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beHorde den Leitern der Hochschulen auf deren Befragen de- scheinigt hat, daß der Aufnahme der Hörer politische Be- denken nicht entgegen st ehen, und nachdem die auf- zunehmenden Hörer von der Polizeibehörde der H e i m a t st a d t ein Zeugnis über ihr politisches Wohlverhalten beigebracht haben. Hierbei werden die von dem Hörer vorgelegten Papiere den deutschen Polizeibehörden übergeben und von dieser zusammen mit Vertretern der russischen Polizeibehörde geprüft. 3. Relegationen werden häufig auf Ersuchen der durch russische Polizeibeamte beeinflußten deutschen Polizei- beamten durch die Behörde der Hochschulen ausgesprochen. ohne daß ein Grund hierzu in dem akademischen Ver- hallen der Hörer vorliege. 4. Werden Studenten wegen sogenannter Lästigkeit ausgeüiiesen, so wird auf Ersuchen der durch russische Beamte beeinflußten deutschen Polizeibehörde die Tat- fache der Ausweisung in der Exmatrikel bemerkt. was zur Folge hat, daß der Student auf keiner anderen deutschen Hochschule aufgenommen wird. Dieser Ber- merk wird selbst dann aufgenommen, wenn die Exmatrikel vor der Aus- Weisung beantragt ist. Beweis: Zu 2 bis 4: Geh. Oberregierungsrat Prof. Dr. D a u d e, Universitätsrichter zu Berlin , Schrifsteller Biske-Zürich, Student v. Waltzew-Heidelberg . 5. Die deutschen Polizeibehörden haben bis in die neueste Zeit bei den ihnen politisch irgendwie verdächtigen russischen Staatsangehörigen in deren Abwesenheit heimliche Durchsuchungen in der Wohnung vorgenommen und Papiere weg- g en om m e n ohne jeden Verdacht strafbarer Handlung und ohne Wahrung der für Durchsuchungen bestehenden gesetzlichen Vorschriften. Beweis: Schriftsteller B u ch h o l z, Schriftsteller B i s k e, Dr. v. W e t s ch i- low- Wien , Dr. Schitomirski- Paris . 6. Deutsche Polizeibeamte haben bis in die neueste Zeit häufig russischen Staatsangehörigen in Deutschland Geld angeboten, um sie hierdurch zu Mitteilungen über ihre Landsleute zu bestimnien. Insbesondere ist dies häufig gegenüber Studenten und Studentinnen geschehen, und zwar uuter Ausnutzung der durch eine angedrohte oder vollzogene Ausweisung ge- schaffcnen Notlage. Beweise: Schriftsteller Buch holz, Schriftsteller Biske, Schriftsteller Schitomirski. 7. Ein deutscherPolizei- beamter hat Anfang IlWS in dem Pensionat von Bukower in Berlin , Friedrichstr. 192o, ein Dienstmädchen angestiftet, aus dem Zimmer eines Pensionärs russischer Staatsangehörigkeit diesem gehörige Brief- schaften wegzunehmen und ihm auszuhändigen. Das Mädchen hat dies getan. Beweis: Das betreffende Dienstmädchen. 8. In anderen Staaten unterliegen die russischen Staatsangehörigen keiner anderen Polizei- lichen Behandlung als die Landesangehörigen. Sie sind ins- besondere in ih r er p o lit i sch e n und sozialpolitischen Betätigung in keiner Weise beschränkt. Deshalb treten in jenen Staaten allgemein unter ihrem wirklichen Namen auf und benutzen keine Deckadresse. Die russische Polizei steht in jenen Länden: mit der einheimischen Polizei nicht in der oben für Deuffchland dargestellten Verbindung. Beweis: Professor Reichels- b e r g- Berlin , Professor EriSmann- Zürich. Professor V. R e n si­ne r- Petersburg, Fürst Krapotkin- London . 9. Alle Beschlüsse der Baseler Konferenz haben sich nicht auf Deutschland bezogen. Staatsauwalt Dr. M i n d e glaubt, dasi einige Punkte a l s wahr unterstellt werden können; er beantragt die Ablehnung der Beweis- antrüge. Bert. Dr. Liebknecht fügt hinzu: In Deutschland würden dierussischen Staatsangehörigen administrativ verhaftet. Es ge- nüge schon die gerichtliche Mitteilung von irgend einer Seite an die Polizei, um Russen auszuweisen. Eine Möglichkeit, hiergegen anzukämpfen, sei nicht gegeben. Russen und besonders russische Studenten wurden aber nicht nur ausgewiesen, sondern per ZwangSrvute direkt an die russische Grenze geschafft und dort der russischen Polizei überliefert. Das Material gegen in Deutschland lebende Russen werde direkt an die russische Polizei geschickt. Alles daS würde durch Zeugen bewiesen werden und eS könne dann kein Zweifel mehr darüber herrschen, dasi die Furcht der Angeklagten vor ihren eigenen Landsleuten, der russischen Polizei und den Lockspitzeln begründet ist und daß die Geheimhaltung ihrer Angelegenheiten aus diesen Gründen notwendig war. Nach längerer Beratung wird ein Gerichtsbeschluß dahin ver- kündet, daß die BeweiSantrSge abgelehnt werden, da die Behauptungen als wahr unterstellt find. Auf die von der Staatsanwallschaft geladenen Zeugen wird verzichtet, dagegen wird der von der Verteidigung geladene Berliner Polizei- kommissar v. A r n i m über einen konkreten Fall von Russenverfolgung vernommen, der bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war. Es handelt sich um den Fall, wo die Polizeikommissare v. Arnim und Schramm ohne richterlicheErmächtigung in die Wohnung eines ausgewiesenen Russen eindrangen, dort eine Haussuchung vornahmen und sich gegen den ausdrücklichen Willen der Ehefrau des Ausgewiesenen einer Photographie des letzteren be- mächtigten, sie auf dem Polizeipräsidium vervielfältrgten und diese Photographie an die Grenzämter schickten. Kriminalkommissar v o n A r n i m erklärt auf Be- fragen des Vorsitzenden, dasi er zur Aussage über diesen Fall ermächtigt sei. Der Vorfall sei im November oder Dezember 1907 passiert. Er könne jedoch nicht verstehen, inwiefern das mit der hier zur Verhandlung stehenden Sache zusammenhängen soll. Dre Verteidiger bedeuten ihm, dasi es nicht seine Sache sei, darüber zu urteilen. Er sei zur Aussage vom Berliner Polizer- Präsidenten ermächtigt worden und habe daher die an ihn gestellten Fragen zn beantworten. Zeuge v. Arnim erwidert er- regt, er habe die Ermächtigungwenn er kvill. Auf weiteres Beftagen erklärt der Zeuge, nach seiner Ansicht seien kerne Gesetzwidrigkeiten vorgekommen, aber der Fall sei passiert. Die weitere Frage, ob er die Photographie vervielfältigt und an die Grenzämter geschickt habe, verneint derZeujje."" JS6�- Dr. Cohn: Hahen Sie dem Erkennungsdie nft Auf­trag gegeben, die Photographie zu vervielfältigen und an die Grenzämter zu schicken? Zeuge: Darüber auszusagen habe ich keine Genehmigung. Weitere Fragen, die dahin gehen, dasi ein organisierter Polizei- spitzeldienst unter den Augen der deutschen Polizei existiere, erübrigen sich dadurch, daß das Gericht als wahr unterstellt, daß die Angeklagten von dieser Tatsache überzeugt waren. Der russische Dolmetscher M o w i n g soll als Zeuge bekunden. dasi er in Berlin ein Quartier unterhalte, in dem gewöhnlich russische Polizeispitzel wohnen. Zeuge Mowrng gibt das erstere zu und bestätigt, dasi bei ihm Russen wohnen, russische Polizeispitzel wohnten aber bei ihm nicht. Er erhalte auch seine Gäste nicht von der Polizeibehörde zugeschickt, sondern die Eisenbahndirektion empfehle ihn. Er sei Dolmeticher aus dem Bahn- Hof Friedrichstraße in Berlin und durch Rechtsanwalt Jung sei ihm die Genehmigung der Eisenbahndirektion zum Aufenthalt auf dem Bahnsteig erteilt worden. Bert. Dr. Liebknecht stellt an der Hand eines Briefes fest, dasi der berüchtigte Lockspitzel A z e w in einem Briefe erklärt habe, er habe bei dem Zeugen gewohnt. Dort wohnten lauter Polizeispitzel. ZeugeMowing behauptet, sich nicht auf Azew besinnen zukönnen. Auf Antrag des Verteidigers Dr. Liebknecht wird noch Schriftsteller Buch holz über das russische Spitzelwesen in Deutschland vernommen. Er ist Mitglied der deutschen sozialdemokratischen Partei und interessiert sich für die russische Partei. Bei ihm selbst wurde dreimal ge- hausfucht, zweimal wurde er verhastet. Ein Verfahren sei em- mal gegen thn eingeleitet worden. Er erzählt, dasi im Jahre 1900 Poltzeispitzel ihndurch Hingabe von 5 M. zu Mit­teilungen über die Tätigkeit von Russen be- wegen wollten. Der Vorsitzende fragt den Ver- teidiger Liebknecht, ob denn das Vorkommnis vom Jahre 19<X) etwas beweisen soll. Verteidiger Liebknecht : Die deutsche Polizei hat sich settdem nicht gebessert. Für die Gefährlichkeit und raffinierte Verstellungskunst der russischen Spitzel führt Zeuge Buchholz noch an. daß er trotz seiner Erfahrungen auf diesem Gebiet sich von dem Spitzel Azew derart habe düpieren lassen, dasi er noch zwei Monate nach dessen Entlarvung nicht an seine Schuld glauben wollte. Azew habe sich mit einem Kuß von ihm getrennt und er habe dem Spitzel volles Vertrauen geschenkt habe. Der Zeuge bestätigt weiter, dasi er in russischen Zeitungen, besonders imGolos" Berichte über die deutschen Gruppen in verschiedenen Städten gelesen habe. Diese Zeitungen seien in Berlin im Buchhandel zu hoben. Nack fast zweistündiger Beratung verkündete der Vorsitzende Landgerichtsdirektor Dr. Dirbig folgendes Urteil: Der Angeklagte Grinblatt wird zu zwei Monaten Gefängnis, der Angekkagte Peskin zu zwei Monaten Gefängnis, der Angeklagte Udalcott zu einem Mo- n a t, die Angeklagten S o b o l e t und Kruglikow zu je sechs Wochen Gefängnis verurteilt. Die übrigen Ange- klagten werden freigesprochen. Soweit Verurteilung erfolgt ist, wird die Strafe durch die Untersuchungshast für verbüßt erachtet. In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende aus: Die Angeklagten haben sich damit zu entschuldigen gesucht, daß sie sagten, wir haben die Verbindung nicht vor der deutschen Staatsregierung geheim halten wollen, sondern nur vor den russischen Polizeispitzeln. Daraus geht aber hervor, daß sie ihre Verbindung vor der Polizei und dadurch auch bor der deutschen Staatsregierung geheim halten wollten. Die Verbindung war also eine solche, wie sie nach K 128 St.-G.-B. strafbar ist. Die Ange- klagten Grinblatt, Peskin, von Udalcott und Kruglikow haben zugegeben, daß sie einer Verbindung angehörten, der Angeklagte Sobolet hat das bestritten; aber er ist durch vorgefundene Papiere als überführt zu betrachten. Bei den Angeklagten Peskin und Kruglikow konnte nicht festgestellt werden, daß sie als Führer tn Betracht kamen. Bei den Angeklagten Atcmasjew, Greven , Kalinis und Krajan besteht zwar der Verdacht, daß sie an der Verbindung teilgenommen oder sich der Begünstigung schuldig gemacht haben, sie konnten aber durch die Beweisaufnahme nicht als überführt gelten und sind deshalb freigesprochen worden. Ferner hat der Gerichtshof beschlossen, dem Antrag, die von der Verteidigung direkt geladenen Zeugen, Dolmetscher Höhne, Schriftsteller B u ch h o l z und Kriminalschutzmann Schramm aus der Staatskasse zu entschädigen, stattzu. geben. Es hat sich in der Verhandlung herausgestellt, daß die Verteidigung von ihrem Standpunkt aus Recht hatte, daß sie die Uebersetzung in der Haupt- Verhandlung überwachen ließ. Die übrigen von der Verteidigung direkt geladenen Zeugen aus der Staatslasse zu ent- schädigen, lag kein Anlaß vor. 6. Verbandstllg des dkiitschen Transportarbeiter- Aerballdes. München , S. Juni. In der weiteren Diskussion über den Geschäftsbericht wurden in der Hauptsache die Verhältnisse in den Konsum- vereinen und die Grenzstreitigkeiten besprochen. U t h e ß- Berlin bedauert, daß im Geschäftsbericht nichts von der Jugendorganisation erwähnt wurde. Schröder-Berlin findet, daß der Vorstand die Jugend. bewegung nicht genügend gewürdigt habe. Es müsse in Zukunft nach dieser Richtung mehr geschehen und zur Schaffung eigener Sektionen der Jugendlichen geschritten werden. P a u st i a n- Hamburg wünscht, daß mehr Agitation zur Organisierung der Frauen getan werde. N i e d e r l i ch- Liegnitz erblickt aus der Debatte über die Grenzstreitigkeiten die Notwendigkeit der Schaffung eines Ver- bandes für die ganze Nahrungsmittelbranche. Der Hauptvorstand möge dahin wirken, daß Bestimmungen dahin. gehend erlassen werden, wonach das Tragen von Lasten, die mehr als zwei Zentner wiegen, durch Menschen zu verbieten ist. Nachdem zum Geschäftsbericht 38 Redner gesprochen, wurde ein Schlußantrag angenommen. In seinem Schlußwort ging Schumann auf die in der Debatte aufgeworfenen Fragen und Wünsche näher ein. In bezug auf den Genossenschaftstarif meinte Schumann: Es sind eine Reihe von Bedenken gegen den Tarif erhoben worden und wird besonders betont, der Tarif würde in vielen Orten keine Verbesserungen bringen. Das mag richtig sein, doch müsse er- wogen werden, ob eine tariflose Zeit besser sei oder ein Tarif, der auch nicht alles bringt, was wir wünschen. Da kann es nur eine Antwort geben: Akzeptierung des Tarifs. Wenn in der Debatte gefordert wurde, den Kampf mit den Genossen» schaften aufzunehmen, so müssen derartige Vorschläge von vorn. herein ausgeschaltet werden. Die GenojsenschaftS» bewegung bleibt ein TeiH der Arbeiter­bewegung, und wenn sie heute noch nicht das ist, was sie sein sollte, so müssen wir sie dazu bringen. Es wäre deshalb falsch, wenn der VerbandStag den Tarif ablehnen würde. Es kann nur das eine geben: Anerkennung des Tarifs. Dann wollen wir sehen, wie wir weiter kommen. Die vom Vorstand mit den Bauhilfsarbeitern und Hut- machern abgeschlossenen Kartellverträge wurden genehmigt und der GenossenschaftStarif mit allen gegen 2 Stimmen angenommen. Eine Reihe weiterer Anträge wurden dem Vorstande zur Be- rücksichtigung überwiesen. Hierauf erstattet Redakteur Dre her- Berlin den Bericht der Redaktion. In der Diskussion wünschen mehrere Redner mehr wissen- schaftliche Artikel imCourier". Die Berliner Delegierten ver- langen die Veröffentlichung aller verkehrspolizeilichen Ver- ordnungen imCourier" und die Herausgabe eines besonderen Fachorgans für die Kraftwagenführer. Die Hamburger Delegierten befürworten einen Antrag, die Drucklegung desCouriers" nicht mehr bei Maurer u. Dimmick, sondern in der Vorwärtsdruckerei erfolgen zu lassen. Einzelne Delegierte und der Vorsitzende Schumann wenden sich gegen' diesen Antrag. Schumann erklärte, daß die genannte Firma früher die Drucklegung des CourierS" bei finanziell ungünstigen Verhältnissen des Ver- bandeS ermöglicht habe, und kein Anlaß vorliege, der Firma Maurer u. Dimmick den Druckauftrag zu entziehen. Die Verhandlungen werden wegen des auf morgen. Donners- tag, fallenden Fronleichnamfestes auf Freitag vormittag 8 Uhr vertagt._ Gerichte-Zeitung» Chercdez is femmet Die Geschichte von einer in klsgrsnti ertappten treulosen Ehe- gattin kam in einer Verhandlung zur Sprache, die gestern unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Unger die 19. Strafkammer des Landgerichts I beschäftigte. Angeklagt wegen wissentlich falscher Anschuldigung war der Gastwirt Theodor Fröhlich aus Reinicken» dorf. Der Angeklagte ist seit mehreren Jahren verheiratet. Im Sommer vorigen Jahres wurde ihm von verschiedenen guten Be- kannten angedeutet, daß seine Frau es mit der ehelichen Treue nicht allzu genau nehme und eS die Spatzen schon von den Dächern pfiffen, daß seinebessere Hälfte" schon seit längerer Zeit zu dem Rentier Heinze in zarte Beziehungen getreten sei. Der An- geklagte glaubte das nicht. Am 4. November v. I. kam die Bombe zum Platzen. Der Angeklagte erhielt an diesem Tage von einem Freunde einen Rohrpostbrief, in welchem ihm mitgeteilt wurde, daß seine Frau sich mit ihrem Galan in einem näher bezeichneten Hotel am Schlesischen Bahnhof zu einem zärtlichen Tete-a-tete eingefunden habe. Der Ehemann stellte im Hotel durch Nachfragen fest, daß sich seine Frait mit Heinze tatsächlich ein Rendezvous gegeben hatte. Nun war aber guter Rat teuer, in welcher Weise er am besten das Pärchen in klagranti abfassen könnte. Er mutzte annehmen, daß ein gewaltsames Eindringen in das Zimmer von dem Hotelpersonal verhindert werden würde. Da fiel es ihm ein, daß sich seit einiger Zeit auch der Bestand seiner Kasse in auf- fälliger Weise verringert hatte. Dies brachte ihn auf folgenden Plan: Er eilte nach dem nahegelegenen 45. Polizeirevier und erstattete hier Anzeige, daß ihm seine Ehefrau mit 599 M. durch- gebrannt sei und ihr Geliebter, mit dem sie sich in einem Hotel aufhalte, von dem Diebstahl Kenntnis habe. Diese Anzeige hatte zur Folge, daß bald darauf der Angeklagte in Begleitung eines uniformierten Schutzmanns den Rückweg zum Hotel antrat. Hier war bei ihrem Eintreffen die Situation unverändert. Das auf verbotenen Pfaden wandelnde Pärchen wurde plötzlich durch ein barsches:Im Namen des Gesetzes öffnen Sie!" aus allen Himmeln gerissen. Im Innern des Zimmers war erst alles still, dann ver- nahm man ein leichtes Rauschen von Kleidungsstücken und ein hastiges Hin- und Herlaufen. Nach einiger Zeit wurde dann die Tür geöffnet. Sofort ertönte der Ruf:Himmel, mein Mann, wir sind verloren!" Tableau. Für den betrogenen Ehemann, der inzwischen von seiner treulosen Gattin geschieden worden ist, hatte dieser Vorfall jedoch noch ein recht unangenehmes Nachspiel. Auf die Anzeige des Heinze wurde gegen ihn ein Verfahren wegen wissentlich falscher Anschuldigung anhängig gemalt. Vor Ge- rieht hielt der Staatsanwalt den Angeklagten dieses Vergehens für überführt und beantragte einen Monat Gefängnis. Das Gericht kam zu einer Freisprechung des Angeklagten, weil dieser die Ueberzeugung von der Richtigkeit seiner Anzeige haben konnte._ Zur Warnung für Chauffeure» die nächtliche Vergnügungsfahrten mit den Autos ihrer Dienst- Herren auf eigene Faust unternehmen, kann die Diebstahlsanklage dienen, die gestern die 5. Strafkammer des Landgerichts I gegen den Chauffeur Gottschling zu verhandeln hatte. Der Angeklagte war bei dem Rechtsanwalt Elsbach als Chauffeur angestellt worden und wurde gleichzeitig dringend verwarnt, eS nicht so zu machen, wie seine zwei Vorgänger, die entlassen worden seien, weil sie unerlaubterweise Privatfahrten mit dem ihrer Obhut unterstellten Auto unternommen hatten. Trotz dieser Warnung verfiel Gottschling sofort in denselben Fehler. Er hatte das Un- glück, auf einer Fahrt, die er in Gemeinschaft mit mehreren Personen, die er dazu eingeladen, eines Abends unternommen. infolge eines Pflasterungsaufbruchs mit seinem Wagen zu ver- Unglücken. Dies gab dem Rechtsanwalt zu weiteren Recherchen Veranlassung. Dabei konnte festgestellt werden, daß der Angeklagte fast allabendlich mit dem Bureaudiener des Rechtsanwalts und anderen Personen, die er freundlichst dazu eingeladen, Ausfahrten in die Umgebung unternommen hatte. Er hatte dazu nicht un- bedeutende, seinem Dienstherrn gehörige Quantitäten Benzin und Rüböl verbraucht. Dies hatte gegen ihn eine Anklag« wegen Diebstahls zur Folge. Das Schöffengericht hatte ihn frei- gesprochen, weil es meinte, daß es dem Angeklagten nicht auf das Benzin und Rüböl. sondern nur auf die Benutzung des Auto- mobils angekommen sei. Für die Spazierfahrten hat er Geld sich nicht geben lassen. Der Staatsanwalt legte gegen das Urteil Berufung ein und führte gestern aus, daß nach einer Reichsgerichts- entscheidung kein Zweifel obwalten könne, daß die in dieser Weise stattfindende Verwendung fremden Benzins sich als Diebstahl dar- stelle. Er beantragte einen Monat Gefängnis. DaS Gericht hielt die TatbestandSmerkmale des Diebstahls für erfüllt und erkannte auf eine Woche Gefängnis. Das Urteil ist unhaltbar und wird auch durch keine Reichs- gerichtSentscheidung getragen. Nach dieser könnte allenfalls Unter- schlagung, nicht aber Diebstahl vorliegen, da der Chauffeur das Benzin usw. in Gewahrsam hatte. Bei der Annahme einer Unter- schlagung wäre Geldstrafe zulässig, während das Strafgesetzbuch für Diebstahl nur Gefängnis vorsieht. Aber auch die Annahme einer Unterschlagung scheitert an dem offensichtlich mangelnden Dolus des Angeklagten. Die Stellung des Strafantrages in einem solchen Fall gereicht dem Antragsteller nicht zur besonderen Ehre. Lichtbildervorträge und das ReichSvereinSgefetz. Am 15. Dezember 1998 veranstaltete der Deutsche Metall- arbeiterverband, Ortsgruppe Dresden , einen diskufsions- und de- battelofen Lichtbildervortrag. Redakteur Düvell sprach überRom und die ewige Stadt". Etwa 499 Personen wohnten der Veran- staltung bei. Der Veranstalter, der Geschäftsführer des Deutschen Metallarbeiterverbandes, Fr. Aug. Föller, erhielt, da er zu dem Lichtbildervortrag die polizeiliche Genehmigung nicht eingeholt hatte, eine Strafverfügung. Die beantragte gerichtliche Ent- scheidung fiel in zweiter Instanz zugunsten de? Veranstalters aus. indem das Landgericht entschied, Vorträge der genannten Art seien unter das ReichsvereinSgesetz zu stellen und polizeiliche Ge- nehmigung nicht erforderlich. Diese Ansicht des Landgerichts be- kämpfte durch Einlegung der Revision die Staatsanwaltschaft, die sich auf eine Entscheidung des Kammergerichts Berlin sowie auf den neuesten Kommentar Stengleins zum ReichsvereinSgesetz be- rief. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft bezieht sich das neue Reichs- Vereinsgesetz nur auf solche Versammlungen und Zusammenkünfte, in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert werden, alle anderen Veranstaltungen. Vorträge usw. fallen unter die Be- schränkungen der Polizeiregulative, die die Lustbarkeiten, Konzerte usw. behandeln. Rechtsanwalt Heine-Berlin bekämpfte seinerseits die Anschauungen der Staatsanwaltschaft und StengleinS und führte aus, daß als Versammlungen im Sinne de? VereinSgesetzes alle Zusammenkünste von Personen zu gemeinsamen Zwecken an- zusehen seien und gerade wissenschaftliche Vorträge seien derartige Versammlungen. DaS OberlandcSgericht war anderer Ansicht. Das freisprechende Urteil des Landgerichts wurde aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Entscheidung an die Vorinstanz zurück- verwiesen. Hierzu wurde begründend folgendes ausgeführt: Was alsVersammlung" im Sinne des neuen Vereinsgesetzes anzu- sehen sei. lasse sich mit absoluter Gewißheit nicht sagen. Wenn unterVersammlung" das Zusammenkommen von einer größeren Anzahl Personen zu bestimmten Zwecken zu verstehen sei, dann falle auch daS Tanzvergnügen, Festessen, kirchliche Zusammen- künfte usw. unter daS Vereinsgesetz. Aber nach Ansicht des Ober- landeSgerichts sei daS nicht die Absicht deS Gesetzgebers gewesen. ES sei nicht die Absicht des Gesetzgebers, den Begriff derVer- sammlung" nach dem Vereinsgesetz zu definieren, das sei dem Sprachgebrauch zu überlassen. DaS neue VereinSgesctz sei geboren auS dem Bestreben nach derFreiheit des Wortes". Bei Wissenschaft- lichen Vorträgen handle es sich aber nicht um die Freiheit deS Wortes. In dem vorliegenden Falle komme ein Lichtbildervortrag in Frage. ES sei noch festzustellen, welche hauptsächliche Bedeutung der wörtliche oder der bildliche Vortrag und welchen eigentlichen Zweck die Veranstaltung gehabt habe. Hiernach stellt sich das Sächsische Oberlandesgericht ebenfalls auf den Rechtsstandpunkt des Kammergerichts und des Stengleinfchen Kommentars. Eingegangene Druckschriften. Dem Gchweizervolke der Proporz! von ffi.«alter. 144 Selten. Die Drxte der schweizerischen BerhältniSwahlgesetze. Zusammen. gestellt von Di. E Klöii-Zürlch. Preis 2 Fr. Verlag: Buchhandlung des «chwnzer GrütlivereinS in Zthtch. Die französischen Wörter grrmanischen»rsprnngS. von Dr. A. Bürger. 8S Pf. EhdowS Buchhandlung in st. Pölten(Oester.). Beate und Mareile. Roman von E.».Keyserling . Roman. Bands von Fischers Bibliolhek zeUgenössiicher Romane.<3. Fischer, Verlag, Berlin Geh. 80 Ps.. geb. IM.'/ Der Berg der Erlösung, von P. Lepptn. 1,75 Ä fltesiende Licht der Gottheit. Bon Mechthild von Magdeburg .» M. DaS suuge Frankreich . Eine Anthologie deMscher Neberlragunjicn. von F. v. Oppeln -BronokowSki. l.bo M. Auf deu Spure» de« Le»eus. Bon L. G. Sera. S M. O-fterhold u. Co.. Berlin W. 16.