»licht die geeignete Vertretung für die Modelleure oder Stein« arbeiter. Komme es zu einer Verschmelzung, dann könne der Uel'rtritt kein geschloßener sein. Wenn man bei der Kassen- sanierung mit b Pf. Beitragserhöhung nicht auskomme, dann solle man einen höheren Satz nehmen. Die Hamburger Kollegen würden auch 10 oder 15 Pf. mehr bezahlen. M i s b a ch(Berlin ) kritisiert, daH der Hauptvorstand zu der Uebertrittsfrage keine klare Stellung eingenommen habe und tritt in längern Ausführungen für die Beibehaltung der Berufs- organisation ein. Dabei polemisiert er gegen einen Artikel im „Correspondenzblatt" in dieser Frage, der zeige» daß der Verfasser die Verhältnisse nicht richtig kenne. Robert Schmidt(Berlin ), Vertreter der Generalkommission: Ich kann verstehen, dah Sie Ihre alte Organisation verteidigen. Ich bin kein begeisterter Befürworter einer Verschmelzung Ihrer Organisation mit den Holzarbeitern, bis vor kurzem war ich noch Gegner des Anschlusses; man kann sich aber doch nicht gegen die Entwicklung stemmen. Die Abstimmung ist für Sie sehr ernst, Sie müssen berücksichtigen, daß eine erhebliche Minorität Ihrer Mit- glieder auf«inen Anschluß drängt. Von außen drängt Sie ja niemand zu einem Uebertritt, der Holzarbeiterverband hat eine sehr loyale Haltung in dieser Frage eingenommen. Ich möchte mich nun gegen einige schiefe Darstellungen in der Diskussion wenden. Es wurde gesagt, die großen Verbände sind nicht so leistungsfähig wie die kleinen. Das muß ich bestreiten. Den großen Verbänden ist es leichter als den kleinen, die Anstürme an die Kasse zu er- tragen. Die Verhältnisse in der Metallindustrie sind wesentlich anders als in der Holzindustrie. Der Holzarbeiterverband hat da- her mit anderen Faktoren zu rechnen als der Metallarbeiterverband, auf hcn Sic in der Debatte exemplifiziert haben. Auch bei dem Streik in Mannheim liegen die Dinge anders, als sie hier und auch in der Presse behandelt wurden. Es sind dort in Berücksichti- gung der wirtschaftlichen Verhältnisse zum Teil Erfolge erzielt worden.— Nun wurde auch betont, im Holzarbeiterverband kom- wen die verschiedenen Branchen nicht zur Geltung. Das ist nicht zutreffend. Nach einer Statistik des Holzarbeiterverbandes steht fest, daß die im Holzarbeiterverband vertretenen Branchen bei Streiks und Lohnbewegungen ziemlich gleich beteiligt waren. Bei Angriffsstreiks im Jahre 1907 waren die kleineren Branchen pro- zentual sogar noch stärker beteiligt als die Tischler. Das einzige Bedenken gegen einen Anschluß, das ich geltend machen kann, ist: daß die Stcinbildhauer sich wohl schwer dem Holzarbeiterverband anschließen. Vielleicht wäre-s eine bessere Lösung, wenn die Steinbildhauer sich dem Steinarbeiterverband anschließen, aber auch dies hat seine Schattenseiten. Redner bespricht noch die Unter- stühungseinrichtungen bei den Bildhauern und Holzarbeitern, die gleichwertig seien, und meint zum Schlüsse, er wolle nicht zureden. den Anschluß jetzt zu beschließen, denn dazu bedürfe es einer bessern Vorbereitung. In der weitern Debatte werden neue Gesichtspunkte nicht mehr borgetragen. Die Biehrzahl der Delegierten tritt energisch gegen den Anschluß an den Holzarbeiterverband ein. Andere Redner plädieren warm für die Verschmelzung, die eins Notwendigkeit sei. Es folgt Vertagung. 9. Gkneralversammlung des Dentschen Metallarbeiter- oerbattdes. Hamburg , 1, Juni. In der Dienstagsitzung tvurde zunächst vornehmlich über Mannheim -Stettin debattiert. Die Mannheimer Delegierten Sahler und Bam- b e r g und der Ludwigshafener Delegierte Ricken suchten die kolossale Empörung ihrer Kollegen ursächlich zu begründen. Stark beeinflußt seien sie durch die Wortbrüchigkeit der Firma Brown. Bovert u. Co., die trotz aller Abmachungen gemaßregelt und den Lohn gedrückt habe. Das habe später das Mißtrauen gegen die Versprechungen des Strebelwerkes erzeugt und gerechtfertigt. Am meisten Entrüstung habe die Tatsache erregt, daß der Vorstand Beschlüsse ohne Befragung der örtlichen Verwaltung und Ver- trauensleute faßte. Auch die Depesche über Streikarbeit in Sachsen habe infolge der Begleitumstände das Mißtrauen erhöht, obwohl sich herausgestellt, daß sie weder gefälscht noch be- stellte Arbeit gewesen. Die Kündigung des Beamten sei nicht formgerecht erfolgt, sie sei auch nur ein„Vorstoß" gewesen. Im übrigen sei die Taktik des Vorstandes bekämpft und die Berant- wortlichkeit der Bezirksleiter gefordert worden. Nicht entschuldbar sei das Verhalten der Arbeiter nach dem Streik; dem Verband den Rücken zu kehren, hätten sie kein Recht gehabt. Hätte man aber die örtlichen Instanzen herangezogen bei den Beschlüssen— was auch bei Verhandlungen mit Unternehmern geschehen müsse—, so wäre nur halb soviel Mißstimmung entstanden. Der Vorstand habe eigenmächtig gehandelt. D i t t m a n n- Hamburg übte sehr scharfe Kritik am Vor- stände, mit dessen Tätigkeit die meisten Mitglieder unzufrieden seien. Das ganze System gefalle ihnen nicht, vor allem aber die Selbstherrlichkeit der Leitung und die Bevormundung der Mit- glieder. So schaffe man Haßerfüllte, Unzufriedene auf der einen, Prätorianer auf der anderen Seite. Man tue das Gegenteil von dem, was die Mitglieder für richtig hielten; während diese vor- wärts wollten, sei der Vorstand auf sein Bremsen stolz und sage bei jeder angedrohten Aussperrung: Hand davon! Er sei zaudernd gegen Feinde, schneidig gegen Kollegen; dort fehle Initiative, hier herrsche Bevormundung. Die Bezirksleiter seien vom Vorstand abhängig wie Janitscharen; sie müßten gelegentlich zur Wahl gestellt werden, um festen Boden zu erhalten. Die Dünkelhaftig- keit gegen die Partei, die Bevorzugung einer gewissen Richtung seien nicht angebracht, die Unterstützungsentziehung bei der Mai- feier auf Grund des Abkommens zwischen Parteivorstand und Generalkommission den Verbandstagsbeschlüssen widersprechend. Die in Stettin erlassenen Flugblätter seien ein Verbrechen an den Arbeitern, dessen Wirkungen man noch zehn Jahre spüren werde. In Mannheim habe der Absolutismus seinen Höhepunkt erreicht. Unmöglich hätte man den Arbeitern zumuten können, sich auf Treu und Glauben dem Strebelwerk zu überliefern. Die„ehr- lichen Makler" wollten die Arbeiter nur über den Löffel barbieren. Undemotratischer als alles andere sei, daß ein halb Dutzend Vor- standSmitglieder über den ganzen Verband entscheiden. Im Fall des Mannheimer Beamten sei nur bedauerlich, daß er gegen den Willen der Mitglieder auf dem Posten bleibe. Die bisherige Taktik des„VerhandelnS um jeden Preis" habe Schiffbruch ge- litten und den Verband in den Sumpf gebracht, über dem wie ein Irrlicht die Tarifgemeinschaft schwebe. Da habe das Wort „Sisyphusarbeit" gewisse Berechtigung. Man müsse daher den Anträgen auf Aenderung des jetzigen Zustandes zustimmen. D i ß m a n n- Hanau meinte, man dürfe bei drohenden Aus- sperrungen nicht immer gleich abblasen, sonst könnte man diesem Mittel ja überhaupt nicht begegnen. Die in Mannheim an- gewandte Form des Kampfabbruchs habe im ganzen Lande un- günstig gewirkt und das Vertrauen zur Organisation erschüttert. Künftig dürften in solchen Fragen zwar nicht die Kämpfenden allein entscheiden, wohl aber müßten die in Mitleidenschaft Geratenden rechtzeitig mit zur Entscheidung herangezogen werden; ein Teil der ungeheueren Verantwortung müsse auf die Massen übertragen werden.— Zur Behandlung der Budgetfrage im Ka - leNder sagte Redner, man müsse das Einigende suchen und nicht einen Teil der Mitglieder, der anders denke, vor den Kopf stoßen. Bühl - Griesheim behandelte die formelle und taktische Seite der beiden strittigen Punkte. Er ist der Ansicht, daß im Mann- heimer Fall die örtlichen Instanzen hätten zugezogen werden müssen, dann hätten sich die Dinge nicht so zugespitzt. Bis zum Ablauf des Ultimatums der Unternehmer sei hinreichend Zeit gewesen, den Kollegen die Sache klar zu machen. Was ist denn mehr wert: ein paar Tausend Mark oder das Vertrauen von einigen Tsvsend Kollegen zv bulinnil Eine derartige Taktik liege nicht im Interesse der Kollegen. Das Vertrauen zum Ver- bände werde mit dem Augenblick wiederkehren, wenn die General- Versammlung erklärt: Die Maßnahme des Vorstandes war nicht richtig! Was die formelle Seite anlangt, so vermöge er im Statut nirgends eine Bestimmung zu entdecken, wonach dem Bor - stände das Recht zustehe, eigenmächtig einen Streik aufzuheben. Den Erklärungen einer so terroristischen Direktion, wie die des Strebelwerks, könne man doch nicht ohne weiteres glauben. In Frankfurt a. M. habe die Maßnahme des Hauptvorstandes große Entrüstung ausgelöst, so daß wir alle Mühe hatten, die Leute zu halten. M a s s a t s ch(Vorstandsmitglied) gibt eine eingehende Schilde- rung der Mannheimer Differenzpunkte. Alle die hier erteilten Rat- schlüge seien schon vor Beginn des Streiks beachtet worden. Durch das starrköpfige Verhalten der Direktion des Strebelwerks sei die Situation heraufbeschworen worden. Als die Monopolstellung dieses Werkes ablief, ging sie mit Lohnabzügen vor. Man war sich sofort in den beteiligten Kreisen klar, daß es zum Kampf kommen würde, obwohl auch Befürchtungen ausgesprochen wurden, daß der Abwehrkampf ergebnislos verlaufen würde. Aus taktischen Gründen habe man diese Ansicht nicht laut werden lassen. Es wurde damals auch gesagt, daß die Kollegen eventuell ohne Zu- stimmung des Vorstandes in den Streik eintreten würden, was ein schlimmer Verstoß gegen die gewerkschaftliche Disziplin gewesen wäre. Auch die Hirsche sagten, es wäre wohl wenig Aussicht auf Erfolg, aber der Kampf müsse aufgenommen werden. Durch die gemachten Zugeständnisse haben wir mehr herausgeholt, als Ein- geweihte herauszuholen geglaubt haben. Schlechte Taktiker, die sagen, die Aussperrung komme doch einmal. Den günstigen Zeit- Punkt für einen großen Kampf wähle man sich doch selbst! Die in Betracht kommenden örtlichen Faktoren seien über den Stand der Dinge wohl informiert gewesen, wie in Nr. 5 des Verbands- organs nachzulesen sei. Es hätten dann der Oberbürgermeister und der Gcwerbeinspektor sich angeboten, die Vermittelung zu über- nehmen, die zurückzuweisen keine Ursache vorgelegen habe. Die dem Vorstande gemachten Vorwürfe seien haltlos. Um die an- gedrohte Massenaussperrung abzuwenden, habe man sich zur Auf. Hebung entschließen müssen. Redner erörtert sodann die Diffe- renzen in Stettin und bezeichnet das dort veröffentlichte Flugblatt als Kollektivarbeit der Kollegen. Aus dieser Situation heraus sei die Erklärung abgegeben worden, daß Streikunterstützung nicht zur Auszahlung käme, falls die Kollegen bei ihrem Vorhaben be- harrten. V ö l l e r- Remscheid heißt das Vorgehen des Vorstandes gut; diesem müßten in solchen Fällen die nötigen Machtbefugnisse zu Gebote stehen. Deckelmann- Frankenthal vertritt die gleiche Ansicht und schildert anschaulich die Mannheimer Vorfälle, die leider dazu ge- führt hätten, daß Hunderte von Kollegen dem Verbände den Rücken kehrten. Allerdings befinden sich viele Mitläufer darunter, denen dies ein willkommener Anlaß war, sich der Beitragszahlung zu entziehen. Ein Vorschlag, wie die unliebsamen Dinge anders hätten behandelt werden müssen, sei hier auch nicht gemacht worden. Schlicke macht am Schluß der Vormittagssitzung die traurige Mitteilung von dem Ableben des langjährigen Redakteurs der „Holzarbeiterzeitung", Deinhardt, dem er einen warmen Nach- ruf widmet. Zu Ehren des Verstorbenen erheben sich die Dele- gierten von ihren Plätzen. Zu der voraussichtlich in Hamburg erfolgenden Beisetzung des Verstorbenen wird eine Delegation des Verbandstages entsandt werden. In der Nachmittagsitzung verbreitete sich W o d e r i ch- Stettin über die Vulkan-Aussperrung und ihre Ursachen. Durch die fortwährenden Eingriffe der Verbandsleitung, welche die Mitglieder über die Seeschiffswerft-Abmachungen nicht gründlich informiert habe, und das rigorose Vorgehen der Unter- nehmer sei so große Erregung entstanden, daß dem plötzlichen Befehl, in die Betriebe zu gehen, keine Folge geleistet wurde. Das Flugblatt, in dem ohne vorherige Ankündigung die Unterstützung entzogen worden sei, habe den Zorn aufs äußerste gesteigert. Nur unter dem Zwange der Verhältnisse, nachdem hinter dem Rücken der Vertrauensleute mit der Direktion verhandelt sei, hätten die Nieter die Arbeit wieder aufgenommen. Bezirksleiter Vorhölzer- Stuttgart gab eine eingehende Darlegung der Mannheimer Ereignisse. Im Falle Brown, Bovert u. Co. habe man für seinen Rat kein Ohr gehabt. Für den viel- erwähnten Wortbruch der Firma bestehe das ganze Material der Arbeiter nur in unbewiesenen Behauptungen; die Bezirksleitung habe rechtzeitig bei der Firma Protest erhoben. So hätten auch 1907 hinsichtlich des Akkordverdienstes im Strebelwerk die Rech- nungen der Arbeiter nicht gestimmt. Diese hätten zum Teil wahnsinnig geschuftet und mit ihrer Arbeitskraft Schindluder ge- spielt. Bei der letzten Bewegung hätten die Unternehmer törichter- weise durch prinzipielle Festlegung sich den Weg zur Verständigung verrammelt. Der Verband habe des moralischen Eindrucks wegen Verhandlungen auf keinen Fall ablehnen dürfen. Nach diesen hätten den Vertretern dieselben Arbeiter gedankt, von denen sie Tags darauf Verräter geschimpft wurden. In ihren Auffassungen und Urteilen über die einzuschlagende Taktik hätten die Arbeiter fortwährend stark geschwankt. Die Empörung sei in anarchosozia- listischen Flugblättern in schändlichster Weise künstlich geschürt worden, gleichwohl sei den Urhebern von Strebelwerkarbeitern geflissentlich Vorschub geleistet worden, für einen Wisch, der von „gewerkschaftlicher Hungerpeitsche und Staatsstreich" rede, seien sogar Lokalkassengelder bewilligt. Die Konjunktur fei in unglaub- sicher Weise überschätzt. Alle Warnungen, das Rückgrat der Or- ganisation zu schonen, einen geordneten Rückzug anzutreten, seien in den Wind geschlagen, die Abstimmung bei der Entscheidung in ungehörigster Weise beeinflußt, zur Besonnenheit mahnende Kol- legen drangsaliert, die Leitung durch die Stadt verfolgt und mit Steinkohlen beworfen worden. In der„Saalbau"-Versammlung seien M a s s a t s ch und Vorhölzer' am Sprechen verhindert, und doch eine Resosution gegen ihre„Ausführungen" angenommen. Nach dem Kampse sei„passive Resistenz" durch Beitragsverweige- rung zum Schaden des einzelnen und der Organisation geübt worden. Eine Handvoll Phraseure habe der Masse eine nicht vor- handene Macht suggeriert. Demgegenüber müsse man besonnen und sachlich nach bewährter Methode weiterarbeiten. F l o h r- Karlsruhe bestritt dem Vorstande das Recht, ohne Zustimmung der beteiligten Faktoren Lohnkämpfe aufzuheben. Das Selbstbestimmungsrecht müsse gewahrt werden. Scheffle r-Dresden wies darauf hin. daß taktische Fragen auch in anderen Verbänden eine Rolle spielten. Mißstimmung werde oft künstlich von Personen geschaffen, die sich einen Resonanz- boden wünschten. In seinem Bezirk herrsche auch Unzufrieden. heit, aber darüber, daß immer nur große Orte Lohnbewegungen veranstalten, obwohl in den kleinen noch der Lohn 13— 14 M. betrage. Würde vor jedem Streik abgestimmt über dopelte Bei- träge, dann würde die Streilstimmung oft wesentlich herabgedrückr werden. Oft seien in Versammlungen Lohnfragen halber Tausende, die sich nie sehen ließen, wenn es gelte, Aufkläurng zu erhalten. Taktische Maßnahmen dürfe man in Rücksicht auf den Feind nicht von vornherein aufdecken. Die Parole:„Alles oder nichts!" sei eine falsche. Sei der Feind stärker, müsse eventuell gewartet werden. Wer so scharfe Kritik übe, wie Dittmann, dürfe sie der anderen Seite nicht verwehren. Die Bezirksleiter seien nicht dazu da, den Kollegen nach dem Munde zu reden, sondern sie zu schulen und zu guten Kämpfern zu machen: durch Aufklärung. Bezirks- konferenzen solle man nach Bedürfnis veranstalten. L e h n e r t- Braunschweig meinte, man müsse den Mut haben, den Kollegen in den Versammlungen auch Dinge zu sagen, die sie nicht gern hören. Cohen-Berlin : Auch bei den Hafen- und Fabrikarbeitern Mannheims seien ähnliche Differenzen zu verzeichnen. All die Sachen resultierten aus dem Haß gewisser Personen gegen die Zentralverbände. Leute, von denen auch wohl die ominösen Flug- blättex herrührten. Er warne davor, ans solches Anlaß Gelegen- heitsgesetze zu machen. Gewisser Intentionen wegen werde man es doch nicht zu Riesenaussperrungen kommen lassen! Das Wort Demokratie könne man nicht ohne Vorbehalt anerkennen. Es sei doch nicht undemokratisch, wenn Delegierte die Gesetze des Ver- bandes machen und dem Vorstande die Ausführung der Beschlüsse übertragen! Dittmann habe mit dem Ausdruck„Prätoritaner" eine schwere Beleidigung geprägt. Solle man das ernst nehmen? Ditt- mann scheine sich nicht klar zu sein über die Bedeutung der ge- werkschaftlichcn Tätigkeit, sonst hätte er nicht von Sisyphusarbeit geredet. Wenn unter der Krise eine Verschlechterung der Lebens- läge der Arbeiterschaft hintangehalten sei, trotz der Schutzzoll- und Handelspolitik, so hätten die Gewerkschaften glänzend ihre Schul- digkeit getan. Prinzipiell sei er der Ansicht, der Arbeitsnachweis gehöre den Arbeitern; aber auch paritätisch geleitete, wie sie Süd- deutschland habe, könnten segensreich wirken. Der Budgetartikel wär besser unterblieben; an sich sei die Sache nicht so schlimm. Neunte ordentliche Geuerulversammlung der Glnsarbeiw und-Arbeiterinnen Nentschlnnds. Hannover , 31. Mai. DiS Debatte über den Vorstandsbericht nimmt den ganzen zweiten Verhandlungstag und einen großen Teil des dritten in Anspruch. Man kritisiert unter anderem die Art, wie die Anstellung verschiedener Beamten zustande kam. Es wird eine Kommission gewählt, die über die Nachbewilli- gung verweigerter Streikunterstützung heraten soll; die Stimmung der Generalversammlung ist für Ablehnung sämtlicher derartiger Anträge. Insgesamt sprechen 52. Delegierte zu diesem Punkt, die an der Haltung des Vorstandes, zum Teil auch an der Redaktion die verschiedensten Ausstellungen machen. Hauptsächlich hat der Vorsitzende G i r b i g bei den vielen Lohnbewegungen es� nicht allen recht machen können. Reichstagsabgeordneter Genosse Horn macht ebensalls einige Ausführungen über seine Vermittelung beim Streik in Alexanderhütte. Derselbe dauerte bereits 26 Wochen und Horn fand eine Situation, in der er sich verpflichtet hielt, eine Verhandlung zur Beilegung anzubahnen. Redner bemängelte die viele Zeit, die der Vorstand zur Beantwortung der auf diese Sache bezüglichen Briefe gebrauchte. Nach dem Bericht der Beschwerdekommission hält Gauleiter D i r s ch e l sein Referat über Agitation. Er äußert sich zunächst über die Frage der politischen Neutralität. In dieser Beziehung müsse man den Arbeitern sagen, daß die freien Gewerkschaftler Sozialdemokraten sind, aber auch warum sie es sind. Die Arbeiter könnten ihre politische Ver- tretung, wenn sie aufgeklärt werden, nur noch in der Sozialdemo- kratie erblicken. Der Gewerkschaftsführer, der da ein Versteckspiel treibt, schädigt die Arbeiterbewegung. Wr müssen da unseren strikten Gegensatz zu den Christlichen erklären, die da sind, um die Gewerkschaftsbewegung zu zersplittern und für die bürgerlichen Parteien politische Wahlarbeit zu leisten. Was die einzelnen Mittel der Agitation anbelangt, so habe die Erfahrung gelehrt, daß die Erfolge großer Agitationstouren in umgc- kehrtem Verhältnis zu ihrem Kostenpunkte stehem Der Referent ist' entweder gezwungen, tagelang mützig zu liegen oder ungünstige Versammlungstage zu nehmen. Das rächt sich durch schlechten Besuch der Versammlungen und die Wirkung in solchen Fällen sind moralische Niederlagen. Aber auch die E i n z e l v e r s am m- l u n g e n müssen viel besser vorbereitet werden. Es genügt nicht, ein rednerisches Paradepserd zu engagieren und dann sich auf die Zugkraft des tönenden Namens zu verlassen; eS genügt auch nicht, daß der Redner in letzter Stunde erscheint und nach der Ver- sammlung wieder den nächsten Zug zur Abfahrt benutzt. Der Redner müsse sich vor seinen Ausführungen die Erforschung der örtlichen Lohn- und Arbeitsverhältnisse zur Pflicht machen. Ferner müssen solche unverantwortliche Ratgeber, die den indifferenten Arbeitern Hoffnungen erwecken, als ob sie in den ersten Wochen ihrer Organisationszugehörigkeit schon eine 2vprozentige Lohn- erhöhung erringen könnten, aus der Agitation fernbleiben. Man müsse die Ursachen eines Krebsschadens der Organisation, der Mitgliederfluktuation, ergründen. Eine noch wichtigere- Aufgabe besteht in der Erforschung der Lohn, und Ar- beitsverhältnisse. Eine Organisation, der die statistischen Grundlagen fehlen, ist nicht imstande, den Kampf für die Arbeiter wirksam führen zu können, sie läuft Gefahr, sich vor dem organi- sierten Unternehmertum zu blamieren. Ein weiteres wichtiges Agiti�twnsmittel liege in den A r- beitsnachweisen. Durch diese müsse man Einfluß nicht nur auf die Kollegen, sondern auch auf die Unternehmer gewinnen. Der Arbeitsnachweis gehöre in die Hände der Arbeiter. Das Ar- beitsnachweisbureau der Flaschenindustriellen ist ein Maßregelungs- bureau schlimmster Sorte geworden. lftedner verbreitet sich dann über die Verantwortung und die Aufgaben der Verbandsfunktionäre und Ver- trauensleute. Weiter müsse man auf die Gewinnung der Frauen und Minderjährigen viel mehr Mühe ver- wenden. Verzichten wir auf die Minderjährigen, dann verzichten wir auf den Nachwuchs, der immer frisches Blut in die alten Säfte der Organisation hineinbringt.— Nachdem Redner noch den Wert der Branchenkonferenzen erörtert, schließt er unter lebhaftem Beifall sein inhaltreiches Referat. Auf Antrag wird von einer Diskussion Abstand genommen, da man sich mit den Leitsätzen des Referenten einstimmig einver- standen erklärt. �Berschmelzuiigsfrage, zu der den Delegierten in mehreren Tabellen statistisches Material vorliegt über die Verhältnisse des Glaser-, Töpfer, und Porzellan- a'bciterverbandes, referiert G i r b ig- Berlin . Die drei Verbände zählten 1908 zirka 40 000 Mitglieder und brachten eine Einnahme von über 935 000 M. auf. Girbig empfiehlt, sich in folgender Rc° solution mit der Verschmelzung einverstanden zu erklären: In der Erwägung, daß die Macht des Kapitals durch die sich in steter Weise vollziehende Konzentration immer stärker wird und die Organisationen der Industriellen sich zu machtvollen Arbeitgeberve�bänden zusammenschließen, erachtet es auch die 9. ordentliche Generalversammlung des Zentralverbandes der Glasarbeiter für erforderlich, diesen vereinten Anstrengungen der Unternehmer einen stärkeren Wall entgegenzusetzen. Aus diesem Grunde erklärt sich die Generalversammlung mit der Verschmelzungsfrage im Prinzip einverstanden und beauftragt den Verbandsvorstand, weitere Verhandlungen mit den beiden Organisationen der Porzellanarbeiter und Töpfer zu führen und der nächsten Generalversammlung darüber Bericht zu erstatten. Weiter erklärt die Generalversammlung ihr Einverständnis damit, daß die nächste Generalversammlung unserer Organisa- tion zu gleicher Zeit und an demselben Ort einberufen werden kann, an dem die beiden anderen Organisationen ihre General- Versammlung abhalten. Nack Girbig spricht der Vorsitzende des Töpferverbandes, Genosse Drunsel, in demselben Sinne. Die Debatte wird in einer Abendsitzung fortgesetzt. Mer Deutscher Blindentag zu Dresden Dresden , 2. Juni. Fast 300 Blinde aus allen Teilen Deutschlands , Oesterreichs und der Schweiz haben sich in Dresden im Saale des„Volkswohl" zusammengefunden, um über ihre gemeinsamen Interessen zu be- raten? Eine Ausstellung, zum Teil von Erzeugnissen von Blinden, zum anderen Teile das Unterrichtswesen der Blinden betreffend, ist mit degl Kongreß verbunden. Mit der Leilsig der
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