SHlekiltsH'fftrtis Solingen)' wniieit, tichteken. NM„Seel.sorger" wurde in den Artikeln der Vorwurf gemacht, daß er seinAmt mißbrauche, um sich zu bereichern, und daß er nach eigenemGutdünken in der Gemeinde schalte und walte. Außer Gebühren-Lberhebung wurde dem Gottesmann ferner vorgeworfen, daß erErbschleicherei und diverse andere Dinge getrieben habe, die dieOrtseinwohner aufs tiefste erbitterten. Schon seit Jahren wurdedem Pfarrer vergebens gedroht, daß, wenn keine Aenderung ein-trete, man an die Oeffentlichkeit gehen würde. Kirchenvorstandund kirchliche Gemeindevertretung wandten sich wiederholt an daserzbischoflische Generalvikariat in Köln und an den Regierungs.Präsidenten in Düsseldorf und legten dar. daß der Pfarrer Gießen.sein Amt zum eigenen Vorteil mißbrauche. Der wackere Gottes-streiter machte sich aber nichts daraus. Die schlimmsten Dränger,die nach Ordnung in der kirchlichen Vermögensverwaltung usw.trachteten, wurden von dem Pfarrer bei seinen vorgesetzten Be-Hörden einfach als Sozialdemokraten verschrien!Im Frühjahr dieses Jahres wandten sich die Bewohner deskatholischen OrteS, nachdem alle Eingaben an weltliche und christ-liche Behörden nichts gefruchtet hatten, an die Redaktion der„Bergischen Arbeiterstimme", die nach wochenlangen Ilntech.suchungen die Beschwerden als berechtigt anerkannte und zur Ver-öffentlichung verschiedener Artikel schritt, die in dem ausgesprochenkatholischen unteren Kreise Solingen großes Aufsehen erregten.Die Klerikalen schäumten vor Wut und beriefen am 0. Mai diesesJahres eine Versammlung in den Ort Schnorrenberg beiSchlebusch ein. um zu dem„Fall des Pfarrers Gießen"Stellung zu nehmen. In dieser Versammlung redete ein KaplanZünndorf aus Schlebusch, der alle gegen den Pfarrer Gießenaufgestellten Behauptungen als Lügen bezeichnete, ohne sich dieMühe zu geben, diese„Lügen" zu widerlegen. Die Gegner, be-sonders die Sozialdemokraten, wurden in dieser Versammlung inder gemeinsten Weise angegriffen, aber man war zu feige, ihnendas Wort zu erteilen. Nicht einmal die Ortseinwohner, die be-stätigen wollten, daß die in der.Bergischen Arbeiterstimme" er-schienenen Artikel auf Wahrheit beruhten, ließ man reden, undder Kaplan griff seine eigenen Glaubensgenossen in der heftigstenWeise an und verdächtigte sie. Einer der Verdächtigten, derSchmiedemeister PeterS zu Neuboddenberg, strengte Privatklagegegen den Kaplan Zünndorf und den Schmiedemeister Hüll-strung in Schlebusch an. Beide Privaiklagen wurden am Sonn-abend vor dem Schöffengericht in Opladen Erhandelt. Der ver-antwortliche Redakteur der„Bergifchen ArMterftimme". GenosseDeisel, wurde im letzten Augenblick telephonifch als Zeuge ge-laden. Ter Vorsitzende Richter, ein ZentrumSmann, wollte vonunserem Genossen wissen, wer alles ihm Material zu den Artikelngeliefert Habel Deisel erklärte, daß er der Verfasser der Artikelsei, im übrigen aber jede Aussage verweigere und nur dann redenwerde, wenn Pfarrer Gießen gegen ihn klagbarvorgehen würde, was ihm sehr angenehm wäre,denn die aufgestellten Behauptungen würden sämtlich bewiesenwerden. Nach diesen Darlegungen beantragte der Vertreter deSbeklagten Kaplans, Rechtsanwalt Höver in Opladen(ebenfallsein strammer Zentrumsmann), gegen den Genossen Deisel dasZrugniszwaagSverfahren einzuleiten und eventuell Zwangshaft zubeschliehen! Das Gericht beschloß, den Zeugen Deisel wegenZeugnisverweigerung in eine Geldstrafo von 28 M. zunehmen, und die Sache wurde daraufhin zu weiterer Zeugenladungvertagt. io» Die zweite Klage endete mit demselben Resultat. WiederSollte man von Deisel die Gewährsmänner wissen. Als er aber-mals da» Zeugnis verweigerte, nahm der Anwalt de» BeklagtenGelegenheit, zum zweiten Male zu beantrage nzgegen den Zeugen das ZeugniSzwangSverfahren«inzuleiten, eventuell Zwangshaft igu bei-schließen. DaS Gericht erkannt abermals auf eine Geldstrafevon 28 M. eventuell fünf Tage Haft.Gegen die Straffestsetzung wird> selbstverständlich B e-Ich werde eingelegt werden.** Mit de, Erbschaftssteuer- und der Maifeierfrage befaßte sicham Sonntag die Konferenz des 1. pfälzischen ReichStagswahlkreisesund nahm eine Resolution an, in der erklärt wird, daß die Frak-tion ganz recht gehandelt habe, als sie in zweiter Lesung für dieErbschaftssteuer stimmte. Die Erbschaftssteuer sei eine program-matische Forderung der Partei und daraus ergebe sich die Notwen-digkeit, für sie zu stimmen. Bei der Schlußabstimmungkonnte die Fraktion durch die Ablehnung auch der Erbschaftssteuerdem schwarz-blauen Block die Verantwortung für die ganze söge-nannte Finanzreform überlassen.Zur Frag« der Maifeier wurde eine Resolution angenommen,in der verlangt wird, daß der Parteitag in Leipzig endlich eine all-seitig befriedigende Lösung dieser Frage bringt. Die Konferenzhält es für zweckmäßig, die Maifeier auf den ersten Sonntag imMai festzulegen.Die Landeskonferenz für da? Herzogtum Oldenburg und Ost-frieSland tagte am Sonntag in Oldenburg. Anwesend waren 34Delegierte, die Reichstagskandidaten der einzelnen Kreise und dieLandtagsfraktion; vom Parteivorstand in Berlin war GenosseMüller anwesend. Zu dem gedruckt vorliegenden Jahresbericht be-merkte Genosse Hug-Bant, daß sich das Parteisekretariat als sehrnützlich erwiesen habe. DaS Bestreben, die grauen für die Ideendes Sozialismus und für die politische Organisation zu gewinnen,war äußerst erfolgreich. Die Mitgliederzahl der männlichen Ge-nassen stieg um 2K4 auf 8187, die der weiblichen um 411 auf 940;insgesamt wurden 2197 Mitglieder aufgenommen, denen 1719 Ab-gänge, meist infolge der Krise, gegenüberstehen. SozialdemokratischeGemeindevertreter sind vorhanden im 1. oldenburgischcn Wahlkreisin 4 Orten 28, im 2. oldenburgischen Wahlkreise in 6 Orten 32,im 3. oldenburgischen Wahlkreise in 4 Orten 13; weiter sind indiesen Wahlkreisen zahlreiche Genossen in den Schulausschüssen,Schulvorständen und Amisräten vertreten. Zur Agitation wurdenetwa 80 000 Flugblätter und 18 000 Broschüren verbreitet. An40 Mitgliedschaften wurden auf Kosten der LandesorganisationBibliotheken geliefert. Die Aufklärung der Arbeiterjugend istenergisch betrieben, und eö find in allen größeren Orten Jugend-organisationen resp. Jugendausschüsse gegründet worden. Ganzgehörig wurde mit dem Reichstagsabgeordneten Ahlhorn vom1. oldenburgischcn Wahlkreise abgerechnet, der natürlich seine mehr-fache Behauptung im oldenburgischen Landtage, die soztaldemo-kratische Partei habe bei der letzten Reichstagswahl Wahlschiebun-gen vorgenommen, trotz mehrfacher Aufforderung nicht hat be«weisen können. Der Landcsvorstand erklärte ihn öffentlich für.einen Verleumder schlimmster Art, bis er seine BehauptungenHeweise. Zur Zentralisation deS BildungSwesenS sind Schritte ein-geleitet. Der Bericht der Preßkommission konstatierte, daß dieAbonnentcnzahl des„Norddeutschen Bolksblattes" konstant ge-blieben ist. Nach einem Vortrag über den neuen Organisations-entwurf wurden.folgende Anträge angenommen: Im§ 8: Derwöchentliche Beitrag beträgt für männliche Mitglieder 10 Pf., fürweibliche 8 Pf.; im 8 12, Abs. 3: auf Antrag von mindestens 7 Vor-ständen usw.; als Abs. 4: auf Antrag der ReichstagSftaktion; im8 23 die Worte„in bewußter Weise" zu streichen; im Abs. 2 zwischen«zuständigen Bezirks." das Wort„Vereins-" einzuschalten. Ueberdie neue Qandarbciterorganisation referierte Genosse Schulz-Bant.Eine Resolution, dieser rege Unterstützung zuteil werden zu lassen,wurde einstimmig angenommen. Als Vorort wurde Bant, alsVorsitzender der LandcSorganisation Genosse Hug wiedergewählt.*„Der Bibliothekar"(Nr. 8) ist soeben erschienen. Die Nummerenthalt; Ewführuyg ft] den tMensAzstlichw SoMismus vonJulian Btfrthardt. Kleine Geschichten vLN Gustav MovgknstSrft.— Die technische Fachpresse von Richard Woldt.— Buch-Eignerzeichen(ex libris) von Jhl, mit Illustrationen.— Bücherbesprechun-gm.— Bibliothektechnisches.— Bibliothekberichte: Limbach undNordhausen. Notizen und Sprcchsaal.Berichtigung. Am Freitag wurde von unS die Zahl der imsozialdemolratischen Verein Nürnberg organisiertm Mitglieder mit13 800 angegeben. Wie unS aus Nürnberg mitgeteilt wird, beliefsich am Schluß des Geschäftsjahres(Juni d. I.) der Mitglieder-bestand— amWießlich der 693 weiblichen Organisierten— auf14226. �"_ VSoziales.Der Kampf der Wertheims um das Personal,.'(Wegen Raummangels zurückgestellt.)!Noch bevor der neue Wertheim-Palast des jüngsten BrudersWolf Wertheim seine Pforten geöffnet hat, ist zwischen letzteremund seinen älteren Brüdern ein erbitterter Kampf um das Per-sonal ausgebrochen, der in der letzten Sitzung vor der erstenKammer des Berliner Kaufmannsgerichts seinen Anfang nahmund ,wie gleich vorweg bemerkt sei. zu einer vorläufigen Nieder-läge des alten Hauses führte.Die unter dem Vorsitz deS MagistratSratS Techow geführteVerhandlung, in welcher die Firma A. Wertheim gegen die jetztnoch in ihren Diensten befindliche Berkäuferin Tora T. Klageerhob, ergab folgendes: Den Angestellten des Hauses A. Wert-heim waren früher durch Konkurrenzklausel nur die WarenhäuserJandorf, Tietz und diejenigen Unternehmnugen, die mit einem derInhaber der vorgenannten Häuser im Beteiligungsverhältnisstehen, verschlossen. Nach Separierung von Wolf W. wurden dieAngestellten von A. Wertheim durch einen Nachtrag zur Kon-kurrenzklausel verpflichtet, sich auch jeglicher Tätigkeit für da?Warenhaus W. Wertheim sowie für die damit in Verbindungstehende„Internationale Warenhausgesellschast" zu enthalten.Eine erhebliche Anzahl von Angestellten hat nun, dem Verbote zu.wider, Stellung im neuen Warenhaus W. Wertheim angenommen.Die Firma A. Wertheim will mit den schärfsten, ihr gesetzlich zu-stehenden Mitteln den Massenübertritt ihres Personals zu ver-hindern suchen. Sie beantragte darum in dem ersten zur Ver-Handlung gekommenen Fall, der den anderen Abtrünnigen ge.wissermaßen als warnendes Beispiel dienen sollte, der beklagtenVerkäuferin eine Strafe von zwei Tagen Haft für jeden Tag derTätigkeit im Hause W. Wertheim aufzuerlegen, so daß das Per-sonal vor der Alternative stünde, entweder auf die Stellung zuverzichten, oder immer umschichtig, einen Tag arbeiten und zweiTage„sitzen". Der Vertreter der klägerischen Firma erklärte auch,trotz Anratens des Vorsitzenden, diesen Antrag auf keinen Fallzurücknehmen zu wollen, und begründete daS wie folgt: ES seibekannt, daß bei Verhängung von Geldstrafen für Verletzung desKonkurrenzverbotes diese Strafen von dem nachfolgenden Arbeit-geber getragen werden. Der eigentliche Zweck der Konkurrenz-tlausel, nämlich der Zuwiderhandlung vorzubeugen, werde da-durch illusorisch gemacht. Die Firma müsse auch darum ganz be-sonders so scharf vorgehen, weil Wolf Wertheim noch vor der Vol-lendung der Separation äußerte, er werde alles tun, um seineBrüder zu schädigen. Die ganze Gründung sei darum nicht etwaerfolgt, um eine möglichst hohe Verzinsung des Vermögens herbei-zuführen, sondern nur um den Brüdern Schaden zuzufügen. DerVertreter verwies noch auf eine kürzlich ergangene landgerichtlicheeinstweilige Verfügung, nach welcher einem ihrer früheren An-gestellten vierzehn Tage Haft angedroht ist. falls er weiter ver-sucht, Personal zum Uebertritt zu veranlassen.Den Ausführungen der klägerischen Firma hielt die Beklagteentgegen, daß sie sich an die Konkurrenzklausel nicht für gebundenhalte, weil sie dadurch in ihrem Fortkommen zu sehr behindertwerde. Die Firma A. Wertheim wollte sie verlassen, weil sie sich,ihren Fähigkeiten entsprechend, nicht genügend entlohnt fühle. Dasie jahrelang nur in der Konfektion tätig war. so konnte für sienur ein» der vom Verbot betroffenen großen Warenhäuser inFrage kommen. Sie hätte also geradezu aus Berlin auswandernmüssen und nahm um so lieber die Stellung bei W. Wertheim an,als sie dort durch kein Konkurrenzverbot in ihrer wirtschaftlichenFreiheit eingeengt werde.Da» Kaufmannsgericht wies zutreffend die Firma A. Wert-heim mit ihrer Klage ab. Die Konkurrenzklausel der Firma gehezu weit, und es müsse als eine Art Schikane angesehen werden,wenn die Beklagte in der Ausübung ihrer Tätigkeit derartigunterbunden werden sollte. Den Wert des Streitgegenstandessetzte das Gericht auf 1000 M. fest, so daß Berufung zulässig ist.Gewerbegerichtswahl in Gelsenkirchcn. Bei der am 23. und29. Juli getätigten Gewerbeaerichtswahl in Gelsenkirchen wurdenStimmen abgegeben für: Freie Gewerkschaften 761, Christliche876, Hirsch-Dunckersche 312. Bei der letzten Wahl 1908 erhieltenStimmen: Freie Gewerkschaften 823, Christliche 1284, Hirsch-Dunckersche 433. Die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen ist gegen1908 um 371 zurückgegangen. Trotz dieses Rückganges haben dieFreien Gewerkschaften 233 Stimmen gegenüber der letzten Wahlzugenommen, die Christlichen 408 Stimmen und die Hirsch.Dunckerschen 121 Stimmen verloren. Ein schöner Erfolg der Ge-Nossen. Da in Gelsenkirchen die Verhältniswahl besteht, werdendie 16 Beisitzer sich auf die drei Parteien wie folgt verteilen:Freie Gewerkschaften 6, Christliche 7, Hirsch-Dunckersche 3.vom Baugewerbe in Sachsen.Die KrisiS im Baugewerbe machte sich auch schon im Borjahrein Sachsen deutlich bemerkbar. Nach dem erschienenen Bericht derSächsischen BaugewerksberufSgenossenschaft für 1908 sind dieLöhne um 6 878 069 M. oder 6.86 Proz.. die Zahl der beschäftigtenArbeiter um 8606 od«; 6,98 Proz. zurückgegangen. Den stärkstenRückgang hatte anscheinend der Bezirk Leipzig mit fast 3 MillionenMark an Arbeitslöhnen, ihm folgt Dresden mit fast 2 MillionenMark, dann Zwickau mit 1200 000 M. Während in allen übrigen5 Sektionen der Genossenschaft die Durchschnittslöhne der Arbeiternoch etwas gestiegen sind, im Bezirk Gera sogar um 17 M. proKopf, ist im Bezirk Zwickau der Durchschnittslohn sogar noch um2,19 M. gefallen.Versichert waren im Berichtsjahre insgesamt 12 830 Betriebe(77 mehr als im Jahre vorher). Ueber die Lage der Arbeiter gibtuns folgende Tabelle des Berichts Auskunft:_SektionI. DresdenII. LeipzigIII. ZwickauIV. ChemnitzV. BautzenVI. Gera3 5•O C78$25692294281712618946122316703«•f SUlPCM.2299028527658720135074321584196688271854443803Gegen das VorjahrM.- 1928327- 2831673- 1236471. 451787. 367082- 87475Pro,.-7,74-9,29— 8,39-2,77— 3.99— 1,03fef«!MM. vi894939788836721779Gegen da»BorjahrM.-I- 8.62+ 141— 2,19+ 6,79+14,19+17,00+ 0,41+ 0,12— 0,28+ 0,82+ 2,01+ 2,23Summa 109129 93269391- 6902815— 6,89 854 69+ 8,37+ 0,40Ein Durchschnittslohn von nur 8S4 M. für Sachsen... Un«fälle wurden 4S81 neu gemeldet(420 weniger als im Vorjahre.)Davon wurden jedoch nur 663 entschädigt. Auf 1006 Versicherteentfielen somit 40,52 Unfälle.Ueber die Tätigkeit der technischen Aufstchtsbeamten der Be»rufSgenossenschaft erfahren wir kurz nur, daß dieselben 8456 Be-triebSrevisionen vorgenommen haben. ES heißt dann:„Zur Rcvi-sion der Betriebe soll hier nur erwähnt werden, daß nicht seltenAnzeigen von Arbeitern über Verstöße gegen die UnfallverhütungS-Vorschriften seitens der Unternehmer eingehen. Denselben wirdfetK«if Piß Grund gegangep, gbcr w Pia md&n ZMen eisensich di« Angdbkn der Anzeigen als übetkriebcn oder überhavpk nichtzutreffend." Sehr wahrscheinlich klingt die Behauptung nicht. Der-artige„Feststellungen" ohne Zuziehung von Arbeitervertvetern sindvöllig wertlos.______ 1Huö Induftrie und ftandcLHohe Berwaltnngskosten und hohe Dividenden.Nach einer Aufstellung iu der„Köln. Ztg."(Nr. 807) erzieltenim letzten Geschäftsjahr 26 Lebensversicherungsgesellschaften inDeutschland 332 722 000 M. Einnahmen aus Prämienzahlungen und113 078 000 M. an Zinsen usw.; mithin zusammen 445 800 600 M.Die von den Gesellschaften verteilte Dividende beträgt im Mittel2V'/» Proz. Die höchste Dividende stellt sich auf 62'/, Proz. InWirklichkeit macht die Rente in einzelnen Fällen aber über 160 Proz.aus. Bei den Versicherungsgesellschaften wird gewöhnlich nur ein Teil— gewöhnlich 25 Proz.— des nominellen Aktienkapitals eingezahlt;der übrige Teil ist garantiert, durch Hinterlegung von Wechseln usw.Die Dividende berechnet sich aber auf das nominelle Kapital, so daßdie Divende manchmal tätsächlich 80 Proz. ausmacht, wenn fie auf20 Proz. lautet. Das ist schon ein glänzendes Geschäft, aber dieBeisicherungsquelle sprudelt hier für die Hauptakteure noch vielreichlicher. Diese fungieren nämlich auch als Direktoren usw. und ge-nehmigen sich Riesengehälter und dito Spesen. Erklärlich daher auch,daß die Verwaltungskosten ganz ungewöhnlich hoch find. Bei denerwähnten Gesellschaften machen sie sogar 18,8 Proz. der Prämien»einnähme aus, oder rund 62'/, Millionen Mark. Bei einzelnenGesellschaften verschlingt die Verwaltung bis 56 Proz. der Prämien-einnähme. Da arbeiten die gewerkschaftlichen Organisationen mitihren vielfachen Aufgaben doch viel billiger. Würde der Staat demKapital diesen Zweig der Gewinmnacherei entziehen, den Versichertenkönnten viele Millionen Mark erspart bleiben, oder eS könnten ge-waltige Summen, die nun in Gestalt der Riesengehälter undSpesen, als Ergänzung der ohnehin schon ungewöhnlich hohenDividenden in die Taschen einzelner Leute fließen, dem Allgemein«wohl dienstbar gemacht werden. Obwohl der fiskalische Betriebauch ziemlich teuer ist, würde er doch sicher um 60 Proz. billigerarbeiten als die Privatgesellschaften im Versicherungswesen.Bessere Ernteschatzung.DaS Ergebnis der ErMeschätzung der Preisberichtstelle desdeutschen LandwirtschaftsratS vom 1. August d. I., ausgedrückt inProzenten einer Mittelernte, ist für Winterroggen 96,6 gegen 92.2am 1. Juli d. I., Winterweizen 89,0 gegen 99,7 am 1. August 1908.Sommerweizen 93,4(94,3), Winterspelz 98,6(99,9), Gerste 99,8(94,7),Hafer 100,8(38,1), Kleeheu 68,3 und Wieienheu 66,4. Die reichenNiederschläge im Juli haben das Wachstum der Halm- und Hack-ftüchte zwar sehr gefördert, doch ist jetzt beständiges und sonnigesWetter für die schon drei bis vier Wochen verspätete Ernte dringenderforderlich, da sonst die Qualität der Ernte gefährdet fem würde.Harmonie der Interessen.Auf dem Bochumer Verein Gußstahlfabrik in Bochum, find seiteinem Jahre die Löhne verschiedentlich kräftig beschnitten worden.Manchmal stellten sich die Ermäßigungen auf 15 Proz. Die schlechtenwirtschaftlichen Verhältnisse sollten solche Maßnahmen zwingend not-wendig machen. So hieß es. Es war somit der Schluß zulässig.daß die Ueberschüsse des Unternehmens auch kräftig zurückgehenIvürden. An der Börse schätzte man in der letzten Zeit die zu er-wartende Dividende denn auch auf„nur" 16 Proz. Für dasvoraufgegangene Geschäftsjahr waren 15 Proz. verterlt worden.Nun zeigt fich, daß die Lohnknapserei ihre Früchte getragen hat. DieHarmonie zwischen Kapital und Arbeit erkennt man darin, daß diesedie Kosten der Krise tragen muß. Die Inhaber derGußstahlaktien erhalten nämlich für daS letzte Jahrnicht 16 sondern 12 Prozent Dividende. Jedenfalls eineganz respektable Krisenrente, der gegenüber sich die teilweiseum 26 Proz. gekürzten Löhne sehr„harmonisch" ausnehmen.Und die Gesellschaft könnte eine noch höhere Dividende ausschütte».Man hat es jedoch vorgezogen, für Abschreibungen eine ge�en dasBorjahr um 339 314 M. und gegen 1906/07 um rund'/, MillionMark erhöhte Summe abzusetzen. Der Bruttoüberschuß ist nur von6 Will. Mark auf 5'/4 Mill. Mark zurückgegangen. Seit 1899/1900 hatdie Gesellscbaft folgende Dividenden verteilt: lO�/g, 13% 7, 7, 10,12, 15, 16% 15, 12 Proz. Aus dem Bochumer Berein ist derll stündige Normalarbeitstag noch nicht abgeschafft, dafür werdendie Löhne gekürzt, die gewerkschaftliche Organisation hat erst wenigEingang gefunden. Will man eine Harmonie finden, kann es nurdiese fem: indifferente Arbeiter, schlechte ArbeitSberhälwisse,— Riesen»gewinne._Hub der frauenbewegung.Wo bleiben die Dienstboten während der Reisezeit?Ucber dieses Thema sprach Redakteur Paul John in einervom Zentralverband der Hausangestellten Teutschlands einberufenenVersammlung. Der Referent führte aus: Wenn wir zu Beginn derReisezeit, der großen Ferien in die Zeitungen sehen, lesen wir,daß abgehetzte Müschen Ruhe suckzen, sei es an der See, in denherrlichen Wäldern oder hoch im Gebirge. Der Zweck solcher Reisesoll nun sein, frisch und kräftig mit neuer Lebens- und Schaffens-kraft wieder zurückzukehren. Da taucht die Frage auf. ob es nichtsehr oft angebrachter wäre, wenn dies« Erholung und Erneuerungder Lebenskräfte denen, die zurückbleiben müssen, zukäme? Unterden Abgereisten befindet sich eine große Anzahl, die sich das ganzeJahr erholen, während für die Arbeitenden selten mal eine Aus-spannung winkt. Bei den Dienstboten wäre eine Erholung erstrecht angebracht. Zum Schutze der Arbeiter hat schon vielfachdie Gesetzgebung eingegriffen, aber noch niemals für die Dienst.boten. Die diversen Gesindeordnungen, die alle nach dem Musterder preußischen zugeschnitten find, rauben den Dienstboten dasRecht, nach freiem Ermessen über ihre Zeit zu verfügen. Es hängtganz von dem mehr oder weniger guten Willen der J&errschaft" ab,wieweit sie in dieser Hinsicht Freiheit gewähren will. Dabei istder Dienst in der Regel nicht leicht. Morgens muß der Dienstbote.wenn die Herrschaft noch in den Daunen liegt, auf sein und abendsist die Arbeitszeit unbegrenzt. Die„Gnädige" hat jederzeit dasRecht,„nervös" zu sein, die Mädchen dürfen sich jedoch eine sovornehme Krankheit nicht gestatten.(Heiterkeit.) Reist jene insBad, so mögen die Dienstboten sehen, wo sie bleiben. Die Gesinde-ordnung kennt wohl Pflichten der Dienstboten, aber keine der Herr-schaften. Doch eine, um gerecht zu bleiben: nach§ 84 hat dieHerrschaft ihre Dienstboten— zum Kirchenbesuch anzuhalten.(Große Heiterkeit I) Aber auch dem kommt man nur nach, indemman den Mädchen„gestattet", in die Frühmesse oder Nachmittags-predigt zu gehen, da die Herrschaft auch am Sonntag das Personalnicht entbehren will. Bei Erkrankungen erkennt die Gesindeordnungeine Pflicht der Herrschaft nur dann an, wenn der Dienstbote„beider Arbeit" erlrankt ist. Was geschieht jedoch, wenn die Herrschaftverreist? Manchmal wird das Mädchen ja mitgenommen, es mußjedoch im Bad ebensoviel oder noch mehr arbeiten als zu Hause.und für Erholung bleibt keine Zeit übrig. In anderen Fällenwerden sie zu ihren Eltern oder Verwandten geschickt und erhalteneine oft sehr mäßige Entschädigung. Bleiben sie aber in der Woh-nung zurück, so wird auch hier für Arbeit gesorgt oder sie müssenfür befreundete Familien der Herrschaft arbeiten. Meist aber wer-den sie zur Reisezeit einfach entlassen. Man spricht immer vonDicnstbotennot, aber hier geht man leichtsinnig mit den Arbeits-kräftcn um. Redner streift noch die Bestimmungen der Gesindeord-nung, nach denen der Dienstbole völlig der Willkür der Herrschaftausgesetzt ist und sich sogar noch prügeln lassen muß, sofern diesnicht in einer das„L4ben gefährdenden Weise" geschieht. DabeiKaHfi» dir Hrrrschasten nsch d« leidende Teil sein..(Zuruf von