GcwcrklchaftUcbc� Wo kämpfende Arbeiter Hilfe finden! Der vor drei Wochen gemeldete Konflikt bei der großen Gartenbaufirma Gebr. D i p p e in Q u e d l i n b u r'g hat sich inzwischen zu einem Konflikt mit sämtlichen Quedlinburger Gärtnereiinhabern, mit Ausnahme der Firma Sachs, aus- gewachsen. Die Dippeschen Gärtnergehilfen hatten sich, wie schon gemeldet, als sehr wenig organisationsfest erwiesen, sie waren— dem Machtgebot ihres„Herrn" gehorchend— sogleich aus dem Hirsch-Dunckerschen Gewerkverein ausgetreten. Sie wollten damit einen Konflikt mit dieser Organisation, die in Quedlinburg ihre einzige Niederlassung bei den Gärt- nern hat, vermeiden. In der Hirsch-Dunckerschen Organi- sation verblieben aber noch die Mitglieder in den anderen Be- trieben. Herr v. Dippe machte nun auch bei diesen seinen Einfluß geltend, was ihm um so leichter wurde, als fast alle diese Betriebsinhaber zu seiner Firma in einer gewissen Ab- hängigkeit stehen. Das Ultimatum: Austritt aus dem Ge- werkverein oder Entlassung, wurde nun allen gestellt, und die als„Führer" Bekannten wurden ohne Kündigung entlassen. Jetzt machte sich aber endlich die Erbitterung geltend, die zu einem Abwehrkampfe drängte. Gelegentlich mehrerer Maß- regelungen am 29. September bei Mette antworteten die Gehilfen mit der Kündigung: des anderen Tages vollzog sich das gleiche bei der Firma M e h r e n p'f e n n i g. Am 4. Ok- tober stellten bei Mette 11 Mann— meist verheiratete— die Arbeit ein; bei Mehrenpsennig stand es dicht vor dem Streik. Welche Ausdehnung die Bewegung noch annehmen wird, ist im Augenblick nicht zu übersehen. Wenn die Leitung des Gewerkvereins die Situation so ausnutzt, wie sie zurzeit liegt, so ist nicht ausgeschlossen, daß auch die Masse der Hilfsarbeiter noch mit in die Bewegung hineinkommt. Zündstoff ist bei den insgesamt rund 2999 Arbeitern mehr als übergenug an- gehäuft. Die Lage der Arbeiter ist aber auch elend genug, zumal an den unermeßlichen Reichtümern der Ouedlinburger Gartenbauindustriellen gemessen. Und der Druck, der auch sonst auf den dortigen Gartenbauarbeitern lastet, war von diesen bisher nur erträglich, weil sie nachgerade aller höheren Bedürfnisse entwöhnt wurden. Ein interessantes Streiflicht hat diese Bewegung übrigens noch auf das Verhalten der bürgerlichen Presse am Platze ge- warfen. Das„Ouedlinburger Kreisblatt" veröffentlicht ein jedenfalls von Dippe inspiriertes„Eingesandt", in dem Dippes Verhalten mit dessen großartigen Wohlfahrtseinrich- tungen zu rechtfertigen gesucht wird. Hieraus wollten die Hirsche erwidern; die Aufnahme der Erwiderung lehnte das Kreisblatt aber abl Dann entwarfen die Hirsche ein Flug- blatt und gaben dieses der sich„freisinnig" nennenden „Ouedlinburger Zeitung" zur Drucklegung. Es wurde dort auch gesetzt: aber als der Druck beginnen sollte, war auf einmal—„die Druckpresse kaput gegangen". Nun wandte man sich an die dritte und letzte Druckerei des Ortes. Diese nahm den Auftrag an, führte ihn ebenfalls nicht aus, weil sie plötzlich, nachdem auch hier schon das Manuskript abgesetzt war,„mit Arbeit überlastet worden war".,* Nun mußten unsere Freunde Hirsch-Dunckerscher Couleur nach Halberstadt fahren, und sie erreichten die Herstellung ihres Flugblattes erst in der dortigen sozialdemokra- tischen Buchdruckereil Der freigewerkschaftliche allgemeine deutsche Gärtner- verein hat für seine Mitglieder über Quedlinburg die Sperre verhängt._ Berlin und Qmgegend. Die Bierfahrer und das übrige Fahrpersonal in den Brauereien bersammelten sich am Dienstagabend im Gewerlschaftshause, ein- geladen vom Zentralverband deutscher Brauereiarbeiter.„Die Schädigung des Fahrpersonals durch die Bierpreiserhöhung und die Antworten der Brauereien", stand als erster Punkt auf der Tagesordnung. Der Referent S ch u l d t führte aus, wie der Zen- tralverband sich der geschädigten Bierfahrer angenommen habe. Au 23 Brauereien seien Schreiben gerichtet worden mit dem Er- suchen, die Bierfahrer für den Ausfall an Verdienst zu entschädi- gen. Dem Einigungsamt sei die Angelegenheit unterbreitet wor- den und am Freitag werde eine Verhandlung über die Ansprüche der Bierfahrer stattfinden. Von zehn Bvauereien waren Antworten eingelaufen, die der Redner verlas. Die meisten Schreiben waren sehr reserviert gehalten; man bedauerte, man wollte abwarten, man habe schon eingesehen, daß die Bierfahrer Schaden haben, man würde unter Umständen etwas tun usw. Nur die„Patzen- hofer" und die..Vereinsbrauerei" erklärten sich bereit, nach den Anregungen des Zentralverbandes den Fahrern und auch den Mit- fahrern Entschädigungen zu gewähren. Als Maßstab soll dabei der Verdienst vom September ISO» gelten. Die Schultheißbrauereien hatten noch keine Antwort gesandt. Die Angelegenheit wurde eifrig diskutiert; die Versammelten tvaren mit dem Vorgehen der Verbandsleitung einverstanden und werden den Spruch des Einigungsamtes abwarten. Der Vorsitzende T r ö g e r machte noch darauf aufmerksam, daß aus dem bestehen« den Tarif die Rechte herzuleiten seien. Entschädigungsansprüche zu stellen. Der zweite Punkt der Tagesordnung betraf die Stellung- nähme zur Lohnbewegung. S ch u l d t referiert� auch darüber und beleuchtete an der Hand der Leitsätze, die der Zentralverband für einen neuen Tarifabschluß angenommen hat, die Forderungen für das Fahrpersonal in den Brauereien. Was schon 1896 bean- tragt wurde, nämlich ein Mindesteinkommen pro Jahr für die Fahrer festzusetzen, wird auch jetzt wieder gefordert werden. Eine Verkürzung der Arbeitszeit ist besonders für die Mitfahrer not- wendig. Die Sonntagsarbeit sollte für das Fahrpersonal, soweit eS sich um das Fahren handelt, abgeschafft werden, und die Stall» leute sollten eine entsprechende Vergütung für Sonntagsarbeit er- halten. Für die Chauffeure wollte man schon im vorigen Jahre die Verhältnisse tariflich regeln; man wird jetzt energisch darauf hinwirken, daß eine solche Regelung erfolgt. Diese und andere Forderungen wurden vom Referenten wie auch von den Diskus- sionsrednern noch vielfach erörtert. Es wird Aufgabe der Lohn- kommission sein, eine bestimmte Reihe von Forderungen für das Fahrpersonal in den Brauereien aufzustellen. Die Versammlung wählte die Kommission, die sich zusammensetzt aus Vertretern der Faßfahrer. Faßmitfahrer, Flaschenfahrer, Flaschenmitfahrer. Privatfahrer, Reservefahrer, Chauffeure, Hofarbeiter und Stall- leute._ Achtung, Töpfer! Die Firma M. K r a m a r s k i, Dänenstr. 4, beschäftigt jetzt Hirsche und zieht vom Lohntarif 5 Proz. ab. Wir verhängen des- halb hiermit über diese Firma die Sperre. In Frage kommen die Banten Charlottenburg, Pestalozzistr. 56 und 56a. Auch hier haben wieder die Hirsche schuld, daß der Tarif jetzt nicht mehr bezahlt wird, denn dieselben haben sich wiederholt bei der Firma unter dem Tarif angeboten. Bei der Firma arbeitet auch der Vorsitzende Max Brauer und fast der gesamte Vorstand der Hirsche. Diese sind eS aber gerade, welche sich überall unter dem Tarife anbiete». Bei der Firma KramarSki haben sogar der Borsitzende Max Brauer und der Revisor Karl Wollweber den Ver- trag abgeschlossen, daß sie die Arbeit 5 Proz. unter dem Tarif auS- führen._ Zentralverband der Töpfer. Die Tarifbewegung der Töpferträger ist nunmehr beendet. Heber das endgültige Ergebnis der Verhandlungen mit den Töpfer- meistern— die den alten Tarif gekündigt hatten— erstattete Walter namens der Lohnkommission Bericht in einer am Dienstag abgehaltenen Mitgliederversammlung. Der Tarif hat in einigen Positionen Aenderungen erfahren, zum großen Teil ist er jedoch unverändert geblieben, so daß die Lohnverhältnisse der Töpfer- träger im allgemeinen dieselben bleiben wie sie bisher waren. Mann der neue Tarif in Kraft treten und wie lange er gelten soll, ist noch nicht bestimmt. Er soll sich in dieser Hinsicht den Bcstim- mungen des Tarifs der.Töpfer anpassen, über den die Verhand- lungen noch nicht abgeschlossen sind. Dem Antrage der Lohnkom- Mission entsprechend stimmte die Versammlung dem neuen Tarif mit der Maßgabe zu, daß die Position: 75 Pf. Stundenlohn für das Abladen von Material nicht im Tarif aufgenommen wird. VeutfcKes Reich. Zum Streik im Mansfelder Bergbau wird uns noch berichtet. daß auf dem Niewandschacht am Montag früh noch 67 Mann an- gefahren sind, mittags nur noch 50. Dienstag wurde die Früh- und Mittagsschicht zusammengelegt und es kanien doch nur 66 Mann zur Einfahrt. Es streiken ungefähr 1400 Mann. Dienstag hat die Direktion einen Anschlag ausgehängt, in dem auf den§ 123, Abs. 3 der Gewerbeordnung hingewiesen wird. Derjenige, der willkürlich drei Schichten von der Arbeit fernbleibt, wird aus der Belegschaftsliste gestrichen und es wird ihm der Lohn für sechs Schichten ein- behalten. Dies sollte bewirken, daß die Arbeit Dienstag wieder aufgenommen werden sollte; die Hoffnungen der Direktion wurden aber getäuscht.— Auf dem Eduardschacht haben Dienstag früh die Förderjungen die Arbeit eingestellt, und infolgedessen konnten auch die Hauer nicht arbeiten. Es herrscht im allgemeinen Streikstimimmg auf den umliegenden Schächten. Die Ursache ist das rigorose Vorgehen der Mansfelder Gewerkschaft gegen diejenigen Bergleute, die es gewagt haben, dem Bergarbeiterverbande beizutreten. Der Arbeiterausschuß verhandelte mit der Generaldirektion. Verhandlungen des Arbeiterausschusses des NimrodschachteS mit der Direktion verliefen ergebnislos. Weitere Kündigungen sollen jedoch nicht vorgenommen werden. Mittwoch früh sind 150 Mann des Eduardschachtes neu in den Streik getreten. Die BreSlauer Mühlenarbeiter stimmten in einer Versammlung am Sonntag den Angeboten der.Unternehmer auf 1,20 M. wöchent- licher Zulage und Festsetzung eines Tarifes auf zwei Jahre zu. Mit zwei Firmen werden die Verhandlungen noch fortgesetzt. Auch einige größere Mühlen der näheren Umgegend haben Lohnzulagen gewähren müssen._ Zum Kampf der Holzarbeiter in Südwestdeutschland . Durch die Presse geht eine Meldung des Bureau Hirsch, wo- nach in der Versammlung der Schreiner- Zwaugsinnung in Frank- surt mitgeteilt wurde, daß dort 577 Holzarbeiter ausgesperrt feien. Diese Nachricht beruht auf Schivindel. Seit dem letzten Sonnabend ist nicht ein einziger Holzarbeiter ausgesperrt worden. Bis zu diesem Zeitpunkte waren 270 Arbeiter aus- gesperrt und 116 in den Streik getreten, insgesamt befanden sich also im Kampfe 386 Mann. Von den 50 Mitgliedern des Arbeit- geber-Schutzverbaudes haben sich insgesamt nur 24 an der Aus- sperrung beteiligt. Der Beschluß der Innung, daß falls der Holz- arbeiterverband bis 1. Oktober sich bei den Arbeitgebern zu Ver- Handlungen nicht meldet, sämtliche Arbeiter ausgesperrt werden sollen, ist vollständig ohne Erfolg geblieben. Man müßte es denn als Erfolg ansehen, daß der Schriftführer der Innung seine eigenen Gesellen ausgesperrt hat. Die Versammlung der Innung am Montag hat nun beschlossen, daß die Aussperrung am konunenden Sonnabend„bestimmt" er- folgen soll, aber auch dann wird aus der Aussperrung nichts werden. Das wissen auch die Herren vom Arbeitgeberverband. ES hat aber seine eigenen Gründe, daß man die Aussperrung wieder verschoben hat. Herr Dr. Ht ile r, der Gewerbegerichtsvorsitzende in Frankfurt , hat nämlich die Parteien zu einer Aussprache am Donnerstag nach dem Gewerbegericht geladen. Wenn man nun seinen schon vorher gefaßten Beschluß zur Durchführung gebracht hätte, d. h. gezeigt, daß auch die Landsturminnung vollständig versagt, dann konnte man am Donnerstag den Arbeitern nicht mehr drohen, was man jetzt— ohne allerdings damit Eindruck bei den Arbeitern zu machen— wohl wieder versuchen wird. Damit ändert man aber an der Tatsache nichts, daß auch am Sonnabend auS der Ans« sperrung nichts werden wird. Vielleicht werden die Arbeitgeber in Frankfurt besonders dadurch zu noch größerer Vorsicht ermahnt, wenn ihnen bekannt wird, daß jetzt in Pforzheim der Arbeit- geberverband gesprengt wurde. Am gestrigen Tage haben bor dem dortigen Gewerbegericht Verhandlungen stattgesunden, bei denen den Arbeitern eine Lohn- erhöhung von 5 Pf. pro Stunde und eine Arbeitszeitverkürzung von 3 Stunden pro Woche zugebilligt wurde. Die Innung hat diese Vereinbarung abgelehnt, worauf die größeren Geschäfte mit dem Holzarbeiterverband Sonderverträge abgeschlossen haben. Bei diesen Firmen konnten 137 Mann die Arbeit sofort wieder ausnehmen und befinden sich gegenwärtig nur noch zirka 25 Holzarbeiter im Kampfe. Damit ist die Bewegung in Pforzheim zum großen Teil erledigt. In den anderen Streikorten haben sich die Verhältnisse in den letzten Tagen nicht geändert, nur daß in Ludwigshafen a. Rh. der Arbeitgeberverband die Oeffentlichkeit gegen die Firinen mobil zu machen versuchte, die die Forderungen der Arbeiter anerkannten. Diefe lassen sich das jedoch nicht ruhig gefallen, sondern haben durch die bürgerliche Presse der Einwohnerschaft mitgeteilt, daß sie die Forderungen der Arbeiter bewilligt haben, weil es nur durch die Schuld des Arbeitgeberverbandes zu dem Kampf gekommen sei. Die Lohnstickmaschinenardeiter in Plauen haben in der letzten außerordentlichen Generalversammlung beschlossen, daß wenn die Fabrikanten nicht den von ihnen eingereichten Lohntarif bewilligen, sie am 9. Oktober ihren Arbeitern zum 23. Oktober die Arbeit kündigen. Damit diesem Beschluß auch Nachdruck verliehen wird, haben sie sich verpflichtet, pro Maschine fünfzig Mark Strafe ein- zuziehen, wenn ein Maschinenbesitzer unter dem eingereichten Tarif arbeiten läßt. Diefe Lohnstickmaschinenbesitzer sind eigent- liche Zwischenmeister, die Stickmafchinen besitzen und an diesen Arbeiter beschäftigen. Wenn die Fabrikanten den Tarif nicht be- willigen und die Maschinenbesitzer ihren Beschluß durchführen, so dürfte der weitaus größte Teil der Sticker im gesamten Vogtland ausgesperrt werden. Hoffentlich wird nun dieser Beschluß der Maschinenbesitzer den Stickern die Augen öffnen, damit sie sich end- lich der Organisation anschließen. Von der eventuellen Aussperrung dürften 2000 Sticker betroffen werden. Husiand. Die Union der Bergarbeiter Oesterreichs veröffentlicht soeben ihren Bericht zum Unionstag. Eingangs wird ein Abriß über die Leidensgeschichte der österreichischen Bergarbeiterorganisation von 1375 bis 1903, dem Gründungsjahr der Union , gegeben. 1854 betrug die ganze österreichische Kohlenproduktion 1594 Millionen Meterzentner, 1908 über 407 Millionen. Der Kohlcnverbrauch pro Kopf der Bevölkerung war 1897 1119 Kilogramm. 1907 schon 1361 Kilogramm. (In Deutschland 3359 Kilogramm, was wohl am besten den Unterschied in der industriellen EntWickelung auf- zeigt.) Der Produktionswert des Bergbaues betrug 1881 erst 89 388 384 Kronen, 1907 aber 294 138 741 Kronen. Auf einen Bergarbeiter entfällt 1907 ein Anteil von 2442 Kronen an Pro- duktionswert, dagegen ist der ausgezahlte Durchschnittslohn nur 968 Krone nl Dementsprechend sind auch die Profite. 30 Gesellschaften halten 1906 einen Reingewinn von 34'/h Mil- l ionen und verteilten 11,38 Proz. Dividende. Beschäftigt sind 159 000 Arbeiter, deren Leistungen pro Schicht trotz der niedrige!» Löhne unausgesetzt steigen: gegen 1901 um mehr als 20 Proz- 1901 bis 1904 sanken die Löhne, 1906 waren sie erst wenig höher wie 1901— trotz der wahnwitzigen Teuerung seit damals. In den letzten 29 Jahren gab es im österreichischen Bergbau 5765 tödliche Unfälle und 15 225 Schwerverletzte. Organisiert waren in der Union 1906: 27 989. 1907: 30 715, 1908: 32 612 Bergarbeiter, erst 20,2 Proz.l Die Fluktuation ist gewaltig. Die durch 2449 Ver- sammlungen im Jahre 1908 betriebene Agitation wird sehr er- schwert durch nationalistische(gelbe) und anarchistische Quertrei- bereien. Die Einnahmen betrugen 1908 428 675,64 Kronen; aus- gezahlt wurden an Krankenunterstützung 57 000 Kronen, für Arbeitslose 8800 Kronen, Sterbeunterstützung 18 260 Kronen, Rechtsschutz 11289 Kronen, zusammen an Unterstützungen 95 640 Kronnen 80 Heller. Das Vermögen war Ende 1908 296 207 Kronen 14 Heller; das deutsche Fachblatt„Glück auf"(Teplitz ) hatte eine Auflage von 8600, das tschechische(Na zdar) 13 500, das polnische 4400. Die Streiks kosteten 152 572 Kronen 82 Heller in den letzten drei Jahren._ Hus der Frauenbewegung. Die tapferen Damen. Der„Fortschrittliche Fraucnverein" hatte neben anderen Ver« sammlungen auch eine Oeffentliche Jugendversammlung zu Diens- tag nach dem Architektenhaus einberufen. Fräulein Else L ü d e r s und Adele Schreiber sollten Ansprachen halten über das Thmea:„WaS kann die Frauenbewegung der deutschen Jugend geben?" Auf den Säulenplakaten stand groß und fett zu lesen: „Zutritt zu sämtlichen Versammlungen frei und unentgeltlich. Diskussion steht jedermann offen." Die Damen der besseren Gesellschaft, die sich gern an schönen Worten berauschen, waren zahlreich erschienen. Außer einigen„höheren Töchtern", mit Zöpfchen und kurzen Kleidern, von der Mama zur „Jugendversammlung" begleitet, war von der bürgerlichen Jugend nichts zu sehen. Das Thema hatte aber zahlreiche junge Arbeite- rinnen angelockt, die, wie jeder andere, bei„freiem und un- entgeltlichem" Eintritt zur Deckung der Unkosten ihren Bei- trag entrichten mutzten. Um so größer war das Erstaunen und die Empörung, als nach den Vorträgen das Wort zur Dis- kussion, ja sogar zur Geschäftsordnung ver- weigert wurde. Tie Zusage der freien Diskussion wurde von der Versammlungsleitung einfach abgestritten, obwohl sogar am Saaleingang ein Plakat mit der Aufschrift:„Diskussion steht jeder- mann offen I" prangte. Kurzerhand wurde die Versammlung ge« schlössen und man war froh, dem Schicksal entronnen zu sein, von der anwesenden arbeitenden Jugend— die bürgerliche war ja nicht gekommen— eine glatte Absage zu erhalten. Aber spüren sollten die tapferen Weiblein die Wahrheit doch. Die Klänge der „Internationale" brausten mächtig durch den Saal.'— Dieser Vorfall war eine treffliche Illustration zu den gehaltenen Vorträgeü. Worte, schöne Worte, kunstvoll gebaute Sätze wurden gesprochen. Adele Schreibers Rede war ein ästhetischer Genutz, inhaltlich war sie auf das Bedürfnis der bürgerlichen Jugend zugeschnitten. So wurde unter anderem gesagt, die Jugend habe für Sozialpolitik wenig Interesse. Von der Jugend der Reichen mag das zutreffend sein, nicht aber für die arbeitende Jugend, die schon früh, allzu früh, in das kapitalistische Joch sich einspannen mutz. Die Fragen der Sozialpolitik, insbesondere der Jugendschutz, interessieren sie da- her sogar sehr, mehr als es den bürgerlichen Herrschaften angenehm ist. Verlangt wurde auch, daß die weibliche Jugend zur Berufs- arbeit zugelassen werde. Damit können auch nur die bürgerlichen Töchter gemeint sein, denn die proletarische weibliche Jugend stellt in jedem Jahre einen immer höheren Prozentsatz der Erwerbs- tätigen. Auch die Freiheit wurde gepriesen, dabei nur nicht ge- sagt, was darunter zu verstehen ist. Die wirtschaftliche Befreiung der Arbeiterklasse war aber sicher nicht gemeint.„Die Frauen- bewegung ist ein Freiheitskampf," rief eine Rednerin pathetisch aus, und Fräulein Lüders zitierte eine Stelle aus einem Auf- satz in der„Hilfe", in dem geklagt wird, daß es der Jugend in der Jetztzeit an einem eigentlichen Ideale, so wie es oie Einigung Deutschlands in den 40er Jahren war, fehle, für das sie sich be- geistern könne. Diese Ideale fand Fräulein Lüders in der— bürgerlichen Frauenbewegung. Darüber, daß gerade der Block- freisinn den Jugendlichen das politische Vereins- und Versamm- lungsrecht vorenthalten hat, und daß die Freisinnsritter vom seligen Block nach wie vor die Säulenheiligen der bürgerlichen Frauen- rechtlerinnen sind, wurde nichts gesagt. Nichts erzählte man da- von, daß die bürgerlichen Parteien— ohne Ausnahme— nicht für eine Herabsetzung des Wahlalters zu haben sind. Temperamentvoll mutz die Jugend sein, Begeisterung für ein hohes Ziel haben, so äußerte sich Adele Schreiber . DaS Bürgertum hat kein großes Ideal, das die Jugend begeistern könnte. Nur die Sozialdemokratie, die Befreiung von jeglicher Knechtschaft und Unterdrückung und damit auch die Herbeiführung wirtschaftlicher und politischer Gleichberechtigung des Weibes fordert, birgt Begeisterung auslösende Ideale. Die arbeitende Jugend gehört dem Sozialismus, daran wird das Häuflein bürgerlicher Frauen nichts ändern können. Letzte I�acbrichtcn und Dcpefcbcn. Die hessische Finanzlage. Darmstadt , 6. Oktober. In der heutigen Sitzung des Finanzausschusses gab der Finanzminister Gnauth über die Finanz- läge des Grotzherzogtums die Erklärung ab, daß die Rechnung des Staatshaushalts für 1903 mit einem im Jahre 1910 zu deckenden Fehlbetrag von über 500 000 M. abschließt. Deutschnationale Obstruktion. Graz , 6. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Landtags- sitzung verließen die deutschen Abgeordneten den Saal, da der Landeshauptmann gestattete, daß eine Interpellation in slovenischer Sprache verlesen wurde. Der Landeshauptmann unterbrach hier- auf die Sitzung. Als auch nach Wiederaufnahme der Sitzung die deutschen Abgeordneten nicht in den Saal eintraten, schloß der Landeshauptmann die Sitzung. Mordprozeß van der Beiden. Dirschan, 6. Oktober. (W. T. B.) In dem gestern und heute vor dem hiesigen Schwurgericht geführten Prozeß gegen den Wirt- schaftseleven Ulrich van der Beiden aus Adlig-Liebenau, der be- schuldigt ist, am 21. Februar d. I. im Eisenbahnzuge zwischen Pelphin und Dirschan den Rechnungsführer Robert Ehler« erschossen und beraubt zu haben, wurde dem Antrage der Kreisärzte entsprechend die Ueberweisung des Angeklagten in eine Irren. anstatt zur Beobachtung bis zu sechs Wochen beschlossen uiü» die Verhandlung vertagt._ Schlagende Wetter. AlaiS, 6. Oktober. (W. T. B.) In den Kohlengruben von MoliereS erfolgte eine Explosion schlagender Wetter, wodurch fünf Personen getötet und zwei verwundet wurden. Zwei Leichen waren bis zum Abend geborgen. Ein Königtum auf Abbruch. Brüssel, 6. Oktober. (B. H. ) Der König fährt fort mit dem vollkommenen Ausverkauf der Schlösser. So wird jetzt bekannt, daß Leopold II. das kostbare schwere goldene Service verkauft habe, welches der König von England seiner Nichte, der Prinzessin Viktoria bei ihrer Heirat mit dem Prinzen Leopold von Sachsen- Koburg einst geschenkt hat. Binnen kurzem wird auch im Brüsseler Bildermuseum die angekündigte Ausstellung der modernen Gemälde aus den Königlichen Schlössern stattfinden. verantw. Redakt.: Emilttnger, Grunewald . Inseratenteil verantw.: LH. Glocke, Berlin . Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdr. u. Verlagsanstall Paul Singer St Co., Berlin ZW. Hierzu 2 Beilagen u.UnterhaltungSbd
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