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Br. 158. 26. Jahrgang 2. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 10. Juli 1909.

im Winter von morgens 6 bis abends 6 Uhr mit dem Bettlaken für den Verband versicherungspflichtiges Mitglied der Ortskrans über dem Kopf draußen stehen. Colander habe bei den Mißhand- tentasse der Bureauangestellten geworden sei. Diese verkehrte An­

Menschenfchindereien in einem Mädchen- lungen fie auch mit der Stette hin und her gezogen, durch den Saal ficht, deren Zwed dahin geht, die Gewerkschaften zu Versicherungs­

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heim.

geschleift, mit Füßen getreten, dabei geschlagen und sie dann an anstalten zu stempeln, wurde von der Gewerbedeputation und dem der Kette in die Arrestzelle gesetzt. Als sie draußen stehen mußte, Amtsgericht geteilt.

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trocknete das Bettlaken nicht, weil es fortwährend regnete und Wir hatten damals unsere Ansicht dahin ausgesprochen, daß schneite. Sie mußte hungern. Die Beugin Berta Runge diese durchaus fehlsame Anschauung von der Berufungsinstanz wurde ebenfalls von Colander in ähnlicher Weise schwer miß- zurückgewiesen werden würde. Unsere Auffassung ist vor einiger handelt. Er verlangte, daß sie das Nachtgeschirr her Beit von dem hiesigen Landgericht I bestätigt worden. Es hat das unterhole und aus diesem Kaffee trinte. Sie amtsgerichtliche Erkenntnis aufgehoben. Wiewohl wir über die­habe erst nicht trinken wollen, aber dann doch aus Furcht alles, felbe Frage aus der Klage des Genossen Woit bereits die Urteils was hineingeschüttet war, ausgetrunken, weil der An- gründe des Landgerichts II unter dem 28. April veröffentlicht geklagte brohte, sie würde so lange geschlagen haben, glauben wir bei der weittragenden Bedeutung der ents Der in schiedenen Frage doch, auch die Urteilsgründe des Landgerichts I  werden, bis sie ausgetrunken habe. wischen verstorbenen Marie Kruse, die wieder veröffentlichen zu müssen. Es heißt in dem entscheidenden Teile holt mit der Kette gefesselt und mit dem Stock geschlagen wurde, der Urteilsgründe:" Bum Wesen der Versicherung gehört es, daß hat der Angeklagte das Nachtgeschirr über den Kopf nach den die Rechtsbestimmungen des Versicherers und Versiche­gegossen. Ein anderes Fürsorgemädchen befundet, wie rungsnehmers ordnenden Bestimmungen( Gesez, Statut, Vertrag) sie der Vorsteher an den Haaren die Treppe hinauf- der Versicherer im Falle des Eintritts bestimmter Ereignisse dem geschleift habe, so daß sie beim Kämmen am anderen Versicherungsnehmer zur Schadloshaltung verpflichtet ist, und daß der Versicherte einen Anspruch auf diese Unterstüßung hat. Der Morgen ein ganzes Pack in der Hand hatte. Drei Tage, nachdem die Kruse ins Krankenhaus eingeliefert Zentralverband kann daher nur dann als Versicherungsanstalt wurde, starb sie. Die Angehörigen erhielten erit angesehen werden, wenn seine Mitglieder in den im Statut vor nach dem Tode, am 23., die Mitteilung, daß sie gesehenen Fällen einen flagbaren Rechtsanspruch auf Unterstützung gestorben sei und die Beerdigung stattfinde. haben. Nach den vom Kläger   vorgelegten Statuten des Zentrals Beuge Voltmeier besuchte die Kruse, die entfernte Verwandte verbandes besteht ein derartiger Anspruch nicht. Im§ 7 des Sta von ihm ist, im Krankenhaus. Er erfuhr dort, daß es ihr sehr tuts vom 1. Juli 1908 heißt es unter Biffer 1 ausdrücklich: schlecht gegangen sei und sie fortwährend Prügel be" Sämtliche Unterstützungseinrichtungen auf Grund dieses Statuts tommen habe. Colander habe sie wegen eines unbegründeten Ver- find freiwillige. Es steht den Mitgliedern oder dritten Personen dachts an die Kette gespannt und geschlagen, daß sie ohnmächtig tein Slagerecht auf dieselben zu". Auch im Statut vom 1. Juli wurde. Als sich nachher das richtige Mädchen meldete, weil sie es 1906 ist den Mitgliedern kein Anspruch auf Unterstützung ge­nicht mehr mitansehen konnte, bekam sie einen Teller währt. Vielmehr hängt die Bewilligung von der Zustimmung des Suppe und das Nachtgeschirr über den Kopf ge- Hauptvorstandes ab, und daß diese Zustimmung erzwungen werden worfen. Als sie sich heißes Wasser zum Rei- fönnte, ist nirgend gesagt. Danach ist der Zentralverband feine nigen erbat, wurde ihr das verweigert. Zeuge Versicherungsanstalt im Sinne des§ 1 und 2 a des Kranken­befundet weiter, die Kruse flagte einmal, daß ihr bei der Feld- versicherungsgesetzes und die Beschäftigung des Klägers bei diesem arbeit die Hände durchgefroren waren und sie nicht mehr arbeiten Berbande steht einer freiwilligen Mitgliedschaft bei der beklagten konnte. Sie zeigte die Hände dem Hausvater, er schlug ihr mit Innungstasse nicht entgegen". Ob nun endlich die Versuche, Gewertschaften zu werдage= dem Stock auf die Hände und sagte, jetzt werden sie wohl wieder warm werden. Frau Colander schlug mit dem Schlüsselbund auf rungsvereinen zu stempeln. aufhören werden? die Ohren, daß das linke Ohr total auf war. Die Marie war ein ordentliches Mädchen. Vorsitzender: Frau Kruse, wes­halb kam Ihre Tochter in Fürsorge?- Beugin: Sie war berlobt und wollte von dem Mann nicht lassen, mein Mann brachte sie selbst in Fürsorge.

Mitte Januar wurde durch den Prozeß gegen den as Bater Colander und seine Ehefrau vor der Straf­tammer in Jhehoe das zum Himmel schreiende System unseres Fürsorgegesetzes und seine brutalen, die Kulturtiefe Preußens drastisch darlegenden Wirkungen beleuchtet. Colander hatte mit der größten Raffiniertheit entfebliche Brutalitäten an wehrlosen Für forgezöglingen verübt. Mädchen im Alter von 18 bis 21 Jahren, die seiner Obhut anvertraut waren, schlug er, fesselte sie, warf sie ohne Anlaß in Arrest, nötigte sie, ihren Kopf mit Kot zu be­schmieren, in einem Falle, den Inhalt des Nachttopfes zu trinken. Hunger und Prügel waren die Mittel, die dieser Mensch anwandte, der keinerlei pädagogische Vorbildung in seinen Beruf mitbrachte, um die feiner Fürsorge" anvertrauten Mädchen zu erziehen". In­folge der feigen, niedrigen, ekelhaften, rohen und systematisch be­triebenen Brutalitäten starb eine Reihe der gequälten Geschöpfe im Krankenhaus. Erst als hintereinander Mädchen starben und eine Mutter über Mißhandlung An­zeige erstattete, wurde seitens der Behörde ein geschritten. Der Menschenschinder wurde nicht etwa seines Amtes entsetzt, sondern blieb Hausvater. Naturgemäß war eine große Reihe von Zeugen in der damaligen Verhandlung infolge­dessen bei ihren Aussagen eingeschüchtert. Der Staatsanwalt ließ bei der damaligen Verhandlung die schwersten Anklagefälle, in denen der Tod der Gemarterten eingetreten war, fallen, weil die Verstorbenen nicht mehr Aussagen machen fonnten und es bedenklich sei, nur auf die Aussagen von Dritten ein Urteil zu fällen eine Argumentation, die jede Verurteilung eines Mörders unmöglich machen würde. Der Angeklagte, ein Mann mit glatt gescheiteltem Haar und schwarzem Vollbart, der das Aussehen eines Stadtmissionars hat, suchte in der damaligen Verhandlung sich der Milde der Richter durch den Hinweis auf feine ordnungsparteiliche Tätigkeit bei der letzten Reichstagswahl zu empfehlen. Diese Empfehlung schlug wohl nicht an. Aber die totale Unfähigkeit des Angeklagten wurde als Milderungsgrund erachtet. Der Angeklagte war mit 28 Jahren ohne jegliche Er­fahrung bis dahin war er Förster lediglich weil sein Vater Direktor der Anstalt war, zum Hausvater ernannt. Hinreichende Beaufsichtigungen und Revisionen der Anstalt fanden nicht statt. All das wirkte zu einem außerordentlich milden Urteil zusammen. Der Angeklagte wurde mit nur neun Monaten Gefängnis bestraft, wiewohl auch eine nach Jahren bemessene Strafe nur eine geringe Sühne für die abscheulichen Roheiten des Angeklagten gewesen Zeugin Schwester Helder war einige Tage zur Aushilfe bei wäre. Gegen das Urteil legte der Hausvater Revision ein. Colander. Sie bekundet, daß Colander außerordentlich strenge war, Und er hatte Glüd: das Reichsgericht nahm an, die Straffammer die Mädchen durften kein Wort sprechen, selbst bei den Mahlzeiten scheine mit Unrecht berneint zu haben, daß dem Angeklagten das nicht. Büchtigungsrecht zustehe. Wem das Erziehungsrecht zustehe, dem Das sind nur einige Bilder aus der Verhandlung. stehe auch das Büchtigungsrecht zu. Und der Landeshauptmann Der Staatsanwalt beantragte neun Monate Gee hatte dem Angeklagten das Erziehungsrecht übertragen. fängnis. Das Urteil des Gerichts ging dahin: Dem Die erneute Verhandlung vor der behoer Straf- Angeklagten Colander stand als Hausvater der Blohmeschen kammer, die am Mittwoch begann und sich auf die abgeurteilten Wildnis" nach dem Standpunkt des Reichsgerichts an sich ein Büch­und auf einen neuen Fall erstrecte, endete mit einem Urteil, tigungsrecht zu. Ihm war vom Direktorium die ganze innere Ver­bas gar nur eine Strafe bon acht Monaten aus- waltung übertragen worden. Zu der Erziehungsgewalt gehörte sprach! auch die Erteilung einer dem Erziehungsrecht entsprechenden an­Die Verhandlung entrollte ein entfebliches Bild von den Leiden gemessenen Büchtigung. Die ganze Art und Weise der Behand­der armen Mädchen und der sittlichen Verwahrlosung des An- lung der Böglinge läßt allerdings den Verdacht zu, daß es dem geklagten. Am 5. Mai 1905 war dem Angeklagten von dem Direk- Angeklagten lediglich darauf ankam, den Zöglingen Schmerzen zu­torium die Züchtigung untersagt. Er bestreitet, davon etwas ge- zufügen. Andererseits hat sich aber ergeben, daß er nur Strafen wußt zu haben. Das Gericht nimmt zu seinen Gunsten an, daß berhängt hat nach vorhergegangenen Vergehen der Zöglinge. Alle der Beweis nicht zu führen sei. Ein neuer Fall, der in die gestrige Akte sind demnach vollführt in Ausübung des ihm zustehenden Berhandlung hineingezogen ist, betrifft die Miz handlung des Büchtigungsrechtes!! Das Gericht hat aber als erwiesen erachtet, Dienstmädchens Birkmann. Sie gibt an, wiederholt von daß er sich in 6 Fällen einer schweren Mißhandlung Colander geschlagen worden zu sein. Eines Tages mußten die schuldig gemacht hat. In allen Fällen, in denen eine Fesselung Mädchen Kohlen auflesen, die auf dem Fußboden zerstreut lagen. und Mißhandlung stattfand, liegt eine Ueberschreitung des Die Mädchen durften sich hierzu nicht niederknien oder sich stüßen, Büchtigungsrechts vor, und zwar eine bewußte Ueberschreitung. Der sondern mußten frumm und gebückt dastehen. Weil die Birt Angeflagte mußte sich bewußt sein, daß er nicht befugt war, die mann auf den Knien lag, erhielt sie tein Essen Mädchen in dieser Weise, die eine schwere Gefährdung der Gesund­und wurde geschlagen. Als sie bei der Singstunde etwas beit mit sich bringen mußte, zu behandeln. Was die Nötigung an­begangen haben sollte, schlug der Angeklagte drei betrifft, so ergab sich aus der jebigen Verhandlung, daß bei der Weidenruten an ihr entzwei und sperrte sie drei Runge nicht der Versuch, sondern eine vollendete Nötigung Lage bei Wasser und Brotein. Koteiner anderen vorliegt. In beiden Fällen war sich der Angeklagte bewußt, rechts­habe der Angeklagte ihr in das Gesicht geschmiert. Ein Zeuge, der Arbeiter Seemann, der vor vier Jahren am Asyl die Neubauten ausführte, machte sehr belastende Aus­fagen gegen den alles leugnenden Angeklagten.

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widrig gehandelt zu haben. Dagegen mußte der Angeklagte in drei Fällen, in denen einfache Mißhandlung vorlag, frei gesprochen werden, da ihm das Züchtigungsrecht zustand. Was die Strafabmessung betrifft, so ist berücksichtigt worden, die Colander sagte ihm, daß er und sein Vater das volle Recht zu außerordentlich schwierige Jellung des Angeklagten. Es ist auch Büchtigungen und Einsperrungen hätten. Als Zeuge entgegenhielt, berücksichtigt worden, daß das ihm überwiesene Menschenmaterial daß der Vorgänger das Recht nicht hatte, wandte ihm Colander den zu den denkbar niedrigstem gehört. Zu seinen Gunsten sprach auch, Rücken zu. Einmal habe er mittags gehört, wie ein Mädchen daß er in jungen Jahren ohne Vorbereitung und ohne Anleitung schrie: Was bin ich unglücklich!" Er sah, daß der alte Colander in den schwierigen Beruf eingestellt war. Strafverschärfend wirkt mit einem Stock im Zimmer stand, auch der Angeklagte Colander dagegen sein ganzes Verhalten. Er ist gegen die Mädchen außer war dabei. Als er Colander später zur Rede stellte, sagte er: ordentlich erbarmungslos vorgegangen, die Mädchen haben die denen müssen gleich die Knochen gehörig mürbe Liebe und Güte, mit der sie erzogen werden sollten, bei ihm ver­gemacht werden, sonst wird man mit ihnen nicht missen müssen. Seine Aufgabe war, dafür zu sorgen, den her­fertig. Einen Tag später hieß es, daß das Mädchen ausgerückt untergekommenen Mädchen wieder die Neigung zu einem ordent­fei, es sei an einer Gewitterstange heruntergeklettert. Die lichen häuslichen Leben einzuflößen. Er hat diese Aufgabe nicht Mädchen waren eingeschloffen und konnten nicht erfüllt und sich schwer an den Mädchen versündigt. Der Ange­heraus. Ich habe einmal gesehen, wie ein Mädchen, das auf tlagte, der frühere Hausvater Colander, wird wegen schwerer den Abort wollte, an allen Türen rüttelte, um herauszu- Mi ßhandlung in sechs Fällen zu je 2 Monaten Ge­kommen. Da habe sich dann das Mädchen an die Tür hingesetzt. fängnis, wegen vollendeter und versuchter Nöti­Ale Frau Colander das später sah, schimpfte sie über die gung in je einem Falle zu je drei Monaten Gefängnis verur Schweinerei, er hörte dann ein Klatschen und Schlagen. Colander teilt unter Freisprechung in den übrigen Fällen. Die Strafe wird steckte dann das Mädchen vier Tage in Arrest und sagte das zusammengezogen zu einer Gesamtstrafe von acht Monaten bei, er werde ihr eins über den Brägen" geben. Colander er- Gefängnis. Auch die Kosten werden dem Angeklagten auf­Klärte weiter, die Mädchen brauchten nur dreimal erlegt. auszutreten, wenn sie damit nicht austäm en, müßten sie weniger zu fressen bekommen. Einmal hörte der Zeuge ein Schlagen und Klatschen und dabei ein Jam­mern: Ach bitte Herr Vorsteher!" November 1905 tam ein Mädchen zu ihm und seiner Frau und jammerte, daß sie drei Tage nichts zu essen bekommen habe. Sie betäme den ganzen Tag nur Prügel und müßte auf dem Felde Rüben ausziehen. Sie hatte ganz durchnäßte Strümpfe, Das Mädchen erhicit von ihm und anderen Leuten Essen  . Das Mädchen Als die sogenannte Leutenot" bei der diesjährigen Frühjahrs­fagte auch, wenn ein Vorgesetzter käme, dürften sie nichts melden, bestellung der Dominialleitung des dem millionenreichen schlesischen sondern fagen, es ginge ihnen gut. Es gebe sonst nachher Schläge. Magnaten Graf von Tiele- Windler gehörigen Dominiums Arbeiter Pump sah einmal im Winter, daß ein Mädchen, Pommerswitz hart auf dem Nacken saß, wurden Arbeiter unter der von dem es hieß, es habe das Bett genäßt, bei 10 Grad Kälte leicht Versprechung eines fürstlichen Verdienstes von 1,30 M. pro Tag befleidet draußen stehen mußte. Colander ging in der Nähe auf herangezogen. Und sie tamen. Als sie aber am Lohntage den und ab. Später wurde erzählt, daß das Mädchen gestorben sei. Beugin Rosa Reud war 1007 am Asyl angestellt. Herr und Mammonssegen in Empfang nehmen sollten, da erhielten sie nur Frau Colander waren sehr streng. Beugin glaubt, daß die 80 Pf. als Lohn für eine schwere Tagesfron ausgezahlt! Und das Schmußereien immer aus Furcht vor Strafe vorkamen. Die wundert sich dann und schimpft und wettert, daß die Leute dem Mädchen konnten nicht hinausgehen, weil sie ein schönen" Landleben den Rücken kehren! geschlossen waren. Das Nachtgeschirr durfte nur im Notfalle benutt werden.

Das System der preußischen Fürsorgeerziehung" ist durch die Verhandlung und die eminent niedrige Strafe gerichtet: das System ist an den Unmenschlichkeiten noch schuldiger als der so mild ver­urteilte Ordnungsmann.

Soziales.

Brellung von Landarbeitern.

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Menschenhandel  .

Die Zeitung für Hinterpommern" veröffentlichte in den letzten Tagen folgende Annonce:

Habe von sofort 16 kräftige russische Schnitter, 6 Männer, 8 Weiber und 2 Burschen, unter günstigen Bedingungen um­ständehalber abzugeben. Schriftliche Angebote unter S. 120 in der Geschäftsstelle der Zeitung niederzulegen." einige Tage später:

Welches Gut gibt 6-10 Schnittermädels ab gegen Er­stattung der Unkosten. Schriftliche Angebote unter X 146 in der Geschäftsstelle dieser Zeitung niederzulegen."

Diesem Menschenhandel, den unsere Ostelbier treiben, setzt die Polizeiverwaltung der pommerschen Stadt Bütow die Krone auf. Der Bütower Bürgermeister Ahlsdorf   macht amtlich folgendes be­tannt:

Etwa 50 ausländische Arbeiter und Arbeiterinnen, welche zurzeit hier beim Bahnbau Bütow Nummelsburg beschäftigt find, follen an landwirtschaftliche Betriebe abgegeben werden. Meldungen werden schleunigst erbeten. Die Polizeiverwaltung. Ahlsdorf  ."

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Eine Schande ist solche Möglichkeit des Schachers mit inländi­schen und ausländischen Arbeitskräften, paßt aber völlig in die Richtung unserer junterlichen Gesetzgebung. Menschen werden wie irgendein anderes Stück Ware ausgeboten sind ja auch nach Ansicht der heute herrschenden Klasse nichts anderes als Arbeits­bieh. Um so dringender ist der Zusammenschluß unserer ländlichen Arbeiter in gewerkschaftlicher und politischer Vereinigung, um sich Menschenrechte zu erringen.

Die Wählbarkeit des Fortbildungsschullehrers zum Stadtverord­

neten.

Der Realschullehrer Daase, der im Nebenamt Lehrer an der Fortbildungsschule ist, war in Havelberg   zum Stadtverordneten gewählt worden. Die Stadtverordnetenversammlung erklärte die Wahl für ungültig mit Rücksicht auf die Bestimmung der Städte­ordnung vom 30. Mai 1853, wonach Elementarlehrer nicht Stadt­verordnete sein können. Auf D.8 Klage hob der Bezirksausschus den Beschluß der Stadtverordnetenversammlung auf und erklärte die Wahl für gültig. Begründend wurde ausgeführt: Bur Ent­scheidung stehe die Frage, ob D. durch sein Wirken an der Fort­bildungsschule zum Elementarlehrer( Volksschullehrer) geworden. sei. Das sei zu berneinen. Die Bestimmung der Städteordnung, wonach Glementarlehrer nicht Stadtverordnete sein könnten, sei eine Ausnahmebestimmung. Sie müsse darum einschränkend aus­gelegt werden. Der Begriff der Fortbildungsschule sei beim Erlaß der Städteordnung nicht befannt gewesen. Was nun die Frage an gehe, ob ein Lehrer an der Fortbildungsschule als Volksschullehrer ( Elementarlehrer) gelten fönne, so tomme folgendes in Betracht. Die Volksschule habe den 3wed, ein Mindestmaß von Kenntnissen zu vermitteln. In die Volksschule müsse nach dem Landrecht jedes Sind aufgenommen werden. Als Volksschule in diesem Sinne tönne die Fortbildungsschule nicht gelten. Fortbildungsschulpflichtig würden nur diejenigen jungen Leute, für die die Pflicht durch ein besonderes Ortsstatut geschaffen werde. Auch sei nicht durchweg und auf jeden Fall durch die Fortbildungsschule ein Mindestmaß von Kenntnissen zu vermitteln. Aus diesen Gründen könne der Kläger   in seiner Eigenschaft als Lehrer an der Fortbildungsschule nicht als Elementarlehrer angesehen werden und sei zum Stadt verordneten wählbar. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte das Urteil als zutreffend.

Ein ftrebfamer" Polizeikommissar.

Vom Landgericht Magdeburg   ist am 13. Februar der Polizeis fommissar Karl Sernow wegen Unterschlagung im Amte zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er war 12 Jahre beim in Staßfurt  . Seit 1896 war er in Magdeburg   angestellt und in Militär, wurde dann Polizeibeamter in Hildburghausen   und später als er noch in Magdeburg   war, wurde eine Prostituierte verhaftet. letter Zeit ist er nach Danzig   versetzt worden. Im Jahre 1905, Sie hatte 6300 m. in bar und ein Sparkassenbuch über 5205,90 m. im Besik. Diese Sachen wurden in amtliche Verwahrung ge nommen, weil man strafbaren Erwerb vermutete. Die Verhaftete, eine gewiffe D., mußte jedoch entlassen werden, da nichts Be­lastendes gegen sie festzustellen war. Der Angeklagte erhielt den Auftrag, ihr Geld und Buch gegen Quittung zurückzugeben. Als er das Geld aufgezählt hatte, fragte er fie, ob sie nicht lieber Sind Gewerkschaftsbeamte frankenversicherungspflichtig? 750 M. als Kaution zurüdlassen wolle, d. h. zur Sicherheit dafür, Das Dienstmädchen Helene Behn, jeht 22 Jahr Am 25. März berichteten wir über das seltsame Vorgehen daß sie sich nicht verborgen halten wolle. Die D. überließ ihm alt, befundet, daß sie wiederholt vom Angeklagten mit der Kette der hiesigen Innungskrankenkasse und der hiesigen Gewerbebepu- darauf 750 M. und er stellte ihr eine Quittung aus. Das Geld an den beiden Handgelenken gefesselt wurde, dann mußte sie tation des Magistrats, die beide entgegen dem klaren Wortlaut verbrauchte der Angeklagte für sich. Später, am 28. November sich zur Erde bücken, Colander trat mit dem Fuß auf das des Krankenkassenversicherungsgesches bersuchten, die in der lleber- 1905, wurde die D. in Dresden   abermals verhaftet. Man fand bei eine Ende und schlug mit einem Rohrstod auf schrift gestellte Frage zu bejahen. Der Fall, über den wir be- ihr die famose Kautionsquittung des Angeklagten und beeilte sich, fie lo3. Die Veranlassung zur Prügelei war einmal, daß sie richteten, betraf den Genossen Wilhelm Siering, Angestellten des sie an seine frühere vorgesetzte Behörde in Magdeburg   zu senden. die Näharbeiten nicht gut genug gemacht haben sollte, ein andermal Verbandes der Schmiede. Bis zu seiner am 1. April 1904 er- Als der Angeklagte hiervon Kenntnis erhielt, lieh er sich schleunigst betam sie Schläge, weil sie in der Kammer, da sie felgten Anstellung bei der Organisation war Siering bei einem von einer Bordellwirtin in Magdeburg   im ganzen 800 M., um die nicht hinausgehen durfte, das Nachtgeschirr Innungsmeister als Schmied tätig und gehörte infolgedessen der Kaution" zurückzahlen zu können. Zu seiner Entschuldigung benutzt hatte. Colander hatte ihr auch befohlen, den Not Innungstrantentasse der Schmiede an. Später wurde er frei- brachte der Angeklagte vor, er habe sich durch die Zurückbehaltung Die mit dem Munde aufzunehmen, sie habe es aber nicht williges Mitglied der Stasse. Ende 1907 stellte die Stasse die total der Kaution als besonders tüchtig im Amt zeigen wollen. getan, sondern habe vorbeigeleckt. Als die Beugin einmal das verkehrte Ansicht auf, S. sei nicht mehr berechtigt, der Kasse als Revision des Angeklagten wurde am Mittwoch vom Reichsgericht Bett genäßt hatte, mußte fie auf Geheiß der Aufseherin Spiele| freiwilliges Mitglied anzugehören, da er infolae feiner Tätigteit verworfen..