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Nr. 149.

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Vorwärts

Berliner Volksblatt.

26. Jahrg.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.

Mittwoch, den 30. Juni 1909.

WR FROM MATRA

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.

Arbeiter! Der schwarze Schnapsblock will Euch innerhalb zweier Wochen eine halbe Milliarde neuer Steuern auferlegen. Demonstriert am Donnerstag massenhaft gegen diesen Raubzug! Fordert die Befragung des Volkes!

Die Grenzen auf!

schnell das vorherige Niveau zu erreichen. Das ist eine voll- Die Landwirte haben im allgemeinen kein Getreide mehr ständige Verdrehung der Tatsachen. Frankreich hatte 1897 eine auf Lager, fie werden also von einer Suspendierug der Zölle vollständige Mißernte, die Preise gingen rapid in die Höhe; und einer Ermäßigung der Preise gar nicht getroffen. Eine gleichzeitig war der Weltmarttspreis start gestiegen( in Eng- Ausnahme machen ein paar Dugend Junker, die wie gesagt land war der Weizenpreis 1896 per Tonne 123 M., 1897 auf den Hunger der Massen spekulieren, und wenn diesen dagegen 141,5 M.); als der Zoll in Frankreich am 4. Mai Brotwucherern ein Strich durch die Rechnung gemacht würde, Als unsere Genossen am 16. d. M. im Reichstage die suspendiert wurde, sant der Preis um 55 Fr.( der Boll be- so wäre das nur zu begrüßen. Interpellation in bezug auf die Getreideteuerung einbrachten, trug 70 Fr.) per Tonne; eine Erhöhung des Weltmarkt- Die Hungersnotpreise, wie sie bestehen, sind ein Unglück antwortete die Rechte darauf mit einem Indianergeheul. preises trat nicht ein. Am 1. Juli 1898 wurde die Sus für die arbeitenden Massen. Es ist ein fluchwürdiges Ver­Nichts charakteristischer als diese Stellung der professionellen pendierung wieder aufgehoben und da die Welternte von 1898 brechen, wenn die Regierung unter den bestehenden Umständen Brotwucherer zu einem Versuche, die Not zu mildern. Es fnapp war, ging der Weltmarktspreis und entsprechend der das Mittel verweigern wollte, um dieses Unglück zu lindern, tommen eben für die Junker ganz unmittelbare Portemonnaie- Preis in Frankreich abermals in die Höhe. und es wäre Verrat am Volte, wenn der Reichstag die gerechte interessen in Frage. Wird doch an der Börse hartnäckig be- Die" Post" schließt ihre Ausführungen mit der bei dieser und dringende Forderung der Vertreter der Arbeit ablehnen hauptet, daß in Dstelbien Roggen auf den großen Gütern Kloake der öffentlichen Meinung ohne weiteres erklärlichen wollte. Wir werden sehen, ob die Herren die Stirn haben lagert, weil die Besizer damit rechnen, daß in den letzten Bemerkung, der sozialdemokratische Antrag fei nur Sand in den Wahnsinn zu sanktionieren, der darin liegt, daß in der Wochen vor der Ernte die Preise noch weiter in die Höhe die Augen der unwissenden Masse". Zeit der Not dem Volke noch ein Tribut auferlegt und ihm. gehen werden. Die Herren spekulierten auf den das Brot über alle Maßen berteuert wird. Hunger des Volkes und nun kommen die Sozial­demokraten und beantragen zeitweilige Aufhebung der Zölle. Kein Wunder daher, daß diese Interessenten heulen.

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So

Natürlich wird versucht, auch in der Presse Stimmung zu machen gegen die sozialdemokratische Interpellation. läßt Freiherr v. Mirbach, der strupellose Verfechter des Brot­wuchers, im Scherlschen Tag" eine Epistel los, in der er die Notlage zu leugnen sucht. Die Interpellation meint der agrarische Agitator- diene zur Verhebung der Massen und zur Schürung des Klassenhasses". Er behauptet dann schlank­weg, die hohen Preise, die wir zurzeit haben, seien gar nicht auf den Zoll zurückzuführen. Zum Beweise führt er an, daß Ende Januar die Berliner Notierung für Weizen nur um 26 M. über der Liverpooler Notierung war, während sie bei vollem Zoll um 65 M. höher sein müßte( 55 M. Zoll plus 10 M. Fracht). Er bergißt aber hinzuzufügen, daß seit April die Berliner Notierung um mehr als den bollen Zollbetrag über der Liverpooler stand. Die Sache liegt eben so: im Januar war noch inländisches Getreide am Markte; während also also auf konnte der dem Weltmarkte die Preise hoch waren, konnte Preis im Inlande nicht um den vollen Betrag des Bolles noch über diesen hohen Preis hinaus gesteigert werden; in dem Maße aber, als die Ausfuhr von deutschem Getreide infolge des Systems der Einfuhrscheine zunahm und der inländische Markt ent­blößt wurde, stieg der Preis in Deutschland sprungweise. Was aber Herr v. Mirbach mit Stillschweigen übergeht, ist, daß auch im Januar in Berlin der Weizenpreis 212 Mart betrug, ein außerordentlich hoher Stand, wie er seit vielen Jahren nicht mehr verzeichnet wurde.

Stellen wir also nochmals fest, worum es sich im gegebenen Moment handelt: 1. Die Jahre 1907 und 1908 brachten eine knappe Welt­ernte; daher ging der Weltmarktspreis in die Höhe und erreichte 1909 ein ganz ungewöhnlich hohes Niveau. 2. Deutschland hatte 1908 eine noch nie dagewesene überaus reichliche Ernte in Roggen und eine über dem Durchschnitt stehende Weizenernte.

3. Infolge der Zölle stehen die Preise in Deutschland über dem Weltmarkts­niveau.

4. Infolge der Exportprämie wurde der deutsche Markt von Getreide in unerhörtem Maße entblößt und dadurch wurden die Preise seit Februar dieses Jahres sprung weise in die Höhe getrieben.

5. Diese hohen Preise sind um so gefährlicher, als die Arbeitermassen infolge der schweren wirtschaftlichen Krise ohnehin Not leiden.

6. Wir gehen einer im allgemeinen geringen Ernte entgegen, was zur Folge haben muß, daß die Preise auch nach der Ernte hoch bleiben werden.

Bum selben Thema wird uns noch geschrieben:

Lügen haben kurze Beine.

Die Agrarische Korrespondenz" stellt die fühne Behauptung auf, eine Aufhebung des Bolles würde den Preis des Getreides nicht herabdrücken. Als Beweis führt sie an: Bei Roggen ist der Preis für Mai 1909 verglichen mit Mai 1908 an feinem anderen Markt der Welt so start gefunken wie in Berlin und bei Weizen ist der Preis an allen Märkten stärker gestiegen als in Berlin ." Das ist rund heraus gelogen. Die.." stellt nämlich ganz bewußt die Preise jener Bläge zusammen, für die ihre Behauptung zutrifft und unterschlägt die anderen Angaben. Nach ihrer Zusammenstellung- fie beruft sich auf die monatlichen Nachweise über den auswärtigen Handel- war der Weizenpreis im Mai 1909 höher als im Mai 1908 um 39 Mart pro Tonne

in Berlin . Wien

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Pest

55 52

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Amsterdam

48

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"

Chicago New York

41

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"

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44

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Die Agrarische Korrespondenz" unterschlägt folgende Angaben

7. Augenblicklich herrscht auf dem deutschen Markte ein im höchsten Grade gefährlicher Mangel an Ge- aus der gleichen Quelle: treide.

Es ist daher dringend notwendig, die Getreidepreise herab­zudrücken, um nicht den schon vorhandenen Notstand zu einem schweren Unglückt sich auswachsen zu lassen.

in Berlin .

Odessa .

Manitoba II

um 39 Mart die Tonne

7

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Riga . London

15

.

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30

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19

Liverpool

18 "

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La Plata

36 "

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30 "

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Buenos Aires Paris .

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31 28 "

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Australier.

Als ein Mittel zu diesem Zweck tommt die Suspendierung der Bölle, der selbstverständlich auch eine Suspendierung der Einfuhrscheine entsprechen muß, in Frage. Kein Zweifel: dieses Mittel würde jetzt nicht mehr die volle Wirkung aus­Herr v. Wirbach beruft sich dann auf das Zeugnis eines üben können, weil eben bereits unter dem Einfluß der Export­Herrn Simon, Synditus des Vorsteheramtes der Königsberger prämien die Ausfuhr verheerend gewirkt hat. Es ist eben eine bekannte Tatsache, daß in Nordamerika die Stanfmannschaft, der für die Einfuhrscheine eintritt. Ein sehr Wäre bereits im März zu diesem Mittel gegriffen worden, Borräte erschöpft sind, Desterreich aber eine ganz besondere Aus­verdächtiges Zeugnis. Es handelt sich ja gerade darum, daß so wäre heute der deutsche Markt hinlänglich mit Getreide nahmestellung in diesem Jahre einnimmt( Mißernte und Mobi­die Erporteure mit den Agrariern die Exportprämie teilen und versorgt. lisierung!). Zu versorgen ist Deutschland mit Weizen für dieses natürlich sehr zufrieden mit diesem System sind. Daß die Suspendierung der Zölle eine Steigerung des Jahr nur noch aus Argentinien , Australien und Ruß­Schließlich verweist Herr v. Mirbach darauf, daß in einer Weltmarktpreises herbeiführen würde, ist nicht zu befürchten. I and. Hier sehen wir aber die Preise weniger start steigen als von uns angeführten Tabelle der Weizenpreis 1894 per Tonne Die Nachfrage nach Getreide ist heute bereits überaus dringend am Berliner Markt. Die A. K." Hat frech gefälscht. 132 Mart war, 1898 aber 185,5 Mart, und meint: Also in Deutschland und greifbare Ware ist im Inlande an Weizen Das gleiche beim Roggen. In Berlin ist der Noggenpreis um sogar in der Zeit der Caprivischen Verträge, wo der Höhe der fast gar nicht, in Roggen ungenügend vorhanden. Das be- 11 M. niedriger als im Vorjahre, in Odessa um 19 M. Zölle die Schuld daran nicht beigemessen werden kann, trat wirkt, daß die deutsche Nachfrage schon heute sich preissteigernd Ferner rechnet das Blatt heraus, daß unter Berücksichtigung der ein starkes Steigen der Preise ein, der beste Beweis dafür, auf dem Weltmarkte bemerkbar macht. Würde der deutsche Fracht, der Weizenpreis in Berlin nur um 35 M. höher sei als daß der Inlandspreis stets, absolut sowohl wie in seinem Boll fortfallen und der Preis um den vollen Zollbetrag herab in Amsterdam und" nur" um 83 M. höher als in New York . Verhältnis zu den Säßen des Weltmarktes, großen gesezt werden, das heißt würde Weizen in Berlin statt 260 M. Die Rechenkünste, die dabei angewendet werden, sind sehr eigenartig. Schwankungen ausgesetzt ist." Wir gestehen, daß uns nicht pro Tonne 205 M. fosten, so würde wohl die Nachfrage noch Es wird z. B. die Fracht von New Yort nach Berlin mit tlar ist, was denn der gute Mann damit eigentlich will. etwas größer werden, da eine Anzahl Mühlen , die zurzeit 17 M. gerechnet. Nun kostet die Fracht von New York nach Ham­Erstens bestand zur Zeit der Caprivischen Verträge ein Zoll, ihre Produktion ganz eingestellt haben, die Arbeit wieder auf- burg 4,40 M. pro Tonne, die Eisenbahnfracht allerdings 14 M. der immer noch hoch genug war, um den Agrariern die Brot- nehmen würden; indessen ist auch ein Preis von 205 M. Indessen könnte die A. K." auch die Fracht nach den Eilgutsägen verteuerung zu ermöglichen; zweitens war das Jahr 1897 noch so hoch, daß von einer stürmischen Nachfrage keine oder nach den Portosäßen für Postpakete berechnen, dann käme noch eines der schlimmsten Erntejahre, die Deutschland je gehabt, Rede sein kann. Schon jetzt greifen die Importeure von etwas Schöneres heraus. Gewöhnlich verfrachtet man aber Getreide und daher war das Anziehen der Preise im Jahre 1898 fehr Weizen auf, was irgend am Weltmarkte zu haben ist, nach auf dem Wasserwege und dann kostet es von Hamburg bis natürlich; drittens war in jenem Notjahre der Durchschnitts Suspendierung des Bolles würde also darin fich nichts Berlin nicht mehr als 5 M. pro Tonne, also von New York preis 185,5 Mart, während wir heute nach einer ungewöhnlich ändern. Was dagegen Roggen anbetrifft, so ipürde die bis Berlin gegen 10 M.( die Säße schwanken beständig). Somit reichen Ernte einen Preis von 270 Mart haben. Daß die Suspendierung des Zones bewirken, daß die junkerlichen wäre der Preis in Berlin nicht um 33, sondern um bolle 40 m. Preise schwanken, ist eine nicht neue Entdeckung des Herrn Spetulanten, die die Vorräte zurückhalten, sich in ihren höher als in New York . b. Mirbach; es handelt sich darum, daß wir heute Hungers- Erwartungen getäuscht sehen und den lagernden Roggen an notpreise haben, was er nicht zu leugnen wagt. den Markt bringen würden. So würde eine Konkurrenz In der" Post" finden wir eine Ausführung, die darauf zwischen den Importeuren von russischem Roggen und den In Ddeffa war der Weizenpreis 186 Mart; rechnet man die hinausläuft, daß der gegenwärtige unerwünscht hohe inländischen Befizern entstehen, und der Preis würde herab Fracht von Odessa bis Berlin mit 12 Mart, so ergibt sich für Stand der Getreidepreise" eine eine Folge der schlechten gedrückt werden. Die Berliner Notierung hat am 26. Juni Berlin ein Preis von 198 Mart, also um 61 Mark niedriger als Welternten von 1907 und 1908 ift. Verschwiegen wird dabei die horrende Höhe von 195 M. erreicht, während in Bosen er in Wirklichkeit ivar. Ebenso stellt sich der Preis des argen­abermals die reiche Ernte in Deutschland und und in Breslau am gleichen Tage der Preis ebenfalls 195 M. tinischen Weizens auf höchstens 202 Mark inklusive Fracht. Tat­der durch die Ausfuhr künstlich herbei- war, in Rostock 192 M. Das deutet auf eine ganz anormale fächlich war also die Differenz zwischen dem Berliner Preise und geführte Mangel am inländischen Markte. Lage des Marktes hin, denn unter normalen Verhältnissen dem Preise an ausländischen Plätzen, von denen aus Berlin Es wird dann behauptet, die Suspendierung des Bolles sind die Preise an den ostelbischen Plägen um die Frachtkosten versorgt werden kann, größer noch als der 8ol!! würde den Preis in Deutschland nicht herabdrücken, sondern niedriger als in Berlin . Würde der Preis um den Zoll- Buguterletzt noch eines: die A. K," konnte in der amt­nur den Weltmarktspreis in die Höhe treiben. Als Beispiel betrag, d. h. 50 M. pro Zonne, ermäßigt, dann würde immer lichen Quelle, auf die sie fich beruft, folgende Zusammenstellung wird angeführt, daß 1897 in Frankreich die Zölle suspendiert noch ein Preis von 145 M. gelten, d. h. ein höherer Preis, finden: In Danzig war im Mai 1909 der Preis für Weizen wurden und der Preis nur für turze Zeit jant, um dann als er in den Jahren 1895 bis 1905 im Durchschnitt bestand. zum freien Verkehr" 256 M. pro Zonne, dagegen für un­

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Abermals wird der Vergleich mit den Preisen in russischen und argentinischen Häfen sorgfältig vermieden.