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Nr. 148. 26. Jahrgang. 2. KcilP Ks Jotmürts" Wim WKMM Dienstag, 29. Illni 1969. Partei-?Zngelegenbeiten. >kchöncbcrg. Am heutigen Dienstag, avcnds 8'/, Uhr, findet in den Neuen Nalhaussälen, Meiningerstratze 8, die Versammlung des sozialdemokratischen Wahlvereins statt. Tagesordnung: 1. Vortrag über: Die jetzige politische Situation. Referent Reiche tagsabgeordnetcr Genosse Lehmann- Wiesbaden. Vereinsange legenheiten. Verschiedenes. Der Vorstand. Steglitz . Heute Dienstag, abends S'/a Uhr, bei Schellhase, Ahornstr. loa: Mitgliederversammlung. Tagesordnung:«Das neue Organisationsstatut". Diskussion und Vereinsangelegenheiten. G nosse Wolderky wird den ersten Punkt behandeln. Der Vorstand. Biesdorf . Parteigenossen I Heute Dienstag Zahlabend bei Gustav Berlin, Marzahner Straße. Seid alle pünktlich Ve9 Uhr zur Stelle. Der Vorstand. Borsigwaldc-Wittenau. Am Mittwoch, den 30. d. M. in den «Vorsigwalder Festsälen", öffentliche Versammlung für Frauen und Männer. Vortrag überErziehnngsfragen". Referent Dr. Alfred B e r n st e i n. Hierzu heute abend Handzettelverbreitung. Nicder-Schönhausen-Nordend. Heute Dienstag, den 29. Juni, abends 8>/s Uhr, findet in Stephans«Lindengarten". Lindenstr. 43, die Mitgliederversammlung des Wahlvereins statt. Tagesordnung: 1.«Die Reichsversicherungsordnung". Referent: Stadlverordneter Genosse Adolf Ritter . 2. Vereinsangelegenheiten. 3. Verschiedenes. Der Vorstand. Reinickendorf iWrst). Heute abend 8 Uhr findet bei Otto, Berliner Straße 113/114, die Mitgliederversammlung des Wahl Vereins statt. Tagesordnung: 1. Aufnahme neuer Mitglieder. 2. Vortrag des Genossen Paul Brühl-Lichtenberg über: Ein Rück­blick in die Geschichte der Partei. 3. Vereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes. Mitgliedsbuch legitimiert. Der Vorstand. Kerline? JVachrlcbtcn» veber die Schlemmerei der Berliner Pastoren schreibt aus Anlaß der Skandalaffäre des nach Amerika geflüchrnen Schuldenpastors Werkenthin von Gethsemane in derVoss. Ztg." ein Berliner Theologe einen lesenswerten spaltenlangcn Artikel Da der Verfasser selbst vomBau" ist. muß er ja am besten wissen wie es zugeht, so daß seine Ausführungen um so beachtenswerter sind. Originell ist zunächst der Hinweis, daß Werkenthin vor mehreren Jahren eine damals viel erörterte unduldsame Predigt hielt, wonach nur der pictistische Glaube imstande sei. eine sittliche Lebensführung zu verbürgen. Die moralische Haltung solcher Per- soncn, die nicht auf dem Boden des kirchlichen Evangeliums stehen. sei im besten Falle eine Festigkeit auf Zeit. Nun, Wcrkcnthin hat ja bewiesen, daß er entweder niemals innerlich pietistisch war. oder daß auch er nurauf Zeit" die moralische Haltung besaß und trotz seines vielleicht vorhandenen frommen Glaubens an das Evan- gelium vor sittlichen schweren Verfehlungen, dre der Staatsanwalt verfolgt, nicht zurückschreckte, ja sogar im grauesten Elend den kirch- lichen Boden vollständig unter den Füßen verlor. Solcher Christ- lichen, die eine sittliche Lebensführung mit dem Munde heucheln und sich durch die Praxis in hätzlichsten Widerspruch mit dem frommen Glauben setzen, gibt es noch eine Menge. Umgekehrt zählen diejenigen, welche von der Kirche nichts wissen wollen und trotzdem ein hochgesinntes Leben führen, nach Hunderttausenden. wie selbst der theologische Artikelschreiber derVoss. Ztg." unbedenk- lich zugibt. Er kommt dann allgemein darauf zu sprechen, daß sehr viele Berliner Pfarrer auf der rechten wie auf der linken Seite ihrer kirchenpolitischen Gruppierung in einem bedenklich zunehmen. den Miatze verweltlichen und über ihre Verhältnisse hinaus leben. Junge Prediger könnten mit den älteren kaum mehr gesellschaft- lich verkehren, weil es in manchen Pfarrhäusern zu luxuriös zugeht und es ihnen nicht möglich ist, die teuren Gastereien zu erwidern. Deshalb liege die Versuchung nahe, auf irgendeine, also auf un- reelle Weise, die nicht vorhandenen Mittel zu beschaffen. Bekannt- lich tun das heutzutage die meisten jungen Geistlichen, was unser freimütiger Theologe nicht sagt, auf dem nicht mehr ungewöhn- lichen Wege einer reichen Heirat. Der moderne Pfarrer nimmt ebenso gern eine wohlhabende Blaublütige höheren Semesters wie eine reiche Schlächtermeisterstochter, unter Umständen sogar eine übertretende Jüdin. Es heißt dann weiter, daß viele Berliner Pfarrer den ganzen Winter über jeden Abend mit zwei bis drei Einladungen zum Diner bedacht sind und selten vor zwei Uhr nachts heimkehren, worunter die Erledigung der kirchlichen Pflichten, be- sonders auch der Kindererziehung, bedenklich leiden müsse. Dagegen stimmt es nicht, wenn der Artikelschreiber die Ansicht vertritt, daß die bekannten Familienbesuche der Berliner Pfarrer aus Anlaß von Einsegnungen, Kindtaufen und Hochzeiten ein«rührendes Bild seien. Der Pfarrer weiß ganz genau, weshalb er zu solchen Gastereien in fremde Häuser geht. Die fortgesetzte Schlemmerei ist ja viel- leicht seinem Magen nicht immer angenehm. Aber bloß aus Herz- lichkcit geht er auch nicht hin. Vielmehr hat gerade die Ein scgnungsfeier für ihn einen stark metallischen Beigeschmack. In Berlin ist nämlich noch weit die Unsitte verbreitet, zur Einsegnung den Pfarrer persönlich mit einem Geldgeschenk zu bedenken, dessen Höhe zwischen 5 und 20 M. schwankt. Bekommt er da? Trinkgeld schon vor dem Einsegnungstage, so muß er sich anstandshalber im Hause einige Minuten sehen lassen. Wird es ihm aber nicht ins Pfarrhaus gebracht, dann holt er es sich! Selbst diejenigen, welche nichts geben wollten, sind dann sogerührt", daß sie doch in die Tasche greifen. Sehr richtig sagt der aus der Schule plaudernde Theologe:... wo der Sektkübel, die Austernserie und das Auto- mobil zum täglichen Bedürfnis wird, da muß zwischen dem Träger des EvangeliumsVom armen Leben Jesu ' und seiner Gemeinde sich eine Entfremdung einstehlen." Er irrt dann aber wieder mit den Worten:Manche Pfarrer sind zu stolz, in eine sozjgldemokra- tische Versammlung zu gehen, weil dort ihr Stand unsanft kriti- siert werden könnte, so sehen sie untätig zu, wie immer neue Scharen von der Kirche sich trennen." Nein, nicht Stofjj ist eS, son­dern Furcht und die Erkenntnis gerade der scheinbar Frommsten, daß der Boden der Kirche immer mehr ins Wanken gerät. Sie fürchten, die Wahrheit zu hören, und sind zu feige, sich zu verant- warten. Nur von der stolzen, gesicherten Höhe der Kanzel werfen sie mit Schmutz auf diejenigen, welche das wahre Gesicht der Kirche erkannt haben,... nach Art des Schuldenpastors Werkenthin und Konsorten._ Zum Zwecke wissenschaftlicher Erforschung der höheren Luft- schichten läßt man kleinere oder größere mit Gas gefüllte Luft­ballons steigen, oder auch Drachen vom Winde emporheben, welche Instrumente tragen, die selbsttätige Aufzeichnungen über die Temperatur, die Feuchtigkeit, die Windstärke usw. ausführen. Da diese Ballons usw. zu klein sind, um Menschen tragen zu können, so wird vorausgesetzt, daß sie von verständigen Leuten gefunden in zweckmäßiger Weise behandelt und aufbewahrt und schließlich an den Eigentümer surückgeschickt Mrden. Ein schweres Gewitter zog am Sonntagnachmittag auf und 'verursachte großen Schaden. Infolge des wolkenbruchartigen Regens, von dem das Gewitter stellenweise begleitet war, wurden vielfach Ueberschwemmungen hervorgerufen. Woge und Stege, tief gelegene Straßen, Keller, Gärten und Höfe wurden an verschiedenen Stellen in Berlin und den Vororten unter Wasser gesetzt. Ganz in der Nähe von Stolpe wurde eine mächtige Kiefer vom Blitz ge- troffen, und nicht weit von dieser Stelle, nahe den Orten Hohen- Neuendorf und Bergfelde , schlug der Blitz in einem Neubau ein. Dieser stand bald in Flammen. Von allen Seiten eilten die frei- willigen Feuerwehren herbei. In kurzer Zeit waren die Wehren aus Schönfließ, Mühlenbeck , Birkenlverder, Stolpe und anderen Orten teils mit ihren Spritzen, teils mit Wagen oder per Fahr- rad zur Stelle. Sie mutzten längere Zeit trotz strömenden Regens Wasser geben, um die Flammen, die reiche Nahrung gefunden hatten, zu löschen. Ferner wurden aus Treptow und anderen Orten Kurzschlüsse gemeldet, die auf Blitzschläge zurückgeführt werden. Die juristische Sprechstunde am morgigen Mittwoch fällt aus. Eine Tierschntzpredigt hat am Sonntag auf Veranlassung der vereinigten Tierschutzvereine von Berlin und der Vororte in der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche stattgefunden. Der Pastor Behrend, Geistlicher der Anstalten in Buch, verwies in seiner Pre- digt auf die religiöse, ethische und pädagogische Seite des Tier- schutzes. Ein Pflegeheim für erblich kranke Kinder ist am Sonntag tn Friedrichshagen eröffnet worden. Anmeldungen zur Aufnahme erblich-syphilitischer Kinder, event. mit ihren Müttern, werden in der Dr. Rosenthalschen Klinik, Oranienburger Straße 40/41, entgegengenommen._ Jugenbausflüge. Für die aus der Schule entlassene Jugend veranstaltet der Jugendausschuß von Groß-Berlin am kommenden Sonntag wieder einen Massenausflug nach Adlershof . Wir machen schon heute auf diese allseitig Anklang gefundene Veranstaltung aufmerksam, damit' sich die jungen Leute darauf einrichten können. Die Treffpunkte werden noch bekanntgegeben._' Ein tödlicher Straßenbahnunfall hat sich Sonntag vormittag auf dem Gesundbrunnen ereignet. Eine etwa S0 jährige Frau wollte gegen VilO Uhr an der Ecke der Christiania-Straße den Fahrdamm der Drontheimer Straße überschreiten, als ein Straßen- bahnzug der Linie 36(Kreuzberg Schönholz) und ein Automobil herannahten. Im Begriff, zwischen diesem beiden Fahrzeugen Hin­durchzugelangen, wurde sie aber von der Plattform des elektrischen Wagens erfaßt, niedergerissen und geriet unter den Waggon. Der Wagenführer brachte zwar augenblicklich die Gcfahrbrcmse in An- Wendung, konnte aber trotzdem nicht verhindern, daß die Unglückliche mit beiden Füßen unter den Schutzrahmen zu liegen kam. Um die Frau zu befreien, mutzte der Wagen aufgehoben werden. Die Verunglückte, die, wie später festgestellt wurde, durch den Sturz auch schwere innere Verletzungen erlitten hatte, verstarb schon auf dem Transport nach der Unfallstation. Die Personalien der Frau, die taubstumm gewesen sein soll, konnten bisher nicht festgestellt werden. Ein Betriebsunfall, der schlvere Folgen nach sich ziehen konnte, ereignete sich am Sonntagnachmittag 3� Uhr auf der Straßenbahn linie Schlesischer Bahnhof Treptow Köpenick. Im Spreetunnel zwischen Stralau und Treptow geriet plötzlich ein Motorwagen in Brand. Im Nu war der Tunnel in feiner ganzen Länge stark mit Rauch angefüllt, die Fahrgäste konnten sich nur mit Anstrengung aller jbräfte aus dem dicken Qualm heraus in Sicherheit bringen, indem sie teils nach Treptow, teils nach Stralau flüchteten. Das Betriebsversonal der Straßenbahn arbeitete sofort und mit an- erkennenswertem Mut an der Herausschaffung der Wagen. fremden bei den Ausflüglern rief es hervor, daß die Stralauer Feuerwehr sich nicht sehen ließ, zumal niemand wußte, ob die im Tunnel befindlichen Fahrgäste den Ausgang durch den Rauch schnell genug finden würden. Die Ortsfeuerwchr hatte am Sonntag etwas anderes zu tun; der Stralauer Kriegerverein hatte Fahnenweihe, da hatte es sich die Feuerwehr nicht nehmen lassen, geschlossen an dem öffentlichen Umzüge teilzunehmen. Dennoch hatte sie es möglich gemacht, be reits eine halbe Stunde nach dem Unfall auf der von dem Festplatz etwa zwei Minuten entfernt liegenden Brandstätte zu erscheinen, um festzustellen, daß das Werkstättenpersonal der Straßenbahn in anerkennenswerter Weise die Funktion der Feuerwehr übernommen hatte. Wegen des Ueberfalles auf die Witwe Ernestine Reschke. der am 7. Mai morgens um 8 Uhr in der Körnerstr. 20 verübt wurde Und eigentlich einem Geldbriefträger galt, haben die im Stillen weiter betriebenen Nachforschungen der Kriminalpolizei zu einer bedeutsamen Verhaftung geführt. Der Räuber, ein Schlafbursche der Ueberfallenen, der sich fälschlich Karl Winkler nannte, lenkte damals durch von ihm selbst aufgegebene Postanweisungen an Winkler den Geldbriefträger in seine Wohnung. Nur durch eine Reihe von Zufällen entgingen der Beamte und Frau Reschke dem Tode. Die Frau hat erst kürzlich das Krankenhaus wieder vcr- lassen. Während man unausgesetzt nach dem Täter suchte, tauchte in der Umgebung von Berlin ein Logisschwindler auf. Kriminal- kommissar Metelmann von der Lichtenberger Polizeidirektion, der diesen Schwindeleien nachging, fand mehrere Zettel, die der Ver- über zu seinen besonderen Kniffen gebraucht und an verschiedenen Stellen hinterlassen hatte, und war erstaunt über die Aehnlichkeit der Handschrift dieser Zettel mit den Postanweisungen an Winkler. Dazu kam, daß der Schwindler mehrere Wirtinnen nach dem Be- finden der Frau Reschke gefragt hatte, bevor noch das große Aus- fchreiben der Kriminalpolizei mit den abgebildeten Postanweisungen veröffentlicht worden war. Die Zettel waren mit verschiedenen Namen: Lehfeld, Leusald usw. unterschrieben. Kommissar Metel- mann aber fand an einer Stelle eine von dem Schwindler zurück- gelassene Postkarte, die an einen Adolf Hartrams gerichtet war. Die Karte war außerdem bemerkenswert, weil der Schreiber dem Empfänger, seinem Bruder, anS Herz legte, der Polizei Mitteilung zu machen und endlich ein ordentlicher Mensch zu werden. Adolf Hartrams wurde endlich in Charlottenburg ermittelt, wo er unter seinem richtigen Namen wohnte. Er leugnete die Logisschwindeleien und wollte überhaupt die reine Unschuld sein. Als ihn aber die Geprellten bei der Gegenüberstellung bestimmt erkannten, legte er endlich ein Geständnis ab. Außerdem wurde ermittelt, daß er in Gleiwitz bereits wegen Eigentumsvergehens bestraft war. Jetzt ließen die Kriminalkommissare Weiß und Mündt, die den räube- rischen Ueberfall auf Frau Reschke bearbeiteten, den Verhafteten nach Diktat schreiben, unter anderem auch die Adresse der Post- anweisungen anWinkler". Man sah ihm an, daß ihm das gar nicht behagte. Die Uebereinstimmung mit der Handschrift ist der» blüffend. Auch Verwandte des Hartrams erkannten sofort seine Hand, und die Sachverständigen sagen ebenfalls, daß er nur die Postanweifungen geschrieben haben kann. Er selbst ließ sich erst möglichst wenig merken. Als ihm jedoch die Originale vorgehalten wurden, gestand er, die Anweisungen geschrieben zu haben, und zwar, wie er behauptet, auf Veranlassung eines gewissen Lippmann, mit dem er in der Provinz herumgezogen und auch nach Berlin gekommen sei. Dieser Lippmann habe ihm auf dem Postamt an der Ecke der König- und Heiligegeiststraße die Anweisungen und tmm ZMel Wt der Ndresse gegeben, Pitz er schreiben sollte und auch geschrieben habe. Den Zweck dieses Auftrages habe Lipp- mann nicht angegeben, er habe vielmehr auf seine Frage ge- antwortet, das gehe ihn nichts an, die Hauptsache sei, daß er dabei etwas verdienen könne. Seit diesem Ueberfall will Hartrams noch verschiedentlich mit Lippmann zusammengewesen sein, nach dem Tage des Ueberfalls aber nicht mehr. Am 15. Mai sah der Verhaftete, wie er angibt, auf dem Schlesischen Bahnhof die Ausschreibung der Kriminalpolizei angeschlagen, erkannte auf den Anweisungen seine Handschrift und bekam Angst. Jetzt schrieb er an seinen Bruder in Schlesien , was ihm begegnet sei. Die Antwort darauf war die Karte, die auf seine Spur führte. Den Rat, zur Polizei zu gehen, befolgte Hartrams nicht, weil er sie wegen der vielen Schwindeleien zu fürchten hatte. Mit dem Auftrage, die Adresse von einem Zettel abzuschreiben, scheint es nicht zu stimmen. Denn die Kriminalkommissare entdeckten in dem Notizbuch des Verhafteten den Namen Winkler ebenfalls. Es enthielt ihn, genau in denselben Schriftzügen wie auf den Anweisungen, schon früher, als diese geschrieben wurden. Während Kommissar Weiß in Berlin die Nachforschungen fortsetzte, ging Kommissar Mündt in der Pro- vinz den von Hartrams angedeuteten Spuren des Lippmann nach. Er ermittelte in Schlesien auch einen Mann dieses Namens, der mit Hartrams zu tun gehabt hat. Dieser kommt aber nicht in Betracht, weil er in der kritischen Zeit im Gefängnis saß. Jetzt gibt Hartrams, ein 20 Jahre alter, aus Liegnitz gebürtiger Kellner, der bereits in das Untersuchungsgefängnis übergeführt ist, an, der richtige Lippmann sei einige Tage nach der Tat über Paris nach Amerika gefahren, wo er Verwandte habe. Ein umfangreiches Ermittclungsverfahren nach Lippmann wurde nun in die Wege geleitet. Weiter wird noch berichtet, daß der verhaftete Hartrams wohl an die 500 Schwindeleien verübt haben soll; auch besteht der Vcr- dacht, daß H. und der flüchtige Lippmann als Täter des bor drei Jahren in Leipzig verübten Ueberfalles auf den Geldbriefträger Hübner in Betracht kommen._ Bon einem gewaltigen Brande ist in der Nacht zum Sonntag Berlin heimgesucht worden. Die Hauptwerkstätten der königlichen Ostbahn, die Eisenbahn-Wrrk- inspektionen 2a und 2b, sind eingeäschert worden. Die Feuerwehr wurde kurz vor 3 Uhr alarmiert, und zwar gleich sechsmal hinter- einander. Alarm folgte auf Alarm. Als Brandmeister Voigt mit dem 7. Zuge an der Brandstelle, die sich in der Revaler Straße 52/54 befindet und von der Hohenlohcstraße bis zur Warschauer Straße hinzieht, eintraf, hatten die Flammen schon eine so große Aus- dehnung erlangt, daß sofortMittelfeuer" an alle Wachen gemeldet Iverden mußte. Diesem Ruf folgte dann der AlarmGrotzfeucr". Da die Brandstelle an der äußersten Weichbildgrenze von Berlin , an- grenzend an Boxhagen-Rummelsburg , liegt, so vergingen wohl an 30 Minuten, bis die Feuerwehr Mit ihrer ganzen Kraft angreifen konnte. Inzwischen waren aber die zuerst eingetroffenen Lösch- züge 7, 5, 6, 4. 1. 2 und 8 schon wacker vorgegangen. Oberbrand- inspektor Reinhardt traf mit dem 20. Zuge ein und ordnete einen Angriff von allen Seiten an. Mit 5 L-Rohren und 10 C-RoHren von zehn Dampfspritzen wurde von der 2., 1. und 5. Kompagnie un- ausgesetzt kräftig gelöscht. Eine leichte Briese aus Nordost er- schwerte stellenweise die Arbeiten. Das Feuer ist nach den Angaben von Augenzeugen und von Beamten in einem Garderobenraum der Eisenbahn-Werkstätteninspektion ausgekommen und hat dann mit rafender Geschwindigkeit das geteerte Dach ergriffen. Man ver- mutet, daß Selbstentzündung von ölgetränkter alter Arbeitskleidung vorliegt, doch ließ sich bei der großen und schnellen Ausdehnung des Brandes genaueres nicht mehr ermitteln. Von diesem Schuppen sprang das Feuer auf die angrenzenden über. In diesen standen Eisenbahnwagen, darunter auch ein Schlafwagen, die mehr oder minder vom Feuer zerstört worden sind. Die Schuppen, sämtlich nach einer Seite offen, waren nicht zu retten, aus Fachwerk mit einem geteerten Dach bestehend, gaben sie, einmal vom Feuer er- faßt, den Flammen die reichste und beste Nahrung. Zeitweise war der Qualm so enorm, daß man nicht zehn Schritte>veit sehen konnte; die ganze Gegend war eingehüllt. Zahlreiche Personen hatten sich trotz der frühen Morgenstunde eingefunden, so daß von der unter Polizeioberst Hoest ausgerückten berittenen Polizei die angrenzen- den Straßen abgesperrt werden mutzten. Nach vierstündiger an- gestrengter Tätigkeit konnte die Feuerwehr wieder abrücken. Zur Sicherheit blieb eine Brandwache zurück. Mit der Aufräumung soll Montag begonnen werden. Der Schaden ist bedeutend. 24 Eisen- bahnwaggons sollen verbrannt sein. Bom Dienstrevolver Gebrauch gemacht hat in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ein Schutzmann in der Reinickendorfer Straße, Ecke Liebenwalder Straße. In dieser Gegend kam es zwischen den Schutzleuten Hohenhauser und Sücker und skanda- lierenden jungen Burschen zu einem Zusammenstoß, bei dem der Säbel und schließlich auch der Revolver eine Rolle spielten. Nach polizeilicher Angabe sollen die Beamten bedrängt und ein scharfer Schuß auf sie abgegeben worden sein. Darauf habe Sücker ge- schössen. Die Kugel drang einem der Gegner anscheinend in die Brust; er warf die Arme hoch und stürzte rücklings zu Boden. Die nunmehr Flüchtenden wurden von Sücker verfolgt. Als der Be- amte an den Tatort zurückkehrte, war der Verletzte bereits vorn Platz getragen worden und konnte bisher nicht ermittelt werden. Später gelang es noch, zwei der Beteiligten festzunehmen. Beim Angeln ertrunken ist der sieben Jahre alte Knabe Max Piedtke vom Kottbuser Ufer 61, dessen Leiche gestern nachmittag gelandet wurde. Der Kleine verunglückte am Freitagmittag am Luisenufer, hinter der städtischen Gasanstalt. Gestern sahen Schiffer, die dort liegen, die Leiche treiben und bargen ste. Wer kennt den Toten? Am 16. d. M. gegen 2 Uhr nachts ist eine unbekannte männliche Person auf dem Eiscnbahnterrain in der Nähe der Station Rahnsdorf , vom Etsenbahnzuge überfahren, tot aufgefunden worden. Es liegt anscheinend Selbstmord vor. Ter Aufgefundene war etwa 40 Jahre alt, von untersetzter Figur, hatte dunkelblondes Haar, rötlichen Spitzbart und war bekleidet mit dunklem, leicht gestreiftem Jackett, ebensolcher Hose, grau-punktierter, dunkler Weste, Jägerscher Unterhose, Ueberhemd und weißem Hemd, grau- und grüngestreiften Hosenträgern, grauen, baumwollenen Strümpfen, weißem Kragen, schwarzer Krawatte und schwarzem steifen Filzhut. Irgendwelche Legitimationspapiere waren bei der Leiche nicht vorhanden, dagegen wurde bei derselben ein gelbes Taschentuch mit breiter weißer Kante, ein schwarzes Bügelporte- monnaie mit 1,08 M. Inhalt, ferner ein Kneifer mit Nickelrand, ein schwarzes Taschenmesser und eine Schachtel Streichhölzer Por- gefunden. Irgendwelche Angaben, welche zur Ermittelung der Persönlichkeit des Toten führen könnten, wolle man im Polizei» Präsidium, Zimmer 249, machen. Außerdem nimmt der Amtsvor- steher der Obcrförsterei Köpenick im Amtsbureau in den Vor- Mittagsstunden von 812 Uhr Angaben entgegen. Dort können auch die bei der Leiche vorhanden gewesenen Gegenstände besichtigt werden. Borsicht vor Radfahrmardcrn. Ein Lehrling kam am Sonn- abend gegen 8% Uhr aus dem Geschäft und passierte mit seinem Fohrrade den Belle-Allianee-Platz. An der Wilhelmstraße stieg er ab, um etwas in Ordnung zu bringen. Bald erbot sich ein junger Mann von 17 bis 18 Jahren, welcher ohne Kopfbekleidung von der Wilhelmstraße kam«ihm behilflich zu fein. Nachdem die kleine