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Kr. 140. 26. ZichrMs. 1. KtilU des Jotmirts" Kcrlm MM W«ich.MImMS. StscktverorSnete»- Versammlung. s 3.(außerordentliche) Sitzung vom Dienstag, 2 9. Juni, nachmittags 5 Uhr. Der Vorsteher Michelct eröffnet die Sitzung nach 5(4 Uhr. Zur Vorberatung der Vorlage wegen Ankaufs größerer®e- ländeflächen in der Feldmark Heiligensee ist vor der Sitzung noch ein Ausschuß gewählt worden; diesem gehören auch die sozial- demokratischen Stadtverordneten Basner, Hintze, Dr. W e y I an. Ueber die Petition des Verwalters Trapp, Britzer Straße 19, um Rückerstattung der für das Grundstück Kottbuser Straße 48/59 gezahlten 461,16 M. Kanalisationsgebühren wird heute, nachdem inzwischen festgestellt ist, daß das betreffende Grundstück tatsächlich an die Berliner Kanalisation angeschlossen ist, Uebergang zur Tagesordnung beantragt. Referent ist der Stadtv. Bruns(Soz.). Stadtv. Leid(Soz.): Die Angelegenheit fordert zu einigen kritischen Bemerkungen heraus. Der Petent erbittet Rückzahlung der Kanalisationsgebühr, weil das Grundstück nicht an die städtische Kanalisation angeschlossen sei. Darauf erhält er den Bescheid, daß neuere Ermittelungen ergeben hätten, daß dieses Grundstück tatsächlich nicht angeschlossen und die Absetzung der Kanalisationsgebühr für 1998 sowie die Zurückcrstattung für 1997 angeordnet sei; weitere Rückzahlungen konnten wegen Verstreichens der Einspruchsfrist nicht stattfinden. Diese Sachlage wurde auch dem Ausschuß bestätigt und letzterer erblickte in der Verweigerung der Rückzahlung der früher ohne Gegenleistung gezahlten Ge- bühren eine Unbilligkeit und beschloß Ueberweisung zur Berück- sichtigung. Als dieser Antrag hier zur Beratung stand, erklärte ein anderer Magistratsvertreter, der Mann sei zu Recht veranlagt, denn das Grundstück sei angeschlossen. Ob diese neuerliche Ansicht die richtige ist, meinte der Ausschuß nicht nachprüfen zu sollen. Daraus ergibt sich doch, daß in den verschiedenen Verwaltungen ganz verschieden gearbeitet wird, sonst wäre jene erste vom Ober- bürgermeister unterschriebene Bescheidung nicht möglich gewesen. Bei der Erhebung der Kanalisationsgebühr sollten doch einheitliche Grundsätze befolgt werden. Stadtrat Alberti gibt zu, daß ein Versehen passiert ist. Die Versammlung beschließt nach dem Ausschußantrage. Die Petition des Gastwirts und Armenpslegers Adolf Beyer um Ersatz eines Verlustes von 19 M., der ihm durch irr- tümliche Hingabe eines Zwanzigmarkstückes statt eines Markstückes entstanden ist, schlägt der Petitionsausschuß dem Magistrat zur Berücksichtigung zu überweisen vor. Referent ist der .Stadtv. Bruns(Soz.). Der Ausschußantrag wird angenommen. Mit dem freihändigen Verkauf der beiden Parzellen im der Bärwald st raße, Ecke Urbanstraße, hat sich der ein- gesetzte Ausschuß nach längerer Erörterung mit der Maßgabe einverstanden erklärt, daß eine ausspringende Ecke von 49 Quadrat- meter dem Grundstück der Badeanstalt zugeschlagen wird. Nach kurzer Beratung gelangt der Ausschußantrag zur An- nähme. Stadtv. Stapf M. L.)) erstattet den NuSschußbericht über folgende Vorlagen: 1. bis 3. Vorentwürfe zu einer Gemeindedoppel- schule an der Jbsenstraße, zu einer einfachen Ge- meindeschule nebst Steuerannahmestelle auf dem städtischen Grundstück Antonstraße 36/42 und zu einer dreifachen Schulanlage nebst Lehrerwohn- und Standesamtsgebäude aui dem städtischen Grundstück Antonstr. 19/15; 4. betreffend die Errichtung zweier Laternen- und Park- Wärterunterkunftshäuschen auf dem Luisen- und Forckenbeckplatz. 5. spezieller Entwurf zum Erweiterungsbau der Bolls- Badeanstalt an der Schillingbrücke. 6. spezielle Entwürfe zu den zunächst in Angriff zu nehmenden Baulichkeiten der 4. Irrenanstalt in Buch. Der Ausschuß hat nach eingehender Beratung die sämtlichen vorlagen genehmigt und den Kostenbetrag von zirka 6 Millionen za bewilligen empfohlen. In der Erörterung hat die Klage über unzureichende Belichtung der Schulräume wieder eine Rolle ge- spielt, die Mehrheit hat diesen Einwänden aber keine Berechtigung zuerkannt. Ohne erheblich« Diskussion werden die Ausschußantrage an- genommen. Kleines feuilleton. Richard Muther's . In einem schlesischen Sanatorium ist am Montag abend Richard Muther an Herzschwäche im Gefolge einer Influenza 49 Jahre alt gestorben. Obwohl er die Laufbahn des beamteten Kunsthistorikers eingeschlagen hatte, in der er es trotz seiner glänzenden Fähigkeiten bis zur Professur in Breslau brachte, war er im Grunde alles andere denn ein trockener Fachmann und landesüblicher Hochschullehrer. Muther war der geborene Feulletonist mit allen Vorzügen und Mängeln. Er schrieb, daß auch der Laie seine Freude daran hatte, er suchte und fand Zusammen- hänge zwischen den Bildern und den Menschen. Er sah das soziale Milieu, aus dem die Kunst erwächst(ohne allerdings die Wirtschafis- geschichte genügend zu berücksichtigen). Anstatt wie die Kärrner das von der Konkurrenz gütigst übcrlassene Deputatland zu beackern, er- forschte er die Entwickelungsgeschichte der gesamten modernen euro- päischen Malerei, beleuchtete ihre Beziehungen zu Japan und konstatierte die allgemeinen Richtungstendenzen, die die Historisch- Nationalen und Banausen nicht zu erkennen vermochten. Muthers mehrbändige Geschichte der Malerei im 19. Jahrhundert ist die erste und geistvollste Gesamtdarstellung geblieben. Leider ließ er sich durch das Gebelfer derFachleule*, denen seine glänzende Darstellung, seine Vielseitigkeit, fern Mut zur Synthese naturgemäß mißfiel, abhalten, das Buch in neuer Auflage erscheinen zu lassen. Heute ist das wertvolle Buch darum so teuer geworden, daß es nur noch reiche Bibliophilen erschwingen können. Muthers wegeu war ich in den 99er Jahren nach München ge- gangen, um bei ihm zu finden, was ich bei den anerkannten Universitätsgrößen vergebens gesucht hatte: Verständnis für die moderne Kirnst. Muther hatte auch eine Vorlesung angekündigt, aber er hielt sie nicht. Denn seine Kollegen hatten nach- gewiesen, daß er sie nicht genug zittert habe und aus der europäischen schönen Literatur hier und da Stellen entlehnt habe, um sie zur Charakteristik der Maler und ihrer Werke zu verwenden. Unerhörtes Verbrechen l Schließlich fand der Sünder dann in Breslau doch noch eine Wirkungsstätte. Da- neben aber bewies er in Zeitungen und Zeitschriften, daß er der erste deutsche Kunstkritiker war und schrieb ein paar Bücher, die dem Verständnis der lebenden Malerei dienen sollten:Ein Jahrhundert französischer Malerei" und eine Geschichte der englischen und belgischen Malerei. Immer hatte Muther dabei das gebildete Publikum im Auge, stets wollte er der lebenden Kunst die Wege bahnen helfen. So war er denn auch der berufene Heraus- geber der kleinen Monographien, die unter dem Gesamttttel.Die Kunst" erschienen, zu denen er selbst einige ebenso graziös ge- schriebene wie anziehend unterrichtende Charakteristiken(Goya , Millet. Rembrandt , Velasquez ) beisteuerte. Vor allem aber hat Muther uns eine kurze und jedermann zu empfehlende.Geschichte der Malerei" gespendet, die m mehreren Bändchen der billigen und guten Göschenschen Sammlung vorliegt. Ein Mann, der soviel Anregungen gegeben, so unmittelbar dem Leben und der Gegenwart sich gewidmet hat und die Kunst-« Auf den Beschluß der Versammlung vom 31. Mai 1996: Den Magistrat zu ersuchen, baldmöglichst, spätestens aber bis vor den Wahlen Ende 1999, eine Neueinteilung der Wahlbezirke 3. Abteilung entsprechend der veränderten Wählerzahl vorzunehmen", hat der Magistrat endlich unterm 18. Juni er., und zwar ab- lehnend geantwortet. Er will die Frage von neuem unter Zu- grundelegung der Wählerliste von 1919 in Erwägung ziehen. In dem Bericht der Magistratskommission über die stattgehabten Beratungen wird unter anderem ausgeführt, daß von 48 Bezirken nur 5 wesentlich mehr als 19 999 Einwohner haben(nämlich der 24., 25.. 26.. 35. und 47. mit resp. 15 972, 14 393, 23186, 17 374 und 14 998 Wählern) und daß sich bloß dieser Bezirke wegen nicht empfehle, die ganze bestehende Einteilung umzureißen und das Band zwischen den Wählern der bestehenden Bezirke unter sich und mit ihren Vertretern zu zerstören. Die allzu häufige Vor- nähme solcher Umwälzungen widerspräche auch dem Geiste der Städteordnung. Dieser Bericht ist dem Plenum des Magistrats schon im Februar erstattet worden. Stadtv. Borgmann(Soz.): Die Vorlage bietet uns eine Reihe ungewöhnlicher Vorgänge, auf die näher eingegangen werden mutz. Besonders zu verwundern ist, daß uns die Vorlage im letzten Moment vor den Ferien zugeht, und um so mehr, als der Magistrat 3 volle Jahre Zeit dazu gehabt hat! Das Un- gewöhnliche in der Begründung liegt darin, daß der Magistrat den Bericht seiner Subkommission zur Kenntnis bringt,ohne sich dessen Argumentationen durchweg zueigen zu machen". Allerdings hätte dieser Bericht so nicht abgefaßt oder mit größerer Gründlichkeit behandelt werden sollen. So viel Druckerschwärze hätte man zu derhistorischen" Darlegung usw. nicht verwenden sollen; das war uns ja allen bekannt. In die Einteilung der Wahlbezirke habe die Versammlung eigentlich nichts hineinzureden, wird uns gesagt. Ferner wird hervorgehoben, daß 1896 der Magistrat eine Neuein- teilung vorgenommen habe. Letzteres ist damals nicht aus eigener Entschließung des Magistrats geschehen, sondern auf Anregung aus der Versammlung, die einen Ausschuß eingesetzt hatte, der seinerseits ein ganz genaues Tableau ausgearbeitet hat, dem nachher in der Gestalt, die es durch das Plenum erhielt, der Magistrat beigetreten ist. Es ist also ganz klar zum Ausdruck ge- kommen, daß auch die Versammlung bei solchen Maßnahmen gehört wird. Der Beschluß von 1996 gründete sich auf die Tatsache, daß eine erhebliche Verschiebung der Wählerzahl vorhanden sei. Da- mals führte der Referent, Kollege L i e b e n o w, aus, man müsse hoffen, bis 1999 die Sache, auch mit der Zustimmung der Auf- sichtsbehörde, zu Ende zu führen. Damals hatte der größte Wahl- bezirk 19 999, der kleinste 4999 Wähler, Stadtrat Böhm erklärte mir im September v. I.. die Sache sei eigentlich fertig und bedürfe nur der Beschlußfassung. Inzwischen wurde die Angelegenheit noch mehrmals angestoßen; dennoch kommt erst heute der Magistrat mit seiner Vorlage! Wenn 1995 die Höchstzahl 19 999 betrug, so sind die Verhältnisse heute noch viel schlimmer geworden. Der Magistrat führt die 5 größten Bezirke an, aber wie es mit den anderen 43 steht, darüber bemerkt er im einzelnen nichts. Schon 1998 hatten 14 Wahlbezirke von 3999 5981, also zusammen nur 63 999 Wähler, während die 5 größten 85 999, also 22 999 Wähler mehr haben! Die acht Bezirke mit höchster Wählerzahl haben nicht weniger als 118 999 eingeschriebene Wähler; 24 Wahlbezirke mit unter 6999 Wählern haben zusammen gerade soviel als jene acht! Der allgemeine Durchschnitt beträgt 7599 Wähler für jeden Bezirk. In der 1. Abteilung hatten wir 1398: 1759, in der 2. 32 211, in der 3. aber 347 999 Wähler! Es scheint mir gewissermaßen ein Akt der Bequemlichkeit beim Magistrat gewesen zu sein, daß er diese Momente alle unberücksichtigt gelassen hat. Die Neueinteilung der Wahlbezirke ist ein Gebot der Gerechtigkeit und, vom politischen Standpunkt aus, unerläßliche Notwendigkeit. Denn die Freisinnigen verlangen ja eine Neueinteilung der Wahlkreise im Reiche und in Preußen; dann können sie doch die Ungleichheit in der Berliner Kommune nicht außeracht lassen. Nach statistischen Angaben haben die Mchrheitsparteien im Reichstage. welche die Erbschaftssteuer zu Fall gebracht haben, nur 4 Millionen, die Minoritätsparteien aber 7 Millionen Wähler hinter sich gehabt. Hier hat es sich wieder gerächt, daß an dieser Forderung�vorüber- gegangen worden ist," heißt es in einem liberalen Blatt. Das gilt auch für die Kommunen. Von 1298 bis heute hat sich abermals eine Verschiebung geltend gemacht, schon wegen der fortschreitenden Entvölkerung der inneren Stadt. Der Magistrat meint, die großen betrachtung und den Kunstgenuß aus der Enge der Hörsäle in die Freiluft geführt, der durfte und mußte schon seine Fehler haben. r. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der LebenSverlängermig. Der Verlust an ökonomischen Werten infolge von Krankheiten, deren Verhütung im Bereich menschlicher Fähigkeit liegt, ist vom sozialpolitischen Standpunkt ein mächtiger Ansporn zur Verbesserung öffentlicher hygienischer Einrichtungen. In Amerika sind, ww dasJournal der Amerikanischen Medizinischen Vereinigung" mitteilt, äußerst interessante amtliche Feststellungen nach dieser Richtung gemacht worden, und der zur Information des Präsidenten der Union dienendenConservation Commission" zugestellt worden. Sie haben ergeben, daß der Verlust an Lebensdauer in- folge vermeidbarer Todesfälle an Tuberkulose, Durchfall, Darmkatarrh, Lungenentzündung, typhösen Erkrankungen und Diphtherie sich aus einen durchschnittlichen Wert von 7.3 Jahren beläuft. Ein Mitglied der genannten Kommission, Professor Irving Fischer, schließt aus einer sorgfälttgen Zusammenstellung der vermeidbaren Fälle unter den neunzehn für die Union hauptsächlich in Bettacht kommenden Todesursachen, daß etwa ein Drittel der jetzt vorkommenden Todes- fälle verhütet werden könnte. Dies würde einer Verlängerung der mittleren Lebensdauer um sogar mehr als fünfzehn Jahre ent- sprechen. Der Einfluß einer derartigen Vermehrung der Lebens- werte auf die Industrie und die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse wäre ein ganz ungeheurer. Von ganz besonderer Be> deutung in dieser Hinsicht ist das Problem der Lebensverlängerung für die Versicherungsgesellschaften. Im Hinblick darauf hat Professor Fischer eine Eingabe an die Vereinigung der Präsidenten der Lebens- Versicherungsgesellschaften gerichtet, worin er, ganz abgesehen von den philanthropischen, die wirtschaftlichen Momente ins Treffen stellt, um die Unterstützung der Gesellschaften zur Förderung ver Volks- gesundheitlichen Zwecke zu erlangen. Er vertritt den Standpunkt, daß die Gesellschaften sehr wohl 299 999 Dollars jährlich zu Zwecken des Schutzes des menschlichen Lebens aufwenden könnten, welcher Betrag nur etwa ein Achtel vom Hundert der gegenwärtigen Versicherungsprämien auf Ableben ausmachen würde. Dieser Betrag soll nicht zur Einrichttmg von Krankenhäusern und Sanatorien verwandt werden, sondern zur Erziehung des Publikums in sanitärer Beziehung, sowie zur Propaganda zwecks Jnteresfierung der städtischen und staatttchen Behörden an Einrichtungen zum Schutze der Lebenserhaltung. Die Vereinigung der Präsidenten der Lebens- Versicherungsgesellschaften hat tatsächlich beschlossen, den Vorschlag in eingehende Erwägung zu ziehen und steht ihm wohlgeneigt gegen- über. Die vorbereitenden Arbeiten sind bereits in Angriff genommen worden. Humor und Satire. Der Zungenredner. Ein Mann, ein Wort! so spracht ihr, alS Bezirke lägen dermaßen an der Peripherie, es möge erst die Bau- tätigkeit dort zum Abschluß gekommen sein. Wie groß sollen denn die Bezirke noch werden, wie weit diejenigen im Zentrum noch zu- sammenschrumpfen? Für eine solche politische Auffassung habe ich nicht das geringste Verständnis. Die Versammlung hat einen Rechtsanspruch darauf, daß eine Neueinteilung erfolgt. Der Magistrat scheint das ja auch einzusehen, weil er sich mit dem Bericht nicht allent- halben einverstanden erklären will. Die Kommission hätte aber einen viel schärferen Rüffel verdient für eine so schlechte Vor- läge, die nach ganzen 3 Jahren an die Versammlung kommt. Wir müssen dem Magistrat sagen, daß ein solches Verfahren un- erhört ist.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) Stadtrat Böhm: Die abfällige Kritik des Vorredners kann ich ihm von seinem Standpunkt aus gar nicht verdenken. Der Magistrat allein ist durch das Gesetz in dieser Frage zuständig. Der Magistrat hat unter Würdigung aller Verhältnisse nach bestem Wissen seine Entscheidung getroffen und sie Ihnen mitgeteilt. Die neue Einteilung von 1896 ist tatsächlich aus der Initiative des Magistrats entstanden.(Zurufe)... Jawohl, er hatte schon j a h r e I a n g daran gearbeitet.(Heiterkeit.) Der Ma- gistrat hat allerdings schließlich den anderweiten Vorschlägen der Versammlung beigestimmt. Ob er es in Zukunft wieder tut, kann ich nicht wissen. Der Bestand der Versammlung wechselt doch sehr lebhaft, und wir haben deshalb in dem Bericht ein kleines Expose über die tatsächlichen und historischen Verhältnisse gegeben. Ich habe bei meinen Acußerungen immer den Vorbehalt gemacht: Falls der Magistrat die Neucinteilung beschließt", und diesen Vorbehalt machte ich auch im Februar d. I. Der Magistrat hat die Neueinteilung nicht beschlossen; vonBequemlichkeit" kann da also nicht gesprochen werden. Die neue Einteilung liegt fix und fertig vor. Die Bezugnahme auf die Verhältnisse im Landtage stimmt nicht; da liegen die Verhältnisse doch anders. Den 85 999 Wählern in den 5 größten Kreisen stehen 262 999 in den anderen 43 gegenüber; hier ist der Unterschied, die Ungleichheit minimal. stadtv. Singer(Soz.): Wesentliches, Sachliches hat der Stadt- rat auf Borgmanns Ausführungen nicht erwidert. Er wieder- holte sein Expose; aber gerade dieses ist durchaus einseitig. Freilich, wenn man sich darauf bezieht, daß in 43 Wahlkreisen mehr Wähler sind als in den anderen 5, so hat er recht. Es ist doch ein Nonsens, wenn wir Wahlbezirke von 23 999 gegenüber solchen von nur 3999, 4999, 5999 oder 6999 Wählern haben, von minimalen Ungleichheiten zu sprechen. Der Magistrat hat abgelehnt, weil er durch seine Dezernenten und seine Kommission einseitig, un- sachlich unterrichtet worden ist. Der Magistrat sollte zunächst nicht dulden, daß ein Auftrag jahrelang unerledigt bleibt; andererseits ist ganz erklärlich, daß der Magistrat, wenn er einmal eine Kommission eingesetzt hat, nicht noch seinerseits große Prüfungen eintreten lassen mag. Etwas eigentümlich be- rührt doch die Verwahrung gegen den Bericht, auf Grund dessen der Magistrat seinen Beschluß faßt.(Zustimmung.) Wie dem auch sei, wir tadeln mit Recht, daß der Magistrat einen mehrere Jahre alten Beschluß der Versammlung in einem Moment beant- wartet, wo Remedur nicht mehr möglich ist. Der Magistrat spricht ja so viel von derSchwesterbehörde", von der Kollegialität, dem Einvernehmen, welches zwischen beiden Behörden bestehen soll; da ist es doch eine Rücksichtslosigkeit ersten Ranges, wenn eine solche Anregung der Versammlung von dem Magistrat jahrelang unbeachtet gelassen wird. Und wenn dann die an- geführten Gründe den Tatsachen widerstreiten, so verdoppelt sich dieses Unrecht. Die politischen Prinzipien der Kreise, aus denen sich auch die Mehrheit des Magistrats zusammensetzt, werden durch eine solche Haltung ebenfalls verletzt. Ich kann nur wünschen, daß der Magistrat nun mit aller Energie anfängt zu arbeiten.(Heiterkeit.) Nach unseren Erfahrungen wird ja dabei das Jahr 1911 herankommen; wir wollen nur wünschen, daß dann der Oberpräsident noch Zeit behält, bis November die Neu- einteilung zu bestätigen. Die Angelegenheit kann heute nicht damit abgeschlossen sein; wir beantragen Ausschußberatung, um eine richtige Durchberatung zu ermöglichen. Der Magistrat muh dahin gedrängt werden, mit einer gerechten Wahlkreiseintcilung vorzu- gehen; das muß geschehen in einer Zeit, wo der Liberalismus es sehr, sehr nötig hat, sein Ansehen zn wahre».(Unruhe.) Sie be- geben sich jeden Rechtes, im Landtag und Reichstag gegen die Konservativen über die vorhandene Wahlkreiseinteilung Beschwerde zu führen, wenn Sie die Dinge in Berlin gehen lassen wie bisher. Das war um Pfingsten, irr' ich nicht; da wird man tvohl durchdrungen vom heil'gen Spiritus und spricht wohl auch mit Doppelzungen. Die Steuer fiel, doch er hält stand, Er hat sich selbst bezwungen, Er hat sich für sein Vaterland Dies Opfer abgerungen. Er weiß, das Ausland triumphiert, Wenn solch ein Kanzler abdankt, Weiß, wenn er seinen Platz verliert. Daß Deutschland dann in's Grab wankt. Ihr schreit:Das ist nicht konsequent! Ein Mann, ein Wort! sagt's Sprichwort. Ein Mann und Fürst, der deutsch sich nennt, Geht ab bei seinem Stichwort." O Fürstchen, Würstcheu-Männelein Von ganz besondrer Sorte, Wir schätzten stets dich richttg ein: Kein Mann, aber viele Worte I Franz. er mit beredten Zungen sich feierlich des ErbanfallS Besteurung ausbedungen. Notizen. Musikchronik. Hermann ZumpeS nachgelassene Oper Sawitri", deren Berliner Uraufführung die Gura-Oper am Freitag veranstaltet, verdankt ihren Stoff der Brahamanischen egende gleichen Namens. Eine dichterische Nachbildung verdanken wir Rückert. Ferdinand G r a f S p o r ck hat als erster den Stoff für das gesungene Drama verwandt und seine Dichtung eigens für Hermann Zumpe geschrieben, der mit verzehrender Leiden« schaft an dem Werke, das er seineErlösung" und seinLebens- werk" nannte, gearbeitet hat. In der Schule WagnerS aufgewachsen, mußte Zumpe sich natürlich der Wagnerschen Richtung zuneigen. Die OperSawitri" ist von Zumpe vollständig fertig komponiert, zwei Drittel davon sind auch von ihm selbst instrumentiert. Die englischen Volksbibliotheken. Folgende Daten über die von den öffentlichen Bibliotheken Englands aus- geliehenen Bücher gibt dieWestminster-Gazette". Die Bibliotheken haben zusammen etwa 8 Millionen Leihbücher und 4 Millionen Lesesaal- bücher. Jedes Jahr werden etwa 11 999 999 Lesesaalbücher ausdrücklich gefordert. Noch größer ist natürlich die Zahl derjenigen, die von den Lesern selbst den Regalen entnommen werden. Die Zahl der Leihbücher ist jährlich etwa 69 Millionen. Die Neigung zu wissen- schaftlicher Lektüre hat in den letzten Jahren zugenommen. Nur noch 15 Proz. aller Entleihungen betreffen Romane und Novellen. Ge- schichte, Geographie, Biographie und dergleichen werden immer häufiger verlangt. Das eifrigste Lesepublikum finden aber die Bücher aus dem Gebiete der Soziologie und insbesondere des Sozialismus!