dessen wurde die Maschine von einem jungen Burschen gestohlen.!Als P. wieder zurückkehrte, nahm er die Versolgung des Taters so-fort auf und es glückte ihm auch, den Flüchtling, der nicht einmalauf dem Rade fahren konnte, zu erreichen. Er liest ihn festnehmenund bei der Vernehmung entpuppte sich der Verhaftete als ein schonlängst gesuchter Fahrradmarder, der dies Metier gewerbsmäßig bc-trieb. Auf das Konto deS Burschen sind wahrlckeinlich alle diezahlreichen Fahrraddiebstähle zu setzen, die in letzter Zeit in dennördlichen Stadtteilen verübt wurden.Aus der Unglückschronik. Donnerstag abend fuhr der 17 Jahrealte Dreiradfahrcr Andrü Sceger am Lustgarten gegen einen Roll«wagen. Seeger und der hinter ihm sitzende IS Jahre alte Haus-diener Fritz Kurtz wurden vom Rade geschleudert und erlitten dereine eine Wunde über dem linken Auge und der andere eineQuetschung des linken Fußes. In einer Droschke brachte manbeide nach der königl. Klinik in der Ziegelstraße, wo manihnen die ersten Verbände anlegte.— Im hilflosen Zu«stände wurde Donnerstag nachmittag ein etwa LS bis30 Jahre alter, anscheinend dem Mittelstände angehörenderMann auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor, hilflos auf demBürgersteig liegend, aufgefunden. Da er nicht wieder zumBewußtsein kam. schaffte man ihn in einer Droschke nach derCharitö, wo der Arzt ein schweres Nervenleiden feststellte und ihnaufnahm. Legitimationspapiere führte der Unbekannte nicht bei sich.— Beim Ueberschreiten des FahrdammeS bor dem HauseSpandaner Str. 51 wurde abends der wohnungslose 46 Jahre alteArbeiter Gustav Gran durch einen Omnibus der Linie 3überfahren. Mittels Kraftdroschke brachte man ihn nach derUnfallstation in der Keibelstraße, wo der Arzt eine Brust-guctschung und einen linksseitigen Rippenbruch feststellte und denSchwerverletzten nach dem Krankenhause am Friedrichshainbringen ließ.— In einem Schanklokal in der Reichen-berger Straße trank abends der 2ö Jahre alte Arbeiter Hans R.Bier, in das er Lysol gegossen hatte. Herbeigerufene Schutzmännerflößten ihm Milch ein und brachten ihn mittels Droschke nach demKrankenhause am Urban. Man hofft, ihn am Leben zu erhalten.Arbeitslosigkeit soll ihn zu der Tat veranlaßt haben.Vor dein Grundstück Markgrasendannn 24 sollte am Donnerstagvormittag mittels eines durch eine Kette an einem Bockgerüst be-festigten Flaschenzuges ein gemauerter Einsteigeschacht(sogenannterBrunnen) der Kanalisation aus der Baugrube gehobenwerden. Beim Anheben zerriß die Kette, weil nach Auslagenmehrerer Zeugen das Mauerwerk noch nicht vom Erdboden getrenntwar. Der an der Baugrube stehende 43 Jahre alte MaurerpolierAugust TitiuS, Swinemünder Straße 26 wohnhaft, wurde von derzerrissenen Kette getroffen und trug eine biö auf den Knochen gehende15 Zentimeter lange Wunde auf dem Vorderkopf davon. Nachdemihm ein Arzt die erste Hilfe geleistet hatte, wurde er in einemKrankenwagen nach seiner Wohnung gebracht. Die Schuld soll dendie Aufsicht führenden Tiefbauleiter treffen, sagt der Polizeibericht.Ei» tödlicher Automobilunfall ereignete sich am gestrigen Freitagvormittag gegen V�10 Uhr ain Vliicherplatz. Zur genannten Zeitverließ an der Halteitelle am Johannistisch eine etwa vierzigjährige,den besseren Ständen angehörende Frau den Motorwagen Nr. 2275der Straßenbahnlinie 15. Als die Dame bereits den Bürgersteigerreicht hatte, sauste die Antomobildroschke Nr. 9134 heran und suhrso dicht an der Bordschwelle vorbei, daß die Frau umgestoßen wurdeund unter den Kraftwagen geriet, dessen Räder über die Unglücklichehinweggingen. Mittels desielben Autos wurde die Bedauernswertenach dem Krankenhause Am Urban gebracht, starb aber bereits ausdem Transporte dorthin. Die Personalien der Getöteten konntenbisher noch nicht festgestellt werden.Eine Monatskarte der Stadtbahn, auf den Namen Emma Kaullautend, hat ein Leser unseres Blattes gefunden und möchte sie derVerliererin gern wieder übermitteln, weiß aber die Adresse nicht.Wer Anspruch daraus erheben kann, soll sich an Witt, Triftstr. 53wenden.Feuerwchrbericht. Gestern abend wurde die Feuerwehr nachder Spandauer Straße 51/55 alarmiert. Bor dem Nathause war einMann von einem Omnibus überfahren worden. Der Verletzte wurdenach der nächste» Unfallstation geschafft und dort verbunden. Nachtsum 1 Uhr brannten Kameruner Str. 46 Preßkohlen u. a. im Keller.In einer Schneiderwerkstatt in der Großen Frankfurter Straße 37brannten Stoffe. Papier u. a. und in der Schönholzcr Straße 19gleichzeitig Gardinen usw. Wegen eines Teerbrandes wurde dieWehr nach der Hagenau« Straße 4 alarmiert. Ferner kiesen AlarmeauS der Straße Alt-Moabit 37 u. a. Stellen ein.Ein großer Dachstuhlbrand kam gestern früh um 4>/, UhrauS noch nicht ermittelter Ursache in der schönen Villa des BankiersMax Abel, Hitzigstraße 10. Ecke Tiergartenstraße, zum Ausbruch undäscherte den Dachstuhl zum größten Teil ein. Der Brand wurde erstbemerkt, als er schon eine große Ausdehnung erlangt hatte. Der12. Zug löschte die Flammen mit mehreren Schlauchleitungen vonDampsspritzen. Der Schaden ist sehr erheblich, aber versichert.Vorort- f�admcdten»Schöneberg.Dir Auslosungen der Bezirkt, in denen zu der im Herbst statt«sindenden Stadtverordnetenwahlen Hausbesitzer zu wählen sind.haben nunmehr ihre Erledigung gefunden. In der dritten Abteilungscheiden vier Hausbesitzer und vier Mieter auS; es sind dies dieHausbesitzer P o r s ch. 3. Bezirk; Po lenz. 4. Bezirk: W o t f r a m m.g. Bezirk; B i S m a r k. 0. Bezirk; ferner die Mieter Bandmann.2. Bezirk; F r i tz s ch, 4. Bezirk; Wolle, mann. 7. Bezirk;H o f f m a n n. 9. Bezirk. Neu zu besetzen find jetzt der 3.. 4.. 7.und 8. Bezirk mit je einem Hausbesitzer, während der 2. und4, Bezirk je einen Mieter wählen und der 9. Bezirk deren zwei zuwählen hat. Eine Veränderung ist mithin im 7. Bezirk insoferneingetreten, indem dort ebensallS ein Hausbesitzer zur Wahl steht.Im 9. Bezirk dagegen sind zwei Mieter ins Parlament zu e»t-senden. Der Termin, an dem die Wahlen stattfinden, ist noch nichtbekannt gegeben; ebenfalls stehen die Wahllokale noch auS. Nun«mehr gilt eS für jeden, feine volle Schuldigkeit zu tun. damit dieSozialdemokratie aus dem bevorstehenden Wahlkampfe gestärkthervorgehen kann.Die Sfl.llungnahme der Sozialdemokratie zur Schule behandeltein einem Vortrage ReichstagSabgeordneier Genosse Eichhorn inder letzten WahlvereiiiSversammlung. Ausgehend von den Anfängender K'osterschulen schilderte der Vortragende die EntWickelung unsererBolisschuleu. Seine Ausführungen gipfelten darin, dost unsereForderungen der unentgeltlichen, konfessionslosen und Einheitsschuleourch Eindringen in Staat und Gemeindeverwaltung um so mehrder Verwirklichung nahe gebracht werden müssen, als die heutige Ge-meindeschule von den herrschenden Klaffen zur Befestigung ihrerHerrschaft mißbraucht wird. Der persönlichen Ansicht des Referenten, dieKinder besonders bezüglich der Religion nicht dadurch in Gewissens«konflikte zu bringen, daß man Lehren der Schule in vielleicht takl-loser Weise korrigiert, wurde in der sich nur in diesem Punkte be-wegenden Diskussion lebhast widersprochen.— Vom Borsitzendenwurde dann auf die am 19. September stattfindende Auffuchung derWähler hingewiesen.— Die am 5. September geplante Volks-Versammlung auf dem Ausstellungsgelände im Friedenaner OrtSteilsoll erst nach dem Parteitag abgehalten werden.— Der in derletzten Versammlung eingebrachte Antrag Schäfer wurde dem Kreiseüberwiesen.Charlottendnrg.Ueber den Scltstmord der beide» Gymnasiasten Brück undSlalla wird noch berichtet: Unzweifelhaft lag sowohl bei demObersekundaner Adolf Brück wie bei dem Unterprimaner KurtSralla eine seelische Depression bor. die durch Vorgänge in derSchule hervorgerufen zu sein scheint. Allerdings kam bei Brückhinzu, daß er infolge von Jugendverirrungen an einem geistigenDefekt litt, während Skalla von der fixen Idee befallen war, daß ereinst von derselben Krankheit befallen werden würde, wie seineMutter, die seit acht Jahren an Rückenmarlslähmung leidet.Nixdorf.Zwischen dem„Israelitischen Brüderverem" und der.IsraelitischenReligionsgemeinde zu Nixdorf' scheint eine heftige Konkurrenz zubestehen. In einer Bekanntmachung der Jsraelittschen ReligionS-gemeinde werden die Mitglieder und Interessenten an diejenigenStellen verwiesen, an denen sie zum Gottesdienst an den bevor-stehenden hohen Festtagen Einlaßkarten zum Preise von 2—5 M.erhalten können. Nachdem das geschehen, wird weiter mitgeteilt, daßdie von dem Israelitischen Brüderverem erlassene Anzeige, wonacher zu den hohen Festtagen einen„Oberkantor' aus Königsberg i. Pr.engagiert habe usw., nicht den Tatsachen entspricht, denn der be«treffende Herr sei weder Oberkantor, noch habe er als solcher inKönigsberg i. Pr. oder anderweitig in Deutschland fungiert, sondernderselbe sei feinem Berufe nach Schauspieler--- Die Notizbezweckt offenbar, dem Israel. Brüderverein die Besucher seinesGottesdienstes zu verscheuchen. Wenn die Interessenten jedoch ernst-hast darüber nachdenken, werden sie finden, daß gerade der Um-stand, daß der angebliche Oberkantor ein Schauspieler ist, Garantiedafür bietet, daß' seine Leistungen den Erwartungen entsprechenwerden.Zehlendorf(Tcltow-Beeskotv).In der Gcmeindevertretersitzung wurde zunächst mitgeteilt,daß der Gemeindevertreter Kunow aus Gesundheitsrücksichten seinMandat niedergelegt habe. Eine längere Debatte entspann sichüber die Ueberlassung des DubrowplatzeS für einen Kirchenbau.Im Dezember 1908 war die Ueberlassung deS Platzes vorbehaltlichdes Ergebnifles weiterer Verhandlungen beschlossen worden. DerGemeindekirchenrat hatte ein Bauprojekt mit zwei Grundrissenverschiedener Größe übersandt. Der auf Grund des Ortsstatutsgebildete Ausschuß gegen die Verunstaltung von Ortsteilen istnach Besichtigung des DubrowplatzeS einstimmig zu der Auffassunggekommen, daß der Kirchenbau auf dem Dubrowplatz nicht ratsamsei. Auch die Vertretung kam zu der Ueberzeugung, daß ausSchönheitsrücksichten der Dubrowplatz sich zum Bau einer Kirchenicht eigne. Es wurde denn auch beschlossen, den Platz derKirchengemeinde nicht zur Verfügung zu stellen. Es wäre zuwünschen, daß diese Rücksicht auf schöne Plätze nicht nur in dieserGegend der schwerreichen Leute, sondern auch in Orten, wo dieArbeiterbevölkerung zusammengedrängt ist, geübt würde. Insofernist dieser Beschluß zur Nachahmung empfohlen.Der Bürgersteig an der Bahn, in der Machnower Straße, sollverbreitert werden. Die Notwenoigkeit bestand schon lange, dochwar der Eisenbahnfiskus nicht zur Ueberlassung deS hierzu er-forderlichen Geländes zu bewegen. Neuere Verhandlungen habennun zur pachtweisen Ueberlassung geführt. Bei der Verbreiterungsoll auch der Zugang zum Fernbahnhof etwas modernisiert werden.Die Ausführung eines guten Zuganges zum Fernbahnhof wäreunseres Erachtens Sache des Eisenbahnfiskus. Die Kosten dieserganzen Umänderung sollen sich auf 3500 M. belaufen. Ange-nommen wurde ferner ein Antrag, den noch ungepflasterten Teilder Köuigstraße, westlich von der Düppelstrahe, mit Spaltsteinenaus der alten Einfahrt zur Pumpstation zu pflastern, sowie einigenotwendige Reparaturen vorzunehmen. Die Kosten betragen 3100Mark. Für den weiteren Ausbau der Kanalisation wurden175 000 M. aus Anleihemitteln bewilligt. Wie mitgeteilt wurde,ist der Einspruch Hasenpatt gegen die Wahl des GemeindevcrtretersLange erledigt. Herr Hasenpatt hat den Einspruch zurückgezogen.Man scheint sich gut Wetter für die nächstjährige Gemeindewahl zusichern. Der Gewerbeverein bittet, daß beim Bau des Direktor»Wohnhauses die hiesigen Gewerbetreibenden berücksichtigt werdenscllen. Herr Lange beschwerte sich noch darüber, daß nach derStellungnahme des Provinzialratcs den Gemeindcschullehrern vonZehlendorf nur eine Mietsentschädigung von 450 M. festgesetztsei. Er weist darauf hin, dah nach dem Gesetz der Lehrer Anspruchauf vollgültige Entschädigung für eine nicht gewährte Dienstwohnung habe, und daß bei den Zehlendorfer Verhältnissen einevernünftige Wohnung für 450 M. nicht zu haben ist. Wir sindderselben Meinung wie Herr Lange. Nur möchten wir diese An-rcgung auch auf die niederen Beamten ausgedehnt wissen, denendie Wohnungsbeschaffung bei ihren geringen Bezügen noch größereSchwierigkeiten bereitet.(Srost-Lichterfelde.Am Dienstag sprach Genosse Eduard Bernstein vor einer stark«besuchten Volksversammlung über Religion. Christentum und Staats«kirche. Von der eingeladenen Geistlichkeit waren die Pastoren Stolte,Grieneisen und Steinemann erschienen. An den mit lebhaftemBeifall aufgenommenen Vortrag, in dem besonder? die Staats-bezw. Landeskirche, die Kirche der Fürsten und herrschenden Klasse.eine scharfe Kritik erfuhr, schloß sich eine lebhafte Diskussion. PfarrerStolte sprach mit großer Zurückhaltung und gab von vornherein zu,daß gegen die zum größten Teil kritisch-wissenschastlichen Ausführungendes Referenten schiver anzukämpfen fei. Im übrigen freue es ihn,vor sozialdemokratischen Zuhörer», die er ja in der Kirche doch nichtzu sehen bekomme, seinen Standpunkt vertreten zu können. Erhalte die Religion für ein uiiausrottbareS Bedürfnis; jeder Menschbrauche ein religiöses Empfinden. Weder die Religion noch die Kirchesei überflüssig. Er gebe zu, daß von der Kirche viele Fehler be-gangen worden seien und deshalb eine Reformierung derselbennotwendig erscheine. Es sei allerdings ehrlicher, aus der Landes-kirche auszuscheiden, als gegen seine Ueberzeugung derselben nochweiter anzugehören. Nachdem noch die Herren Zimmer undBöttcher sich scharf gegen die Reaktion auf religiösem und kirch«lichem Gebiete ausgesprochen, nahm Genosse Bernstein daS Schluß-wort, in dem er besonders auf die Landeskirche als Machtmittelder herrschenden Klasse zur Förderung der Interessen derselben hin-wies und die Anwesenden, die mit dem alten Glauben und derKirche innerlich gebrochen, ausforderte, auch äußerlich daS Band zuzerreißen und aus der Landeskirche auszuscheiden. Nach Schluß derVersammlung unterzeichneten eine große Zahl der BersammlungS-teilnehmer die ausliegenden AuStrittsfornmlare.Tempelhof. Mariendorf.Die Ferieuspiele, die in diesem Sommer unter Leitung vonMitgliedern der Freien Turnerschast aus dem ehemaligen Preußen-Sportplatz abgehalten wurden, finden am kommenden Sonntag, den5. September, ihren Abschluß. ES ist für diesen Tag ein Ausflugnach Blankenfelde in Aussicht genommen, wo ein Avschiedsspielfeitveranstaltet werden soll. Die Elten, werden gebeten, ihre» Kinderndie Teilnahme daran zu ermöglichen und sich auch selbst an demAusflug zu beteiligen. Treffpunkt: bisheriger Spielplatz„Preußen-Sportplatz" mittags>/,! Uhr; Abfahrt: Bahnhos Marien-dors 1.30 Uhr nach Mahlow; von da aus zu Fuß nach Blankenfelde.Treffpunkt für Nachzügler: Restaurant Schröder-Blankenselde. DasSpiel am Sonntagvormittag fällt somit aus.Tpandau.Stadtverordnetenversammlung. Bor Eintritt in die Verhandlunggelangte ein Schreiben vom Ortsverein der Deutschen GeWerk-vereine(Hirsch-Duncker), vom katholischen Arbeiterverein und vomevangelischen Arbeiterverein zur Verlesung, welches sich gegen dieunlängst von der Stadtverordnelenversaminlling beschlossene freieListenwahl zu den Gewerbegerichten wendet. S,e wünschen die Ein-sührung der gebundenen Listenwahl. DaS Schreiben wurde dembetreffenden Ausschuß überwiesen.— Eine dringliche Vorlage betr.Bewilligung von 5000 M. zur Anfertigung eines zweiten Projektsfür den RathauSnenbau wurde nach kurzer Debatte angenommen.—Eine längere Debatte zeitigte der Etat der Straßenbahn. Dieser Etatist aufgestellt für die Zeit vom I.Juli 1909, an welchem die Straßen-bahn in städtischen Besitz übergegangen, bis zum 31. März 1910.Er balcmziert in Einnahme und Ausgabe mit 434 800 M. DieEtatskommission schlug vor, an dem Etat, der nach der bisherigenBetriebsgepflogcnheit der Allg. ElektrizitälS-Gesellschaft aufgestellt, indiesem Jahre nichts zu äildern, da man noch gar keine Erfahrungenbesitze. Als jedoch die Positionen über die Löhne und über die Dienst-einteilung verlesen wurden, da konnte die sozialdemokratiscke Fraktiones doch nicht über ihr Herz bringen, die Sache so unerörtert vor-übergehen zu lassen. DaS AnfangSgehalt beträgt monatlich 85 M.und steigt von zwei zu zwei Jahren bis zum Höchstgehalt von106 M. inkl. 2 Proz. Tantieme von der Einnahme aus den Zahl-kästen, die etwa 12 M. monatlich betragen. Diese Tantiemewird aber erst gezahlt, wenn die Anstellung als Wagen-führer erfolgt, was ungefähr nach zwei Jahren ge-schicht. Außerdem werden noch Weihnachtsgratifikationen von20 bis 50 M. gewährt. Die Leute haben inklusive der Pauseneinen durchschnittlichen Dienst von etwa 12—15 Stunden. GenossePieck wandte sich ganz energisch gegen die gänzlich ungenügendeBezahlung. Er verlangte Erhöhung der Löhne und eine andereDicnsteinteilung, nach welcher die Wagenführer nicht so viel,aber längere Pausen erhalten. Unterstützt wurde GenossePieck von dem Stadtverordneten T i e tz e. Allein dieMehrzahl der Stadtverordneten will es für dies Jahr beim altenbelassen und genehmigte den Etat. Man will im nächsten Jahredie Löhne der Straßenbahnangestellten aufbeffern. Zur RegulierungdeS Bahnhofsvorplatzes erteilte die Versammlung ihre Genehmigungund bewilligte hierzu die Mittel in Höhe von 118 750 M. GenossePieck bemängelte bei dieser Vorlage, daß die Stadt dem Eisen-bahnfiskus die alten Pflastersteine für 4000 M. abkaufen soll.Bei Errichtung de? Denkmals für Wilhelm I. habe sichder Fiskus den Platz schön mit 5000 M. bezahlen lassen.— Der Berein für Kinder- und Jugendschutz hatte sichan die Stadtverwaltung mit den, Ersuchen gewendet, denvon der Stadt gewährten Jahresbeitrag von 300 M. für Be-schaffung einwandfreier SäuglingSmilch auf 1000 M. zu erhöhen.Die Armenkommission bat diesen Betrag aber auf 600 M. herabgesetzt. Stadtv. D u cksch beantragte, 1000 M. zu bewilligen.Diesem Antrage gaben die Stadtverordneten Schmidt I undPieck ihre volle Zustimmung. Als der Stadlverordnete Härta eingroßes Geschrei erhob, daß diese SäuglingSmilch von der FirmaBolle-Berlin bezogen wird und verlangte, daß man die SpandauerMolkereibesitzer berücksichtige, erklärte Genosse Schmidt I. daßdann erst die Spandauer Molkereibesitzcr ihre Ställe und ihre Milchunter ärztliche Kontrolle stellen mögen. Die Versammlung er-höhte den Jahresbeitrag auf 1000 M. Genosse Schmidt lregt auch an, hier in Spandau eine ärztliche Beratungsstellewie in anderen Städten einzurichten.— Die Versammlung be-willigte einen Jahresbeitrag von 1000 M. an den Volksheilstätten-Verein vom Roten Kreuz zwecks Errichtung einer Freistelle für dieStadt Spandau. Ein vom Genossen Schmidt I gestellter Antrag,den BolkSheilstätten-Berein anzugehen, hier eine Heilstätte im Stadt«walde einzurichten, da es mit der schon seit Jahren besprochenenWalderholungsstätte doch nichts zu werden scheine, wurde gegen dieStimmen der Sozialdemokraten abgelehnt.— Die Vorlage betreffendGenehmigung deS 1. Nachtrags zum Gewerbegericht, der dieEinführung der Listenwahl betrifft, wurde zurückgezogen,wahrscheinlich in Rücksicht auf daS eingangs erwähnte Schreibender Hirsch-Dunckerschen und anderen Vereine. Der Referentdieser Vorlage, Genosse Pieper war nicht anwesend.— ZurUnterstützung der Bestrebungen zur Bekämpfung der Schund- undSchmutzliteratur wurden 75 M. bewilligt. ES soll ein Flugblatt fürdie Eltern der Schüler herausgegeben. Genosse S ch m i d t I be-mängelt, daß in der Volksschule die Bildung vernachlässigt wird,indem man den Schülern keine Kenntnis von den Klassikern undbesseren Schriften beibringt. Er wünscht auch, daß eine zweiteVolksbibliothek in der Wilhelmstadt errichtet wird.— Tin Teil derVorlagen wurde wieder wegen vorgerückter Zeit vertagt.Potsdam.Zum Bornimer Raubmord.Der Mörder der früheren Opernsängerin Rudolphl to Bornim,Schriftsetzer Hackradt, der auf freiem Felde bei Obermenzing inBayern verhastet wurde, hat eingestanden, die Bluttat mit vollerUeberlegung ausgeführt zu haben. Bei seiner in München erfolgtenVernehmung gab er an. daß er zur Deckung von Unterschlagungeneine größere Summe Geldes gebraucht habe, und um sich diese zuverschaffen, habe er beschlossen, die Witwe Rudolphs zu berauben,da« sie für vermögend hielt. Nachts habe et sich an das Bett derSchlafenden geschlichen und ihr von hinten«ine Kugel in den Kopfgejagt. Kurz nach der Tat sei« verscheucht worden und habe unterZurücklaffung seiner Kleider flüchten mllffen. Roch in der Mord-nacht sei er von Potsdam weggefahren. Auf seiner Flucht habe eram Dienstag Bamberg erreicht, von wo er am späten Abend nachMünchen weitergefahren sei. In den Nestaurationsräumen desdortigen Hauptbahnhofs habe er, da er großen Hunger gehabt, etwaszu sich genommen. Er fei jedoch ohne alle Geldmittel gewesen und habedeshalb die Kellnerin mit dem Revolver bezahlt, mit dem er FrauRudolphi getötet habe. Im Hauptbahnhofe habe er auch übernachtetund sich am Mittwoch morgen aus Furcht vor Entdeckung auf denWeg gemacht, um von München fortzukommen. In der Bahnhofs-restauration aß er sämtliche Brötchen au« dem Korbe, der ihm vor-gesetzt worden war. Als ihn die Kellnerin darauf aufmerksammachte, daß er die Brote bezahlen müßte, warf er den Revolver mitder Bemerkung auf den Tisch, er habe kein Geld bei sich.Gestern früh wurde Hackradt nach Potsdam ttansportiert.In einer überfüllten Volksversammlung, wie sie kaum zur Zeider Reichstagswnhlbewegung zu verzeichnen war, referierte GenosseK. Liebknecht über die gegenwärtige politische Lage, speziell dieneuen Steuern. Redner kam nach Schilderung der letzten parlamen-tarischen Vorgänge und des Verhaltens der bürgerlichen Parteienund der Regierung zu dem Entschluß, daß die herrschenden Klassenin Deutschland im Dreiklassenparlament PrcnßenS zu suchen seien.Gegen daS Wahlrecht dieses Parlaments anzukämpfen, müsse eineHauptaufgabe der Sozialdemokratie fein. Der Erttag einer zumSchluß vorgenommene» Tcllcrsammlung wurde den im Generalstreikbefindlichen schwedischen Arbeitern überwiesen.IugenÄben>egung.Noch mehr Pcrmuckerung der Jugend.Die„Christlichen Jünglingsvereine' in Berlin sind von demErfolg ihrer Arbeit nicht recht befriedigt. Die Jugendlichen, dieunter dem Einfluß des Konfirmandenunterrichts in den Jünglnigs-verein eintreten, kehren ihm bald den Rücken. Sechzehn-, Siebzehn-jährige, die ja das wirtschaftliche Elend bereits zu kosten bekommenhaben, sind so leicht für die JünglingsvereinSsache nicht zu ge-Winnen. Bor einiger Zeit hat sich nun in Berlin ein evangelisches„Komitee für die Arbeit an den jungen Männern Groß-BerlinS'gebildet, das sich u. a. die Aufgabe gestellt hat. eine großzügigeAgitation für die Jünglingsvercine zu entfalten. Mittel zu beschaffen.um für jeden Jünglingsverein einen Sekretär anzustellen und Räumeeinzurichten, die tagsüber geöffnet sind. In der Tat gibt eS jetztschon einige Jüngliugsvereine mit ziemlich geringen, Mitglieder-bestand(zirka 100). die einen angestellten Berufsarbeiter haben.Alle diese verzweifelten Anstrengungen, die eine schöne SummeGeld verschlingen, werden den Herren Mucken, aber nichtsnützen. Auch dann nicht, wenn da« Mitbestimmungsrecht derJugendlichen in den Jünglingsvereinen erweitert werdensollte, wie eS bereits hier und da geschehen ist. Unter dem Ansturmder freien Jugendbewegung hat ja daS alte Verhältnis, daß derHerr Pfarrer oder sonst ein.Alter' alles, die Jugend aber nicht?