Ir. 173. R.AahtMg.1 Kkilige des Jmirls" ftilin« PdlisMntt.Mmch. 28: luli 1909.Doppelte liloral.Äm Dienstag, abends 7 Uhr, verkündete der Borsitzende Land-zerichtsdirektor Lindner im Prozeß Ganter folgendesUrteil:Der angeklagte Peter Ganter wird wegen eines Verbrechensder Privatnrkundenfälschung in rechtlichem Zusammenhang mit Betrugzu einem Jahr Gefängnis unter Anrechnung von 7 Monaten auf dieverbüßte Untersuchungshast verurteilt. Wegen Vergehens gegen dasPostgesetz wird Ganter zu einer Geldstrafe von 3134, 80 M.,im Nichteintreibungsfall zu sechs Wochen Haft verurteilt.—Der Angeklagte Kurt Hamburg wird wegen Beihilfe zu einem Ver-brechen der Privaturkundenfälschung mit vierzehn Tagen Gefängnisbestraft. Beide Angeklagten werden zur Tragung der Kosten ver-urteilt. Der gegen Peter Ganter erlassene Haftbefehl wird auf-gehoben. Die im Gewahrsam des Gerichts befindlichen Exemplaredes BucheS.Doppelte Moral" werden dem Angeklagten Ganler aus-gehändigt. Die beschlagnahmten Briefkarten werden der Staats-anwaltschaft zur weiteren Verfügung überliefert.DaS Gericht hat nicht angenommen, daß der Angeklagte PeterGanter die Absicht gehabt hat. gegen das Postgesetz zu verstoßen.Es ist aber auch der formelle Verstoß zur Berurtcilnng genügend.ES war der vierfache Betrag der hinterzogenen Postsendungen alsStrafe zu bemesien.Ganter hat gegen das Urteil bereits Revision eingelegt.Hua der parteu„Sozialdemokratische Hofgänger".Die bürgerliche Presse hat wieder einmal das Schweineglück,sich über sozialdemokratische Hofgänger mokieren zu können. Siemeldet mit boshaftem Behagen, daß letzter Tage 7 sozialdemokratischeLandtagsabgeordnete Württembergs bei einem parlamentarischen Besucheder Zeppelin-Werke in Friedrichshasen auch der Einladung des Königsvon Württemberg zu einem Gartensrühslück gefolgt find, wofür siedann zum Teil der.Auszeichnung" eines königlichen Händedrucksund einer huldvollen Ansprache gewürdigt wurden. Auch sollenunsere Genossen sich bei dem Hoch auf König Wilhelm II. von denSitzen erhoben haben.Da wir leider bis jetzt in dem in Frage kommenden Parteiorgan,der.Schwäbischen Tagwacht", keine authentische Darstellung und Er-klärung des bestemdenden Vorganges zu entdecken vermochten, findwir genötigt, auf die einzige Erwähnung zurückzugreifen, die dasseltsame Vorkommnis bis jetzt in dem wllrttembergischen Haupt-organ der Partei gefunden hat. Wir lesen da m der letzten Sonn-abendnummer:Königshoch and Sozialdemokratie.Mit dem dringenden Wunsche um Veröffentlichung in derheutigen Nummer geht uns die folgende von den Leitern derOrganisationen Göppingens unterzeichnete Zuschrift zu:.Göppingen, 23. Juli. Durch die Blätter geht die Kunde,daß die Mitglieder der beiden Sländekammern am gestrigen Tageeinen Ausflug an den Bodensee unternahmen, an dem auch siebenMitglieder der sozialdemokratischen Fraktion teilnahmen. Wennschon darüber diskutiert werden kann, ob es überhaupt angängigist, daß sozialdemokratische Abgeordnete mit Führern bürgerlicherParteien, als den Verteidigern des heutigen KlassenstaateS, unterdem das gesamte Proletariat zu leiden hat, Ausflüge unternehmen,so muß doch ganz entschieden dagegen protestiert werden, daß sichsozialdemokratische Abgeordnete zum König in dessen Garten be-geben, in dem sie doch sicherlich nichts zu suchen haben. Nun sollfich ja der König auch mit sozialdemokratischen Gästen unterhaltenhaben. Sprach er wohl über die Not der Mafien, die nochgesteigert werden wird, wenn erst die neuen Steuern in Krafttreten? Doch sicher nicht I Die Monarchie ruht auf den Schulternder heutigen Gesellschaftsordnung und muß und wird fallen mitdieser. Daß sich aber Sozialdemokraten, die die heutige Ge-sellschastsordnung und mit ihr die Monarchie bekämpfen, dazuherbeilassen können, sich bei einem von einem Minister aus-gebrachten Hoch auf den König von den Sitzen zu erheben, isteinfach unbegreiflich. Man hat es nur getan, um den Anstandnicht zu verletzen, wird man vielleicht einwenden. Wir abersagen: Bleiben Sie von solchen Ausflügen weg, dann kommenSie nicht in die Verlegenheit, Dinge mitzumachen, die mit den' Prinzipien der Sozialdemokratie nicht in Vereinbarung zubringen sind."Die Zuschrift schießt übers Ziel. Die sozialdemokratischen Ab-geordneten können fich dem gesellschaftlichen Berkehr mit den Mit-gliedern anderer Parteien nicht entziehen. Täten sie es, so würdensie der Sache, die sie zu vertreten haben, keinen guten Dienst leisten.Nur die Frage kann aufgeworfen werden, welche Grenzen sozial-demokratische Abgeordnete in diesem Verkehr einzuhalten haben.Wenn die Parteigenossen, die an dem vorgestrigen Ausflug teil-nahmen, diese Grenzen wejtergesteckl haben, als das seither in derPartei üblich war, fo ivcrden sie dafür ihre Gründe haben, die sieder parteigenössischeu Kritik gegenüber natürlich vertreten werden.Wir finden die Kritik der Göppinger Organisationsleiter ebensoberechtigt und selbstverständlich, wie die redaktionelle Anmerkung der.Schwöb. Tagwacht" teils unzutreffend, teils nichtssagend.Es wäre tvirklich angemessen, daß die in Frage kommendenLandtagsabgeordneten nachgerade den guten Willen bewiesen, denverblüfften Parteigenoficn in Württemberg und dem Reiche dieMotive ihres Verhaltens wenigstens psychologisch begreiflichzu machen I_Die Kreiskonferenz des KotthnS-Sprembcrger NcichstagSwahl-kreises tagte am 25. Juli in Spremberg. Aus dem Bericht des Vor-sitzenden ging hervor, daß die Zahl der Ortsvereine von 15 auf 20gestiegen ist, die Milgliedcrzahl von 1670 auf 1788, trotzdem dieKrisi» auch hier schwer aus der Bevölkerung lastet. Die Kreiskassezeigte eine Einnahme von 5346,13 M. und eine Ausgabe von 4412,49Mark. Der Gcsamtkasieubesiand beträgt 1734,86 M. Vom Sprem-berger Delegierten wurde besonders hervorgehoben, daß die Polizeiein großes Interesse für die Jugeudorganisation an den Tag lege.Sie hat bei denjenigen Arbeitgebern, welche Lehrlinge beschäftigen,Erkundigungen eingezogen, ob dieselben der Jugendorganisation an-gehören.Zum Entwurf des Organisationsstatuts wurde der Antrag ge-stellt, den§ 5 dahin zu ändern, daß die freie Lieferung der„Gleich-heit" gestrichen werde. Als Delegierter zum Parteilag wurdeGenosse S ch a d o w- Koltbus gewählt und zur Provinzialkonferenzdie Genossen Goldmann- Kottbus, Krüger- Spremberg undU t s- Ströbitz bestimmt. Der bisherige Kreisvorstand wurde ein-stimmig wiedergewählt.Em Industrie und HandelDie Krise.Anscheinend werden jetzt von der Krise besonders stark die fis-kalischen Koblengnrben betroffen. Die Verwaltung hat sich nachder.K. V.-Ztg." veranlaßt gesehen, für sämtliche Gruben Feier-schichten anzuordnen. Natürlich kommt auch in den Abschlüssen derGruben der wirtschaftliche Rückschlag zur Geltung. Der Brutto-Überschuß der Hibemia, der für das erste Halbjahr 1907 rund7>/z Millionen Mark, für 1908 rund 7 Millionen Mark betrug, istfür 1909 auf 5 103 924 M. zurückgegangen.Der Betriebsüberschuß der Harpener Bergbau-Aktiengesellschaftbetrug im zweiten Quartal 1909 3 730 000 Mark gegen 3 840 000Mark im Vorquartal und 4 436 000 Mark im zweiten Quartal 1908.Die kleinen Bierflaschen. Mit Bezugnahme auf unsere Notiz inNr. 162 deS.Vorwärts" über Bierverteuerung, erklärt uns die Ver-waltung der Schultheiß-Brauerei, daß sie ihre Flaschenbiere nur ineiner Sorte Flaschen zum Verkauf bringe„und zwar in der vonallen dem Verein der Brauereien Berlins und Umgegend angehörigenBrauereibetrieben geführten sogenannten Einheitsflaschen, derenJnhaltSmäße weder in letzterer Zeit geändert worden find,noch infolge der Brausteuererhöhung eine Aenderung er-fahren werden". Durch diese Erklärung wird unsereMitteilung nicht tangiert, denn tatsächlich ist uns diemit der Schultheiß-Marke etikettierte kleine Flasche zugestellt wordenund haben wir vor mehreren Zeugen das kleinere Raummaß fest-gestellt. Ob die Flasche nur aus Versehen benutzt worden ist. könnenwir natürlich nicht wissen. Im Jnterefie der Sache wäre es an-gebracht, wenn die Brauerei Aufklärung darüber geben könnte undwürde._England als Gläubiger der Welt.In der Generalversammlung einer großen Londoner Bank machtedieser Tage der Borsitzende Mitteilungen über den Gesamtbetrag derKleines feullleton.Bon„unsittlichen" Büchern. Ludwig Ganghofer kommt inseinem«Lebenslauf eines Optimisten", diesen prächtigen Erinne.rungen aus der Kindheit», und Jugendzeit, die in den„Süd-deutschen Monatsheften" erscheinen, auch auf das Thema Jugend-lektüre und Verwandtes zu sprechen. Er sagt da:„Ein Buch, das künstlerischen Wert hat— mag eS enthalten.wa» e» will— wird niemals eine Gefahr für die Reinheit derJugend sein. Und echte Kunst, auch wenn sie nackt ist, wird stetserzieherisch auf die Seele eines Kindes wirken, nie verderblich.Da will ich euch ein lehrreiches Exempel erzählen. Auf meinemSchreibtische steht ein patentierter Nachguß der pompejanischenNarziß. Und eines Tages guckte mein vierjähriges Enkeltöchterchendiese von Reiz umwobene Statuette mit ernsten Augen an undfragte:.Grogpapa? Wer ist denn das?" WaS soll man ant-Worten? Ich sagte:„DaS ist ein braver junger Mann!" UnddaS Kind, mit großen Augen, sah im Zimmer umher. Da standenauf den Bücherschränken die liebe Frau von Milo, der Antonius,die mediceische Venus, der berberinische Faun. Und das Mädelchen— in seinem kindlichen Sprachklang, den ich nicht nachzubildenversuche— sagte langsam:„DaS sind auch brave junge Männer!Tie sind nackt. Die müssen sich aber nicht schämen. Weil sie soschön sindl" Ist das nicht ein Kinderwort, von dem die Päda-goaen lernen sollten? Und die Kunstbeschimpfer? Und die Sitt-lichkeitsschnüffler in ihrer Häßlichkeit, die sich bedecken muß?Damit will ich durchaus nicht predigen, daß man schon denZwölf, oder Dreizehnjährigen alle Werke der klassischen Literaturin die Hände geben soll. Ich will nur sagen, daß man einenJungen, der verfrüht zur Lektüre eines wertvollen Buches kommt.deswegen nicht zu strafen braucht. Es genügt, ihm zu sagen: Dasverstehst du noch nicht! Und einem jungen Kopfe, der sich früh ent-rviaelt und vorzeitig nach wertvoller geistiger Nahrung verlangt,sollte man mit kluger Wahl der Lektüre entgegenkommen, stattihn als verdorbenes Geschöpf zu betrachten. Und vor allem sollteman sich hüten, einem Jungen beibringen zu wollen, daß er—weil er bei einem Buche über den geistigen Horizont seines Altershinausgriff— etwas„Unsittliches" gelesen hätte. Das ist ge-fährlich, nicht daS Buch, das der Junge las. Von allen Erziehungs.Methoden ist jene die bedenklichste, die dem Kinde den Begriffdes Sittlichen dadurch beizubringen versucht, daß sie ihm definiert,was unsittlich ist. Das Feigenblatt erzieht nicht zum Scham-gefühl, sondern nur zum Wunsche, daß man druntergucken möchte."Automatischer Schalterdienst im Postbetrieie. In einem PariserPostamt wird jetzt ein sinnreicher Automat erprobt, der bestimmt ist.die Aufgabe von Einschreibbriefen zu vereinfachen und daS lästigeWarten vor dem Schalter überflüssig zu machen. ES handelt sich umdie Erfindung eines ungarischen Ingenieurs Fodor, den vor einigenJahrz» das Schicksal traf, wegen Aufgabe eines Einschreibbriefesnahezu eine Stunde vor dem überfüllten Postschalrer warten zumüssen. Die unfreiwillige Muße ließ in dem Ingenieur die Frageauftauchen, ob solche Erfahrungen der Menschheit nicht durch einenAutomaten erspart werben könnten. Nach langjährigem Studiumist dieser Apparat jetzt vollendet. Man wirst in eineOeffnung ein Nickelstiick von 25 Centimes und in einezweite Oeffnung den frankierten Einschreibbrief; dann dreht man eineKurbel und erhält ans dem Automaten eine numerierte Quittung.Der Brief wird automatisch gestempelt und mit einer Einschreib-nummer versehen, die auch aus der Quittung ersichtlich wird. Durcheine sinnreiche Vorrichtung wird jeder Mißbrauch des Automatenverhindert, der durch Einwurf falscher Geldstücke entstehen könnte.Im Apparat befindet sich ein Magnet. Der Magnet zieht be-kanntlich daS Eisen stärker an als Nickel. Bei Einwurf eines Nickel-stückes verlangsamt der Magnet nur den Fall der Münze, wenn da-gegen Eisenstücke eingeworfen werden, ist die Anziehungskrast größer,die Münze wird durch den Magnet in eine besondere Oeffnung ge-leitet, die dann die Münze mitsamt dem Briefe wieder auswirft.Humor und Satire.Zündholz st euer.Km C a f S.„Ober I Zahlen I"—„Sehr wohl— der Herrhaben eine Schale Melange, macht dreißig Pfennig, zwei Kuchenk fünfzehn, macht sechzig und sieben Streichhölzer ä..."—„Oweh. daran Hab ich nicht gedacht l Da muß ich rasch nochmal nachHause gehen und mir einen Hundertmarkschein holen!"Bei der Soiree:„Moritz, schließ den Kässenschrank auf undnimm ein Zündholz heraus— die Herren wollen rauchen!"Der Konfirmand.„Na, Otto, was wünschst Du Dir dennakS Konfirmationsgeschenk? Ein Fahrrad, ein Paar Rollschuhe odereine goldene Uhr?"—„Ach, Onkelchen. ich möchte so gerne mal'neeigne Schachtel Streichhölzer haben."—.Nee, Kind,— da hättsteDir'n Millionär zum Onkel aussuchen müssen!"Hilfe. Der Reichsschatzsekretär: Sie wünschen?— Der Be-sucher: Ich bringe Ihnen Geld.— Schatzsekretär: O, geben Sieher, das kann ich gerade gebrauchen.— Der Besucher: Es ist abereine kleine Bedingung dabei. Ich bin nämlich Varielödirektor. Undda gebe ich Ihnen tausend Marl pro Abend, wenn Sie sich bei mirhinstellen und bloß„Unannehmbar" sagen. Da windet sich daSPublikum vor Lachkrämpfen!_(„Lustige Blätter.")Notizen.— Otto Reiniger, einer der Entdecker unserer heimischenSandschaft, ist mit 46 Fahren gestorben. Er war geborenerWüritemberger und nach den Lehrjahren in München wieder inStuttgart tätig. Er ist auch in der Berliner Nationalgallerie ver«treten.— Dilhekm Millowitsch, der„Begründer der KölnischenVolksbühne", ist in Elberfeld gestorben. Er hat das Kölner Puppen-fremden Anleihen, die im Laufe des ersten Halbjahrs 1909 auf demLsndoner Geldmarkt begeben worden sind. Nach seiner Angabe habenin diesem kurzen Zeitraum die britische» Kolonien über 500 MillionenMark, fremde Ncgiernngen nahezu 880 Millionen Mark, koloniale undauswärtige Gesellschaften 2H0 Millionen, ausländische Eisenbahnen340 Millionen, englische Kölonialcisenbahnen 140 Millionen Markaufgenommen. Das sind in Summa mehr als l1/« Milliarden Mark,die im Laufe eines einzigen Halbjahrs ans England in alle Teileder Welt geflossen sind. Danach scheint es fast bescheiden gerechnet,wenn der englische Statistiker George Paish annimmt, daß Englandim Laufe der letzten 60 Jahre 53 Milliarden Mark im Ausland undin seinen Kolonien angelegt hat und daß es von den ausländischenAnleihen aller Art jährlich 540 Millionen Mark Zinsen bezieht. Vondiesen Zinseinnahmen sollen allein 100 Millionen Marl aus Indien,280 Millionen Mark aus den übrigen britischen Kolonien und160 Millionen aus fremden Staatsanleihen fließen. Die Einnahme»aus ausländischen Aktienunternehmungen werden auf 1160 MillionenMark berechnet, wovon fast die Hälfte— 520 Millionen— oufBergwerksnnternehmungen entfällt.Vom Petrolcumkrieg. Jetzt kommen Meldungen aus England,daß dort der Krieg um daS Monopol auf dem Petroleummarkt erneutentbrannt sei. Die englische Tochtergesellschaft des Oil-Trusts—die Anglo-American-Oil- Company— arbeitete bislang ans Grundeiner stillschweigenden Uebereinkunft mit der Homelight Oil Com-pany und der British Petroleum Company. Diese Abmachung scheintam letzten Juni ihr Ende gesunden zu haben. Seitdem geht derOiltrust ebenso vor, wie er es in Deutschland macht; er bietetKontrakte an, welche die Händler verpflichten, nur von ihmPetroleum zu kaufen und dafür den„üblichen Tagespreis" bis zueiner gewissen Höchstgrenze zu leisten. Als Gegenleistung sindRabatte zugesichert. Für das geringste Quantum Petroleum, welchesvon anderer Seite als der amerikanischen gekauft wird, ist an dieSiandardleute eine Strafe in bar zu zahlen. Bis jetzt ist die un-mittelbare Wirkung des begonneneu Petroleumkrieges die einesstarken Weichens der Preise. Der Engrospreis für Petroleum istjetzt um 20 Proz. heruntergegangen.Em der Frauenbewegung.Arbeiterinnen wahret Eure Rechte!Die Bestimmungen der Gewerbeordnung betreffend den Schutzder Arbeiterinnen werden seitens der Unternehmer häufig nichtbeachtet. Den revidierenden Beamten der Gewerbeinspektion istes oftmals nicht möglich, solche Verstöße festzustellen. Die In-spektionen werden aus Mangel an einer genügenden Zahl vonBeamten nur sehr selten ausgeführt, und außerdem sind dieUebertretungen gegen die betreffenden Vorschriften oft derartigerNatur, daß sie bei einer Inspektion nicht wahrgenommen werdenkönnen. Wer Gelegenheit hatte, als Arbeiter oder Arbeiterineines revisionspslichtigen Betriebes den Besuch von Gewerbeauf.sichtsbeamten zu beobachten, weiß ferner, wie bei Bekanntwerdendes Kommens der Gewerbeinspektion nach Möglichkeit vorüber-gehend Ordnung geschaffen wird. Weil der Beamte meist in Be-gleitung des Geschäftsleiters oder sonst einer aufsichtsführendenPerson des Betriebes die Räume besichtigt, so getrauen sich dieArbeiterinnen in den meisten Fällen nicht, den Beamten auf Miß-stände aufmerksam zu machen oder selbst da, wo sie gefragt werden,der Wahrheit entsprechend Mißstände darzulegen, aus Furcht vorder Entlassung.Diese Furcht geht so weit, daß die Arbeiterinnen ihre Be-schwerden auch nicht in den Sprechstunden melden, welche die Be-amten der Gewerbeaufsicht in verschiedenen Städten eingerichtethaben. Wo Beschwerden von Arbeiterinnen der Gewerbeaussichtübermittelt werden, geschieht es vielfach anonym.Ein Uinstand spielt neben der Furcht vor der Entlastung hier-bei noch eine Rolle von nicht zu unterschätzender Bedeutung. EShandelt sich in vielen Fällen bei den Beschwerden um Dinge, überdie eine Arbeiterin nicht gern und vor allen Dingen nicht zuMännern spricht. Die Beseitigung von Mißständen dieser Artist aber schon aus Gründen der Sittlichkeit dringend erwünscht.Um alle Schranken aus dem Wege zu räumen, die der Be°seitigung von Mißständen in den Betrieben durch direktes Ein-greifen der Gewerbeinspcktion entgegenstehen, werden für die inBerlin und Umgegend wohnenden und beschäftigten Arbeiterinnenan folgenden Orten Sprechstunden abgehalten, in denen dentbeater mit seinen bekannten stehenden Figuren, dem Bestevader,TünneS und Hännesche, in ein richtiges Theater mit lebendenSchauspielern umgewandelt und damit früher-mich außerhalb KölnsGastspiele gegeben. Glücklicherweise hat sich das alte Puppentheaterdaneben aber doch erhalten und bedarf nur einer frischen, Volks«tümlichen Kraft, um wieder belebt zu werden.— M u f i I ch r o n i k. Karl B u r r i am beginnt fein Gastspielin der G u r a- O p e r am Mittwoch als Tristan. Frau L e f f l e r-B u r ck a r d singt die Isolde.— In der Morwitz-Oper ver-abschiedet sich am Sonnabend Ailgust V o ck in a n n im„Troubadour".Sonntag abend wird in neuer Einstudierung„Fra Diavolo"gegeben.— DaS Theater d e S Westens ist renoviert wordenund wird am Sonntag wieder eröffnet mit Falls neueinstudierterOperette«Der f i d e l e Bauer".— Ein Heine-Porträt, daS den Dichter auf einemlebensgroßen Oelbilde darstellt, soll in Paris entdeckt sein.— Er flog und— bekam ein Denkmal. Blüriot,der große Blöriot, ist der Mann des Tages. Als erster hatte er denKanal mit einer Luftmaschine(im Freiballon sind ihm schon ver-schiedene zuvorgekommen), und zwar einem Eindecker von sehrgeringen Dimensionen und nur 25 Pfcrdekrästen, überflogen. Wennseine Angaben genau sind, hat er 23 Minuten gebraucht. DaSwürde auf die Stunde berechnet eine Geschwindigkeit von etwa3V Kilonietern geben. Immerhin wird er wohl eine Stnndcn-geschwindigkeit von 60—70 Kilometern erzielt haben. Jeden»falls ist zu Schiff noch niemand so schnell über denKanal gekommen. Mit den maßlosen Uebertreibungen, die denScnsationsbedürfniffcn der kapitalistischen Hetzkultur entsprechen, wirdBlöriot gefeiert. Zunächst hat er eine» Scheck auf 20 000 M. be-kommen, den Preis, den die„Daily Mail" ausgesetzt hatte. Außerdemist er zum Ritter der Ehrenlegion ernannt, sünszehn seiner Flug-apparate sind das Stück zu 8000 M. bereits verkauft; der französischeKultusminister gab ein Gemälde in Auftrag, das seine Landimgverewigen soll, und am Landungsplatze selbst soll ein Denkmal errichtetwerden. Wenn da die jetzigen und lünstigen Mitglieder der Sieges-allee nicht neidisch werden.— Der Haarmarkt. Kürzlich fand in LimogeS in Frank-reich der diesjährige Haarniarkt statt, der einen noch flaueren Verlausnahm als im Vorjahre. Die Frauen, die bereit sind, ihre Haarezu Markte zu tragen, werden immer seltener. Noch vor wenigenJahren kostete ein Kilogramm frischer Mädchenhaare 50 Fr.; aberim letzten Jahrzehnt sind die Preise ans 120 und 160 Fr. pro Kilo«gramm gestiegen. In diesem Jahre wollten die französischenBäuerinnen selbst für diesen Preis ihre Haare nicht hergeben. Kaum500 Kilogramm Haare wurden in diesem Jahre in LimogeS um-gesetzt, während noch 1830 der Unisatz 1400 Kilogramm betrug undim Jahre 1340 in LimogeS 2500 Kilogramm tvcibliche Haare ge-kauft wurden. Soweit die Haare heutzutage nicht von Verstorbenengenommen werden, kommen sie meistens aus dem Inner» Rußlandsund Nord- und Südamerikas.