örtlichen Gewerkschaftsfilialen den Boykott der bürger- lichen Blätter beschließen. Ganz besonders auch die Stockholmer Gewerkschaften sind entschlossen, einen Teil der bürgerlichen Blätter zu meiden. Die Arbeiter erklären einmütig, Blätter nicht durch Abonnements und Inserate unterstützen zu wollen, die ihnen während ihres schweren Kampfes infso schamloser Weise in den Rücken fielen. Das ist durchaus zu begrüßen. Die ausländische Arbeiterschaft kann auch in dieser Beziehung ans dem schwedischen Kampfe Lehre» ziehen! Die sogenannten „unparteiischen" Blätter standen in diesem Kanipfe an Schmutzfinkereien gegenüber der Arbeiter- schaft durchaus nicht hinter der ausgesprochen reaktionären Presse zurück. Das Unternehmer- organ„Stockholms Dagblad" hat gewiß mit aller Entschieden- heit und unter Aufbietung aller korrupten Hilfsmittel die Arbeiter bekämpft. Aber niehr hat es auch nicht gelogen als die„unparteiisch-liberale"„Stockholmstid- Hingen deren Redaktion die Unverfrorenheit besaß, einer seit 17 Jahren am Blatte tätigen Kun st kritikerin ohne weiteres die Entlassung zuzusenden, weil sie in der- w a n d ts ch a f t lichen Beziehungen zu einem der Arbeiter- führer steht. Also nicht einmal ihre eigene Ueberzeugung war für die Entlassung matzgebend, in dieser Beziehung konnte sie auf denr neutralen Gebiet ihrer Mitarbeit mit der„liberalen" Redaktion gar nicht in Kollision geraten. In politischer Be- ziehung ist die betreffende Schriftstellerin überhaupt nie in den Vordergrund getreten. Das jetzige Frohlocken der büraerlichen Presse über die Schimpfkanonaden. die in den Anarchistenversammlungen jetzt gegen die Streikleitung, wie bisher gegen die sozialdemokratische Partei losgelassen werden, ist überaus typisch für die Verrohung jener Presse. Als im Juni dieses Jahres das wahnwitzige Attentat auf den General Bcckman verübt wurde, konnte die bürgerliche Presse nicht genug Entrüstung heucheln— jetzt tutet sie mit Vergnügen in das gleiche Horn, wie jene Konfusionsräte, die der sozialdemokratischen schwe- bischen Arbeiterbewegung nur den größten Schaden wünschen. Diese Geistesgemeinschaft ist äußerst lehrreich. Gleiche Vögel. gleiche Federn. Das schwedische Proletariat tut gut. diese Presse aus den Proletarierwohnungen zu bannen. Die jetzigen Boykott- beschlüsse zeigen, daß die schwedischen Arbeiter das erkannt haben und aus ihrer Erkenntnis die Konsequenzen ziehen. Aber wie steht es in Deutschland ? Mögen auch die deutschen Arbeiter die Lehre beherzigen, die Schweden hier gibt. Hinaus mit der Presse der Gegner aus dem Arbeiterheim. ein jeder bestelle sofort die Arbeiterpresse! Sie Malitaten In lilklczyn. In der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, in der au? Anlaß eines Antrage? der sozialdemokratischen Fraktion über die schweren Ausschreitungen des Pastors Breithaupt gegen Berliner Fiirsorgezöglinge verhandelt wurde, b e st ä t i g t e Herr Bürgermeister Reicks im wesentlichen unsere schweren Anklagen gegen Breithaupt auf Gruüd eines Protokolls, das eine nach Mielczhn entsandte Kommisston aufgenommen hat. Dieses Protokoll ist aber trotz seines für Herrn Breithaupt vernichtenden Inhalts sehr lücken» hast und gibt keineswegs ein vollständiges Bild von der„Wirksamkeit" des ErziehungSpastorS. Das ist auch ganz er- klärlich. Der Kommisston mußten bei der Vornahme ihrer Unter- suchung eine Reihe Vorkommnisse entgehen, die nur der ermitteln kann, der davon Kenntnis hat und der dementsprechend seine Dispositionen trifft. Dazu kommt, daß die Untersuchung nur teilweise die Brutalitäten berücksichtigen konnte, die an aus der Anstalt geflohenen Zöglingen verübt worden sind und das sind eine ganze Anzahl. Weiter ist zu berücksichtigen, daß die Untersuchung sich auch nicht auf Wahrnehmungen von erwach- senen, nicht in der Anstalt tätigen Personen erstrecken konnte. Das soll kein Vorwurf für die Kommission sein, sondern nur erklären, daß das von ihr ermittelte Ergebnis unvoll- ständig sein muß. Das erklärt auch, daß Herr Reicke auf die Bemerkung unseres Genossen Singer über die Bornahme der Fußbastonnade antwortete, diese Behauptung sei nach den Akten nicht erwiesen. Wenn auf die Fußsohlen geschlagen worden sei, so nur aus Versehen. Herr Bürgermeister Reicke scheint dem an sich falschen Grundsatz zu huldigen: Was nicht in den Alte» steht, existiert nicht! Von dieser Meinung sollte sich der Herr Bürgermeister im vor- liegenden Falle freimachen. Wir behaupten, daß mit Absicht und n i ch t v e r s e h e n t l t ch auf die Fußsohlen geschlagen worden istl Wenn ein Zögling seine 30, SO, 70 und mehr Peitschenhiebe auf das Gesäß erhalten hatte, wurde kommandiert: Und nun 10, 15 oder 20 Hiebe auf die guhsohlen, damit er nicht ausrücken sollte. Noch ein anderes, was auch nicht in den Akten steht, aber Tatsache ist: Ein Junge wurde an einen Baum gebunden und so stark gezüchtigt, daß er ohnmäckstig wurde! Daraufhin wurde er mit einem Eimer Wasser begossen. Diese Tatsache leugnet Herr Pastor Breithaupt gar nicht, er hat auf Vorhalt— » i ch t d e r K o m m i s s i o n erklärt, der Junge sei deshalb mit cincm Eimer Wasser begossen, weil er sich..ohnmächtig stellte". Unseres ErachtenS wäre es l ä n g st Pflicht der städtischen Ver- waltung gewesen, keine Stunde länger einem solchen Er- zicher Zöglinge anzuvertrauen und den vertrag mit Mtzlczyn zu lösen!■ eine Kataftroplk. JDtc gkoleske Rettungsaktion, die die Führer des Deutsch - nationalen Handlungsgchilfenverbandes unternommen hatten. um ihren Vorsitzenden zu retten, ist verpufft: Herr Schock hat selbst eingesehen oder sich begreiflich machen lassen niüssen, daß er für die Oeffentlichkett ein toter Mann ist. Er hat denn auch das Amt des Vorsitzenden, von dem er zunächst nur suspendiert worden war, endgültig niedergelegt, ebenso sein Reichstags Mandat. Damit ist Herr Schack definitiv erledigt. Man»vürde dem in jähem Schlage zu Boden Ge- schmetterten sein Mitleid nicht versagen können, wenn Herr Schack eben nicht den so unsympathischen Typus des un- verfrorenen Heuchlers verkörpert hätte, einen Typus, wie er seit dem von einer ähnlichen Katastrophe ereilten Hammer- st e i n in solcher Unverfälschtheit noch nicht wieder aufgetreten war. Haiiimerstein, der fromme Bußprediger der bigotten „Kreuzzeitung ", und Schack. der deutsch -nationale Tugendwächter und Eiferer gegen orientalische Haremsgelüste— welch unvergleichlicher Typus einer widerwärtigen Menschengattung, die gerade unter den sittenstrengen, teutsch-nationalen Elementen besonders zahlreich vertreten zu sein scheint I Noch vorgestern deklamierte Herr Schack. daß er auch der «Majestät Oeffentlichkett" nicht die Erlaubnis geben könne, in seine persönlichen Verhältnisse einzudringen. Und in der Tat handelte es sich ja bei ihm um die allerpersönlichsten, aller- intimsten Dinge. Sicherlich würde auch kein anständiger Mensch die sexuellen Verirrungen Schacks ans Tageslicht gezogen haben, wenn nicht gerade dieser moralisch so wurm- stichige Herr Schack die Unverfrorenheit besessen hätte, sich in seiner ganzen öffentlichen Tätigkeit auf den Sittlichkeits- fanatiker und Hüter der Ehe hinauszuspielen. Ein solcher Heuchler, der seine Tartüfferie sogar soweit trieb, die ganz ordinären Konkurrenzbedenken gegen die Frauenarbeit im Handelsgewerbe niit angeblicher Sorge um die sittliche Ge- fährdung der Frauen zu maskieren, mußte entlarvt werden. Das war eine politische Pflicht, ein Gebot der öffentlichen Moral. Die Person Schacks kann nach seinem Abtreten völlig ans allen weiteren Erörterungen ausscheiden. Was aber festgenagelt, was immer wieder hervorgehoben zu werden verdient, ist die ungeheuerliche Unverfrorenheit und UnWahrhaftigkeit, mit der führende deutsch -nationale Kreise den Ge- zeichneten zu retten, in hervorragender öffent- licher Stellung zu halten suchten! Dieser bei- spiellos skrupellose Versuch, einen zum Himmel stinkenden Skandal zu vertuschen, einen unzweifelhaft Ueber- führten als verleumdete Unschuld hinzustellen, wirft ein so eigenartiges Licht auf die Moral der Deutsch-Nationalen über- Haupt, daß der Fall Schack für diese Kreise geradezu eine Katastrophe bedeutet!_ Schneeberg -Stollberg und llenitadt-Sdenlioden. Der glänzende Sieg der Sozialdemokratie im 19. sächsischen Wahlkreise hat eine ähnliche Wirkung, wie die Eroberung des pfälzischen Wahlkreises Neustadt-Landau. Die konservative Presse gibt den Nationalliberalen zu verstehen, daß ihre einzige Rettung der Anschluß an den Schnapsblock, der Verzicht auf weitere Ver- suche ist, die Haltung der Junker und des Zentrums bei der Reichsfinanzreform für den Liberalismus auszunützen. Und in der nationalliberalen Presse selbst erheben sich Stimmen, die das- selbe sagen, die mit Entsetzen feststellen, wie die Erregung über das Werl des Schnapsblockes lediglich der Sozialdemokratie zu- gute kommt, weshalb die Angriffe auf die Rechte schleunigst ein- zustellen sind. Die Herren Nationalliberalen merken jetzt, daß ihr falsche? Spiel, sich den Wählermassen als Gegner der Volks- ausplünderung vorzustellen, nicht verfängt, daß die Parteien, die bereit waren, dem Volke 400 Millionen indirekter Steuern auf- zubürden, ebenso dem Volksgericht verfallen, wie jene, die dieses edle Werk vollbracht haben. Mit ihrer Bereitwilligkeit, die Plünderung der Volksmassen durch eine verstümmelte ErbschastS- steuer zu verbrämen, locken die Liberalen keinen Hund hinterm Ofen hervor. Aus den Aeußerungen der bürgerlichen Presse spricht das helle Entsetzen. Charakteristisch ist die folgende Stelle aus dem Jammerartikel de?„Chemnitzer Tageblattes": „Die Mehrheit, mit welcher der Kandidat der Roten gesiegt hat, übertrifft die schlimmsten Befürchtungen... Mit Schaudern muß man an die nächsten allgemeinen Reichstagswahlen denken« wenn dag so weiter geht." Die sozialdemokratische Presse hat den Sieg mit lautem Jubel begrüßt. Die„Chemnitzer Volksstimme" schrieb: Mit einer Mehrheit von fast 12 000 Stimmen haben wir gestern Hermann Go l d st e i n s Erbe für die Partei behauptet. Aue- Stollberg-Schneeberg, die alte Hochburg der Sozialdemokratie, die schon 1300 unseren Wilhelm Liebknecht in den Reichstag ent- sandte, über der seit 1390 ununterbrochen die rote Fahne der Voltsfreiheit und der internationalen Menschenliebe weht, hat sich in diesen politisch tief bewegten Zeiten ihreß großen Ruhmes würdig geschlagen. Nur um 4400 Stimmen war bei den Hotten- tottenwahlen der nationalen Phrase und des Volksbctrugs der Ordnungskandidat hinter Goldstein zurückgeblieben. Jetzt hat sich der Abstand nahezu verdreifacht und ist so groß geworden, daß niemals wieder in den kühnsten Träumen ein bürgerlicher Kandidat sich einfallen lassen kann, uns das Mandat zu entreißen. Nicht weniger als 5200 Stimmen haben seit 1907 die„nationalen" Parteien verloren, nicht wir um ein gut Teil mehr als 2000 Stimmen wuchsen. Das sind für einen Wahlkreis mit so alten festgefügten Parteiverhältnissen enorme Verschiebungen. Man braucht ja nur daran zu senken, daß alles Toben der„natio- nalen" Meute uns 1907 nur etwas über 1009 Stimmen entriß, um sich die Größe dieses fünffachen Verlustes der Bürgerlichen klar zu vergegenwärtigen. Freilich, mit einer Verdoppelung der Stimmen, wie Landau-Neustadt in der Stichwahl, können wir nicht aufwarten. DaS hat seinen recht einfachen Grund darin, daß für eine Ver- Koppelung unserer Stimmenzahl im 19. Kreise die Zahl der Wahlberechtigten nicht zugereicht hätte. Sprunghafte Stimmen- zunahmen können wir nur auf einem Neuland intensiver sozial- demokratischer Agitation erzielen; in einem Wahlkreise, den schon vor 49 Jahren ein Sozialdemokrat im Bundesparlament vertrat, in dem die Klassengegensätze schärfer ausgeprägt und tiefer begründet sind als in irgend einem anderen Bezirk ganz Deutschlands , sind Plötzlichkeiten der Parteientwickelung völlig ausgeschlossen. Dasiir sind aber die 2000 Wähler, die gestern zum erstenmal für uns gestimmt haben, fester Besitz der Partei geworden, den wir nie wieder aufgeben werden. Die verärgerten Spießer, denen nur Bierverteucrung und Zigarreusteuer unangenehm sind, die aber sonst mit dein Volke nichts gemein haben wollen, sind— 3000 an der Zahl— einfach zu Hause geblieben. Unsere 21 000 Stimmen find durchweg von klassenbewußten Proletariern abgegeben, und die 2009 Stimmen mehr zeigen deutlich Fortschritt und Erfolg der sozialdemokratischen Aufklärungsarbeit im Erzgebirge . Nirgends hatte die Parole von 1993, der Schlachtruf wider den Zollwucher, so eingeschlagen wie hier im Erzgebirge , im Lande der schlechten Löhne und ganz auffallend hohen Lebensmittelpreise. Die Zoll» Wucherer wurde» zu Paaren getrieben, und Goldstein erhielt zum erstenmal über 29 009 Stimmen. Jetzt haben wir unseren Rekord von 1992 noch überholt, während die Gegner trotz eines Mehr von fast 3999 Wahlberechtigten noch unter den Tiefstand der'Zoll- Wahlen herunter gesunken; nicht einmal die 9537 Stimmen von damals haben sie behaupten können. So ist unser Sieg wahr- hast glänzend, und wenn auch noch nicht der röteste Wahlkreis von Deutschland , so ist der 19. sächsische ReichStagSwahlkrei» doch mit 70 Proz. seiner Wähler für alle Zeiten fest sozialdemokratisch. DaS„Sächsische Volksblatt"(Zwickau ) sagt: ...... Der R e i ch s v e r b a n d � i e h t n i ch t mehr! Nur konservative und nationalliberale Kindsköpfe können sich heute noch der Hoffnung hingeben, mit den Reichsvcrbandssudeleien irgendwie Eindruck zu machen. DaS Volk, die Arbeiterschaft, weiß längst, was es von dieser unreinen politischen Gründung und ihren Produkten zu halten hat. 1997 konnte der Reichsverband noch im Trüben fischen, seitdem aber ist ihm die Larve vom Ge- ficht gerissen, und schaudernd wendet sich das Volk mit Grausen, sobald eS nur der ReichSverbandSfratze gewahr wird..... Besonders erfreulich ist es, daß sich unsere Stimmenzahl trotz des Kandidatenwechsels, und trotzdem es sich um eine N a ch- wähl in eineni für uns an sich ziemlich sicheren Kreise handelte, vernichrt hat. Offenbar haben die neuen Steuern rebel- l i e r en d gewirkt. Aber es geht doch nicht an, alles einzig und allein der aufwühlenden Wirkung der negcn Steuern zuzu- schreiben....." *' "" Kein Wahlsieg, aber doch ein glänzender Erfolg ist das Resultat der Landtagscrsatzwahl im pfälzischen Kreise Neustadt-Eden- k o b c n. Es hat das Ergebnis der Reichstagsersatzwahl von Neu- stadt-Landau, mit dem der Landtagswahlkreis zum Teil zusammen- fällt, kräftig unterstrichen. Zwar hat der nationallibcrale Kandidat Hammerschmidt noch einmal gesiegt, aber die Sozialdemokratie isc ihm dicht auf die Fersen gerückt; sie hat einen Stimmenzuwachs von rund 199 Proz. erzielt und hat das Zentrum, das ihr bisher überlegen war, an die dritte Stelle gedrückt. Die Nationalliberale!: hatten einen Stimmen r ü ck g a n g von 23,30 Proz., das Zentrum von 7,24 Proz. Mit Genugtuung konnte unser Ludwigshafcncr Parteiorgan, die„Pfälz . Post", feststellen: ..So hat denn diese Landtagswahl das Strasarteil, was die Reichstagswahl am 29. und 30. Juli über die bürgerlichen Par- teien, das Zentrum und die Nationalliberalen, gefällt hat, voll- auf bestätigt. Die Empörung über das jämmerliche Verhalten des Nationalliberalismus inner- und außerhalb des Blocks, über das volksvcrräterische Treiben des Zentrums, ist kein flackerndes Strohfeuer, das schnell aufflammt, um ebenso schnell zu ver- löschen, sondern tief ist diese Entrüstung ins Volk eingedrungen." Zwei glänzende Erfolge darf die Sozialdemokratie buchen. Sie werden ihr Anreiz sein zu vermehrter kräftiger Arbeit! „Leipziger Volkszeitung ": „... Eine unheimliche Blamage für die„nationalen" Par- teien, diese Nachwahl in Stollberg -schnceberg! Sie hat gehalten, was die Reichstagsersatzwahl in dem pfälzischen Wahlkreise Neu- stadt-Landau versprochen und die Landtagsersatzwahl im pfälzischen Wahlkreise Neustadt bestätigt hat. Hier in diesem Landtagswahl- kreise haben die Liberalen 1500 Stimmen verloren, die Sozial- gemokraten über 2000 gewonnen. Genau wie in Stollberg -Schncc- berg. Und wie auf Neustadt-Landau Stollberg-Schneeberg folgte. so wird aus Stollberg -Schneeberg der Saalekreis folgen. Und Koburg? Angst und bange muß es den„nationalen" Herrschaften werden, daß die Sozialdemokratie auch die Feste Koburg im Sturm der heutigen Volksstimmung erobern könnte. Auf jeden Fall: die Sozialdemokratie segelt mit dem Sturme! Sicher haben aber nicht nur die Rcichsangelegenheiten zu dem Ergebnis in Stollberg beigetragen. Auch die neue schamlose Wahl- entrechtung im Lande ist bei dem Wahlausfall mit in Rechnung zu setzen. So wird der 7. September auch ein gutes Omen sein sür die kommenden Landtagswahlen." „Dresdener Volkszeitung": „... Die arbeitende Bevölkerung in ganz Sachsen und im ganzen Deutschen Reiche darf ihre Freude haben an dem großen Erfolg, der noch weit hinausgeht über die zuvor gehegten Er- Wartungen. Aber im Lager der bürgerlichen Parteien wird Heulen und Zähneklappern herrschen.. Nicht einmal den aller- geringsten Achtungserfolg können sie sich zusammenschwindeln. Sie haben eine zermalmende Niederlage erlitten. Ach, wo sind die schönen Tage des Hottentottenjubels geblieben, an denen es„eine Lust war zu leben"! DaS Strafgericht des Volkes ist herein- gebrochen, das ernste Strafgericht über schmählich gebrochene Ver- sprechungen und über schändliche Missetaten." ver rrade-llnionsliongreß. London , 8. September. (Eig. Ber.) Bei der Beratung über den Jahresbericht des Parlamen- tarischen Komitees des Trade-Unionskongresses bildete der Passus über die kommende st a a t l i ch e Arbeitslosen- Versicherung den Gegenstand einer längeren Diskussion. Der Plan der Regierung ist, daß der Unternehmer zu diesem Zwecke 1 Penny(8'/, Pfennig) pro Arbeiter und Woche bei- trägt, der Staat ebenfalls 1 Penny. der Arbeiter 2 Pence, während der Staat die Kosten der Verwaltung trägt. Ter Arbeiterabgeordnete ClyneS(Organisator der Gasarbeitcr) meinte, der Beitrag der Arbeiter müßte je nach dem Wochen- lohn abgestuft werden. Der Delegierte N a y l o r(Vertreter der Londoner Buchdrucker) verlangte, daß die Arbeiter- abgeordneten sich gegen /)ie Beitragspflicht der Arbeiter aus- sprechen sollten. Eine Resolution wurde über diese Frage nicht gefaßt. Betreffend die Einrichtung von staatlichen Arbeits- nachweisen verlangte Naylor, die Arbeitsnachweise sollten während eines Streiks gesperrt werden. Worauf Bowerman (Parlamentsabgeordneter und Sekretär der Londoner Buch- drucker) antwortete. die Angelegenheit hätte das Parlamen - tarische Komitee eingehend beschäftigt. Es sei jedoch be- schlössen worden, dem Beispiele Deutschlands zu folgen und die Arbeitsnachweise auch während eines Streiks funktionieren zu lassen.— Sehr lebhaft war die Debatte über die Haltung des liberalen Arbeiterabgeordneten Richard Bell(Sekretärs der Bahnarbeiter) im Parlamente. Wie bekannt, sind die britischen Eisenbahnen imBesitze von Privatgesellschaften, die aber in ihrer Verwaltung der Eisenbahnen vielfach vom Parlament abhängen. In den letzten Jahren haben sich die Bahn- beamten gewerkschaftlich organisiert, wobei sie mit den Bahndirektionen in Konflikt geraten sind. DaS Parlamenta - rische Komitee des Trade-UnionskongresseS hat deshalb be- scklossen, die Arbeiterabgeordneten sollten im Parlamente Obstruktion üben gegen die GesetzeLvorlagen derjenigen Vahn- gesellschaften, die der gewerkschaftlichen Tätigkeit der Bahn- beamten Schwierigkeiten bereiten. Die Nordostbahn, die etiva 3000 Beamte beschäftigt, beschloß, die Organisation von ettva 800 ihrer in besonderen Vertrauens- stellungen sich befindenden Beamten nicht zuzulassen. Als aber diese Bahngesellschaft im Juli dieses Jahres die Zustimmung des Parlaments zu einer ihrer Gesetzes- vorlagen(Initiativantrag betreffend Ausdehnung einer Bahn- linie) brauchte, da haben die Arbeiterabgeordneten Obstruktion geübt, wodurch die Erledigung der Vorlage verschoben werden mußte. Nur der Abgeordnete Bell, der ein Mitglied des Parlamentarischen Komitees ist, sprach im Parlament zu- gunsten der Nordostbahn. Der Verband der Eisenbahnbeamten stellte deshalb auf dem Trade-Unionskongreß in Jpswich den Antrag, die organisierten Arbeiter sollten bei den nächsten Parlamentswahlen nicht mehr für Bell stimmen. Nach einer längeren Diskussion über diesen Antrag mußte Bell Abbitte l e i st e n und das gegen die Getverk- schaften begangene Unrecht ohne Umschweife eingestehen. Wie aus vielen der vorhergegangenen Kongresse wurden auch diesmal Klagen laut über die schmähliche Ausbeutung hilfsbedürftiger Arbeiter durch die H e i l s a r m e. Eine das Schwitzsystem der Heilsarmee verdammende Resolution wurde einstimmig angenommen. Ein Antrag des schottischen Bergarbeiterführers und Sozialisten S m i l l i e, die Tagesordnung zu suspendieren, um eine Nesoliition, den schwedischen St r et kern tausend Pfund Sterling als Unterstützung zu bewilligen, unter Diskussion zu stellen, wurde vom Tages- ordnunaskomitee abgelehnt. Da der Trade-Unionskongreß keine Macht hat, Gelder zu betvilligen. Eine lange und aufgeregte Debatte fand über die Reso- lution betreffend die Territorialarmee statt. Die
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