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oven erwähnten Wirtschaftlichen   Abhängigkeit von seiner Partei die erwähnten Voraussetzungen für die Be- stätigung nicht. Der Beschwerde des Gemeinderates gegen die Regierungs  - entschlieszung Dom 25. Mai b. I. kann hiernach, soweit sie sich gegen die Versagung der Bestätigung des Karl Witsch richtet, eine Folge nicht gegeben werden." Was die erfolgte Bestätigung des Genossen Schlosser zum zweiten Adjunkten anbetrifft, bei dem die Kreisregierung die gleichen Motive wie bei Bitsch(politische Betätigung) für die Nichtbestätigung anführt, so erscheinen hier dem Staats- Ministerium die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht derart, um die Bestätigung zu versagen. Allem Anschein nach hat das Staatsministerium nur deshalb die Wahl Schlossers zum zweiten Abjunkten bestätigt, um den Eindruck zu erwecken, als halte sie nicht prinzipiell jeden Sozialdemokraten für ungeeignet zur Bekleidung von Staats- und Gemeindeämtern. Doch wäre es ganz verfehlt, diesen Sinn aus der Entscheidung heraus- zulesen; denn aus den angegebenm Gründen vermag die Regierung jedem Sozialdemokraten die Bestätigung als Bürgermeister zu versagen, der ihr nicht paßt. Der Lambrechter Stadtrat wird in einer am Mittwoch stattfindenden Stadtratssitzung zu dem Entscheid Stellung nehmen und eine eventuell vorzunehmende Neuwahl be- schließen._ Wann treten die neuen Steuergesetze in Kraft? In unsere gestrige, die obige Ueberschrist tragende Notiz hat M der Irrtum eingeschlichen, daß die Steuer auf BeleuchtungS« mittel und Zündwaren schon am t. August in Kraft tritt, während tatsächlich der Termin auf den 1. Oktober festgesetzt ist. Wir lassen deshalb nochmals eine rektifizierte Aufstellung folgen: ES tritt in Kraft am 1. August dieses Jahres die Erhöhung des Kaffee- und Teezolles, die Erhöhung deS Effektenstempels, der Reichsstenipel auf Grundstiicksübertragungen, der neue Talonstempel, der Wechselstempel, die Erhöhung der Ärausteuer, die Erhöhung der Schaumweinsteuer. am 15. August die neue Tabaksteuer(Tabak und Zigarren), - am 1. September die Zigarettensteiwrerhöhung, am 1. Oktober die Erhöhung der Branntweinverbrauchsabgabe, der Stempel auf Schecks und Quittungen, die Steuer auf Beleuchtungsmittel(Glühkörper. Glühlampen usw.). die Steuer auf Zündwaren(Streichhölzer). Ueberall Preissteigerungen. Das Vorgehen der Brauereien, Bierhändler und Gastwirte, die die von dem Schnapsblock bewilligte Brausteuererhöhung dazu be- nutzen, nicht nur den Steuerbetrag auf die Biertrinker abzu- wälzen, sondern außerdem noch aus dem Publikum hohe Extra- Profite herauszuschinden, findet bei den Industriellen der anderen neubesteuerten Branchen Nachahmung. Die Brauereien gedenken, außer der Abgabe von 100 Millionen Mark, die ihnen daS neue Brausteuergesetz auferlegt, noch den respektablen Gewinn von 2S4 Millionen Mark aus den Bierkonsumenten herauszuholen; und zu einem noch unverschämteren Raubzug bereiten sich die Groß- sabrikanten der GaSglühlichtbranche vor. Das neue Gesetz belegt die Glühstrümpfe mit einer Steuer von 10 Pf. pro Stück, die Brennstifte je nach ihrer Qualität mit 60 Pf. und 1 M. Die Fabrikanten wollen sich aber nicht damit begnügen, diesen Steuer- satz auf ihre Produkte zu schlagen; sie beabsichtigen, die Gelegen- heit zu einem schönenNebenverdienst" zu benutzen. Wie uns berichtet wird, haben die Rohmaterialienfabrikanten an die Glühstrumpffabrikanten, und diese wieder an die Grossisten ein Avis versandt, in dem angezeigt wird, daß sie, da sie genötigt sind, zur Deckung der Steuerausgabe neue Kapitalien aufzunehmen, eine Erhöhung der Glühstrumpfpreise um zirka 100 Prozent planen, das heißt die Preise der Glüh st rümpfe, die heute 25 Pf. kosten, sollen aus 45 und 50 Pf. erhöht werden. Ein feines Geschäft l Auch die Tabakfabrikanten rüsten sich zur Preiserhöhung! Der Deutsche   Tabakverein hat auf einer am Donnerstag in Berlin   ab- gehaltenen Versammlung folgende Erklärung beschloffen: Die Mitgliederversammlung bezeichnet' eS als erwünscht und als zweifellos auch durchführbar, daß die bisherigen Sorten und weitmöglichst auch die bisherigen Packungen usw. beibehalten und darauf entsprechende Zuschläge gemacht werden. Selbst- verständlich müßte dabei das Sortiment in jeder Preislage aus- reichend bleiben, so daß, soweit dies nicht der Fall ist, hier und da Lücken durch neue Sorten auszufüllen wären. Sie beschließt, einmütig in diesem Sinne vorzugehen und richtet an die Vor- stände der einzelnen Vereine die Bitte, durch Rundschreiben und durch die Presse in diesem Sinne zu wirken." Für die Begründung dieser Erklärung war ausgeführt worden, daß durch die Mehrbelastung des Tabaks eine Verteuerung der Fünfpfennigsorte bis zu 18 Proz. des Fabrikantenpreises, der Sechspfennigsorte bis zu 20 Proz., der Siebenpfennigsorte bis zu 22 Proz., der Achtpfennigsorte bis zu 24 Proz. und der Zehn- Pfennigsorte bis zu 26 Proz. herbeigeführt wird, und es wurde mehrererseits bestätigt, daß diese von einem Redner auS der Ver» sammlung vorgetragenen Berechnungen im große» und aanzen durchaus zutreffend feien. Weitere Rebellion im konservativen Lager. In Schweidnitz   in Schlesien  . im Wahlkreise des kon- servativen Führers Freiherrn   v. Richthofen  , hat eine stark besuchte konservative Versammlung ihrem Abgeordneten ihre Mißbilligung für seine Abstimmung bei der Reichsfinanzreform ausgesprochen. Im Wahlkreise Anklam-Demmin hat der konservative Reichs- tagsabgeordnete Graf von Schwerin  - Läwitz der Opposition da- durch vorzubeugen versucht, daß er einem Vertrauensmann seiner Partei ein Jnterwiev gewährte. Darin sagte er, daß er geglaubt habe, Bülow würde die Konsequenz seines Rücktritts nicht ziehen; er habe nicht unterlassen, dem Kanzler wenigsten- noch davon Kenntnis zu geben, eine wie entscheidende Bedeutung seinem Verbleiben im Amte mi Wahlkreise Anklam  -Demmin   beigemessen wird. Bescheidenheit ist bekanntlich nicht die Zierde unserer Junker und Kanzlcrstürzer. Erst unterminieren sie Minister- und Kanzlersitze, um ihre Standesinteressen durchzusetzen, und dann glauben sie durch eine selbstgefällige, hochmütige Erklärung die fallenden Staats- männer wieder in ihren Aemtern halten und ihren Wünschen weiter- hin dienstbar machen zu können. Die Beamtenfreundlichkeit der Liberalen. Eine außerordentlich schwere Anklage erhebt der konservative ReichStagSabgeordnele Dr. Dröscher in derMecklenburger Warte" gegen die nationalliberalen Mitglieder der Budgetkommission des Reichstages. Dröscher wendet sich in seinem Artikel gegen die nationalliberale Presse, die den Konservativen und dem Zentrum den Vorwurf gemacht hatte, diese Parteien seien Schuld daran, daß eine weitere Aufbefferung der Beamten, als sie in den Kompromiß- beschlüssen des Reichstages enthalten ist, nicht durchgesetzt wurde. Er wirft den Nationalliberalen und Freisinnigen vor, daß sie weiter- gehende Forderungen nur gestellt hätten, um ein bequemes Agitations- mittel zu haben, und er sagt wörtlich: Wie wenig ernst es ihnen selbst mit ihren weitergehenden Anträgen war, wie sehr es ihnen nur auf die Agitation nach außen, nicht auf eine ernste Verwirklichung erfüllbarer Forderungen ankam, geht am deutlichsten daraus hervor, daß sie in der Budgetkom Mission mir anboten, eines ihrer Mitglieder hinauszuschicken, damit ihre An- träge keine Aussicht auf Annahme hätten! Sie wußten, daß ihre Forderungen für die Regierung unannehmbar seien und h o fften, daß sie auch von der Mehrheit deS� Reichstages abgelehnt werden würden. Um so größer war ihre Verlegenheit, als bei der zweiten Lesung ihre Anträge wider ihr eigenes Erwarten Annahme fanden und dadurch die ganze Vorlage zu scheitern drohte." Die Nationalliberalen und Freisinnigen werden auf diese schwere Anklage antworten müssen._ Die Agrarier gegen den neuen Bauernbnnd. DieDeutsche Tageszeitung" bringt wiederum eine neue Polemik gegen den neuen Bauernbund. Sie verwahrt die Agrarier gegen die Absicht, die Ansiedler oder den Kleinbesitz durch die Anlegung von Restgütern benachteiligen zu wollen. ES handele sich doch auch gar nicht um Schaffung neuen Großgrundbesitzes, sondern nur um die Erhaltung eines Teiles desselben bei der Zerschlagung der von der Siedelungskommission gekauften Güter. Wenn ein Teil der Ansiedler sich gegen die Restgüter wende, so spreche er dem deutschen Großgrundbesitz in der Ostmark überhaupt die Existenzberechtigung ab. Der Bund der Landwirte stehe allerdings auf dem Standpunkt, daß eine gesunde Agrar- Verfassung namentlich auch im Osten eine richtige Mischung aller Klassen des landwirtschaftlichen Betriebes erfordere. Die Ansiedler sind nun einmal der Ansicht, daß, wenn die oft- elbischen Junker ihre Güter einmal für schweres Geld an die An- siedelungskommission verkauft haben, nicht neuer Großgrundbesitz zur Bevormundung geschaffen werden braucht, sondern daß es Wirt- schaftlich rationeller sei, lauter Bauernstellen zu errichten. Die Bauern der Ostmark meinen, eS ginge auch ohne Junker, und sie mögen damit in der Tat nicht unrecht haben. Jedenfalls haben sich die Agrarier mit der Ostmarkenpolitik, durch die sie sich zu be- reichern und willige Arbeitskräfte seßhaft zu machen gedachten, eine böse Suppe eingebrockt._ Nationalliberaler Parteiaufruf. Auch der Zentralvorstand der nationalliberalen Partei erläßt soeben einen fulminanten Aufruf an die Parteimitglieder. ES heißt darin: Welch nationales Leben, welche ZukunstShoffnungen erweckte die letzte ReichStagSwahl I Eine Reichspolitik, in den großen Lebensfragen des Vaterlandes unabhängig gemacht von Zentrums- Übermut, gefördert durch gegenseitiges Sichverstehenlernen von konservativem und liberalem Geiste I Sie ist zerstört. Zentrum wird wieder Trumpf. Wird das deutsche Volk sich willenlos beugen wollen? Wird es sein Schicksal einer Mehrheit überantworten wollen, die verständnislos und übelwollend der kulturellen und wirtschaftlichen EntWickelung gegenüber steht? Wir glauben: Nein. Es gilt. Aufklärung in das Land hineinzutragen, damit das Boll erkenne, um welch hohes Ziel es geht. Darum rüstet sich die nationalliberale Partei, ihre Organisationen auszubauen oder neue zu schaffen. Kein Opfer darf da zu groß sein. Die Erregung weiter Volkskreise, auch solcher, die bisher den Konservativen Gefolgschaft leisteten, über den Verrat an einer groß angelegten nationalen Politik, sichert reichen Erfolg. Rechtzeitig künftigen Wahlen vorzuarbeiten, die bei der Unsicherheit der politischen Lage uns plötzlich überraschen können, gibt allein die Gewähr späterer Siege." Rußland. Eine sensationelle Flucht. Am 14. Juli sind 12 junge Mädchen, von denen 11 wegen Zugehörigkeit zur Sozialdemokratie und zur Partei der Sozialisten» Revolutionäre zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt waren, ihren Häschern entsprungen(die Zwölfte ist wegen eines Kriminal- Vergehens bestraft). Zwei der Mädchen wurden am Tage nach der Flucht in dem Augenblicke festgenommen, da sie, als Männer ver- kleidet, eine Droschke zur Fahrt nach der nächsten Bahnstation der Linie Moskau  -JaroSlaw mieten wollten. Organisiert war die Flucht durch eine Parteigenossin, die sich unter dem NamenFrau Tarassowa" im März d. I. als Auf- seh er in engagieren ließ.Frau Tarassowa" versah ihren Dienst mit solcher Pünktlichkeit und Gewiffenhastigkeit, daß sie bald daS volle Vertrauen der Direktorin deS FrauengefSngniffeS gewann. Am Abend vor der Flucht warFrau Tarassowa" sehr lustig; sie sang ununterbrochen: das war das verabredete Zeichen. Um 12 Uhr nachts übernahm sie die Wache und um 2 Uhr öffnete fie die Türen der großen Zelle, in der die Politischen  " saßen. Schlüssel waren vorher angefertigt. und so öffneten sich dann die Tore, ohne daß die Schildwache auf- merksam wurde. Geführt von ihrerAufseherin", spazierten die 12 Befreiten durch ein Seitengätzchen aus dem Kerker. Die Nacht war dunkel und regnerisch, und so gelang die Flucht um so bester. General Kurloff, der verantwortliche Gehilfe deS Ministers des Innern, hat eine strenge Untersuchung eingeleitet, bei der aber einstweilen nichts herausgekommen ist. Ob die zehn jungen Mädchen bereits in Sicherheit sind, darüber hat sich bis jetzt noch nichts Gewisses feststellen lassen. england. Acht DreadnoughtS. Bekanntlich hat die englische Regierung das Verlangen der konservativen Opposition, die noch in diesem Jahre den Bau von 8 DreadnoughtS forderte, abgelehnt und nur 4 DreadnoughtS in Bau gegeben. Jetzt soll sie aber, wie mehrere Londoner   Morgenblätter melden, beschlossen haben, während des laufenden Etatsjahres den Bau von acht DreadnoughtS zu beginnen. Man sieht, der Wider- stand der Liberalen gegen die imperialistische Strömung schwindet immer schneller. Cürhcu Ein reaktionärer Beschluß. Konstantinopel  , 20. Juli. Die Kammer hat mit 00 gegen 0 Stimmen den Artikel 4 des Vereinsgesetzes, durch den national-politische Vereine verboten werden, an- genommen. Die Verhandlung verlief sehr stürmisch. Der Unterstaatssekretär des Innern verteidigte den Artikel als not- wendig für die Einigkeit der Ottomanen. Die Griechen, Armenier, Bulgaren  , ein Teil der Araber und Albaner sowie einige Türken bekämpften den Artikel, mit dem nur die entgegen. gesetzte Wirkung erzielt würde. Zwischen den kretischen Mohammedanern Mehmed   und Ali und dem Griechen Kosmidi ent- stand eine lebhafte Kontroverse, da Kosmidi die kretischen Moham- medaner'b l u t d ü r st i g nannte und erklärte, die Kretasrage sei nur aufgeworfen worden, um Zwietracht zu säen. Ein Toleranzedikt. Konstantiuopel, 20. Juli. Der Scheik ül JSlam hat an alle Muftis  , Geistliche. Richter und LlemaS einen Erlaß gerichtet, in dem er auf Grund von Koranzitakefi erklärt, daß dör Relk« gionsunterschied kein Hindernis für die Gleichheit bilde. Der Erlaß enthält die Aufforderung, auf das Prinzip der Gleichheit streng zu achten und der Bevölkerung nahe- zulegen, in Eintracht mit den Nichtmohammedanern zu leben. perften. Die Entwaffnunz. Teheran  , IS. Juli. ES haben sich einige Schwierigkeiten ergeben wegen der Entwaffnung der S i I t h o r i-S o l d a t e n, die zum Teil in Zergendeh lagern, das unter der Jurisdiktion der russischen Gesandtschaft steht. Wie es heißt, werden die Nationalisten die Erlaubnis der russischen Gesandschaft zu Verhandlungen mit diesen Leuten nachsuchen, die eine ständige Bedrohung der vffent- lichen Ordnung bilden. Mustofil Mamelik ist zum Finanzminister, Firma» Firma zum Justizminister ernannt worden. MroKKo. Ein neuer Angriff. Madrid  , 20. Juli. Der Kommandant deS Platzes AlhueemaS meldet, daß die Führer der umliegenden Stämme fünftausend K a b y l e n zusammengezogen haben und mit ihnen zu einer Harka gestoßen sind, welche die Stellungen deS Generals Marina anzugreifen beabsichtigt. Madrid  , 20. Juli. Wie auS Melilla   gemeldet wird, hört man dort seit heute Vormittag erneute» Geschütz» und Gewehrs euer auS den vorgeschobenen Stellungen. Große Mengen Munition sind nach Melilla   unterwegs.- Der gestrige Kampf. Melilla  , 20. Juli. Ter bereits gemeldete Kampf zwischen den Spaniern und Mauren   dauerte über zwölf Stunden. Jim ganzen waren zweitausend Spanier und sechstausend Mauren  beteiligt. Diese bewiesen eine ganz hervorragende Taktik, indem sie unter guter Benutzung des Geländes durch Scheinangriffe die Aufmerksamkeit von der Stelle, wo der Hauptangriff erfolgen sollte, abzulenken suchten. Dieser begann gegen S Uhr abends. Trotz mörderischen ArtillerieseuerS drangen die Mauren   mit größter Todesverachtung durch die Drahthindernisse der spanischen   Hauptstellung vor. so daß eS an vielen Orten, auch bei den Geschützen, zum Handgemenge kam. Um ö Uhr mor- gens wurde der Angriff abgeschlagen. Spanische Gegendemonstrationen. Barcelona  , 20. Juli. Bei der Einschiffung von Truppen nach Melilla   kam eS heute zu Zwischenfällen. Junge Leute rotteten sich zusammen und zogen mit dem Rufe:Nieder mit dem Krieg" durch die Straßen. Die Polizei trieb sie guS- einander ugd n.ghm mehrere Verhaftungen vor. Hua Induftrie und Handel Zur Geschäftslage In der Textilindustrie. Die anziehenden Preise der Rohbaumwolle haben wohl daZ Geschäft in der Baumwollbranche vorübergehend einigermaßen zu beleben vermocht; es zeigt sich jetzt aber, daß die Voraussetzung dauernden, wirllich flotten und lohnenden Geschäfts, die Konsum- fähigkeit der Massen, noch nicht vorhanden ist. Nach dem flotten Geschäftsgang der letzten Monate macht sich teilweise ein Rückschlag bemerkbar. Ungünstige Berichte über Ernteaussichten nahmen die Spekulanten zum Anlaß, die Preise bis aus 63a/t Pf. pro Pfund in die Höhe zu treiben. Damit ist der Durchschnittspreis der Hoch- konjunktur überschritten. Geschätzt wird die amerikanische   Ernte aus 11 Millionen Ballen, der angeblich im Krisenjahr 1908/00 bis jetzt schon ein Verbrauch von 12 Millionen gegenübersteht. In den letzten beiden Jahren wurden 13 551000 bezw. 13 532 000 Ballen geerntet. Selbstverständlich können schon bald alle bisherigen Schätzungen durch günstige Witterung über den Haufen geworfen werden. Die Folgen der Hausse sind Preissteigerungen für Spinner und Weber. Diese haben in letzter Woche die Preise der Fabrikat« um 10 Proz. erhöht. Die Spinner wollen eine allgemeine Pro- duktionSeinschränkung herbeiführen. Aus dem Chemnitzer   Bezirk wird für die Baumwollspinnereien schleppender Geschäftsgang und ungenügender Beschäftigungsgrad gemeldet. Desgleichen aus dem Münsterland  . Die süddeutschen und M.-GIadbacher Spinnereien sind gut beschäftigt. Die Baumwollwebereien weisen gute Be- schäftigung auf, soweit Buntwebereien, Webereien für Frottierware und Tücher in Frage kommen. Webereien für Modewaren in Sachsen  , für Weiß- und Nesselwaren im Rheinland   und für Hosen- stoffe sind schlecht beschäftigt. Ungünstig wirken auch die zollpolitischen Maßnahmen des Aus- landes. Das gilt ganz besonders für die sächsische Stickerei und, Wirkerei. Pie gut nationalliberalen Fabrikanten Sachsens ernten jetzt was sie gesäet haben. Die Wirkerei ist im Lause der Jahre auf den verschiedensten ausländischen Märkten immer mehr bedrängt worden. Ihre Hauptabsatzgebiete waren bis jetzt noch immer Nord- amerika   und England. Es gibt Orte, wo SO Proz. der Gesamt- Produktion nach diesen beiden Ländern gehen. Im Jahre 1890 brachte der Mac Kinley- Tarif im Erzgebirge   fast die ganze Produktion zum Stillstand. Jetzt droht eine neue Gefahr durch die m Amerika   beabsichtigten Zollerhöhungen. Neben diesen soll eine andere Zollberechnung zugrunde gelegt werden. Bisher galt der Engrospreis der Waren im Erzeugungsland als Grundlage, künftig soll es der Engrospreis der Ware in Amerika   sein. Dieser Engrospreis wird selbst- verständlich Engrospreis im Erzeugungsland plus Zoll betragen. Der Vater unseres Wnchertarifes, Fürst Bülow  . wird jetzt von den hiesigen Fabrilanten sehr hart gescholten. Man spricht von einem Boykott der amerikanischen   Baumwolle usw. Die Lage ist in der Wirkerei denn auch nicht rosig, obwohl der Beschäftigungsgrad im Erzgebirge   jetzt ein besserer ist als vor Monaten. Es gibt dort noch viele Kleinbetriebe, von denen viele in der Zeit der Hochkonjunkrur mit fremdem Geld gc- gründet worden sind und sich jetzt genötigt sehen, zu jedem Preise zu verkaufen. Eine Schmutzkonkurrcnz ist die Folge. Die Arbeits- löhne sind, wie bei jeder der früheren Krisen, auch diesmal sehr zurückgegangen. Aehnlich liegen die Dinge in der Stickerei. Von 7000 Stickmaschinen in Sachsen   stehen 2000 still. In der Seiden- und Samtbranche ist die Lage noch so ungünstig wie zuvor. Ebenso in der Teppichbranche. Besser ist es in der Tuch- und Buckskinfabrikation. Wirklich gute Beschäftigung ist in den Kamm- garnspinnereien, den Kammgarnwebereien für Dainenkleiderstoffe, in den Tüllwebereien und den Bandwebereien vorhanden. Die Jute- fabriken halten noch an der von dem Verband der Juteindustriellcn beschlossenen ProdultionSeinschränkung fest. Alles wird teurer. Von Interessenten werden die Konsumenten darauf aufmerksam gemacht, daß die Guminifabrikate noch weiter im Preise steigen werden. Angeblich gaben die letzten Ausschläge noch keinen Ausgleich für die gestiegenen Robgummipreise, Eine weitere Erhöhung der Fabrikatspreise gibt den Rohmateriallieferante« willkommene Gelegen- heit, auch noch etwas aufzuschlagen, um diePreise mit den Selbst» kosten m Einklang zu bringen". Und dann steigern wieder die Weiter» 'verarbeiter. So bleibt die Prelsschraube in Bewegung.