Nr. 232. 26. Jahrgang.2. Sciltzt te Jotrairtä" Derlim HolMItDienstag, 5. Oktober 1909.Partei-Hncfdegcnbcitcn.3« den Kommunalwahlen In Berlin.Bekanntlich finden am 3. November in Berlin die Ersatz-Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung statt. Für heuteund Mittwoch sind Kommunalwählerversainmlungen einbe-rufen, in denen über kommunalpolitische Fragen referiertwerden wird. Die Kommunalwähler werden zu zahlreichemErscheinen und kräftiger Agitation zu diesen Versammlungenaufgefordert. Es finden folgende Versammlungen statt:Heute, Dienstag, den 5. Oktober:2. Kommunalwahlbezirk im„Markgrafen-Kasino", Markgrafen-straße 83. Referent: Stadtverordneter Theodor Glocke.5. Kommunalwahlbezirk in„Zühlkes Festsälen"(Jnh. Nietzler),Dennewitzstr. 13. Referent: Der Kandidat Max G r u n-Wald.K. Kommunalwahlbezirk in Habels Brauerei-Ausschank, Bergmann-straße S— 7. Referent: Stadtverordneter Paul Dupont.17./18. Kommunalwahlbezirk in den„Arminhallen"(großer Saal),Kommandantenstr. 58/59. Referent: Stadtverordneter Dr.Wehl.28. Kommunalwahlbezirk in den �Residenz-Festsälen", Lands-berger Straße 31. Referent: Stadtverordneter Karl Leid.39. Kommunalwahlbezirk in Schmidts Festsälen, Gartenstr. 6. Re-fernt: Stadtverordneter Theodor Fischer.42. Kommunalwahlbezirk in der Brauerei Patzenljofer, Turmstraße 25/26. Referent: Stadtverordneter Paul Singer.Ansprache des Kandidaten Rechtsanwalt Dr. Cohn.43. Kommunalwahlbezirk in der Kronen-Brauerei, Alt-MoabitNr. 47/48. Referent: Stadtverordneter Ferd. Ewald.47. Kommunalwahlbezirk in den„Pharus-Sälen", Müllerstr. 149.Referent: Stadtverordneter Dr Alfred B e r n st e i n. Ansprache des Kandidaten Heinrich Metzle.Mittwoch, den 6. Oktober:31. Kommunalwahlbezirk in Obiglos Festsälen, Schwedterstr. 23/24.Referent: Dr. Rosenfeld.37. Kommunalwahlbezirk in Wilkes Festsälen, Brunnenstr. 188.Referent: Stadtverordneter Hermann Borgmann.Verband der sozialdemokratischen Wahlvereine Berlinsund Umgegend.Die weiblichen Mitglieder der sechs BerlinerWahlkreise werden auf die heute im Jnserateil angezeigtekombinierte Versammlung aufmerksam gemacht. DieVersammlung findet in den Armin-Hallen, Kommandanten-strafte 58/59(Saal in der ersten Etage) am Mi«.woch, den 6. Oktober, abends SVs Uhr, statt. Die Dele-giertinnen Genossinnen Baader und Lungwitz werden überden Leipziger Parteitag Bericht erstatten. Mitglieds-buch legitimiert.Zahlreiche Beteiligung erwartet�_ Der Borstand.Rixdorf. Heute abend 8'/, Uhr findet bei Hoppe. Hermann-straße 49, die Fortsetzung der außerordentlichen Generalversammlungstatt. Auf der Tagesordnung steht: 1. Fortsetzung der Diskussionüber den Leipziger Parteitag. 2. Wahl des Parteispediteurs(Stich-wähl). 3. Anträge. 4. Vereinsangelegenheiten und Verschiedenes.Mitgliedsbuch legitimiert! Der Vorstand.Pankow. Heute, Dienstag, abends 8'/z Uhr findet bei Groß-k u r t, Berliner Straße 27 die ordentliche Generalver»s a m in l u n g statt. Tagesordnung: 1. Berichterstattung vomParteitag durch Genossen M a s s a- Tegel. 2. Situations- undKassenbericht. 3. Die Reorganisation des Bezirks Pankow. 4. Neu-wähl der Funktionäre. Die Versammlung wird pünktlich er-öffnet. Vollzählige Beteiligung erwartet Die Bezirksleitung.Potsdam. Am Mittwoch, den 6. d. M., pünktlich 8>/, Uhr,Wahlvereinsversammlung bei Witwe Glaser. Tages-ordnung: 1. Bericht vom Parteitag. Referent: Genosse Schubert-Spandau. 2. Vorstandswahl. Mit Rücksicht auf die bevorstehendenStadtverordnetenwahlcn wird um vollzähliges Erscheinen ersucht._ Der Borstand.Berliner JSacbricbtenoDas Ergebnis der Flugwoche..■—■ Die Flüge auf dem Tenipelhofer Feld und in Johannis-thal haben bewiesen, daß Deutschland, das in Lilienthal denPionier des modernen Maschinenfluges hervorbrachte, auf deinGebiete des Flugmaschinenwesens hinter dem Auslande weitzurückgeblieben ist. Die erfolggekrönten BemühungenZeppelins und seiner Mitstrebenden, wirklich lenkbare, auchgegen mäßigen Wind siegreich ankämpfende Ballons zu bauen,hatten gerade in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit derdeutschen Techniker von jenem Wege abgezogen, auf dem Lilien-thal die eigentliche Lösung des' Fliegens suchte und auf demsie dann auch die Wrights und die französischen Aviatikerfanden. Daher die erstaunliche Rückständigkeit unserer deut-fchen Flugtechnik. An dieser Rückständigkeit trägt vor allemfreilich die bisherige Interesselosigkeit der deutschen Kapitalisteneinen Hauptteil der Schuld. Denn auch zum Bau von Aero-planen, die mit leistungsfähigen und darum teuren Motorenauszustatten sind, gehört Geld und abermals Geld. Die deut-fchen Kapitalisten rückten aber bisher kein Geld zur ernsthaftenUnterstützung von Flugversuchen heraus. Und wahrschein-sich würden wir auch jetzt noch jahrelang auf die EntWickelungder Aviatik zu warten haben, wenn nicht der Verleger einesSensationsblattes und ein Warenhausbesitzer auf den Einfalligekommen wären, sich zu ödesten Reklamezwecken zweibekannte Aviatiker kommen zu lassen, deren öffentliche Flug-Vorführungen auf dem Tempelhofer Felde das Publikumenthusiasmierten und auch unseren Sports- und Kapitalisten-kreisen eine andere Meinung von den bis dahin über dieAchsel angesehenen Flugmaschinen beibrachten.Nachdem man den Dingen so lange untätig zugesehenhatte, bemächtigte sich nun auf einmal dieser exklusiven Sport-kreise ein unbändiger Tatendrang. Nun, nachdem dieglänzenden Flüge der Wright und Latham das eigentlichüberflüssig gemacht hatten, wollte man partout auch eineBerliner Flugwoche haben. In knapp drei Wochen schuf man,trotzdem man doch im Tempelhofer Feld den idealsten Flug-platz der Welt besaß, bei Johannisthal durch ausgedehntesteWaldverwüswng und unter Mißbrauch ganzer Kompagnienvon Soldaten zu Abholzungs- und Rodungsarbeiten ein neuesFluggelände, schloß man in aller Eile Kontrakte mit den be-kanntesten Aviatikern ab, kurz organisierte man die am Sonn-tag abgelaufene Flugwoche. Daß bei dieser Ueberstürzung,durch die man die frühere Gleichgültigkeit weit machen wollte,nicht alles klappte, ist kein Wunder. Schließlich standen nurdrei Flieger ersten Ranges, Rougier, Latham und Farman,zur Verfügung: und wäre das Unternehmen nicht durch aus-nahmsweise schönes, windstilles Wetter begünstigt gewesen,so hätte es zu einem Reinfall ersten Ranges werden können.Nach den Vorführungen von Wright und Latbam amTenipelhofer Felde, die uns prächtige Dauer- und Höchenflügebrachten, vermochte die Flugwoche nichts Außerordentlichesmehr zu bieten, zumal Latham durch einen Unfall fürzwei Tage ausschied und auch am Sonntag erst abends durcheinen brillanten Höhenflug seine volle Leistungsfähigkeit er-weisen konnte. Farm ans an sich sehr tüchtige Dauerflügeenttäuschten durch seine dem Laien wenig imponierende Art,sich stets ganz niedrig über dem Boden zu halten. Rougierdagegen befestigte durch seine in jeder Beziehung glänzendenDauer-, Höhen- und Passagierflüge den Ruf als Fliegerallererster Klasse.» rDie Flugwoche.Der achte und letzte Flugtag war von wundervollem Wetterbegünstigt. Als erster erschien Baron de Caters, der unermüd-liche, aber stets von Mißgeschick verfolgte Aviatiker, zum Start.Um 1 Uhr 55 Min. schon gab der Belgier das Zeichen zur Abfahrt.Nach kurzem Fluge kam aber sein Apparat dem Erdboden zu naheund stieß auf. Um 2 Uhr 44 Min. startete Farman um den Eni-fernungs- und Dauerpreis und um den Höhenpreis. Er flog wiegewöhnlich zunächst ziemlich niedrig über dem Boden dahin undbeabsichtigte zum Schluß, einen Höhenflug zu unternehmen. Beiseinem sehr geschickten Fluge wurde er wiederholt von Baronde Caters gestört, der inzwischen wiederum Startversuche unter-nommen hatte und nach kurzem Fluge aus dem Felde liegen ge-blieben war. Um ihm auszuweichen, mußte Farman innerhalbder Phlone kreuzen und zwei Runden aufgeben. Um 4 Uhr 49 Min.stieg Rougier zur Konkurrenz um den Höhenpreis auf und erreichtein der dritten Runde eine Höhe von 158 Metern, womit er seinenRekord vom Mittwoch um 64 Meter schlug. Der deutsche Avia-tiker Dorncr wagte sich dann wieder auf die Bahn, doch gelanges ihm nicht, kaum vom Boden loszukommen. Inzwischen meldetesich Rougier zum Wettbewerb um den Belastungspreis und stiegmit einem Passagier, als welcher der Verleger der Pariser Zeitung„Les Sports", M. Präge, in dem Aeroplan Platz nahm. Rougiermachte neun Runden und ging bei seinem Schuppen nieder. Beider Landung auf dem Sportplatz wurde der französische Luftschiffervon dem dort versammelten Publikum stürmisch begrüßt, aus demApparat gehoben und nach seinem Wagen getragen, wobei dieMechaniker die französische Fahne schwenkten. Latham hatte eben-falls die Absicht, um den Höhcnpreis zu starten. Bedauerlicher-weise hielt aber sein Mißgeschick an und es gelang ihm nur einkurzer Flug. Das Mißgeschick des Ueberlandfliegers zeigte sichbesonders dadurch, daß er bei einem nach Schluß der Konkurrenzausgeführten Fluge eine Höhe erreichte, die diejenige Rougiersbedeutend überstieg und mindestens 173 Meter erreichte. AlsLatham nach diesem kolossalen Höhenfluge um 6 Uhr landete,wurde er mit stürmischem Jubel der nach Hunderttausenden zählen-den Zuschaucrmenge empfangen. Das Publikum ließ sich nichtmehr zurückhalten, lief auf das Feld, hob den jungen Franzosenaus seinem Aeroplan heraus auf die Schultern und trug ihnunter fortgesetzten brausenden Ovationen und dem Tusch derMilitärkapellen nach dem Fliegerschuppen.Farman versuchte Rougier den Belastungspreis streitig zumachen, doch versagte beim ersten Start der Motor. Erfolgreicherwar der zweite Aufftieg, bei dem er einen Passagier mitnahmund mit dem er zwei Runden zurücklegte. Dorner, Latham undde Caters machten wiederholt Flugversuche außer Konkurrenz.Offizielles Resultat der Flug-Konkurrenzen:A. Geschwindigkeitspreis(20 Kilometer 10 000 M.)und Ehrenpreis in Höhe von 5000 M.): 1. Hubert Latham mit18 Min. 46?fc Sek.; 2. Henry Farman mit 22 Min. 2 Sek.; 3. Baronde Caters 22 Min. 47 Sek.4Z. Höhenpreis(15 000 M. und Ehrenpreis des Kaiser-lichen Aeroklubs): 1. Henry Rougier mit 158 Metern; 2. HubertLatham mit 85 Metern. Da aber die geringste Leistung nicht be-wertet wird, fällt Latham aus.C. Entfernungs- und Dauerpreis iiPokal vonBerlin, 60 000 M. bezw. Extrapreis von 10000 M.): 1. Rougier120 Kilometer; 2. Hubert Latham 82 Vi Kilometer; 8. HenryFarman 80,09 Kilometer.D. Michelinpreis. Dieser Preis konnte auf der jetzigenKonkurrenz nicht ausgefahren werden, weil der von Farman inReims aufgestellte Rekord nicht übertroffen worden ist.L. Belastungspreis(15 000 M. und Ehrenpreis desKaiserlichen Automobilklubs): 1. Henry Rougier mit 1 Passagier9 Runden. Rougier wird jedoch nicht als Sieger erklärt, daFarman, der ebenfalls an dieser Konkurrenz sich beteiligte, nichtdie Mindestleistung von 4 Runden vollbrachte.Trostpreis: Baron de Caters 2000 M., der denPreis erhielt, weil er sich an den Wettflügen sehr regelmäßig be-teiligte.!Bei dem Geschwindigkcitspreis, sowie dem Entfernungs- undDauerpreis fallen die dritten Sieger bei der Prämiierung aus,weil die geringste Leistung nicht preisgekrönt wird.«Die Flugversuche auf dem Bornstedter Felde sollen dies« Wochefortgesetzt werden. Neben Orville Wright, der täglich mehrereFlüge bis zur Höhe von 300—400 Meter unternimmt, ist auch nochein Versuchsapparat vorhanden, der aber zu einem Fluge selbstnoch nicht gekommen ist.Am Sonnabend fuhr der Kronprinz mit Orville Wright auf.Kurz darauf unternahm Wright einen Höhenflug, wobei er eineHöhe von 500 Meter erreicht haben soll.- IAns Byzauz. Im«Berliner Lokal-Anzeiger"— natürlich!—lesen wir unter der Rubrik«Jubiläen" folgende amüsante Notiz:«Einen Kaiserjagdgedenkstein für die Schorfheide hat die Bild-hauerfirma Gustav Borsdorf-Eberswalde in Bearbeitung, der imOktober an der Stelle aufgestellt werden soll, wo der Kaiser imvergangenen Jahre einen kapitalen Achtzehnender schoß. Deretwa ein Meter hohe Findling, der aus der Umgegend des Jagd-schlosses Hubertusstock stammt, trägt aus der Vorderseite unterhalbeiner Kaiserkrone die vergoldete Inschrift: XV111. 21. IX. 1908.Wilhelm n. Bereits sechs ähnliche Gedenk st eine hatdie Firma für die Werbellinheide geliefert."Man möchte beinahe annehmen, daß Wilhelm II. von dieserByzantinerei nichts weiß. Sieben solche Gedenksteine meinem einzigenForstrevier I Der deutsche Kaiser bläst alljährlich Hunderten von edlenTieren in seinen Wäldern oder in den Wäldern befreundeter Jagd-genossen das Lebenslicht aus. Wenn es also Mode wird, jede hervor-ragende Beute durch ein Denkmal z» weihen, so werden die königlichenForsten bald ähnlich aussehen wie die Berliner SiegeSallee. Was wohldereinst unsere Nachkommen, die ja voraussichtlich etwas mehrFreiheitslust als wir Pioniere atmen dürsten, sagen werden?Lächelnd werden sie die Gedenksteine ihren Kindern als Zeugen einerZeit zeigen, in der so etwas noch möglich war. Bekanntlich ist esauch Sitte geworden in Neu-Byzanz, Stühle, auf denen ein hoch-gestellter Herr gesessen hat, und Gläser, aus denen er einen kräftigenHieb zu nehmen geruhte, mit entsprechenden Renommierinschriftenzu versehen. Michel, ou bist bedauernswert!In der Sitzung der Deputation für die Kanalisatioiiswerke undGüter Berlins vom 4. Oktober wurde beschlossen, der Parideputation25 Hektar städtischen Gutslandes bei Blankenfelde-Rosenthal zurAnlegung eines Pflanzenanzucht- und biologischen GartenS zuüberlassen. Für das Gelände soll, da der Etat der Riesel«gutswirtschaft nicht unmittelbar für allgemeine städtischeZwecke belastet werden darf, eine Pacht gezahlt werden. Der Antrageines Gemüselandpächters, Gelände bei dem Dorfe Falkenberg zukaufen, wurde abgelehnt. Von einem Verkauf wird abgesehen. Fürlandwirtschaftliche Kleinsiedelungen soll vielmehr durch Schaffungkleinerer Pachtgehöfte gesorgt werden. Einen solchen Versuch will manzunächst in Friederikenhof machen. Die Mittel für ein dort zu er-richtendes Pachtaehöft sollen in den nächsten städtischen Etat eingestelltwerden. Dabei wurde mitgeteilt, daß die als Gemüseland ver-pachtete Fläche der städtischen Güter seit 1907 um ein Drittel ge«wachsen ist. Zurzeit sind 1725 Hektar als Gemüseland verpachtet.Die Feldbahnanschlllsse nach Struveshof. Schenkendorf und Marggraffs«Hof sollen weiter ausgebaut werden. Auch hiervon sollen die Mittel imnächsten Etat gefordert werden. Schließlich beriet die Deputation überihre grundsätzliche Stellungnahme zu den Anlagen(Bauten auf denGütern, Beschaffung von Vieh, Maschinen usw.), für welche imnächsten Etat Mittel bereit gestellt werden sollen. Hierzu wurdebeschlossen, auch auf den nördlichen Gütern in Großbeeren eineMilchabfüll-Anlage herzustellen. Eine solche Anlage_ bestehtbereits aus den südlichen Gütern in Albertshof, die nichtnur die städtischen Betriebe versorgt(Krankenhäuser, Heimstätten,Säuglingssürsorgestellcn) sondern auch in den städtischen Werken andie Arbeiter Milch liefern; namentlich in den Gaswerken hat dieserBerkauf von Milch(>/z Liter zu 12 Pf.) Anklang gefunden, und eswird erwartet, daß auch die anderen städtischen Werkanlagen fürihre Arbeiter in immer größerem Maße Ansprüche an die Milchver-sorgung'durch die städtischen Güter stellen werden.Mit dem Schnellbahnstreit zwischen Charlottenburg undWilmerS«dorf-Dahlem beschäftigte sich gestern die 31. Zivilkammer des hiesigenLandgerichts I. Die Charlottenburger Stadtvertretung hatte denErlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt, durch welche derHochbahngesellschaft— bei einer Strafe von 1500 M. für jedeZuwiderhandlung— verboten loird, Bahnprojekte, insbesondere inGemeinschaft mit der Gemeinde Wilmersdorf, weiter zu verfolgen,durch die der Anschluß der geplanten Charlottenburger Untergrund-bahn an den Bahnhof Wittenbergplatz und deren Durchgangszug«verkehr über die Hochbahn urnnöglich gemacht werde. Nach ein«gehender Beratung verkündete der Vorsitzende, LandgerichlsdirektorCamp, folgendes Urteil: Der Antrag der Stadtgemeinde Charlotten»bürg auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird abgelehnt.Die Kosten werden der Antragstellerin auferlegt. Das Gericht hat,wie zur Begründung des Urteils hinzugefügt wurde, den Standpunktder beklagten Hochbahngesellschaft geteilt: über die Frage der An-schlußpflicht nach 8 23 des Klcinbahngesetzes haben nicht die Gerichte,sondern die Verwaltungsbehörden zu entscheiden.Ausgesetzt. Sonnabend mittag gegen 1 Uhr wurde von derPortierfrau Berta Bensch auf einem Treppenabsatz des VorderhausesMarkusstr. 32 ein in eine rote Decke gewickeltes, etwa vier Wochenaltes Mädchen aufgefunden und nach dem Bureau des 93. Polizei«reviers getragen. Von dort ist es dem städtischen Waisenhause über-wiesen worden.80 Strucrbcamte sind seit Sonnabend in Berlin mit der Auf-nähme der nachzuversteilernden Streichhölzer beschäftigt. Sie be-suchen zu diesem Zwecke bezirksweise die sämtlichen Kolonial«,Grünkramwaren-, Seifen«, Zigarrengeschäfte usw., um den vor-handenen, für den Verkauf bestimmten Bestand an Zündhölzern zuermitteln. Die Beamten sind angewiesen worden, nicht allzurigoros zu verfahren und es zu gestatten, daß kleine Quantitätender Vorräte für den Privatgebrauch nach den Wohnräumen gebrachtwerden, die dann natürlich der Nachversteuerung nicht unterliegen.Die Geschäftsleute seien jedoch darauf austnerksam gemacht, daß siedie vorhandenen, für den Verkauf bestimmten Zündhölzer, falls einSteuerbeamter die Aufnahme nicht rechtzeitig vorgenommen hat, biszum 5. Oktober vormittags selbst zur Nachversteuerung auf demHauptsteucramt in der Kleinen Präsidentenstraße anzumelden haben.Werden bei den Revisionen nach diesem Zeitpunkt nicht gemeldeteVorräte in einem Geschäft aufgefunden, so tritt die gesetzlich fest«gelegte Strafe wegen Steuerhinterziehung ein.Todeshcim statt Erholungsheim war eine Zuschrift betitelt, diewir in unserer Nummer vom 14. Juli veröffentlichten und in dervon Erkrankungen und Todesfällen von Ferienkolonisten in demErholungsheim«Lenzheim" in Schreiberhau in: Niesengebirge be-richtet wurde. Erst jetzt werden wir gebeten, darauf hinzuweisen,daß es sich nicht um Berliner Ferienkolonisten gehandelt habe, son-dein um solche aus Schöneberg.Von einem Kriminalschutzmann erschossen wurde in der Nachtzum Sonntag der 27 Jahr alte Alfted Vogel, der als Handels«mann in der Palisadenstr. 46 gemeldet ist. Die Ursache soll darinliegen, daß der Kriminalbeamte Peste eine Prostituierte, die ihn an-gesprochen haben soll, nach der Wache eingeladen hatte, woraufdie Arretierte Lärm schlug. Unter den Personen, die darauf er«schienen, befand sich auch Vogel. Vogel soll nun dem Beamteneinen Stoß vor die Brust gegeben haben und soll weiterauf den Kriminalbeamten eingedrungen sein. Nach der Darstellung,die augenscheinlich von dem Beamten stammt, habe derselbe feinenAngreifern zugerufen:«Treten Sie zurück oder ich mache von meinerWaffe Gebrauch I" Darauf schrie Vogel:„Ehe Du schießt, habe ichDir längst durch die Weste geknallt." Dabei habe er in die Taschegegriffen. In der größten Bedrängnis habe der Beamte jetzt ausseiner Pistole einen Schuß abgegeben, und in die linke Brust ge«troffen brach Vogel zusammen. Auch jetzt noch ließen die Begleiterdes Vogel von Peste nicht ab. Mit vorgehaltener Pistole zog sich dieserlangsam an den Häusermauern entlang nach der Revierwache zurück.Von anderer Seite wird die Richtigkeit dieser Darstellung bestritten.Der Beamte habe sehr schnell von seinem Revolver Gebrauch ge»macht, allerdings erst nach einem Wortwechsel mit V. Als nach derSchießerei Publikum hinzukam, habe der Beamte noch eine Personsistierl. ohne sich um den Erschossenen zu kümmern. Der an derErde Liegende wurde daraufhin von Straßenpassanten nach derUnfallstation getragen. Nach der polizeilichen Darstellung sollNotwehr vorliegen. Wir können nicht nachprüfen, ob tatsächlichsolche vorlag; aber die Empfindung haben wir schon lange.daß die Polizei etwas sehr schnell mit der Waffe bei derHand ist. Wie oft wird der Säbel gegen Betrunkene in Anwendunggebracht, wo es sich«virNich vermeiden ließe und auch der Revolversteckt oft sehr lose.Ein schwerer Automobilunfall ereignete sich gestern abendgegen 8 Uhr am Königsplatz. Als dort der Droschkenkutscher WilhelmLehmann, Koloniestr. 8, mit seiner Droschke den Platz durchfuhr,raste auS entgegengesetzter Richtung ein Automobil gegen sein Ge-fährt und zertrümmerte dies vollständig. Lehmann erlitt bei demZusammenstoß eine schwere Kopfwunde und schwere innere Ver-letzungen. Er mußte nach der Eharite geschafft werden, wo er inder chirurgischen Klinik Aufnahme fand. Bei seinem Alter von57 Jahren ist sein Zustand ein sehr bedenklicher.Der schlagfertige Rektor Kopsch.In der«Welt am Montag" lesen wir:«Sonnabend, den25. September, vergnügten sich eine Anzahl Knaben in der NeuenDieffenbachschule in der Pause, indem sie sich gegenseitig an denWaden kitzelten. Natürlich herrschte ungetrübte Heiterkeit. Plötzlichbrach Herr Rektor Kopsch aus seinem Anitszimmer hervor und be«arbeite mit seinen Fäusten den auf dem Boden knienden elfjährigenKnaben Kähling auf dem Rücke». Er fragte nicht, warum die