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sind von einer bürgerlichen, um nicht zu sagen kapitalistischen Auffassung beherrscht. Sie betrachten die Lage und die Kampfesbedingungen der amerikanischen Arbeiter nicht im Lichte der weltwirtschaftlichen EntWickelung und ihrer Zu- sammenhänge, daher auch nicht in richtiger Würdigung der Jnternationalität deS Kapitals an dem einen, der Arbeit an dem anderen Pol der Gesellschaft. Ohne Verständnis für die internationale proletarische Solidarität und ihre weit- tragenden Folgen wähnen sie im Streben nach besseren Arbeitsbedingungen durch den Ausschluß der einwandernden proletarischen Konkurrenten und Schmuhkonkurrenten und einekluge Politik des Erreichbaren" mehr zu gewinnen, als durch den Zusammenschluß aller Ausgebeuteten, ohne Unterschied des Geburtslandes, zu gemeinsamem, rücksichtslosem Kanipf gegen die Kapitalisten. Es würde zu weit führen, hier den geschichtlichen Ursachen nachzugehen, die das sowie die Rolle erklären, die Sam. Gompers in der amerikanischen Arbeiterbewegung spielen kann. Die Proletarier Deutschlands und Europas im allgemeinen werden es gewiß mit Genugtuung begrüßen, wenn sich die Anzeichen mehren, daß das brutale Ausleben deS kapitalistischen Regimes in den Vereinigten Staaten und deren immer viel- fältigere Verknüpfung mit der Weltwirtschaft eine Folge mit der Entwickelung zum industriellen Exportland die bis­herige Taktik der Gewerkschaften jenseits des Ozeans ins Wanken bringen, weil sich ihre Mittel und Wege als nicht mehr ausreichend erweisen. Ein solches Anzeichen ist sicherlich auch Sam. Gompers Reise durch Deutschland , bis die Aussicht auf die ersten, noch zaghaften Schritte zu einem Einvernehmen der amerikanischen mit der europäischen Gewerkschaftsbewegung eröffnet. Je später die Federation of Labor zum Anschluß an die gewerkschaftliche Internationale kommt, um so lebhafter dürfte sie beivillkommnet werden. Im Himmel ist bekanntlich mehr Freude über einen Sünder, der Buße tut, als über 99 Gerechte. Aber eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür, daß dieses knospende Einvernehmen gute Frucht reist, dünkt uns: aussprechen was ist. dünkt uns die u n- geschminkte wahrheitsgetreue Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung� der Dinge hüben und drüben in Betracht kommen. Sam. GomperS hat in Verlin die berechtigte An- frage des Genossen Dittmer alö eineUnHöflichkeit" traktiert. Für das kämpfende Proletariat ist Wahrheit die erste und elementarste Pflicht der Höflichkeit. Daß Sam. Gompers der Oeffentlichkeit Märchen zu erzählen liebt, ist nicht neu. Neu würde nur sein, wenn seine Dichtungen von dem klaffen- bewußten deutschen Proletariat widerspruchslos hingenommen oder wohl gar als taktischer Weisheit letzter Schluß«nt- schuldigt würden. ver Hiefenkaropf in Schweden . (Von unserem nach Schweden entsandten Mitarbeiter.) Stockholm , den 10. Llugust. Den Zeitungen ist nun das Lebenslicht für die Zeit, die der Generalstreik noch dauern wird, fast gänzlich ausgeblasen. Die Setzer arbeiten nicht mehr, die Drucker und die Hilfsarbeiter ebenso» wenig, und selbst die Zeitungsboten sind in den Streik getreten. So weit sich die Lage bis jetzt übersehen läßt, hat sich der Typographen» streik selbst auf die kleinsten Orte ausgedehnt. Man beHilst sich nun meist mit Maschinenschrist und Hektographen, um den Abonnenten einen ärmlichen Ersatz für den früher massenhaft hergestellten Lese« stoff zu bieten. Ein paar Blätter haben noch gedruckte Zettel herausgebracht, die jedoch kaum den 20. Teil des UmfangeS der bis» herigen Zeitungen haben. Die Lappen werden auf den Straßen für 10 Oere das Stück verkauft. Man reißt sich jedoch nicht darum; die meisten Leute begnügen sich damit, die Nachrichten an den ZeitungSgeschästen zu lesen, wo sie angeklebt werden. Die bürgerliche Presse benutzte ihre letzte Kraft dazu, den Streik im ZeitungSwesen nicht nur als einen ganz verwerflichen Vertragsbruch, sondern auch als ein schändliches Attentat auf die Preßfreiheit hin- zustellen. Die sich sonst am allerwenigsten für irgendwelche Volks- freiheiten begeistern konnten und vor allem der Arbeiterschaft alle Bewegungsfreiheit nehmen möchten, schreien nun natürlich am aller- ärgsten überTyrannei". Als das organisierte Unternehmertum feine Massenaussperrungen veranstaltete, um nach und nach Hunderttausenden von Arbeitern die Existenzmöglichkeit zu rauben, da hatte man für diesen Raub an der Essenö- und Lebensfreiheit, für diese Tyrannei kein Wort deS A b f ch e u S und der Entrüstungl Das fand man ganz in der Ordnung. UebrigenS hat ja die Ausdehnung des Generalstreiks auf die ZeitungS- und Buchdruckereien auch für die sozialdemokratischen Zeitungen diePrehfreiheit" aufgehoben, wenn man so sagen will. Das heute zum erstenmal erschienene Blatt deS LandeLsckretariatS der Gewerkschaften beschränkt sich im wesentlichen auf die wichtigsten Mitteilungen und Aufklärungen über die Entwicklung deS Niesen- kampfes, und so viel wird daS Unternehmertum, daS doch auch eine Anzahl gelernter Schriftsetzer und Drucker in seinen Reihen zählt, tvohl auch herausbringen können, wenn die Herren Prinzipale sich nur nicht scheuen, Hand ans Werk zu legen. Das Generalstreikorgan des LandcSsekretariatS, das kaum halb so groß ist wieSozialdemokraten", führt den TitelSvaret" Die Antwort". Es ist, wie der Generalstreik überhaupt, die Ant- toort der Arbeiterschaft Schwedens auf den MasfenauSsperrungS- krieg der Arbeitgebervereinigung und soll für die nächste Zeit auf alle Fragen deS NiefenkampfeS die rechte und zuverlässige Antwort geben. Es wird von einem besonderen Komitee deS Landessekretariats unter Leitung des Redakteurs Gerhard Magnussen redigiert. Alle Mitteilungen sind selbstverständlich sehr kurz ge- hallen, denn der Stoff, der gebracht werden könnte, ist ja viel um« fangreicher als der Raum, der zur Verfügung steht. Es wird in dem Blatt zunächst konstatiert, daß der sechste Massenstreiktag ebenso ruhig verlaufen ist, wie die vorhergegangenen. Ueberall im Lande herrschte dieselbe Ruhe und Ordnung. Auch in der Hauptstadt, ob- wohl hier das Unternehmertum durch den Versuch, die Straßenbahn mit Hilfe von Kontrolleuren und Söldlingen der.Schutzgarde" wieder in Betrieb zu setzen, die Geduld der Arbeiterschaft auf eine harte Probe stellte. Aber die Arbeiter wissen selbst", heißt eS in dieser kurzen Notiz weiter,daß sie ihrer Sache nur schaden würden, wenn sie die Besonnenheit verlören und sich durch die noch so schweren Provokationen reizen ließe». ES ist die Ruhe und die zähe Ausdauer, die den Sieg bringen sollen. ES ist die bekannte Selbstbeherrschung und die zähe Kraft des schwedischen Arbeiters, die die Schlacht gewinnen sollen. Darum haltet fest an der Ruhet" Nachdem eS hier im nördlichen Stadtteile Stockholms der Straßenbahngesellschaft gelungen ist, einige Wagen wieder in Gang zu bringen, glaubte auch ihre Schwestergesellschaft in Södermalm, dem südlichen Stadtteil, wieder ein bißchen fahren zu können. Aber die Kontrolleure bei dieser Straßenbahngesellschaft haben sich, im Gegensatz zu ihren Kollegen in Norrmalm . mit dem streiken» den Personal durchaus solidarisch erklärt und alle Versuche der Direktion, Streikbrecher zu werben, sind bisher ge- scheitert l Die Kapitalistenklasse macht natürlich fortgesetzt, wo eS in Schweden nicht mehr möglich ist, den Versuch, wenigstens im Auslande die Meinung zu erwecken, daß der Generalstreik bereits im Abflauen begriffen sei. Bald hier, bald dort sollen Streikende die Arbeit wieder aufgenommen haben. Es handelt sich hier um S ch w i n d e l- manöver. Kommt es vor, daß hier und da einige schwachmütige Leute ans der Arbeiterschaft die Arbeit wieder aufnehmen, so breitet sich andererseits der Massenstreik immer mehr aus. Um nur einen Beruf herauszugreifen, so hatten zum Beispiel von Anfang an bei 2700 Organisierten die Buchbinder Schwedens , über 3300 Mann stark, Arbeiter und Arbeiterinnen, die Arbeit eingestellt, aber ihre Verbandsabteilung Jönköping verhielt sich noch abwartend. Seit Montag befindet sich auch diese Abteilung einmütig im Streik. So geht eS in anderen Berufen auch; wo wirklich eine kleinstädtische Gruppe die Parole der allgemeinen Arbeitsniederlegung nicht sofort befolgte, geschieht es nachträglich. Die Begeisterung für den Niesen- kämpf, die Ueberzeugung von seiner Notwendigkeit ergreift immer größere Massen, und die Unorganisierten werden mitgerissen. Gestern abend hielten Stockholms Eisenbahner Ver- sammlung ab, um zum Generalstreik Stellung zu nehmen. Man hatte den zweitgrößten Saal tm Volkshause bestellt, er reichte aber nicht aus, man mußte den größten nehmen und auch er war ge- drängt voll. Die Eisenbahner sind offenbar auf dem Plan und kampfbereit. Die Abstimmung über den Vorschlag auf allgemeine Arbeitsniederlegung ist natürlich geheim, um jede Beeinflussung des einzelnen zu vermeiden. DaS Resultat wird, wie von allen Orts- abteilungrn deS Verbandes, dem Hauptvorstand überwiesen. Die bürgerliche Presse sucht die Meinung zu verbreiten, daß die Eisen- bahner Schweden» allgemein gegen den Streik seien. Dabei ist offenbar der Wunsch der Vater des Gedankens. Vielleicht liegen die schwedischen Bahnen eher still als man erwartet und befürchtet. Viel Geschrei wird von den Feinden der Arbeiterklasse auch über dir Arbeitsniederlegung der Landarbeiter gemacht. Der Erntestreik soll eine besondere Frivolität sein, als ob die bösen Sozialdemokraten damit dem Volke das Brot rauben wollten. Aber die Herren, die sich hier wiederum so besorgt um da» Volkswohl zeigen, brauchten ja nur die Massenaussperrungen, durch die sie selbst daS Volk zum Hunger verdammen wollten, aufzuheben und einen ehrlichen Frieden mit der Arbeiterklasse zu schließen, um Schweden und sich selbst vor weiterem Ungemach zu bewahren. Unter den Unternehmern gibt e» übrigens auch Leute, die mit dem Kampf der Arbeiterschaft sympathisieren, und selbst einzelne, die die» offen und in der Tat kundtun. So hat der Direktor eines Eisenhüttenwerke« in Gästrikland, der von Anfang an gegen die Aussperrung in der Hüttenindustrie war, den Arbeitern des Werkes mitgeteilt, daß. solange der Konflikt dauert und soweit der land - wirtschaftliche Nebenbetrieb der Aktiengesellschaft eS vermag, alle Arbeiter unentgeltlich Milch und Riehl erhalten und für dieselbe Zeit von der Miete für ihre Wohnungen be- f r e i t s e t n sollen. Zu den deutschen Blättern, die allerlei falsche und irreführende Nachrichten über die Lage in Schweden verbreiten, gehört auch das Berliner Tageblatt". Unter anderem ließ sich das Blatt neulich aus Stockholm telegraphieren, daß hier die Waffengefchäfte ihren Vorrat an Revolvern ganz und gar ausverkauft hätten. Es konnte dadurch der Sindruck erweckt werden, daß es die Arbeiterschaft wäre, die sich bewaffnet hätte, ium der bürgerlichen Gesellschaft den GarauS zu machen. In Wirklichkeit war eS daS Bürger- tum» da» in seiner schlotternden Angst vor Gewalt- taten die Massen von Mordgeräten aufkaufte. Im Anschluß daran, wurde dann als der einzig glückliche Umstand her- vorgehoben, daß in der Hauptstadt wie im Lande der Ausschank alkoholischer Getränke verboten ist, aber nicht mitgeteilt, daß die Arbeiterschaft selbst dieses Verbot gefordert hat. DaS schwedische Volk, namentlich das der nördlichen Landesteile, war früher einmal, bevor die Arbeiterbewegung ihren mächtigen Kultureinfluß geltend machte, wegen alkoholischer Exzesse, Messerstechereien u. dergl. berüchtigt. Dir Zeiten sind nun längst vorüber. Die Arbeiterschaft Schwedens hat erkannt, daß mir»in nüchternes Volk den großen Klassenkampf durchzuführen vermag, und wären die Behörden nicht freiwillig dem Verlangen auf Schließung der Branntweinstätten nachgekommen, die Arbeiter hätten Mittel und Wege gefunden, das Alkoholverbot zu erzwingen. Derselbe Korrespondent de»Tageblatts" spricht übrigens davon, daß die ersten Tage der allgemeinen Arbeits- niederlegnngziemlich" ruhig verlaufen feien. In Wirk- lichkeit ist die öffentliche Ruhe und daö bezeugen sogar die Polizeiberichte in Stockholm , Göteborg , Malmö wie überall im Lande größer als in gewöhnlichen Zeiten! Der Ernst de» Riesenkampfes hat sich auch auf die Elemente ausgedehnt, die sonst zu Straßenunruhen geneigt sind. Und diese Ruhe und Besonnenheit der Arbeiterschaft ist dauernd. Daß hier und da beim Militär Disziplinwidrigkeiten bor- kommen, daß man neulich, als man in einer Garnison die zu- verlässtgsien Leute auswählte, nur Sozialisten erwischte, und die fünfzig Mann ein Arbeiterkampflied anstimmten, das und der- gleichen kann der Bourgeoisie und ihrer Regierung nur als Mahnung dienen, auch ihrerseits den Kampf so ruhig und besonnen zu führen und zg beenden, wie es die Arbeiterschaft tut und tun will. *** Wir erhalten über die Lage vom Donnerstag folgend'e Privatdepefche: Stockholm , 12. August. Die organisierten Buchdrucker stellen einmütig im Streik. Nicht ein einziges Mitglied deS T»po- graphenvcrbandeS hat sich zum Streikbrecher hergeoiben. Dennoch wirkt der Streik nicht so intensiv wie erwartet, weil mit Hilfe von Faktoren usw. kleine Blättchen hergestellt werden. Die amtliche Zahl der Ausständigen ist heute mit 285 S77 bekanntgegeben worden. Die Angaben stammen meistens ans Arbeitgeberkreifrn und schon dieser Ilmstand rechtfertigt die Schätzung, das) mehr denn 300 000 Arbeiter am Kampfe beteiligt sind. Tie Unternehmer haben ein natürliche» Jntrresie daran, die Zahl der Ausständigen möglichst niedrig erscheinen zu Insien. Der verantwortliche Leiter der Uuternehinerorgauisation, v. S y d o w, hat die Unternehmer aufgefordert, Angaben zu machen, weil daS für die Nuternchmersache nützlich fei. Au« dieser Quelle stammen also die Gerüchte von derWirderauf- nähme" der Arbeit, die die Asfichen der bürgerliche» Presse fort- während melden. Der Zweck ist natürlich, die Arbeiter wanket- mütig zu machen? der Erfolg ist indc» bisher ausgeblieben. Keine Organisierte» und nur recht wenige Unorganisierte' sind zur Arbelt zurückgekehrt. Die Stimmung ist fest und ruhig. Soweit die Depesche, die den Situationsbericht unseres nach Schweden entsandten Mitarbeiters wirksam ergänzt. Die Arbeiter führen ihren Kampf mit zäher Ausdauer, ohne sich von den Maßnahmen der Behörden provozieren oder von den Schwindelnachrichten der bürgerlichen Presse sich in ihren iniinen wMelld mache» zu lassen Im»Maubuch" gibt der in Stockholm Keilende Dr. Rudolf Breitscheid ein objektives Stimmungsbild über die Haltung der AuS- ständigen. Im Gegensatz zu der deutschen Presse stellt Breit- scheid fest, daß die Waffenläden nicht von der Arbeiterschaft ausgekauft worden sind, sondern von den ganz unberechtigter- weise ängstlichen Bürgern. Sehr wertvoll sind Breitscheids Ausführunger; über die Frage desTarifbruches" einzelner Arbeiterkategorien. Nach- dem er festgestellt hat, daß die Unternehmer die Arbeiter- organisationen mit den Massenaussperrungen an die Wand drücken wollten, diese aber den Kampf auf- genommen haben, fährt er fort:Daß die Gewerkschaftler dabei manche formelle Rechtsbestimmungen gebrochen haben, daß speziell auch die kommunalen Arbeiter sich über Be- stimmungen kollektiver Arbeitsverträge hinweggesetzt haben, und daß staatliche Arbeiter und Angestellte in den nächsten Tagen möglicherweise ein gleiches tun, ist bedauerlich und mag nicht nur von dem Fanatiker des geschriebenen Rechtes verurteilt werden. Aber am Ende gibt es doch, wie das Verhalten der Regierungen in internationalen Fragen ge- nügend beweist, wichtigere Dinge als geschriebene Para- graphen; gibt es eine Moral, die stärker ist als die Moral der Verträge, und es will mir scheinen, als ob mau gerade bei der Kritik des schwedischen Kampfes mit der V e- rufung auf das formale Recht nicht aus- komme. Handelt eS sich um die Frage der Gleich- berechtigung der Arbeit e/r organisationen, handelt es sich um die Abwehr eines Versuches, die einzige Möglichkeit des wirtschaftlichen und kulturellen Auf st eigens der arbeitenden Klassen zu erschweren, so reicht der Maß st ab des Advokaten zur Bewertung der Parteien nicht au s." Wir empfehlen diese Ausführungen Breitscheids den deutschen Preßorganen zur Lektüre, die bereits ihren Stab über dieTarifbrüchigen" gebrochen haben, den Unter- nehmern aber, die den Tarifvertrag durch die Bestimmung über die Zulässigkeit der Massenaussperrungen während der Vertragsdauer zur Farce gemacht haben, nur Lob spenden. Es gibt eben Situationen der No tw e h r. Gegenüber dem Strauchdiebe ist schließlich auch nach bürgerlichen Rechts- begriffen selbst der Totschlag erlaubt, wenn es zur Erhaltung des eigenen Lebens notwendig erscheint. Gegenüber einem Unternehmertum, das der Arbeiterklasse die völlige Wirt- schaftliche Rechtlosigkeit aufzwingen will, und sich zu diesem Zwecke entsprechende Vertragsbestimmungen ausbedin�t, muß es zum mindesten erlaubt sein, mit dem gleichen Mittel zu antworten, auch wenn ig einzelnen Verträgen dieses nicht ausdrücklich erlaubt ist. DieGermania " bringt heute abend unsere Antlvort an di: Adresse derTägl. Rundsch." und deren Gesinnungsgenossen wegen der übereilten Notiz des Stockholmer Socialdemokraten". Sie findet unsere Antwortschwach" und will abwarten, waS wir noch zu sagen haben. Sie soll nicht vergebens warten. Vorerst wollen wir ihr und der übrigen bürgerlichen Presse verraten, daß unsere Stockholmer Kollegen die betreffende Notiz selbst nicht mehr in der Form aufrecht erhielten, nachdem sie unseren Artikel im Original gelesen hatten. In der letzten Ausgabe des Stockholmer Partei. blatte» vor der Arbeitseinstellung am Montag, den 0. d. M., er. klärt die Redaktion ausdrücklich den bürgerlichen Blättern Schwe­ dens , daß sie gegenüber den vielen Wahrheiten unsere» Artikels keinerlei Ursache habe, sich als.verfolgt« Unschuld auf. zuspielen". Vielleicht gibt die bürgerliche Presse Deutschlands ihren Lesern davon Kenntnis, daß die fragliche Noti, unseres Bruderorgans lediglich auf Grund der ir r eführr e n d e n Telegramme der Berliner Korrespondenten der arbeiterfeindlichen Presse Stockholm » zustande kam. Damit ist freilich die Notiz selbst noch nicht gerechtfertigt. Aber wir sind zurzeit nicht in der Lage, gegen ein Parteiorgan zu polemisieren. daS infolge deS allgemeinen Ausstande» nicht er- scheint, sich also nicht verantworten resp. verteidigen kann. DaS wird wohl jeder anständige Journalist auch in der bürgerlichen Presse ohne weitere» anerkennen können. » Proletarische Solidarität. Wie uns aus Hannover mitgeteilt wird, sind mi-Z den Lokalkaffen der dortigen Gewerkschaften bereits mehr als 10 999 M. zur Unterstützung deS schwedischen Generalstreiks bewilligt worden. Auch imHamburger Echo" sind bereits Beiträge aus den Lokalkassen der Hamburger GeWerk- schaften in Höhe von mehr als 19999 M. quitttert worden. Auch die Nürnberger Gewerkschaften haben bereits mehrere tausend Mark abgeführt. politilcbe deberfiebt. Berlin , den 12. August 1909, Defizit über Defizit. Die HaushaltungSrechmmg des Deutschen Reiches wird für daS vom 1. April 1908 bis zum 31. März 1999 reichende Finanzjahr 1993 voraussichtlich mit einem enormen Defizit abschließen. DaS ergibt sich schon daraus, daß das Reich?- schatzamt es für nötig hält, durch die Presse auf ein solches FinanzergedniS vorzubereiten. So bringen dieVerl . Pol. Nachr." folgende Aenßerung über den voraussichtlichen End- abschluß der Reichshauptkasse: Der Abschluß wird hauptsächlich wegen der Höhe des F e h l- betrages interessieren. Daß ein solcher Fehlbetrag vorhanden sein wird, ist leider sicher. Schon au» den bisher veröffent- lichten Ergebnissen der hauptsächlichsten Einnahmen des Reiches ist darauf mit Sicherheit zu schließen. In erster Reihe wird die Reich?- lasse selbst einen Fehlbetrag aufweisen. Selbst wenn davon an»- gegangen wird, daß bei den Ausgaben der beträchtliche Posten der Einlage in den HinterbltebenenverftcherungS-FondS m i t rund öS Millionen Mark wird gespart werden können, weil sich entsprechende Mehreinnahmen bei den land- wirtschaftlichen Zöllen gemäߧ IV deS ZolltarifgesctzcS nicht oder fast nicht eingestellt haben, wird dieser Fehlbetrag sich immer ans üb» 100 Millionen Mark belanfcn. Ebenso schlecht wird sich da» finanzielle Verhältnis zwischenRcich und Einzel st aaten für 1003 gestalten. In den Etat für 1903 waren die Matrilularumlagen mit über 100 Millionen Mark höher eingesetzt als die UeberweisungS - steuern. Die tatsächlichen Einnahmen der letzteren haben an diesem Verhältnis wenig geändert. ES bleibt also dabei, daß beim Finalabschluß für 1008 da» Mehr der Matrikular- Umlagen über die UeberweisungSsteuern sich auf über 100 Millionen Mark belaufen wird. Glücklicherweise werden hiervon die Einzelstaaten nur etwa» über 2» Milltoncn Mark tatsächlich an da» Reich zu zahlen haben, well da» neue