eine Rede des Nationalliberalen Dr. Friedberg eingeleitet wurde, worin er die Cliquenwirtschaft bei der Anstellung von Privat- dozenten in der Berliner   medizinischen Fakultät kritisierte und den Fall Kuhlenbeck zur Sprache brachte. Die Regierung äußerte sich noch nicht. Die weitere Beratung erfolgt am Sonnabend; vorher stehen einige Wahlprüfungen auf der Tagesordnung. Steuerdebatten im Herrenhause. Nachdem da? Herrenhaus in den letzten Tagen die Beamten  -, Pfarrer- und Lehrerbesoldungsgesetze angenommen, sowie die Ab- änderung deS Einkommen- und ErgänzungSgese'tzeS genehmigt hat, hatte eS sich am Freitag mit dem sogenannten Mantelgesetz zu be­fassen. Entgegen den Beschlüsien deS Abgeordnetenhauses, wonach der Wohnungsgeldzuschuß durch ein besonderes Gesetz geregelt werden sollte, hat die Kommission deS Herrenhauses die Wohnungs geldzuschüsse in daS Mantelgesetz hineingearbeitet; außerdem bc antragt sie. dem Wohnungsgeldzüschuß eine rückwirkende Kraft erst vom 1. April dieses Jahres ab zu verleihen, und schließlich will sie die Steuerzuschläge, die das Abgeordnetenhaus nur auf drei Jahre bewilligt hat, dauemd festlegen. Die Generaldebatte gestaltete sich insofern interessant, als Graf Mirbach   die Gelegenheit ergriff, die Reichsfinanzreform in die Debatte zu ziehen. Neu war daS. was der lonservativ-agrarische Führer sagte, freilich nicht, aber die Mirbachschen Reden haben stets Anspruch auf Beachtung, weil er sehr häufig mit dem, was feine GesinnungS- freunde im Innern ihres HerzenS verbergen, offen herausplatzt. ES sei nur an seinen fortgesetzten Kampf gegen daS Reichstagswahlrecht erinnert; es fei daran erinnert, daß er einmal direkt zum Staats- streich aufgefordert hat, um dem ihm verhaßten allgemeinen, gleichen, direlten und geheimen Wahlrecht ein Ende zu machen. Diesmal war er etwas vorsichtiger, er begnügte sich damit, die schon tote Reichserbschaftssteuer nochmals totzuschlagen, er sprach des langen und breiten von den großen Opfern, die die Konservativen bringen, tobte gegen die, die ohne cttvaS von Steuerfragcn zu ver- stehen, im ganzen Lande Lärm schlagen und dadurch die Steuerreform gefährden und wetterte gegen Herrn Professor Delbrück   kurz und gut. er hielt eine konservative Agitationsrede, so voller Unrichtigleiten, wie sie eigentlich nur im Herrenhause gehalten werden kann. Wer kann einen Mann ernst nehmen, der davon spricht, daß die Konser- vativen in bezug auf die ReichSfinauzreform Opfer bringen? Wirkt das aufgeblasene und gespreizte Wesen, mit dem der Graf sich als den Pächter steuerlicher Weisheit, all« anderen Sterblichen aber als Idioten hinstellt, nicht geradezu lächerlich? Vollends aber spielte er die Rolle de» Clowns, als er davon sprach, daß die Agrarier nicht nur keine Steuern hinterziehen, wie es Professor Delbrück   behailptet hat. sondern daß sie sogar viel zu viel versteuern. Herr Graf Mir- bach sucht den Anschein zu erwecken, als ob der ganze Kampf um die Reichserbschaftssteuer nichts weiter sei als eine Hetze gegen die Konservativen, und er geniert sich nicht, unter dem Schutze der parlamentarischen Immunität denr von ihm, so lange er mit ihm zusammenging, so hochgeschätzten Professor Adolf Wagner  , einige wohlgezielte Hiebe zu versetzen. Mit dem Beratungsgegenstande hatte die Mirbachsche Rede auch nicht da» geringste zu tun. aber waZ kommt e» darauf an? Es war eben eine Rede zum Fenster hinaus, die nicht an das Herrenhaus, sondern«m eine ganz andere Adreffe gerichtet war. Ihm wider- sprach, wenn auch nur zaghaft, der Oberbürgermeister WilmS aus Posen sowie der Nationalökonom Professor v. S ch m o l l e r, der die Reichserbschaftssteuer warm empfahl und die ReichswertzuwachS- steuer bekämpfte. Nach dieser Einleiwng wandte sich da? HauS endlich dem Thema zu, das auf der Tagesordnung stand. Die Debatte nahm, genau so wie beim Lchrerbesoldungsgesetz, eine gereizte Stimmung an. Die Regierungsvertreter operierten wieder so ungeschickt wie nur möglich, sie beriefen sich darauf, daß die Thronrede bereits im Jahre 1V08 die Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses angekündigt habe und daß er deshalb rückwirkend vom 1. April 1903 ab bewilligt werden müßte. Natürlich sagten die hohen Herren:Nun erst recht nicht!" Und man kann ihnen nur darin beipflichten, daß kein Parlament verpflichtet ist, nur weil die Thronrede es ankündigt, ein Gesetz zu verabschieden. Komisch, daß mitunter die Herren- Häusler parlamentarischere Gepflogenheiten an den Tag legen als unsere übrigen deutschen   Parlamente! Daß sich dieser Paria- mentarismus an falscher Stelle äußert, ist eine Sache für sich. Jedenfalls bleiben die»Herren" fest und bereiten der Regierung eine neue Niederlage._ Ein demokratisches Budget. Die Art und Weise, wie die liberale englische   Regierung das Defizit von über 15 Millionen Pfund Sterling(300 Millionen Mark) aus der Welt schaffen will, unterscheidet sich sehr vorteilhaft von der Finanzreform der Bülow und Sydow. Der englische   Finanzminister Lloyd George   darf es doch nicht wagen, die Besitzlosen noch ärmer zu machen, uni neue Schiffe bauen zu können. Er holt das Geld von denen, die es haben. Neben einer Automobil st euer, die besonders die Luxusfahrzeuge trifft, soll die Einkommensteuer auf einen Schilling und zwei Pence auf je ein Pfund nicht- erworbenen Einkommens erhöht werden. Bei Ein- kommen über 5000 Pfund wird ein A u f s ch l ag von fechs Pence pro Pfund gemacht werden für die Summe» die 3000 Pfund übersteigt. Die augenblicklich in Kraft befindliche Skala für erworbene Einkommen bleibt u n v e r- ändert, doch wird bei Einkommen von über 3000 Pfund ein Schilling und zwei Pence pro Pfund erhoben werden, während bei Einkommen unter 500 Pfund ein Abzug von zehn Pfund für jedes Kind unter sechzehn Jahren gestattet ist. Diese Erhöhungen werden ein Mehr von 3� Millionen Pfund ergeben. Auch die Grundsteuer soll erhöht werden und ein Mehr von 2 850 000 Pfund ergeben. Ferner sollen die Steuern auf Schankstätten sowie andere ähn- liche Lizenz steuern erhöht und eine Klub st euer ein- geführt werden, die sich nach dem Betrage richten soll, für den in den Klubs Getränke verkauft werden; diese Steuern sollen zusammen ein Mehr von 2 600 000 Pfund ergeben. Die Steuer auf S p i r i t u o s e n soll um 3 Schilling 9 Pence pro Gallone erhöht werden und ein Mehr von 1600000 Pfund ergeben. Die Steuer auf unbearbeiteten Tabak soll von 3 Schilling auf 3 Schilling 8 Pence und die Steuer auf Zigarren, Zigaretten und bearbeiteten Tabak dementsprechend erhöht werden, was ein Mehr von 1 900 000 Pfund ergeben wird. Verschiedene Aenderungen der Stempelsteuer sollen ein Mehr von 650 000 Pfund ergeben. Besonders interessant ist aber, daß die Besteuerung der Nachlässe beträchtlich erhöht werden soll. Schon jetzt bezieht der englische   Staat aus der Besteuerung der Erbschaften einen jährlichen Betrag von beinahe 400 Millionen Mark. Trotzdem sollen die Nachlässe noch weit schärfer zur Steuer herangezogen werden, und zwar soll die Nachlaßsteuer ungefähr 6� Millionen Pfund Sterling, also 130 Millionen Mark mehr einbringen. Schon in diesem Jahr denkt man 4 Millionen Pfund Sterling mehr aus der Erbschaftssteuer herauszuholen. Zu diesem Zweck sind künftig bei einem Nachlaß von 200000 Pfund 10 Prozen Steuer zu zahlen und das Maximum von 15 Prozent beginnt bei einer Million Pfund. Der Unterschied zwischen der deutschen   Klassenherrschaft und der englischen kann nicht schärfer charakterisiert werden, als durch die Tatsache, daß die englische   Regierung es unter- nehmen kann, den wohlhabenden Schichten Englands z u d e n 400 Millionen Mark Erbschaftssteuern noch weitere 120 bis 130 Millionen Mark aufzubürden, während in Deutschland   sich die herrschenden Klassen, allen voran der ländliche Großgrundbesitz, mit Händen und Füßen dagegen sträuben, auch nur eine Nachlaßbesteuerung von 90 oder nur von 50 bis 60 Millionen Mark zu übernehmen und doch erhält der englische   Grotzgrund- besitz nicht in Gestalt von Liebesgaben und künstlichen Preisverteuerungen landwirt- schaftlicher Produkte durch die Agrarzölle alljährlich Milliardensummen auf Bolkskosten znerteilt. Selbst unsere Reichsrcgierung scheint erkannt zu haben, wie weit die herrschende Junkerschicht Teutschlands an Patriotismus. Opferwilligkeit und Pflichtgefühl hinter den oberen Tausenden Englanids zurücksteht: denn das Wolffsche Telegraphenbureau schweigt in seinen Mitteilungen über die geplanten englischen Steuererhöhungen vollständig über die Erhöhung der Nachlaßsteuer. Schämt man sich in der Wilhelmstraße?_ Die neue Reichsversicherungsordnung und die Jnvalidenverficherungsanstalte«. Kassel  , 30. April. (Privatdepesche desVorwärt s".) Die heute hier versammelten Vertreter sämtlicher deutscher  Jnvalidenversicherungsan st alten beschäftigten sich in Gegenwart von zahlreichen Ministerial- und Regierungsvertretern in nahezu achtstündiger Verhandlung mit dem Gesetzentwurf der Reichsversicherung. Sie kamen nach lebhafter Auseinandersetzung zu der Ansicht, daß der Gesetzentwurf nur dann die Grundlage für eine wesentliche Förderung der gesamten Arbeiterversicherungs- schutzgesctzgcbung begrüßt werden könne, wenn in einer großen An» zahl wichtiger Punkte eine Aenderung und Ergänzung getroffen würde und der Charakter als öffentliche Behörde den VersicherungS- anstalten unter allen Umständen erhalten bliebe. Alle Bestrebungen, die dahin abzielen, die VersicherungS- anstalten in eine Parteirolle zu bringen, seien abzulehnen. Den VersicherungSämtcrn dürfe ein AufsichtSrccht über die Geschäfts- führung der Versicherungsanstalten nicht zustehen; die Beaufsichti- gung der Heilanstalten dürfe keine Erlveiterung des in dem 29 des Gesetzentwurfes vorgesehenen Aufsichtsrechts der Reichs- und Landesversicherungsanstalten darstellen. Weiter müsse bei der Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung der ärztliche Dienst unter allen Umständen durch ausreichende Bestimmungen soweit als möglich sichergestellt werden. Der Vorschlag, mindestens ein ganzes Viertel des Vermögens der Versicherungsanstalten in An- leihen des Reiches oder der Bundesstaate» anzulegen, würde in, hohem Maße die bisherige gemeinnützige Tätigkeit der Versiche» rungsanstalten beeinträchtigen. Schließlich wurde ein Elferausschuß gewählt, der eine weitere Prüfung des Gesetzentwurfes vorzunehmen hat. Ihr Ergebnis soll einer neuen Konferenz vorgelegt werden Die Opferwillige«. Die sächsischen Konservativen machen bekanntlich die Ob- struktion des ostelbischcn Junkertums gegen die Erweiterung der Erbschaftsbcsteuerung nicht mit; doch möchten sie anderer- seils ihren preußischen Gesinnungs- und Seelenverwandten auch nicht gerade in den Rücken fallen. Das Organ der sächsischen KonservativenDas Vaterland" macht deshalb allerlei possierliche Versuche, unter scharfen Angriffen aus den Liberalismus die verschiedenartige Haltung der sächsischen und preußischen Konservativen zu erklären und zu entschuldigen. Was darüber das Blatt zu sagen weiß, ist ziemlich albern; um so interessanter sind aber zwei allerliebste Geständnisse, die ihm dabei entschlüpfen: erstens, daß in Sachsen   nur etwa ein Zwan- zigstel der Landwirte durch die Nachlaß- steuer betroffen würde; zweitens, daß die Landwirte deshalb gegen die Nachlaß- steuer opponieren, weil sie nicht einzusehen ver- möchten, daßsie zu den bereits vorhan- denen Lasten noch neue auf sich nehmen" sollten. Wörtlich schreibt das ehrsame Agrarierblatt: Den Bund der Landwirte und seine Anhänger hat man der eigennützigsten Motive, der vcrdammungswürdigsien Interessen- Politik geziehem Und doch hat der Bund nicht? anderes getan, als was sonst alle jene Kreise versucht haben, die durch rie Sydowschen Steuerpläne berührt werden sollten. Ist wohl eine einzige von den vorgeschlagenen Steuern mit Beifall auf- genommen worden? Haben nicht die Tabakinteressenten, die Brauereien, die an elektrischer Kraft und elektrischem Licht interessierten Bevölkerungskreise, und nicht zuletzt die durch ein: Reklamesteuer getroffene Presse alle ihre Kräfte mobil gemacht, um eine oft geradezu unerhörte Gegenagitation zu treiben? Warum muß denn da gerade wieder der Landmann derjenige sein, der stillschweigend und ohne Murren zu den vielen bereits schon vorhandenen Lasten neue auf sich nehmen soll? Denn das steht unzweifelhaft fest, daß auch eine mildere Form der Nachlaßsteuer, eine Erbanfall- steuer, den immobilen(Grund- und Haus-) Besitz entschieden härter trifft als den Kapitalbesitz. Wenn trotzdem ein Teil der Konservativen, und zwar vor allen Dingen die sächsischen Kon- servativen, sich neuerdings für eine Erbanfallsteuer erklärt haben, so ist dieS eben geschehen, weil bei den gegenwärtigen Partei- Verhältnissen ein Zustandekommen der Reform kaum anders möglich erscheint und weil immerhin doch nur ein verschwindender Teil der Landwirtschaft, in SachsenetwaeinZwanzigstel.dieUngerechtig- keiten einer solchen Steuer empfinden wird." Die Zugeständnisse sind recht wertvoll. Also nicht die Sorge um dengermanischen Familiensinn", auch nicht um denBestand der Landwirtschaft" bestimmt die Konservativen zu ihrer Obstruktion, sondern weil das zahlungsfähige Zwanzigstel" nicht gerne noch»neue Lasten auf sich nehmen" möchte._ Terror gegen Postbeamte. _ AuS Elberfeld   wird gemeldet: Die Postbehörde zwang ihre Beamten, die Mit- glieder der sozialdemokratischen Tendenzen huldigenden KonsumgenossenschaftBefreiung" sind, unverzüglich aus derselben auszuscheiden. Sozialdemokratische oder sozialdemokratischen Tendenzen huldigende Konsumvereine gibt es bekanntlich nicht. Auch wenn Sozialdemokraten Konsumvereine leiten und nach Kräften zur sozialen Hebung der Arbeiterklasse benutzen, so werden dadurch die Konsumvereine noch nicht zu sozialdemokratischen. Der Terror der Elberfclder Postbehörde ist also nicht nur eine Vergewaltigung der Postbeamten, sondern obendrein un- sinnig. Wie lange die Staatsbeamten sich diese Degradierung zu Staatsbürgern zweiter Klasse noch gefallen lassen werden?! Krise und Steuererträge in Baden. Im neuesten Heft des Statistischen LandcSamteS wird nach- gewiesen, daß die Steuererträgnisse für das Jahr 1908 wesen t- lich zurückgegangen sind. Vor allem sind eS die in- direkten Stenern, die sogenannten Kopfsteuern, die die verminderte Konsumtionsfähigkeit der unteren Bevölkerungs- schichten schlagend dartun. So ergab die Biersteuer einen Rückgang von 301 01l M., die Weinsteuer einen von 239 455 M. Der Minder­erlös für sämtliche Steuern beträgt genau 15 9 59 3 2 M. Dagegen hat die Vermögenssteuer eine neue Einschätzung deS erst vor zwei Jahren abgeänderten Gesetzes ein Mehr von 330 480 M., die Elnkommensteuer von 836 575 M. gebracht. Die Steuerabgänge waren wiederum derart, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse den Gradmesser bildeten; sie betrugen 88 875 M.. also erheblich mehr als in früheren Jahren. ES kann also festgestellt werden, daß trotz Erhöhung der Er- träge aus der Einkommen» und der Vermögenssteuer auch in Baden die Krisis den Minderbemittelten schwere Wunden schlägt. Die Ereignisse in der Türkei  . Konstautinopel, 30. April. Das Amtsblatt veröffentlicht Depeschen aus den Wilajets Smyrna, Adrianopol  , Damaskus  , Aleppo  , Adana   sowie eine Depesche des interimistischen Eniirs von Mekka  , in welchen die g ü n st i g e Aufnahme gemeldet wird, welche der Thronwechsel gefunden habe. Türkischen   Blättern zufolge wird der Sultan   morgen in der K a m m e r der Verlesung deS Hattihumajuns, durch das die Thronbesteigung angezeigt wird, beiwohnen. DieTurquie  " erfährt aus autoritativer Quelle, Abdul Hamid   werde nur einige Tage in Saloniki bleiben und dann nach Monastir   geschickt werden. Die gesamte Korre- spoudcnz Abdul Hamids soll im Jildiz beschlagnahmt worden sein. Dasselbe Blatt veröffentlicht nach den Angaben»ines Gencralstabsoffizicrs folgende Verlustliste: Die mazedo- nische Armee 97 Tote, 160 Verwundete; die Wider- stand leistenden Truppen 297 Tote. 585 Verwundete. Jkdam" meldet, Htlmi Pascha habe die Uebernahme des Ministeriums des Innern abgelehnt.Sabah" veröffentlicht Briefe des ernannt gewesenen Finanzministers D s ch a w i d und des Justizministers Hairi, welche das Portefeuille ablehnen und ansführen, daß kein Mitglied der jung- türkischen Partei ohne einen Majoritätsbeschlutz der Partei Minister werden können. DerOsmanische Lloyd" meldet: Das Kriegsgericht be­auftragte das Polizeiministerium, den Prinzen Burhan Eddin zu verhasten.