WS Ausland zu drängen, wie zunächst der nationalliberaleBankdirektor Weber in ausführlicher Darlegung nachwies.Ein neuer Beweis für die Haltlosigkeit der Regierung ist es,daß sie, nachdem sie die Kotierungssteuer zuerst für„un-annehmbar" erklärt hatte, sich nicht genierte, sie in der Neu-frisur der Talonsteuer zu schlucken, allerdings mit einigenGrimassen. Der preußische Finanzminister von Rhein-b a b e n, dem die Rechtfertigung übertragen war, mußtezugeben, daß die Ausstellungen an der Steuer„vielfach be-rechtigt" seien. Aber, so sagte er zur Linken: Was haben Siedenn Besseres zu bieten? Geld muß doch beschafft werden!Ein helles Auflachen und laute Rufe der Entrüstung warendie Antwort auf diese ministerielle Unverfrorenheit. DiesenMarionetten im Ministerfrack ist offenbar jedes Gefühl fürdie Würdelosigkeit ihres Verhaltens verloren gegangen. EinStaatsmann von Charakter, der seine eigene Politik miteinem Parlament nicht durchsetzen kann, tritt entweder aboder versucht einen Appell an das Volk. Diese Bülow, Sydow,Rheinbaben u. Co. bleiben aber kleben und schlucken Gesetze,die sie selber für untauglich halten. Genosse Singergeißelte mit einigen kräftigen Worten diese ganze Steuer-Pfuscherei.Schließlich wurde aber sowohl die Talonsteuer wie dieScheckstempelsteuer mit der üblichen Mehrheit angenommen.Dann trat das Haus in die zweite Beratung des eigent-lichen Finanzgesetzes ein. Dabei handelte es sich zunächstum die Neugestaltung der M a t r i k u l a r b e i t r ä g e. Dieinanzmisere der letzten Jahre hat dahin geführt, daß deninzelstaatcn einige hundert Millionen Matrikularbeiträgegestundet sind. Der Steuerblock schlägt nun vor, denEinzelstaaten etwa 144 Millionen zu scheckken, d. h. die ge-stundeten Beiträge zu Lasten des Reiches zu nehmen. Dasist offenbar, wie Genosse Stadthagen es treffend nannte,das Trinkgeld, mit dem der Schnapsblock die Zu-stimmung der Einzelstaaten zu seiner Steuerreform er-kauft hat.Nachdem Paaschs(natl.) gegen die Vorlage gesprochenhatte, wurde die Sitzung um 6� Uhr vertagt.Eine Abendsitzung begann um 8� Uhr. Zunächst kamder Genosse Stadthagen zum Wort, der in kräftiger Rededie Steuermehrheit zur Wut aufpeitschte. Sie versuchtedurch lautes Schwatzen die Rede unseres Genossen zu ver-hindern. Das gelang nicht. Da ertönte plötzlich aus denReihen der Antisemiten ein Pfiff auf dem Haus-schliissel! Die Sozialdemokratie brach in laute Entrüstungs-rufe aus. Der Präsident läutete mit Vehemenz. Endlich tratRuhe ein, und Stadthagen brachte seine Rede zu Ende, indemer der Steuermehrhcit ankündigte, daß das Volk schon mitihr abrechnen würde. Redner aus Redner suchte sich in demunruhigen Hause Gehör zu schaffen, bis gegen MitternachtSchluß gemacht wurde.(Näheres siehe im Reichstagsberichtin der Beilage.)_vom Codiipitzel zum Polizeichef.Paris, 0. Juli.(Eig. Bsr.)' Der Azew-Skandal ist noch über-boten. Harting, der hohe russische Polizeibeamte, der erst inDeutschland, dann in Frankreich das Netz der Spitzelei ausgebreitethat, ist niemand anders als der Lockspitzel Lan-desen oder eigentlich Abraham Heckelmann, der im Juli1800 wogen Borbereitung eines DhnamickatteN-tats gegen Alexander III. vom Pariser Zucht-Polizeigericht in contuinociam zu fünfjährigerKerker st rase verurteilt worden ist! Die zarische Ne-giorung hat die Schamlosigkeit besessen, der«befreundeten" Re-publik einen straffälligen Menschen unter einem geliehenen Namenals Repräsentanten ihrer Qrdnungsfunktion zuzusenden. AbrahamHeckelmann, den jeder französische Polizist im Erkennungsfall insGefängnis abzuliefern gehabt hätte, amtierte als der orthodoxeEdelmann mit Offiziersrang Arkadi Michaelowitsch Harting jähre-lang in einem Spezialbureau in der russischen Botschaft in Paris,verkehrte eng mit hohen französischen Polizoibeamten und wurdevon der Republik zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.Ein solch dreister Mißbrauch wäre unter Staaten, die in einemgespannten Verhältnis zueinander stehen, eine schwere Beleidigung.Wie wird die Regierung der Republik angesichts der zynischen Frei-heit des von ihr umschmeichelten„Freundes und Bundesgenossen"ihre Würde wahren?Wlir geben im folgenden die Geschichte dieser Enthüllungwieder, nach der von Burzeiv gelieferten Darstellung in der„Humanite" und im„Journal",Am 4. Juli 1390 war das Urteil im Dhnamitprozeß verkündetworden. Die meisten Angeklagten hatten empfindliche Gefängnis-strafen abzusitzen, Landesen aber, der eigentliche Organisator derVerschwörung, blieb verschollen. Dies erregte Verdacht, aber dieSpuren des Verdächtigen waren lange nicht aufzufinden. Wohlkam das Gerücht zu den Revolutionären, Landesen sei in Ver-Wendung in dem für die Person des Zaren eingerichteten Palais-dienst; doch hieß es dann wieder, er sei in Südafrika oder gar tot.Erst vor zwei Jahren erfuhr Burzew von„einem hohenPoli ze i b ea m t en", daß sich Landesen in Deutsch-land aufhalte und ein hohes Jahresgehalt von der russischenRegierung beziehe. Mehr war aus dem Gewährsmann nicht heraus-zubringen. Bald aber gelang es, weitere Fährten aufzudecken.Frühere Polizeibeamte, unter ihnen B a k a i, behaupteten, Hartingsei ein ehemaliger Provokateur von großer Bedeutung, Burzewzögerte indes lange, an die Identität von Harting und Landesenzu glauben, da er sogar der zarischen Regierung eine so maßloseFrechheit nicht zutraute. Im Januar und Februar dieses Jahresbekam er indes entscheidende Beweise in die Hände.Aus Dokumenten, die Harting betrafen, ergab sich, daß dieser 1800in Pari» gewesen und Burzew kennen gelernt hatte, auch wurdenBurzew Aeuherungen Hartings überbracht, die die Nervosität diesesMannes wegen der von ihm in Erfahrung gebrachten BurzewschenNachforschungen bezeugten. Schließlich bestätigte eine Schriften-vergleichung zwischen Briefen Hartings und alten ManuskriptenLandesens die Schlüsse Burzews.Burzew teilte nun Genossen Jaures seine Entdeckung mit,zugleich mit seinem Entschluß, sie den französischen Gerichten vor-zulegen und einen Prozeh zu veranlassen, der das ganze Treibender russischen Geheimpolizei der Oeffentlichkeit enthüllen würde.Briand, an den sich Jaures wendete, erklärte sich bereit, aufeine Anzeige Burzews sofort eine Untersuchung einzuleiten. DieAnzeige wurde daher unverzüglich erstattet. Sie lautete:Herr Justizminister!Ich beehre mich, Sie von Nachstehendem in Kenntnis zusetzen:Im Juli 1890 wurde ein gewisser Michel Landesen. mitseinem richtigen Namen Abraham Heckelmann, vom Zuchtpolizei-gericht des Seinedepartements als Hauptorganisator einesDhnamisattentatS in contumseism zu 5 Jahren Gefängnis ver-urteilt.Landesen ist es bisher gekungett, sich den Nachforschungen derLustiz zu entziehen.- jZu jener Zeit hatte ich die Bekanntschaft deS Landesen ge-macht und ein volles Jahr Beziehungen mit ihm unterhalten.Heute bringe ich hiermit zu Ihrer Kenntnis, daß der an-gebliche Arkadi Harting, alias P e t r o w s k y, aliasB e i r e usw., gewöhnlich in Paris wohnhast, der mit demChef der Sicherheitspolizei, Herrn Hamard, undmit einem anderen Polizeifunktionär. Herrn Guimard, per-sönlich bekannt ist und offizielle Funktionen in derrussischen Geheimpolizei in Paris, deren oberster Chef er ist,bekleidet, niemand anderes ist als der Michel Landesen. Ichbin in der Lage, seine Identität zu beweisen.Ich fordere Sie demgemäß auf, gegen den genanntenLandesen-Harting-Petrowsky-Beire usw. einen Haftbefehl zuerlassen. Ich stehe jederzeit zu Ihrer Verfügung, um Ihnen allegewünschten weiteren Auskünfte zu erteilen.Harting befindet sich n i ch t m e h r i n P a r i S. Er hattegerade in der letzten Zeit mit den Poljzeivorbereitungen für denZarenbesuch viel zu tun, aber anscheinend hat er von dem Schlag,der sich gegen ihn vorbereitete, Wind bekommen. Vermutlich wärees manchen Leuten angenehm, wenn der Polizeichef Harting ebensostill verschwände, wie einst der Pseudorevolutionär Landesen. Daaber Burzew weitere Enthüllungen über die russischeSpitzelwirtschaft in Paris verspricht, ist es keineswegs sicher, daßmit der Entfernung Hartings der Skandal erledigt werden kann.In jedem Falle bedeutet die Enthüllung gerade im jetzigenAugenblick eine arge politische Verlegenheit. Wird es der Zarverzeihen, daß man just, bevor er in die französischen Gewässereinfährt, dem Mann, auf dessen Tätigkeit der Schlaf seiner Nächtegestellt ist, das Betreten des französischen Bodens untersagt? UndClemenceau wird es doch nicht so leicht verwinden, baß die zarischeRegierung den Staatsmännern der Republik die schmeichelndeHuldigung vor dem Patron der Azew und Landesen gar so schwermacht, und daß sie ihnen zumutet, nicht nur ehrfurchtsvolle Er-gebenheitsphrasen von sich zu geben, sondern auch die beleidigendsteMißachtung hinunterzuschlucken.poUtifcbe OcbcrlicbtBerlin, den 8. Juli 1909,Ter Seniorenkonvent des Reichstagswarf am Donnerstag seine Dispositionen vom Mittwochvollständig über den Haufen, um für Freitag die dritte Lesungder Finanzreform auf die Tagesordnung zu setzen, und zwarsoll die Beratung mit den drei Steuervorlagen über Vier,Branntwein und Tabak beginnen.Trotz des Widerspruches von sozialdemokratischer Seitebeschloß man, die Generaldebatte über das Finanzgesetz erstnach der Erledigung der oben genannten Tagesordnung an-zusetzen. Die Vesoldungsvorlage wird daher in zweiter unddritter Lesung erst nach der dritten Lesung der Finanzreformbeginnen.Am Montag sollen die kleineren Vorlagen sowiePetitionen und Wahlprüfungen zur Erledigung kommen.Die preußische Wahlreform.Man weiß, daß die Konservativen den Fürsten Bsilowauch deshalb gestürzt haben, um jeder, auch der bescheidenstenReform d es p r cu ßis ch e n W ah lr.e ch ts vorzubeugLn.Die„Nat.-Ztg." macht nun über den Eiiiflusp Ven die Wähl-rechtsfrage auf die Ernennung des neuen Kanzlersausübt, folgende Mitteilungen:Wie uns berichtet wird, spielt bei der Ernennung deS neuenReichskanzlers die Rücksicht auf das Versprechen der Wahl-r e ch t s r e f o r in, das der Kaiser in seiner Thronrede gegebenhat, eine große Rolle. Diese Verheißung ist keineswegs inVergessenheit geraten; der Kaiser beharre nach wievor auf dem Wunsche, die Liberalen von der Politikder Regierung nicht a u S g e s ch a l t e t zu sehen. Die Aufgabedes neuen Reichskanzlers, der zugleich preußischer Ministerpräsidentist— die von gewisser Seite ausgesprochene Vermutung, eineTeilung der Aemter sei beabsichtigt, hat sich als unzutreffenderwiesen—. werde eS sein, das Zentrum dafür zu gewinnen,mit den Liberalen zusammen die wenigstens teilweiseErfüllung der kaiserlichen Zusage möglich zumachen. Dadurch sei von vornherein die Wahl eine? Nachfolgersauf den NeichSlanzlerposten an gewisse Grenzen gebunden; dennder Kaiser könne nicht eine Persönlichkeit zur Lösung der be-zeichneten Aufgabe berufen, die das Gegenteil von den An-schauungen verirete, die in der Thronrede zum Ausdruck gelangtsind. In der Tat darf man gespannt sein, wie sich der neueMinisterpräsident bei der jetzigen Konstellation von Konservativenund Zentrum seiner Aufgabe entledigen wird.Ob diese Aeußerungen mehr sind als nationaMberalsHoffnungen, wird sich ja zeigen, und auch, was aus derfeierlichen Verpflichtung der Thronrede»nerden wird. Jedenfalls wird der Regierung bei Zusammen-tritt des Landtages Gelegenheit gegeben werden. Farbe zubekennen._Biilows Nachfolger.Unter den vielen Kandidaten auf die Nachfolge BülowSscheint Herr v. B e t h n» a n n- H o l l w e g die meisten Aus-sichten zu haben. Das scheint aber der„Germania" durchausnicht zu paffen. Das klerikale Organ schreibt:„Die Nachricht, daß Bcthmann- Hollweg dem Kaiser vom, Fürsten Bülow selbst vorgeschlagen worden sei, hat viel für sich.' Nichtsdestoweniger halten wir eS nicht für wahrscheinlich,daß Bethmann-Hollweg den Kanzlerposten übernehmen würde.Ganz abgesehen davon, daß er vom Fürsten Bülow in der Block-ära dazu auSersehen war, als sein Werkzeug dieBlockpolitik zu fördern und auf Preußen zuübertragen, ist es in parlamentarischen Kreisen einoffenes Geheimnis, daß er auch nach dem Zerfall des Blocks undtrotz deS Abganges des Fürsten Bülolv ein innerer Gegnerder neuen Mehrheit ist. Er nuch die Verständigung mitder neuen Mehrheit mitmachen, weil es die.Verbündeten Re-gicrungen so wollen, aber seinem eigenen Herzensdrang entsprichtdas nicht. Ein solcher Mann kann ga� nicht den Wunschhaben, Reichskanzler zu werden, weil er als solcher stets inWiderspruch mir seiner politischen Heber-zeugung handeln müßte."Herr v. Bethmann-Hollweg wird also den Konservativenals Feind des Schnapsblocks denunziert. Diese aber erblickenoffenbar in der Einmischung des Zentrumsblattes ein höchstunliebsames Kottkurrenzmanöver. Sehr unwirsch antwortetdie„Kreuz-Ztg.":„So vorsichtig diese Worte auch abgewogen sind, so gebensie doch deutlich zu erkennen, daß die„Germania" einen Partei-mann als Kanzler wünscht, der dem konlervativ-liberalenBlock feindlich gegenüber gestanden hat. Ausgeschlossen wäre alsoein konservativer oder liberaler Kanzler, und da ein sozialdemo-kratischer Kanzler unmöglich ist, bliebe nur die Wahl unterZentrums Mitgliedern oder Polen. Die Zentrumspressetäte gut. solche anmaßenden Ideen zu vermeiden. Derneue Kanzler wird nach der bisherigen Entwickelimg der Dingewieder auf eine Politik mit wechselnden ReichStagSmehrheitenangewiesen sein, wie einst Bismarck.Aber es ist auch recht wenig angebracht, auf die Eni-schließungen des Kaisers einwirken zu wollen. Der Kaiser wähltden Mann seines Vertrauens, nicht den Kandidaten einer Parieioder einer Parteiengruppe. Dabei wird das Reich auch zweifellosam besten fahren."Das heißt, die„Kreuz-Ztg." verlangt einen Kanzler, dernicht wie Bülow„liberal" regiert, aber ebensowenig eine„Nebenregierung" des Zentrums duldet, sich aber völlig derDiktatur der Junker unterwirft. Das Spielmit den beiden Majoritäten, das die Konservativen im altenBlock so geschickt gegen die Liberalen angewandt haben, denensie stets mit dem Zentrum graulich machten, soll jetzt aufsneue gegen das Zentrum probiert werden. Fragt sich bloß,ob dieses auch so dumm und gefügig sein wird, wie es dieLiberalen waren._Auch umgefallen.Nun sind selbst die Bündler umgefallen. Noch bis in dieletzten Tage erklärte die„Deutsche Tageszeitung" es für un-erträglich, daß die Regierung die feierliche Zusage, die Zucker-st e u e r von 14 auf 10 M. herabzusetzen, nicht einhaltensollte. Nachdem aber das famose Kompromiß der Mehrheits-Parteien mit der Regierung diesen Vertrauensbruch nun einmalmit sich bringt, kann die„Deutsche Tageszeitung" plötzlich auchanders. Sie spricht sich gegen alle Absichten aus, einzelne Steuer-gesetze in der dritten Lesung zu verbessern, und meint:„Wir können vor solchen Abänderungsbestrebungen nurdringend warnen. Auch wir hätten verschiedene und wohl-begründete Wünsche in dieser Beziehung. Wir st e l I e n sieaber zurück, weil ihre Geltendmachung sofort Gegen-aktionen auslösen und die so mühsam errungene Einigungwieder in Frage stellen würde."Nachdem die Großgrundbesitzer die Steuerfreiheitihres Erbes und die Liebesgabe von bOMillionenMark eingeheimst haben, verzichten sie großmütig ans die Er-Mäßigung der Zuckersteuer. Das Konsumenteninteresjehat sie ja nie gekümmert.Nur eine Resolution.Wie uns eine Privatdepesche aus Hamburg meldet, fand dortheute nachmittag eine große Versammlung des Hansabundesstatt, die von zirka 6000 Personen besucht war und in derDr. H e ck s ch e r und Professor S e m l e r referierten. Ein Appell derVersammlung an die Regierung verlangt, nicht Anträge zu Gesetzentverden zu lassen, durch»oelche Handel, Gewerbe und Industrie aufsschwerste geschädigt werden. Eine Vlesolution verlangt eine Ver-tagung des Reichstages bis zum Herbst, da ohne Erbanfall-stener die Finanzreform nicht annehmbar sei.Die Resolution kann nur Heiterkeit erwecken. Was eineVertagung nützen soll, ist nicht einzusehen. Die Hamburger Scharf-macher wollen aber von einer Auflösung aub Furcht vor derSozialdemokratie nichts wissen. Auch diese hätte nur durch einenwirklichen Kampf im Parlament, nötigenfalls durch Obstruktionerzwungen werden können. Davon ivolltcn aber die bravenLiberalen und die neuen Hanseaten nichts wissen. Dann abersollten sie die Welt mit ihren Resolutionen in Ruhe lassen.Sparsystcu, in der Postverwaltung.In der Pastverwaltunff will man jetzt mit aller Gewali'gstsparnffse mächen." So hat man die letzte Bestellung fort-fallen lassen, aber keineswegs ,»m den Beamten den Dienstzu erleichtern, sondern um an Beamten zu sparen. So ist,lote uns aus Berliner Beamtenkreisen»nitgeteilt vsird, inBerlin verfügt worden, daß die Verkehrsämter innerhalb achtTagen der Oberpostdtrektion berichten sollen, tv i e v i e lUnterbeamte infolge des Ausfalles der letzten Bestellungdem Betriebe entzogen»verden könnten. Es sollalso je nach der Größe der Verkehrsämter an Unterbeaintcngespart»verden i Da dadurch den verbleibenden Beainteneine größere Arbeitslast aufgebürdet tvird, kann von einerErleichterung des Dienstes gar keine Rede sein!lieber„liberalen Bauernfang"entrüstet sich heftig die„Deutsche T a g e s z t g." in einemArtikel über den Gnesener Bauerntag. Der neue Banernbund seinichts als eine Filiale des Hansabundes. Boller Arglist hätten dieNationalliberalen die Gelegenheit benutzt, die Führung der un-zufriedenen Ansiedler an fich zu reißen. Die Ansiedler seien zwarüber die agrarische Forderung, die Restgüter im Ansiedelungsgebietezu vermehren, und über vie vermeintliche Bevormundungssuchtdurch den Großgrundbesitz erbittert gewesen, allein sie hättenden geplanten Ansiedlerbund doch nur als lokale undprovinzielle Organisation betrachtet, nicht als eineGegenorgaltisation gegen den Bund der Landivirte. Erst dieNationaUiberalen hätten diese Gcgenorganisation betrieben, siehätten massenhafte Geldmittel aufgewendet, um eine starke Be-schickung der Gnesener Tagung zu erreichen. Trotzdem seien nichtmehr als höchstens 2000 Mann auf die Beine gebracht worden.Das Oertelorgan entrüstet sich weiter darüber, daß seinem Ver-treter Dr. B ü t t i ch e r, der zugleich Vertreter des Bundes derLandwirte gewesen sei, in der Debatte nicht das Wort erteilt worden sei, obwohl man doch sonst Redner zum Wort habekommen lassen, die weder Bauern noch Ansiedler waren. Einen„grauhaarigen Ansiedler", der sich des Bundes der Landlvirteenergisch angenommen, habe man niedergeschrien. Bezeichnend seiaber, daß dieser Redner laute Zustimmung gefunden habe. Alles inallem: groß» Lorbeeren hätten die nationaltiberalen Drahtzieher inGnesen nicht geerntet.Wenn das Agrarierorgan die neue Gründung wirklich so leichtnähme, wie es glauben machen möchte, würde es daran nicht so VielDruckerschwärze und Leidenschaft verschwenden.Bülow an den nenen Banernbund.Bülows Antwort auf ein Huldigungstelcgramm des neuenBauernbundes lautet:„Für Ihre telegraphische Begrüßung besten Dank. Die StärkungdeS Deutschrums in der Ostmark und der Schutz der deutschenLandwirtschaft sind Lebensbedürfnisse unseres Volkes. Daran wirdweder eine neue Gruppierung der Parteien noch ein Personen-Wechsel in der Regierung etwas andern können."Bülow hat seine Antivort sehr vorsichtig abgefaßt, umnicht bei seinen Freunden, den Agrariern, noch in letzterStunde Anstoß zu erregen._Eine Lektion für die Hamburger Reaktionäre.Am Mittwoch erlebte das Hamburgische Parlament, dieBürgerschaft, eine Obstruktion der Sozial«d e m o k r a t c n, eine»oirkungsvolle, erfolgreiche Demonstrationder sozialdemokratischen Fraktion gegen die von den Reaktiv-nären der Handelsrepublik beliebte Art, sozialdemokratischeAnträge und Beschwerden kurzerhand abzuwürgen.