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GewerkrcbaftUcbeg« Scharfmacherallüren. An dem allgemeinen Kongreß der Krankenkassen Deutsch- lands, der am 17., 18. und 19. Mai in Berlin tagte, hat auch ein Vorstandsmitglied der Betriebskrankenkasse der Firma Krupp in Essen teilgenommen. Der Betriebsleitung gefiel nun diese Beschickung des Kongresses gar nicht. Die Fabrik- krankenkassen sind Wohl für die Arbeiter geschaffen, aber das gesetzliche Mitbestimmungsrecht wird diesen, ganz besonders in Rheinland und Westfalen , wo die gewerkschaftlichen Organi- sationen noch schwach sind, durch die wirtschaftliche Macht der Fabrikanten entzogen. Auf dem Kongreß erklärte der Regierungsvertreter, Ministe- rialdirektor Dr. Caspar: Er könne den Kongreß nicht als eine Ver- tretung aller Kassen anerkennen, weil die Betriebskrankenkassen fehlten. Nach diesen Ausführungen nahm der Delegierte aus Essen H. C o u r a das Wort, der dem Herrn die bittere Pille eingab, daß die übergroße Anzahl der Mitglieder der Betriebskrankenkassen vollständig auf dem Boden des Kongresses stehen. Das mußte gerochen werden I Als Coura nach dem Kongreß seine Arbeit wieder aufnahm, wurde er nach zwei Stunden zum Ressortchef befohlen. Dieser gab ihm seine sofortige Entlassung bekannt. Selbstredend erhielt er den vierzchntägigen Lohn ausbezahlt. Auf die Anfrage, warum er denn entlasseu sei, lautete die Antwort, er sei trotz der Urlaubsverweigerung ferngeblieben. Auf seinen Einwand, dann hätte man ihm doch Urlaub geben sollen, da äugen- blicklich eine große Anzahl Wettsinger nach Frankfurt a. M. ebenfalls Urlaub bekomnren hätten, wurde ihm erwidert, die Wettsänger(Kruppscher Gesangverein) wären entbehrlich, er Coura nicht. Und trotzdem die Entlassung! Nun, wir kennen den Text und auch die Melodie, beide sind alt und bekannt. Coura ist ununterbrochen 14 Jahre auf dem Werk tätig gewesen, ein Zeichen, daß er seine Pflicht getan hat. Uns kann es recht sein, wenn die Firma Krupp die unentbehrlichen Kräfte entläßt und die entbehrlichen Wett- sänger behält.>_ Berlin und Umgegend« Die Arbeiter auf gelochte Bleche erörterten in ihrer am Diens- tag abgehaltenen Branchenversammlung die Frage, ob es ratsam sei, den bestehenden Tarif zu kündigen. Nach reiflicher Erwägung des Für und Wider und unter besonderer Berücksichtigung des Umstandes, daß die geschäftliche Konjunktur immer noch un. günstig ist, beschloß die Versammlung in geheimer Abstimmung mit 57 gegen 24 Stimmen, von einer Kündigung des Tarifs abzu- sehen. Der Tarif läuft nun, wenn ihn die Unternehmer nicht kündigen, ein Jahr weiter. Die Varbiergehilfen von Potsdam , Nowawes usw. befinden sich in einer Lohnbewegung. Am 24. d. M. nahmen die selb- ständigen Barbiere und Friseure von Nowawes Stellung zu den Lohnforderungen der Gehilfen. Li ere- Berlin als Vertreter der Gehilfen begründete eingehend deren Forderungen: wöchentlich 20 M. Lohn, 14stündige Arbeitszeit, eine einstündige Mittagspause und Freigabe der drei zweiten Feiertage. Die Herren Mahn und.Strahl wendeten sich, anscheinend im Auftrage der anwesenden sämtlichen Meister, gegen die Forderungen. Der Referent empfahl die Bildung einer Kommission zwecks Verhandlung mit der Or- aanisationsleitung der Gehilfen, um eine Einigung herbeizuführen. Auch dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Da die Arbeitgeber von Potsdam Verhandlungen ebenfalls ablehnen, haben die Gehilfen ihre Kündigung zum Freitag abend eingereicht. VevtlcKea Reich. Beamte als Unternehmeragenten. Die Firma Richard S a a l f e l d, Patenttisch-»ind Möbelfabrik in H e l m st e d t, hat bekanntlich bereitwilligst die Unterstützung der Polizeibehörden in ihrem den Arbeitern infolge ihres Vertrags- bruches aufgezwungene» Kampfe gefunden. Die Verhängung des Belagerungszustandes über Helmstedt , Verbot des Streikpostenstehens und ein halbes hundert Sistierungen und Strafmandate haben indes nicht zu bewirken vermocht, die Streikenden von der Behauptung ihres Rechts abzubringen bezw. Ersatz für sie heranzuziehen. Um das nun auf einem andern Wege fertig zu bringen, erläßt sie jetzt Gesuche nach u n- organisierten Möbeltischlern usw. in der Provinz-, General- und Lokalanzeigerpresse. Die Offerten werden durch das Annoncen- bureau R n d. M o s s e, Cöthen in Anhalt , vermittelt. Auch hierbei hat sie die Unterstützung einer weiteren staatlichen Behörde, nämlich der der Eisenbahn gefunden. Etwaigen sich meldenden Arbeitern er­teilt sie nämlich folgende Antwort: Helmstedt . 24. 6. 0S. Herrn...... Auf Ihre Offerte teile ich Ihnen mit, daß Sie bei mir ein- treten können. Da ich mit den organisierten Leuten Differenzen hatte.(I) wollen Sie sich bitte bei Ihrer Ankunft wegen näherer Auskunft an den Perr ans ch af fn er wenden. Achtungsvoll Berlin -Helmstedter Patent-Tischfabrik p. Richard Saalfeld/B odeis. Stadtmagistrat, Kreisdirektion und jetzt Eisenbahnbehörde werden sich indes vergebens ins Geschirr legen, dem Vertragsbruch der Firma Saalfeld mit ausnahmegesetzlichen Mitteln Anerkennung erzwingen zu wollen. Alle Holzarbeiter der verschiedensten Branchen seien weiter dringend vor Zuzug nach Helmstedt gewarnt._ Zur Aussperrung im Tischlergewerbe in Rheinland-Westfalen . Vor acht Tagen hatten die Arbeitgeber in Bochum beschlossen, sich der Aussperrung im Schreinergewerbe anzuschließen. Den Gehilfen wurde infolge dieses Beschlusses daS Arbeitsverhältnis ge- kündigt. Die Kündigungsfrist läuft Sonnabend, den 29. Mai, ab. Nunmehr hat eine neue Arbeitgeberversammlung den Beschluß ge- faßt, sich an der Aussperrung nicht zu beteiligen. Der erste Aussperrungsbeschluß wurde für aufgehoben erklärt und die Kündigung zurückgezogen. Auch in Duisburg haben die drei größten Firmen die Aussperrung aufgehoben. Mit den Arbeitnehmern ist eine Vereinbarung dahingehend getroffen, paß eine Verkürzung der Arbeitszeit von bisher 10 Stunden auf 9l/a Stunden eintritt nebst einer Lohnerhöhung um 2 Pf. die Stunde. Sämtliche Ausgesperrten sind sofort wieder eingestellt worden. Tarifbewegung im Baugewerbe. Die beiden Arbeitgeberorganisationen»Der Vierstädtebund' (Hamburg-Altona -Wandsbeck-Harburg) und der.Bund der Maurer - und Zimmermeister' haben den Organisationen der Bauhilfsarbeiter. Maurer und Zimmerer die Mitteilung gemacht, daß, weun bei einem ihrer Mitglieder Forderungen gestellt oder es zur Arbeitseinstellung bei diesem kommt, die Unternehmer eine allgemeine Aussperrung vornehmen werden. Dasselbe ist in bürgerlichen Zeitungen durch Anzeigen bekannt gegeben. .Der Vierstädtebund' hat es von vornherein abgelehnt, mit den Arbeiterorganisationen in ein Tarifverhältnis einzutreten und beab- sichtigt nur eine Arbeitsordnung zu erlassen, zu der die Arbeiter etwaige Wünsche äußern dürfen. Der»Bund der Maurer- und Zimmernieister" hat wiederholt mit den Vertretern der Arbeiter verhandelt, lehnte es jetzt jedoch ab, irgendwelche Verbesserungen 'ßamio. uul'altaui fiMf üttitt, Berlill. Lnftratellteil vttantto.4 der Lohn- und Arbeitsbedingungen eintreten zu lassen, angeblich. weil der Bund von dem VerbändeUnterelbe" hieran gehindert wird. Die Tarifverhandlungen haben deshalb auch mit dem Bunde der Maurer- und Zimmermeister zu keinem Resultat geführt. Die Organisationen der Bauhilfsarbeiter, Maurer und Zimmerer werden sich in der laufenden Woche mit der Tariffrage in ihren Mit- gliederversammlungen beschäftigen. Von den in Betracht kommenden Arbeitern sind 4110 Maurer Mitglieder des Zentralverbandes, 388 Mitglieder derFreien Vereinigung'(Lokalorganisation), 68 gehören dem christlichen Verbände an. Nach einer aufgenommenen Statistik ist die Bautätigkeit in Hamburg und Umgegend noch besser als in den Jahren 1006 und 1907, die beide als gute Baujahre bezeichnet werden können. Wahrscheinlich werden die Arbeiterorganisationen in den nächsten Tagen den Streik beschließen._ Eine gelie Organisation bei Krnpp. Der nationale Arbeiterverein des Kruppschen Werkes, der schon seit längerer Zeit im Verborgenen blühte, geht jetzt mit einer großen Agitation an die Oeffentlichkeit. Er verbreitet u. a. Tausende von Flugblättern, in denen es u. a. heißt: Der Zusammenschluß der Nichtorganisierten Kruppschen Arbeiter sei notwendig geworden gegenüber dem Terrorismus der anderen Organisationen. Wir wollen so heißt es daß die Hetzereien und Wühlereien in den Werkstätten aufhören. Wir wollen nicht mittun, wenn es gilt, die Firma und ihre Einrichtungen zum Wohle der Arbeiter herunter zu machen, weil die Firma sich einen Anspruch auf das Vertrauen der Arbeiter erworben hat. Es wird dann weiter ein Brief der Firma Krupp veröffentlicht, in dem dem Vereine die weitgehendsten Unterstützungen zugesagt werden. Eine freiwillige Krankenhilsskasse, die bei 60 Pf. Monats- beitrag 60 Pf. Krankengeld pro Tag auf 26 Wochen zahlt, ist bereits gegründet. Allzuviel Erfolg wird diese Gründung nicht haben, sie wird ihre Mitglieder nur unter den älteren, auf Pension hoffenden Ar beitern finden._ Ein böseS Malheur ist dem Arbeitgeberbund für das Baugewerbe für Rheinland-West falen passiert. In ihrem Streben, die Oeffentlichkeit für ihre Pläne zu gewinnen, ist gerade diese Scharfmacherorganisation in der Wahl der Mittel nie besonders vorsichtig gewesen, wie die Veröffent- lichuugen imVorwärts' beweisen. Daß man aber so ungeniert mit der Wahrheit umspringen würde, haben wir für unmöglich ge- halten. In den letzten Tagen brachten die bürgerlichen Blätter in ganz Rheinland-Westfalen einEingesandt' des.Arbeitgeberbundes". In demselben wurde aufs neue versucht nachzuweisen, wie schlechte Kerle die Arbeiterführer sind und dann versucht, die breite Oeffentlichkeit für das Streben des Bundes zu gewinnen. Wörtlich sagt man dort: Am 14. Mai 1903 haben im städtischen Saal- bau unter Vorsitz deS Herrn Beigeordneten Dr. Wiedfeldt Einigungsverhandlungen für das Holzgewerbe stattgefunden. In dieser Versammlung hatten sich die Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Einzelheiten des abzuschließenden Vertrages, ebenso über seinen Geltungsbereich er war für den ganzen in Frage kommenden rheinisch-west­fälischen Bezirk bestimmt vollständig geeinigt. Beweis: DaS Zeugnis des Herrn Dr. Wiedfeldt, der noch vor wenigen Tagen in einem Schreiben an den Vor« sitzenden des rheinisch-westfälischen Arbeitgeber- bundes für das Holzgewerbe sein Erstaunen darüber ausdrückte, daß im Holzgewerbe noch immer Schwierigkeiten bestanden, obwohl man ja bei den Verhandlungen unter seinem Vorsitz schon nahezu einig war. Die Verhandlungen scheiterten lediglich daran, daß die Arbeiterführer im letzten Augenblick auf einer be- deutenden Lohnerhöhung, und zwar aus 4 Pf., bestanden und außerdem eine Verkürzung der Arbeitszeit süber die man vorher schon einig lvar) erneut forderten. Die Arbeitgeber hatten sich bereit erklärt, gewisse Lohnausgleiche vorzunehmen, was für ver« schiedene Orte sogar eine Erhöhung bedeutet hätte.' Erstens ist nun unwahr, daß man sich jemals.über die Einzel« Helten des abzuschließenden Vertrages vollständig geeinigt' hatte; nur über einige nebensächliche Punkte wurde eine Verständigung erzielt. Zweitens haben die Arbeitervertreter einen Vertrag für den ganzen in Frage konimenden rheinisch-westfälischen Bezirk von An- fang an bis heute entschieden abgelehnt! Drittens haben am 14. Mai 1908 Verhandlungen über einen Vertrag für das Schreiner- gewerbe gar nicht stattgefunden, sondern im vorigen Jahre nur am 12., 19., 20. und 22. Juni, und endlich viertens wurde unter dem Vorsitz des Herrn Dr. Wiedfeldt über den In- halt eines Vertrages im Schreinergewerbe über» Haupt nicht verhandelt! Die im Bezirke in Frage kommenden Arbeiterorganisationen darunter auch die Holzarbeiterverbände waren zwar für den 24. Februar 1903 zu einer Vorbesprechung nach dem Essener Rat- hause eingeladen, doch wurde an diesem Datum über den Schreiner- vertrag nicht verhandelt, sondern die Vertreter derselben wurden sehr Haid entlassen und in Aussicht genommen, nach Beendigung der Verhandlungen im Baugewerbe, den Schreinervertrag zu beraten. In einem Schreiben vom 4. Juni wurden die Arbeitervertreter zu Verhandlungen am 12. Juni nach Essen eingeladen. Diese Ein- ladung war von Herrn Dr. Wiedfeldt unterzeichnet. Derselbe wurde aber inzwischen in das Reichsamt des Innern nach Berlin berufen und führte an seiner Stelle Herr Assessor H ü t t n e r den Vorsitz bei den Verhandlungen. Wie kommt nun Herr Dr. Wiedfeldt dazu, zu er- klären, daß man unter seinem Vorsitz schon nahe- zu einig war"? Entweder ist der Brief deS Herrn Dr. Wiedfeldt, der inzwischen zum RegierungSrat befördert wurde, gefälscht, oder der Herr Regierungsrat hat sich geirrt! Jetzt versteht man auch, warum der»Arbeitgeberbund ' am Schluß seiner Erklärung sagt: Auf weitere Berichtigungen der Zeitungsnachrichten einzu- ehe», dürste mit Rücksicht auf die vorstehenden Aeußerungen über- üssig sein." Nichtsdestoweniger wird der Vorsitzende desrheinisch-west­fälischen Arbeitgeberbuudes für das Holzgewerbe' Herr S ieb e l- Düsseldorf, oder Herr RegierungSrat Dr. Wiedfeldt so freundlich sein müssen, hier Aufklärung zu geben, oder man wird sich seine eigenen Gedanken machen müssen. Auf den Kampf im Holzgewerbe in dem fraglichen Gebiete hat dieser Schwindel keinerlei Wirkung ausgeübt. Drei größere Firmen in Duisburg haben die Aussperrung wieder zurückgenommen und eine Verkürzung der Arbeitszeit von wöchentlich 3 Stunden und Er- höhung des Stundenlohnes um 2 Pf. bewilligt, so daß hier nurnoch zwei Firmen an der Aussperrung beteiligt sind. In Herne und Bochum haben neuerdings einige Arbeitgeber ihren Arbeitern ge- kündigt, doch wird auch hierdurch der Gang der Bewegung nicht be- einflußt, wenn auch ferner der Zuzug von Holzarbeitern nach Rhein- land-Westfalen femgehalten wird. Erfolgreicher Streik der Eisenbeton- und Zcmentarbeiter in Leipzig . Die Unternehmer haben die Forderungen der Arbeiter be- willigt, und damit ist der mehrere Wochen andauernde Ausstand beendet._ Die MSbelfabrikanten in Würzburg hab-n bekanntlich ausge- sperrt, weil in einem Betrieb die Arbeit eingestellt wurde. Die Arbeitgeber wollen 1 Pf. in diesem und einen weiteren Pfennig Lohnerhöhung für das nächste Jahr gewähren. Verlangen aber als Ablaufstermin den 11. Februar 1011 und verweigern das Zu- geständnis eines Mindestlohnes, worauf die Arbeiter bestehen, ksselchs Mich eiil?ft anderen AblaufskerMin und Keitere Lohn» erhöhungen verlangen. Erneute Verhandlungen am 22. Mai ver- liefen aus diesen Gründen wieder ergebnislos. Gewerbegerichtswahl in Frankfurt a./M. Von insgesamt abgegebenen 11082 Stimmen erhielten die freien Gewerkschaften 0074 und die Christlichen 1103 Stimmen. Während die ersteren 29 Beisitzer erhielten, kamen auf die Christ- lichen vier. Das Verhältnis der Zahl der Beisitzer bleibt mithin wie bisher. Tluskand. Streik der Seeleute. Marseille , 26. Mai. In der gestrigen Versammlung der See- leute wurde ein Telegramm verlesen, worin die Seeleute des Hafens von Ciotan ihre Sympathie für die ausständigen Seeleute aus- drückten. Die Versammelten beschlossen hierauf die Fortsetzung des Streiks. _ Hu 6 Induftrlc und HandeL Ei» Krach im Ledergewerbe. Schon vor einigen Monaten wurde bekannt, daß die Lederfabrik Ehck u. Strasser sich in Finanzkalamitäten befinde. Im Verlaufe der Sanierungsverhandlungen hat sich herausgestellt, daß verschiedene falsche Maßnahmen, Beteiligung bei anderen Werken, Anhäufung von Rohmaterialien unter Benutzung hoher Bankkredite usw., das Unter- nehmen an den Rand des Zusammenbruches gebracht hat. Zuerst glaubte man, die Schwierigkeiten würden durch Zu« sammenlegung des zwei Millionen Mark betragenden Aktien- kapitals im Verhältnis von 3: 1 und Ausgabe neuer Aktien zu beheben sein. Eingehende Prüfungen ergaben jedoch, daß eine ordentliche Sanierung die Zusammenlegung von 10: 1 erfordere. Das war für die Aktionäre natürlich eine harte Nuß, und sie ver- langten Entgegenkommen von Äen Gläubigern, besonders von der kreditierenden Bank des Fürsten Fürstenberg, die Berliner Handels- gesellschast firmiert und über drei Millionen Mark zu fordern hat. Die Bank verlangte aber Sicherheiten, die teils durch Ver- psändung, teils durch Bürgschaften gegeben werden sollten. Für Mittwoch war eine Generalversammlung einberufen, in der nach langer Beratung folgende Vorschläge unterbreitet wurden: Es geben die Mitglieder des AnfsichtSrates die Erklärung ab, daß sie bis zu bOOOOO'M.& fonds perdu zeichnen. Die Gläubiger willigen in die versprochene Kürzung ihrer Forderungen. Es bildet sich ferner ein Garansiekonsortium, das 800 000 M. neue Aktien zeichnet. Alsdann müßten sich die anderen Aktionäre noch bereit erklären, 300 000 bis 400000 M. Aktien zu übernehmen. Die alten Aktien werden von 6 zu 1 zusammengelegt. Damit die Aktionäre zu den Vorschlägen Stellung nehmen konnten, wurden die Weiterverhandlungen bis zum Abend vertagt. Da bei dem Unternehmen zirka 1600 Arbeiter beschäftigt sind, hat die Frage, ob es zum Konkurs kommt, oder ob eine Sanierung den ungehinderten Fortgang des Betriebes ermöglicht, eine besondere Bedeutung. Zu der Generalversammlung hatten sich zirka 50 Arbeiter eingefunden. Eine Delegation, der man den Zutritt gestattete, hatte den Auftrag, die Aktionäre zu bitten, den Zusammenbruch zu ver« hindern._. Der Rückgang deS Tabakbaues iu Deutschland . Bei der Frage des Tabakzolles sind auch die Interessen der Tabakpflanzer in Deutschland vorgeschoben worden, da man den deutschen Tabakbau schützen und fördern müsse. Wie wenig aber ein Tabakzoll den Rückgang und das einstige völlige Verschwinden deS Tabakbaues in Deutschland zu verhindern vermag, zeigt ein längerer Bericht des Kaplans OlviS Becker in Nr. 16 der agrarischen ZeitschristDaS Land" über den Tabakbau im Eichsfeld (Hnn- nover). Dort ist der Anbau des Tabaks seit 1894 ständig zurück- gegangen, wie folgende Aufstellung zeigt: «- Zahl der Größe der be- Erttag in Durchschnitts» "' Pflanzer bauten Fläche Zentnern preis 1894 1609 22 296 Ar 10 600 20, M. 1896 1743 22 886 11 600 13,60 1898 666 9 636 8 650 20,75 1900 1118 14 264» 7 000 20,50 1904 1292 15121» 5 000 18,50, Trotz des erhöhten Zolles gingen also die Preise für den Jnlandstabak zurück weil die Nachfrage nach dem deutschen. wenig genießbaren Tabak nachläßt. Und damit schwindet auch der Anbau, der sich nur noch in der Rheinpfalz einigermaßen zu halten vermag, aber auch von da nach und nach verschwinden wird. Letzte JVachnchtcn und Deptfchen, Die Interpellation Dnbrowin. Petersburg, 26. Mai. Neununddreitzig oppositionelle Duma« abgeordnete haben in der Reichsduma eine Interpellation ein- gebracht, worin sie die von einem finnischen Gericht ermittelten Tatsachen anführen und betonen, diese Tatsachen zeugten von einer Tätigkeit desVerbandes des russisch en V o lkeS und Beziehungen zur Polizei, die in einem geordneten Staate unzulässig seien. Die genannten Abgeordneten beantragen, die Duma möge anftagen, ob dem Justtzminister und dem Minister des Innern bekannt sei, daß der Generalrat deS Verbandes des russi« schen Volkes mit Wissen der SicherheitS- und der politischen Polizei Kampfgenossenschaften orga» n i s i e r t habe, die sich mit Revolvern und Bomben versahen und zwar unter Mitwirkung von Polizei» Beamten; daß ferner eine ganze Reihe von Mitgliedern des Verbandes gleichzeitig als Agenten der politischen Polizei fungierten, und daß schließlich diese Persönlichkeiten an der Er- mordung des früheren Deputierten Herzenstein und I o ll o s und der Vorbereitung eines Attentats gegen den Grafen Witte und Miljukow teilgenommen hatten unter Mit« Wirkung deS Generalrats des Verbandes und dessen Vorsitzenden Dubrowin. Falls solches den Ministern bekannt sein sollte, so wäre es wünschenswert zu erfahren, welche Maßregeln ihrerseits er- griffen worden seien, um derarsigen verbrecherischen Handlungen ein Ende zu machen. Die Jnterpellasion wurde in der heutigen Abendsitzung nach stürmischen Debatten unter beständigem Lärm und gegenseitigen groben Ausfällen seitens der>extrcmen Rechten und der Linken angenommen und einer Kommission überwiesen, der eine drei- tägige Frist zur Begutachtung und Wiedereinbringnng in die Plenar« sitzung gegeben ist._ Ungetreuer Kassierer. Bielefeld , 26. Mai. (B. H. ) Der Kaufmann Schulte, Ren» bant der Spar- und Darlehnskasse in Westbarthausen, Kreis Halle i. Wcstf. wurde verhaftet. Durch Urkunden- und Wechselsälschung hatte er die Kasse um zirka 600 000 M. betrogen. Die schwarzen Pocken. Heilbronn , 26. Mai. (B.H. ) Eine Lumpensortiererin einer hiesigen Papierfabrik, die mit auö Rußland eingeführten Hadern beschäftigt war, ist an den schwarzen Pocke» erkrankt. Auch bei ihrer Tochter zeigten sich Symptome der Krankheit. ES sind sofort die um- fassendsten Maßnahmen getroffen worden, um eine Weiterverbreitung der Krankheit zu verhindern.__ ZH-Glockr. Berlin . Druck u, V erlgg: Vorwärts Buchdr, u. VerlagSanstalt Mul Singer Sc Co« Berlin L W. Hierzu Z Beilagen u.Unterhaltungsbl, /